Trotz Coronakrise sollen das erste Mal seit zehn Jahre wieder US-Astronauten mit einem Raumschiff aus dem eigenen Land zur Internationalen Raumstation ISS starten. Das ist auch für das Raumfahrtunternehmen SpaceX eine Premiere – das nun als erstes Privatunternehmen nicht nur Fracht, sondern auch Menschen an Bord einer Kapsel hat.
Von Michael Förtsch
Voraussichtlich am 27. Mai, das wurde nun von der NASA bestätigt, soll von Cape Canaveral aus eine Rakete mit einem bemannten Raumfahrzeug ins All starten. Das letzte Mal war das vor rund zehn Jahren der Fall. Seit der Einstellung des Space-Shuttle-Programms 2011 sind die USA für Raumfahrten nämlich auf teure Mitfluggelegenheiten in russischen Sojus-Kapseln angewiesen. Mit dem SpaceX-Flug soll für die Vereinigten Staaten daher eine neue Ära in der Raumfahrt beginnen, die von regelmäßigen Astronautenflügen zur Raumstation und wenig später auch zum Mond und Mars gekennzeichnet sein soll. Den Premierenflug sollen die US-Astronauten Robert Behnken und Douglas Hurley absolvieren.
Die Astronauten werden an Bord einer Dragon-2-Kapsel an der Spitze einer Falcon-Rakete von SpaceX in den Weltraum gefeuert, um dann an die Internationale Raumstation anzudocken. Insgesamt soll der Flug 18 Stunden dauern. Gelingt all das ohne größere Probleme wäre das nicht nur für die NASA ein Erfolg, sondern vor allem für SpaceX. Über Jahre wetteiferte die Firma von Elon Musk mit Boeing darum, das erste Privatunternehmen zu werden, das Menschen zur Raumstation transportiert. Die für bemannte Missionen konzipierte Kapsel Dragon 2 durchlief dafür einen langen Zertifizierungsprozess. Ebenso wie die Starliner-Kapsel von Boeing, die Ende letzten Jahres bei einem Testflug jedoch wegen eines Programmierfehlers versagte – sie wird daher wohl erst 2021 zum ersten Mal eingesetzt werden.
SpaceX stellt für den bemannten Flug nicht nur Rakete und Kapsel, sondern wird auch den gesamten Flug überwachen und lenken. Das heißt: Nicht NASA-Personal, sondern SpaceX-Angestellte stehen in der Verantwortung, die Astronauten sicher zur Raumstation zu bringen. Gesteuert werden der Raketenstart und der Kapselflug vom SpaceX-Kontrollzentrum in Hawthorne aus, einem Vorort von Los Angeles, wo auch schon viele andere kommerzielle Raketen- und Kapselstarts überwacht wurden. Unter anderem wickelte SpaceX schon über 20 Frachtflüge zur ISS ab.
Der Flug zum Mond
Ob der bemannte Start wie geplant stattfinden würde, war zuletzt unsicher. Denn die Coronavirus-Pandemie hatte auch starke Auswirkungen auf die Raumfahrt. Insbesondere die mit viel Personal verbundene Produktion. Aber auch die Startvorbereitungen für Flüge sind betroffen. „Wir wussten, dass es schwierig sein würde, den Start vorzubereiten, aber in dieser neuen Situation mussten wir noch mehr Vorsichtsmaßnahmen treffen", sagte Kathy Lueders von der NASA. „Denn es geht wirklich nicht nur um die Sicherheit von Bob und Doug, sondern auch um die Sicherheit der Besatzung an Bord der Internationalen Raumstation.“ Sowohl bei SpaceX als auch der NASA wurden die Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen nochmals verstärkt, um zu verhindern, dass das Virus den Weltraum erreicht.
Der erste bemannte US-Raumflug seit fast zehn Jahren war nicht die einzige große Ankündigung der NASA. Ende letzter Woche gab die Raumfahrtbehörde bekannt, dass sowohl SpaceX, das Rüstungs- und Technologieunternehmen Dynetics als auch das von Amazon-Chef Jeff Bezos gegründete Raumfahrtunternehmen Blue Origin bei der Rückkehr zum Mond eine Rolle spielen könnten. Diese Firmen hatten sich für die Entwicklung eines Landesystems beworben und schafften es nun in die Endauswahl. Blue Origin hatte bereits im vergangenen Jahr mit Blue Moon ein Konzept für eine Landefähre vorgestellt, das bis zu 4,5 Tonnen an Nutzlast transportieren können soll. Mit der New Glenn ist auch eine passende Schwerlastrakete bereits in Entwicklung. Für die NASA soll eine auf dem Blue-Moon-Konzept basierende Landeeinheit mit drei Stufen ausgearbeitet werden.
SpaceX hingegen will sein Starship-System so gestalten, dass es taugt, um Frachtgut und Astronauten zum Mond zu fliegen, zu landen und selbstständig einen Rückflug zur Erde anzutreten. Theoretisch soll das riesige Raumschiff bis zu 100 Menschen oder fünf Tonnen an Fracht transportieren können. Das zumindest hierzulande weniger bekannte Dynetics ist ein Rüstungsunternehmen, das seit fast 50 Jahren im Geschäft ist – und bislang vor allem Radar- und Waffenzielsysteme sowie Drohnen entwickelte. Das Unternehmen arbeitet an einer Landefähre namens ALPACA, die mit austauschbaren Treibstofftanks funktionieren soll. Dadurch wäre die Landeeinheit wiederverwendbar.
Die drei Unternehmen sollen ihre Konzepte über die nächsten zehn Monate verfeinern und dann erneut vorstellen. Danach wird entschieden, ob und welche Unternehmen einen Folgevertrag erhalten, um das Konzept umzusetzen und eine praktische Demonstration ihrer Technologie durchzuführen. „Mit diesen drei Auftragnehmern, denke ich, dass die NASA alles hat, was sie braucht, um für die Landung im Jahre 2024 erfolgreich zu sein“, sagte NASA-Chef Jim Bridenstine. „Aber nicht nur das, wir haben auch alles, was für eine nachhaltige Mondpräsenz bis 2028 nötig ist.“
Teaser-Bild: SpaceX