Wir können unsere Welt nur retten, wenn wir mehr Risiko und Experimente wagen


Das System soll wieder hochgefahren werden. Die Forderung wird lauter. Doch der Futurist und 1E9-Kolumnist Daniel Schimmelpfennig hält das für… ziemlich unsexy. Denn das alte System, das darauf getrimmt war, jedes Risiko für Kapital zu minimieren, steuerte uns auf die Katastrophe zu. Wir müssen daher die Risikoaversion und die Kurzsichtigkeit überwinden, schreibt er.

Eine Kolumne von Daniel Schimmelpfennig

Unsere Vor-COVID-19-Welt hat uns diesen ganzen Mist eingebrockt. Wir erlebten einen Rüstungswettlauf des längst Ausgedienten, der unsere Welt regelrecht vermüllte und kontaminierte. Immer mehr. Raubbau an Ressourcen, Produktion, Wachstum, Müll. Existenzielles Risiko? Egal. Hauptsache kein Risiko für Kapital. Das Marktmodell war orthodox und wurde von einer unfassbaren Ignoranz getragen, einer Ignoranz gegenüber den Konsequenzen. Das sorgte dafür, dass alles, was auch nur ansatzweise andersartig wirkte, vermieden wurde, da wir keine Erfahrungen haben, ob es auch „Geld einbringen“ kann. Keine prognostizierbare Rendite? Keine Chance. Tiefgreifende Innovationen oder neue Realitäten waren deshalb unmöglich, total utopisch. Um kurzfristig nur ja kein Geld zu riskieren, riskierten wir lieber das Überleben unserer Spezies.

Investitionen in echte Innovationen sozialer, ökonomischer, wissenschaftlicher oder technologischer Art können gar nicht auf zuverlässigen Kalkulationen der Zukunft basieren. Wer schon im Vorfeld Umsätze und Gewinnmargen prognostizieren will, investiert nur ins Althergebrachte. Das Potential, das einer Innovation oder auch einer Exnovation zugeschrieben wird, hängt auch von der wahrgenommenen Glaubwürdigkeit der darin formulierten Vision einer Zukunft ab. Da wir aber wissen, dass uns Zukunftsrealitäten aus Sicht der Gegenwart lächerlich vorkommen können, ist Glaubwürdigkeit hier nicht wirklich eine fassbare, objektive Komponente. Wir müssen uns also von dieser Kurzsichtigkeit befreien. Doch dafür brauchen wir ein System, das uns mehr Zeit und Freiheiten lässt, mit neuen Ideen zu experimentieren. Entwickeln wir das nicht, wird ausgerechnet unsere Vermeidung von kurzfristigen Risiken in Andersartigkeit, folgenschwere existenzielle Risiken wie den Klimakollaps bewahrheiten.

Die Denkmodelle der Vergangenheit werden zur Gefahr

Nicht alle Risiken sind gleichermaßen bedenklich oder in ihrer Auswirkung und Wahrscheinlichkeit gleichermaßen einschätzbar. Der deutsche Soziologe Ulrich Beck, der die Risikogesellschaft genauer als jeder andere beschrieben hat, würde sagen, Risiken setzen da ein, wo wir richtungsweisende Entscheidungen zu treffen haben, wo ein Wagnis in eine neue Welt geschieht, wo ein Fenster oder eine Tür zu einem neuen Erfahrungs- und Erlebnisraum geöffnet wird, oder wo neue Richtungen eingeschlagen werden, die mit jedem weiteren Schritt oder Quantensprung in Realitäten führen könnten, in die bisher nicht vorgedrungen wurde. Wir selbst kreieren diese Möglichkeitsräume. Und wenn wir da hineinwollen, müssen wir gewisse Risiken eingehen.

Die wirkliche Gefahr geht doch von einer Zukunft aus, die wir mit den Denkmodellen der Vergangenheit in den Griff bekommen wollen. Mit Kontrolle, Macht, Gewissheit, Linearität, Vorhersage, Sicherheit, Planbarkeit. Aber die neuen Vokabeln, mit denen wir arbeiten, heißen doch Möglichkeit, Ungewissheit, Komplexität, Chaos, Antizipation, Exponentialfunktion, Widersprüche, Immersion, Synergie und Emergenz. Es ist eine ganz andere Welt und noch viele weitere, ganz andere Welten stehen uns kurz bevor.

