Das 1E9_Update vom 11. März 2021 // KI als Tsunami-Schutz, ein langweiliger Tunnel, dezentrale Finanzen und digitales Essen

Guten Mittag, liebe @Mitglieder von 1E9!

Vor genau zehn Jahren bebte vor der japanischen Ostküste die Erde. Ein riesiger Tsunami verwüstete ganze Landstriche. In einem Atomkraftwerk kam es zum Super-GAU. Etwa 20.000 Menschen verloren ihr Leben. Und das obwohl kein Land so gut auf Erdbeben und Tsunamis vorbereitet war wie Japan. Doch mit einer Katastrophe dieses Ausmaßes hatte niemand gerechnet – und auch die Warnsysteme versagten. Sie erkannten nicht, was für eine gigantische Flutwelle auf die Küste zurollt.

Was wurde seitdem unternommen, um für solche Situationen besser gerüstet zu sein? Genau das habe ich mir angeschaut. Um die Menschen in Zukunft zu schützen, setzt Japan nicht nur auf ein dichteres Netz an Sensoren oder immer höhere Schutzwälle, sondern auch auf Künstliche Intelligenz, Radar und den schnellsten Computer der Welt. Eine Garantie ist freilich auch das nicht.

Boring, aber gar nicht langweilig

Mit seiner Firma The Boring Company will Elon Musk den Straßenverkehr unter die Erde bringen. Tunnel sollen die Lösung sein. Der Haken daran: Die heutigen Tunnelbohrmaschinen arbeiten ziemlich langsam. Damit will sich der umtriebige Milliardär selbstverständlich nicht abfinden – und hat deswegen einen Wettbewerb ins Leben gerufen: „Not a Boring Competition“, heißt sie.

Die Herausforderung dahinter: eine Maschine im Miniaturformat bauen, die einen 30 Meter langen und 50 Zentimeter durchmessenden Tunnel am schnellsten bohrt. Zu den Finalisten gehört auch ein Team der Technischen Universität München – und die Chancen für „TUM Boring“ stehen gar nicht schlecht. Hier erfahrt ihr, warum und wie weit die Studierenden schon sind. Danke @Michael für diesen Einblick!

Unser Mitglied @olaf.deininger, selbst Journalist und Autor, hat gerade ein Buch veröffentlicht, das ich euch ans Herz legen möchte: Food Code, heißt es. „Wie wir in der digitalen Welt die Kontrolle über unser Essen behalten“, lautet der Untertitel. Tatsächlich ist es nicht nur eine Bestandsaufnahme, wie Technologie schon längst unsere Ernährung verändert hat, sondern auch ein Ausblick auf die Zukunft, auf Chancen und Risiken.

Einen ersten Einblick bekommt ihr in diesem Interview, das ich mit Olaf führen konnte. Darin geht es um die „kulinarische Kirche“ Instagram, die Vermessung unseres Körpers mit Sensoren, die bis in unseren Darm wandern, die Optimierung unserer Ernährung – und warum wir einige Entwicklungen kritisch hinterfragen sollten. Ihr habt noch Fragen oder Gedanken dazu? @olaf.deininger beantwortet sie euch gern unter dem Artikel.

DeFI – oder: Wollt ihr eure eigene Bank werden?

Zugegeben, ein bisschen nerdy ist die Welt von DeFI noch – von Decentralized Finance. Aber für Bitcoin haben sich anfangs ja auch nur vermeintliche Nerds interessiert. Einige von ihnen fahren jetzt dicke Sportwagen. Doch bei DeFi geht es – zumindest mittel- und langfristig – nicht ums schnelle Geld, sondern um die mögliche Revolution der Finanzwelt auf Basis blockchain-basierter und automatisierter Transaktionen. @Krischan hat mit dem Chef von Radix gesprochen, das zu den Projekten gehört, die gerne die Infrastruktur für diese neue Finanzwelt liefern würden. Hier erfahrt ihr mehr über DeFi, Radix und die Lösung des Blockchain-Trilemmas. Außerdem könnt ihr bei einer kleinen Umfrage mitmachen.

Wenn wir schon beim Thema Blockchain sind: Solltet ihr ein paar Ether – beziehungsweise: einen Batzen Geld – übrig haben, könnt ihr die Eigentumsrechte an ein paar Ikonen der Internetkultur erwerben. Als NFTs natürlich. Denn der Hype geht weiter. Wenn man aber ein digitales Kunstwerk als NFT versteigern will, ohne dabei Gewinn zu machen, kann es schnell ungemütlich werden. Diese Erfahrung musste @MaxHaarich machen. Warum? Das hat er für uns aufgeschrieben.

Wo bekommt ihr gute Nachrichten her?

@gh1 hat eine interessante Frage an die Community gestellt – und wir alle können von den Antworten profitieren. Er sucht nämlich nach Quellen für gute Nachrichten. Positiv, lösungsorientiert, konstruktiv. Ihr könnt was beisteuern? Super.

Eine Portion Zuversicht bekommt ihr auch von der Science-Fiction-Serie For All Mankind. Obwohl diese nicht in der Zukunft unserer Welt spielt, sondern in einer alternativen Version davon. In einer Welt, in der die Sowjetunion das Rennen zum Mond gewonnen hat – und der Kalte Krieg nicht in ruinösem Wettrüsten endete, sondern in einem wissenschaftlich-technologischen Wettbewerb. Unserem SciFi-Experten @Michael hat sie jedenfalls sehr gut gefallen.