Wir wissen nicht, was wir nicht wissen.

Sehr viel, was um uns herum passiert, ist fundamental unbegreiflich, weil wir, um etwas zu verstehen, wohl eine ganz andere Perspektive einnehmen müssten. Unsere subjektive Kameraeinstellung ist aber nun einmal die Perspektive, mit der wir zu arbeiten haben. Wir könnten zwar zumindest makroskopisch herauszoomen und mikroskopisch hineinzoomen, wenn wir versuchen ein Thema zu interpretieren. Aber selbst das gelingt uns viel zu selten. Die vielen Wahrheiten der tiefgründigeren Ebenen oder der Meta-Ebenen werfen ja auch mehr Fragen auf als sie Antworten geben. Oft ist es so: Wir wissen nicht, was wir nicht wissen.

Überhaupt: Wer fragt denn schon tagtäglich, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Kinder tun das vielleicht noch auf unschuldige Art und Weise. Aber was könnten denn die Wurzeln der Probleme sein? Was sind die zugrunde liegenden Weltanschauungen, die Ideologien, die Mythen, und mit welchen Metaphern arbeiten wir eigentlich? Welcher Banker dieser Welt kann denn wirklich zufriedenstellend erklären, was Geld wirklich ist, und was es in einem digitalen Zeitalter alles werden könnte? Oft arbeiten wir mit nicht hinterfragten Annahmen, ohne uns jemals die Fragen zu stellen, warum machen wir eigentlich, was wir machen? Und verstehen wir denn überhaupt die Rolle, die wir zu spielen versuchen in diesem Universum? Unsere Pläne, Prognosen und Kalkulationen, die echte, mit Risiken verbundene Innovationen unterdrückt haben, basierten also auf sehr viel Nicht-Wissen, das uns nur als Gewissheit erschien.

Nicht Gewissheiten, sondern Möglichkeiten

Wir könnten stattdessen versuchen, uns selbst im historischen Kontext zu verstehen. Dann wird die Antizipation möglicher Zukünfte, auf die ich in meiner vorigen Kolumne bereits eingegangen bin, ein integraler Bestandteil unseres Lebens. Wir arbeiten eigentlich ständig mit fiktiven Erwartungen. Imaginäre Zukünfte, Vorstellungen von dem, was alles noch kommen könnte, werden zum ständigen Begleiter unseres Alltags und zur Konditionierung unseres Denkens und Handelns. Eine neue Formulierung unserer Naturgesetze, die nicht mehr auf Gewissheiten beruht, sondern sich explizit auf Möglichkeiten bezieht, könnte uns helfen weiterzukommen. Zukunft funktioniert nicht ohne Unsicherheit und Risiko.

Umso weiter wir uns von einer – ohnehin nur vermeintlichen – Sicherheit und Gewissheit in der Gegenwart entfernen, und uns in eine andersartige Zukunft denken, fühlen oder imaginieren, desto unbekannter und ungewisser werden alle damit verbundenen Faktoren und Elemente. Was sagt uns das? Es sagt uns, dass unsere Realitäten bereits jetzt hochgradig formbar sind. Es sagt uns damit auch, dass ganz andere Zukunftsrealitäten möglich sein werden. Das Ende der Zeit ist noch nicht erreicht. Glauben wir aber, das Ende der Zeit sei erreicht, und handeln so, als ob ein Fortschritt keine Veränderung in Form mehr bedarf, sondern nur ein Immer Weiter So impliziert, eine tägliche, einödende Routine, dann, kreieren wir in der Tat eine selbsterfüllende Prophezeiung des Endes der Zeit.

Jegliche Voreingenommenheit in Bezug auf eine sofortige Anwendbarkeit von Ideen ist ein Zeichen für nicht-futuristisches Denken.

Ein anderer deutscher Soziologe, Jens Beckert, schreibt in Imagined Futures, dass die Unbestimmtheit der Zukunft die Möglichkeit unzähliger kontrafaktischer Welten eröffnet. Doch keiner von uns kann wissen, was in diesen Zukünften wahr und richtig sein wird. Um das herauszufinden, müssen wir uns auf diese Möglichkeiten aktiv zu bewegen. Und erst in dieser evolutionären, werdenden Bewegung, verlernen wir altes und lernen neues.

Jegliche Voreingenommenheit in Bezug auf eine sofortige Anwendbarkeit von Ideen ist ein Zeichen für nicht-futuristisches Denken. Um aus unserer momentanen Kurzfristorientierung herauszukommen, brauchen wir also ein System, in dem wir uns auch lange und intensiv mit etwas beschäftigen dürfen, ohne dass ein bestimmtes Ergebnis schon vorab zu erwarten sein muss. Der Berliner Professor Byung-Chul Han fragt daher berechtigterweise in seinem Buch Psychopolitik, ob wir die Bedeutung von Freiheit neu definieren, sogar neu erfinden sollten. Risiko suggeriert ja eine Kalkulierbarkeit. Aber eigentlich ist das Risiko eine Zukunftswahrscheinlichkeit, die wir nicht kennen.

Die institutionalisierte Logik einer vermeintlichen Kalkulierbarkeit der Risiken ist durch die neue Dimension der existentiellen Risiken, wie sie etwa von Nick Bostrom und anderen postuliert werden, ohnehin außer Kraft gesetzt. Und wie schon gesagt: Existentielle Risiken bewahrheiten sich, wenn wir das Risiko scheuen, etwas anders zu machen als bisher im Modus der Kurzfristigkeit. Die Doomsday Clock, die die Zeit bis zum Klimakollaps oder zum Nuklearkrieg misst, steht auf 100 Sekunden vor Mitternacht. Da die Nebenprodukte von Risiken aber auch alternative Möglichkeiten sein können, sollte unsere Rolle nun sein, diese anderen Möglichkeiten wahr werden zu lassen.

Ist die Zerstörung des Planeten wirklich so sexy?

Somit stellt sich die Frage, ob das simple Wieder-Hochfahren, also das Rebooten des alten Systems, wirklich so erstrebenswert und verführerisch ist? Schien das Versprechen, den Planeten irreversibel zu zerstören, jemals auf irgendeine Art und Weise sexy, weise oder anmutend? Oder ist die Transformation auf multiplen Ebenen die eigentliche Aufgabe unseres Jahrhunderts, um in ganz andere Dimensionen von Zukünften vordringen zu können?

Aber ich gebe zu, mit dieser negativen Motivation erreicht man kaum jemanden. Stattdessen muss eine überzeugende Ästhetik kommuniziert werden, damit die Leute richtig Bock bekommen auf die Veränderung, die ja erst einmal total anstrengend wirkt. Dabei könnte ausgerechnet die Coronakrise helfen. Denn die Erkenntnis, was sich alles während der COVID-19 Pandemie als nicht systemrelevant und keineswegs vorausschauend offenbart hat, in manchen Fällen sogar als vollends nutzlos, veraltet, inhuman, kontraproduktiv und keineswegs zukunftsträchtig, ist absolut imposant und offensichtlich.

Wenn wir nun neue Zukunftsmissionen, zukunftsfähige Kompetenzen und visionäre Berufsbezeichnungen für uns entwickeln können, dann ist das Wagnis, das wir eingehen, eine Lust und ein Vertrauen in das Abenteuer anderer zukünftiger Welten. Die Zukunftsbauer, in Berlin wie auch das Futures Space, zeigen zum Beispiel jeweils eindrucksvoll auf, dass enormes visionäres Transformationspotential in der Bildung und im Unternehmertum zur Entfaltung kommen kann, wenn die Lust auf pluralistische Zukünfte ein integraler Bestandteil des Mindsets wird. Die neuen Welten beginnen jetzt.

Daniel Schimmelpfennig, bei 1E9 als @CTTF aktiv, ist studierter Futurist und hat eine recht exotische Berufsbezeichnung. Er nennt sich „Curiosity-Driven Futures Power User“. Mit seiner Kolumne will Daniel neues Zukunftsdenken in die Welt bringen – und dazu beitragen, dass positive Visionen auch Realität werden. Außerdem berät er Firmen und Institutionen, er gestaltet Workshops und Keynotes.

Titelbild: Getty Images

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Ich bin voll und ganz deiner Meinung, und weiß, Neues muss Ideen ins Utopische gleiten lassen können, sonst wird es nichts Neues sondern im besten Fall eine Verbesserung innerhalb der bestehenden Parameter. Paradigm shift und disruption sind ja Begriffe, die das beschreiben, aber viel zu oft für viel zu kleine Veränderungen groß verkündet werden. Also trifft das auf die jetzige Situation zu? Befinden wir uns in einem paradigm shift oder in einer disruption? Ich glaube nicht. Wir sind geradezu erleichtert, dass die wegbrechende institutionalisierte Logik der Ökonomie mit ihrem Wachstumsversprechen und Renditen gerade durch das Sicherheitsversprechen der institutionalisierten Politik substituiert wird. Statt auf die Verantwortung der Bevölkerung zur setzen, werden Verbote erlassen. Statt neuen Ideen Raum zu geben, werden wenig zukunftsorientierte Geschäftsmodelle unter einem Rettungsschirm versammelt. Das fühlt sich wenig nach Quantensprung an. Und die positiven Klimaauswirkungen sind eigentlich Beifang. Deswegen bin ich gespannt, was sich nach einer vollständigen Lockerung der Corona-Beschränkungen entwickelt und was einfach so wie bisher auch weitergeführt wird. An einer gewissen Rückkehr zum Alten, an einer Verantwortung für die Bevölkerung, an einem Leben mit Virus (wie auch immer er heißt) kommen wir nicht vorbei. Meine Frage, wäre also konkret, ist es überhaupt möglich disruption (Wagnis in eine neue Welt) in einer Gesellschaft herbeizuführen oder geht das nur als Elon Musk und alleiniger Souverän?

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Das ist unglaublich gut auf den Punkt gebracht. Vielen Dank @unulaunu dafür! Wenn ein PewDiePie exorbitant auf Youtube absahnt, oder ein Travis Scott Avatar als Live Konzert in Fortnite erscheint, waren das schon die Disruptionen und Paradigmenwechsel, die die Welt verändern werden? Als Kulturphänomene sicherlich interessant, aber keineswegs problemlösungsorientiert wie die Unternehmungen von Elon Musk. Aber auch im Fall von Musk, sehen wir die Abhängigkeit des Business Models an das bestehende Monopol Geld, welches selbst unzureichend an die Bedürfnisse Nachhaltigkeit, finanzielle Gerechtigkeit und Generationengerechtigkeit geknüpft ist. Die große Hoffnung der Blockchain und Smart Contract Szene hat bisher eher das alte Pyramiden System gefestigt, als es zu evolutionieren. Die Masse an Non-profit Unternehmen wirkte wie ein Immunsystem, welches uns noch am Leben gehalten hat. Dennoch spekuliere ich einfach mal ganz uneindeutig, dass das Potential da ist, diese Sphären Kulturphänome, Technologie-entwicklungen, und soziale und ökonomische Innovationen und Fiktionen zusammen zuführen. Insofern, glaube ich nicht, dass es die mächtigen dieser Welt braucht, sondern es wird die Viralität von Ideen sein, die mutieren und Menschen und Systeme infizieren werden. Momentan sind es die Lutscher um Populismus und der Retropien (Bilder der Vergangenheit/früher war alles besser), die wie Rattenfänger von Hameln, die Menschen mitnehmen. Aber das scheint auch nur eine unappetitliche Übergangsphase bis dann der Spirit der Awesomeness ubiquitär die Menschen erfasst. Was ich eher als Problem erachte ist, dass Paradigmenwechsel von einem Großteil der Gesellschaft, egal wie gut diese institutionalisiert und einflussreich-verankert sind, einfach nicht erkannt, verstanden und mitgetragen werden. Ob den Neuro Turn, oder den Experiential Turn, oder den Postnormal Turn, oder die ganze Bio-digitale Fusion. Ich kenne wenige die Paradigm mapping als Tool zu nutzen pflegen. Sowas spaltet dann die Gesellschaft und verhindert neue Kooperationen, und ohne diese haben wir dann nicht das Vertrauen zueinander das benötigt wird, um in das Risiko einer neuen Unternehmung in die Zukünfte zu gehen. Schlussendlich, keine neuen Zukünfte. Aber bei dem Beispiel, spreche ich aus eigener Erfahrung und würde nicht von fest geschriebenen Gesetzen im sozial-psychologischen Kontext reden. Es gibt auch immer Ausnahmen und Erkenntnisgewinne.

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Ich kenne das gar nicht und hab es noch nie gehört. Wie funktioniert das? Klingt als ob so ein Tool gut hier bei 1E9 rein passen könnte :slight_smile:

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Hi @0x78 Es funktioniert ganz einfach. Horizon Scanning und Paradigm Mapping sind einfach nur Tools mit denen man beobachtet und aufsprürt, welche gravierenden und einschneidenden Veränderungen stattfinden und vermeintlich anstehen. Beides sollte helfen ein besseres Systemverständnis zu etablieren, damit vereinfachte Visualisierungen zum Grundverständnis unserer Welterklärungen werden können, ohne das diese als die Welt komplett abbildend missverstanden werden. Screenshot_20190818-171141_DuckDuckGo

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Vielleicht ist die Coronakrise ein Anlass, etwas demütiger zu leben, nicht mehr immer alles haben zu wollen und es auch nicht mehr zu müssen. Ich fürchte allerdings, dass die Menschheit sehr schnell wieder in den alten Trott zurückfallen wird, die Welt weiter zu zerstören. Arme Nachkommen.

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Muss das denn so sein? Und ist es nicht letztendlich ganz einfach nur eine Entscheidung die zu treffen/zu fällen/zu kreieren ist?

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und durch zu ziehen.

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Ja, das meine ich eigentlich. Ich würde mir nicht anmaßen wollen die Gesellschaft zu verändern. Aber wenn man durch guten Input ein wenig helfen kann, dass sich ein jeder (jeder ist sein eigener Souverän, im Idealfall) ein bisschen ändert, wird sich auch die Gesellschaft verändern.

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@anon69048101
Der Name des Artikels ist Programm! Ich stimme auch total zu:
„Wir können unsere Welt nur retten, wenn wir mehr Risiko und Experimente wagen.“

Man könnte im Umkehrschluss allerdings eben auch sagen, dass man sie zerstören kann mit zu viel Risiko. Und der Mensch ist im Risk Managment nicht wirklich gut. Mal haben wir zu viel Angst vor Veränderung und verharren lieber in der Gewohnheit, mal nehmen wir die Risiken nicht ernst genug, weil wir nicht überlegt genug handeln. Das Experiment der Atomenergie z.B. wurde auch gewagt und begonnen, obwohl man keinen blassen Schimmer hatte, was man denn mit dem radioaktiven Müll tun soll. Aber Strom für alle wollte man. Ebenso befinden wir uns in einem Geo Engineering Experiment. Wir heizen den Planeten auf, und wissen nicht wie wir den Prozess stoppen können…aber die Vorteile der industriellen Revolution, und dem was danach kam, wollte man.

Ich glaube was man beachten muss ist, aus welcher Warte heraus die Action ergriffen wird. Corona zeigt, dass wenn instantane Gefahr droht, ganze Staaten in wenigen Tagen runter gefahren werden können. Aber dazu muss das Untergangsszenario deutlich an die Tür klopfen und ein drastischer Wille da sein. Wenn man es nur so am Horizont sieht passiert noch lange nichts und die Macht der Gewohnheit ist stärker. Gewohnheit ist die große Bremse bei den Problemen, kollektiv, wie individuell.

Ein Souverän kann die Macht allerdings brechen, wenn er krass genug vorgeht. Und ich denke, dass geht für den Souverän über ein Kollektiv, wie für den Souverän über ein eigenes individuelles Selbst. Weil der Souverän eben machen kann was er will. Sonst wäre er keiner.

Aber nur wenn er der Macht der eigenen Gewohnheit etwas Mächtigeres gegenüberstellt. Und das ist eben die Macht des Willens. Wichtig ist dabei nur das richtige zu wollen. Ich glaube, dass mittels Information und

mündige, aufgeklärte, individuelle Souveräne sich ihre Meinung und somit ihren Willen bilden und aus der Warte dann heraus gesellschaftlich handeln (sollten).

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Hi @barbara.mutzbauer Danke dass du das Beispiel um Atomenergie hier aufführst. Meine Position ist ja die, dass Risiko auf Kapital vermieden wird. An dem Fallbeispiel Atomenergie können wir daher sehr genau aufführen, wie das gemeint ist. Bei Atomkraftwerken hat der Betreiber null Risiko auf sein Kapital. Warum? Weil kein Versicherer dieser Welt Atomkraftwerke versichern würde. Alle Risiken werden somit vom Staat getragen, der wiederum die Risiken zu 100% den zukünftigen Generationen überlässt, austretende Radioaktivität mit sehr langen Halbwertszeiten, der nicht zu unterschätzende Sonderfall Supergau, oder eben radioaktiver Müll. Ob Jod 129, 131, Cäsium, Strontium, oder Plutonium, ist nun einmal alles kein ‚Breakfast Serial‘.

Schätzungsweise werden im Jahre 2035, ca. 595 Atomkraftwerke weltweit existieren. Die Zahl kann natürlich noch höher werden, weil Russland ja jetzt auch kleinere, schwimmende Nuclear Power Plants baut.

(Trigger Warnung: kontrafaktische, alternative Bilder der Zukünfte) Ich gehe schwer davon aus, dass alleine aufgrund dieser Tatsache zukünftige Generationen die Gesetze bezüglich des Klonens von Menschen lockern werden, damit vor allem das Erbgutmaterial der Baby Boomer eingesetzt werden kann, um diese zu klonen, um diese Generation im Nachhinein dann für Ihre unsterbliche Ignoranz bestrafen zu können. Oder Aubrey de Gray eliminiert das Alterungsgen noch rechtzeitig, damit wir die Baby Boomer dann auf Ewigkeiten in Knast schicken können. Ist Stuttgart Stammheim noch in Betrieb?

Auf der anderen Seite, der Ausfall von Elektrizität, oder vom Internet, oder in naher Zukunft schon von Machinen-Lern-Intelligenzen, kann (muss nicht) zu turbulenten Zeiten führen und würde eine Gesellschaft sehr stressen, to say the least. D.h. hier wäre ein Distributed Network, eine autarke Selbstversorgung von Cluster-regionen die eigentlich intelligentere Strategie. Dann müsste aber eine dezentrale Infrastruktur geschaffen werde, welche die einflussreichen Stromriesen obsolet machen könnte. Wenn diese vermeintliche Feind-barriere ideologisch überwunden werden könnte, würden wir alle in dieser Zukunft profitieren. Also geht es darum, das Business Model den Gegebenheiten und Anforderungen dieses digitalen Jahrhunderts adäquat anzupassen und aus dem Denkmodus des letzten und vorletzten Jahrhunderts herauszukommen.

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ja, das Szenario des Stromausfalls beschreibt z.B. Marc Elsberg in Blackout äusserst eindrücklich.

Smart Grid wäre die Innovation inklusive Dezentralisierung.
Seit letzter Woche speist die PV Anlage auf meinem Dach ins allgemeine Netz ein, wenn Stromübschuss herrscht. Dass das möglich ist, finde ich persönlich phantastisch.

Aber an der Stelle des Risikos generell gibt es natürlich noch viel zu tun.

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