Ein paar Nachrichten mehr haben auch wir noch für euch, nicht alle gut, aber durchweg konstruktiv. Hoffen wir zumindest. Die EU will eigene Quantencomputer. Die frühere NASA-Co-Chefin würde für die Mondmission lieber mit SpaceX zusammenarbeiten. Und in der aktuellen Ausgabe unseres This Week in Future! Newsletters findet ihr außerdem noch Hologramm-Konferenzen von Microsoft, einen E-Auto-Batterie-Tauschservice, Weltraum-Hotels und einiges mehr.

Das war’s von mir. Ausnahmsweise am Donnerstag. Nächste Woche aber wieder am Mittwoch. Bei Fragen, Ideen, Kritik, Wünschen – schreibt mir einfach eine private Nachricht oder kommentiert diesen Newsletter öffentlich auf unserer Plattform. Vielen Dank an alle Mitglieder, die durch ihren Beitrag unsere Arbeit möglich machen!

Bis dann
euer Wolfgang

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Hier finde ich wieder exakt das „grüne“ Narrativ, das momentan - zum Jahrestag von Fokushima - wieder einmal durch die gesamte deutsche Presse geistert. Das einen Zusammenhang suggeriert, den durch gebetsmühlenartige Wiederholung inzwischen fast jeder in der Bevölkerung auch so glaubt und den ich hier wieder einmal wortwörtlich so lese: „In einem Atomkraftwerk kam es zum Super-GAU. Etwa 20.000 Menschen verloren ihr Leben“. Es wird hier also unterstellt, dass durch diesen GAU 20.000 Menschen ums Leben gekommen sind. Tatsächlich aber hat es durch den GAU selbst keinen einzigen direkten Toten gegeben.
Narrative dieser Art verhindern, dass für die Bewältigung der Klimakrise ALLE potentiell CO2-senkenden Maßnahmen in Betracht gezogen werden. Und dazu gehören selbstverständlich auch Atomkraftwerke.

Ich verstehe deinen Punkt @eugen.reichl - allerdings finde ich, dass deine Kritik hier nicht allzu gut passt, sondern etwas hineininterpretiert. Um aus dem Artikel, um den es geht – und in dem es nicht um den GAU geht – zu zitieren:

Dennoch verloren im März 2011 etwa 20.000 Menschen ihr Leben. Die meisten von ihnen ertranken.

Habe hier nichts unterstellt und wollte auch nichts unterstellen. Es ging lediglich darum, in einem Newsletter auf den Punkt die Folgen des Tsunamis zusammenzufassen. Und ich finde, dass 20.000 Tote schlimmer sind als der Super-GAU – daher diese Reihenfolge. Und dass die Folgen des Tsunamis sowohl der Super-GAU als auch die Toten waren, lässt sich nicht bestreiten, oder?

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Was ist denn ein „grünes“ Narrativ"? @eugen.reichl Würdest du dich als ‚Blue Church‘ Anhänger sehen? Ja, oder? Also, durch die deutsche Presse geht ja mal gar nix an relevanten Informationen. Wir haben über die letzten Jahre mehrere radioaktive/toxische Wolken vom ganzen Ring of Five über Europa gemessen. Und da wurden auch keine Warnungen an die Bevölkerungen kommuniziert, bitte in den geschlossenen Räumen zu bleiben und Türen und Fenster zu verschließen.

Nein, Daniel, da bist Du auf dem „Holzweg“, wie man in Bayern sagt. Um was es mir geht, ist, dass die Grüne Partei, als deren oberstes Ziel Klimaschutz gilt, ausgerechnet die praktisch CO2-freie Atomkraft sogar als Übergangslösung kategorisch ausschließt und daher grundsätzlich und praktisch in jeder Art von Veröffentlichung zum Thema Fukushima exakt die Nebeneinanderstellung, die Wolfgang auch verwendet hat („In einem Atomkraftwerk kam es zum Super-GAU. Etwa 20.000 Menschen verloren ihr Leben“) um damit zu unterstellen, dass zwischen dem radioaktiven Fallout (den es unbestritten gegeben hat) und den 20.000 Toten ein direkter Zusammenhang besteht. Und das glauben inzwischen tatsächlich eine ganze Menge Leute, nachdem sie es immer wieder so eingetrichtert bekommen.

Nur um nochmal klarzustellen: Nur weil andere diese Formulierung so nutzen, habe ich damit nichts unterstellt – und sie bestand auch im Newsletter nicht nur aus diesen zwei Sätzen. Auch der verlinkte Artikel sprach schon damals für sich.

Dennoch, wie gesagt, verstehe ich deinen Punkt im Grundsatz. Und, ja, der Fokus in Deutschland liegt stark auf dem GAU, während in Japan das Gedenken an die Tsunami-Opfer deutlich mehr Raum einnahm. War jedenfalls mein Eindruck, habe ein bisschen was verfolgt.

Dennoch lief das nicht immer so, wie du das andeutest. Die Tagesschau hat schon in ihrer Moderation genau so formuliert, wie du das vorschlägst (und ich, fiel mir dann auf, auch im Vorspann des Artikels): Erdbeben. Tsunami. Todesopfer. Super-GAU. In den Tagesthemen gab es ein Atomkraft Pro Contra. Dass hier also ein Narrativ um sich greift, würde ich etwas entspannter sehen. Dass Parteien in ihrem Sinne formulieren, war schon immer so… Aber „die Medien“, die sich alle gleichgeschaltet verhalten, gibt es bei näherem Hinsehen aus meiner Erfahrung äußerst selten.

Welche Rolle Atomkraft – auch vor dem Hintergrund der Risiken, die es nunmal gibt, der offenen Fragen und der enormen Kosten – in Zukunft spielen könnte, werden wir hier auch demnächst gabz unideologisch zur Debatte stellen. Ein Kollege ist schon länger dran am Thema. Ist aber umfangreich und komplex, daher noch ein bisschen Geduld :slight_smile: