Trotz Corona-Krise und Finanzengpässen gehen die Pläne für das Mondprogramm Artemis weiter. Jetzt hat die NASA ein Dokument veröffentlicht, das ausführt, was die US-Raumfahrtbehörde für den kommenden Außenposten auf dem Erdtrabanten plant.
Von Michael Förtsch
Vor einem Jahr erteilte die US-Regierung der Raumfahrtbehörde NASA den Auftrag, die Vereinigten Staaten zurück auf den Mond zu bringen. In nicht einmal vier Jahren soll das erste Mal seit 1972 wieder ein amerikanischer Astronaut seinen Fuß auf den staubigen Boden des Erdtrabanten setzen – und auch die erste Astronautin überhaupt. Gleichzeitig soll im Orbit des Mondes eine Raumstation entstehen. Sie soll als Kommunikations- und Logistik-Relais zwischen Erde und Mond und später auch Erde und Mars dienen. Zusätzlich soll ein Außenposten auf der Oberfläche des Begleiters der Erde errichtet werden. Denn das sogenannte Artemis-Programm soll anders als das Apollo-Programm nicht nur eine Abfolge von Abstechern zum Mond sein.
„Wir werden Wochen und Monate auf der Mondoberfläche verbringen“, versprach US-Vizepräsident Mike Pence im vergangenen Jahr bei einem Gedenken an die erste Mondlandung. „Dieses Mal werden wir bleiben.“ Nach der Mondlandung im Jahre 2024 sollen jährlich weitere Expeditionen auf die Mondoberfläche folgen und bis 2028 eine „dauerhafte Präsenz“ errichtet werden. Also ein Mondhabitat. Wie nun im NASA-Bericht Plan for Sustained Lunar Exploration and Development beschrieben wird, soll das sogenannte Artemis Base Camp nahe dem Shackleton-Krater am Südpol des Mondes entstehen. In dieser Region ist nämlich genug Sonnenlicht für eine Versorgung mit Solarstrom vorhanden. Ebenso wird im und um den Krater herum das Vorhandensein von Wasser in Eisform vermutet.
Die Basis soll genügend Wohn- und Arbeitsfläche für bis zu vier Astronauten bieten, die dort zunächst einzelne Wochen und später sogar Monate verbringen könnten. Die Infrastruktur soll zunächst auf das Nötigste beschränkt sein: Stromversorgung, Quartiere, Kommunikationseinrichtungen, Strahlenschutz sowie eine Anlage zur Abfallentsorgung. Außerdem ist ein gesonderter Landeplatz für die An- und Abreise geplant. Dazu sollen zwei Fahrzeuge zur Mondoberfläche gebracht werden. Eines soll für die Erkundung der unmittelbaren Umgebung der Basis gedacht sein. Mit einem weiteren sollen hingegen Ausflüge von mehreren Wochen machbar sein – ganz ähnlich dem Rover, den Toyota für die japanische Raumfahrtbehörde Jaxa entwickelt.
Die Mondlandung muss wohl um ein Jahr verschoben werden
Laut dem NASA-Plan soll die Mondbasis in den Jahrzehnten nach ihrer Errichtung kontinuierlich mit Zusatzmodulen und neuen Einrichtungen auf- und ausgebaut werden. Die könnten dann eine durchgehende und dauerhafte Besatzung mit Astronauten ermöglichen. Sowohl diese langen Aufenthalte auf der Oberfläche als auch eine Mehrmonatsmission einer Crew auf der Raumstation im Mondorbit sollen auch als Vorbereitung auf eine Mission zum Mars dienen. Sie sollen Erkenntnisse über die interpersonellen Dynamiken geben, die sich bei einer Reise zum Mars entwickeln könnten – die, wenn erst gestartet, nicht so einfach und schnell abzubrechen ist.
Daneben soll die Mondbasis herhalten, um neue Technologien zu erproben – sowohl welche, die von der NASA entwickelt werden als auch der Privatwirtschaft –, die langfristig auch die Kosten zur Unterhaltung und Durchführung solcher extraterrestrischen Unternehmungen senken sollen. Darunter neue Solarstrom-, Fabrikations-, 3D-Druck und Automatisierungstechnologien. Ebenso soll ein Radioteleskop auf dem Mond neue Einblicke ins All ermöglichen. Aber allem voran, das schreibt die NASA, soll das Artemis Base Camp sicherstellen, dass die „Amerikaner weiterhin die Speerspitze bei der Erforschung und Entdeckung darstellen“. Da die Vereinigten Staaten die einzige Nation wären, die erfolgreich einen Menschen auf den Mond und einen Rover auf den Mars gebracht hat, „ist die amerikanische Führung jetzt gefordert, die nächste Phase der Menschheit einzuleiten“.
Die Pläne der NASA sind äußerst ambitioniert – und sehr kostspielig. Allein die Initialkosten für das Artemis-Programm sollen sich über die kommenden vier Jahre auf mindestens 35 Milliarden US-Dollar summieren. Und das zusätzlich zum bestehenden NASA-Budget. Nicht einkalkuliert sind dabei Mehrkosten, die beispielsweise durch Probleme mit der neuen Schwerlastrakete SLS oder nun auch Forschungs- und Produktionsstopps durch die Corona-Pandemie verursacht werden. Die dürften auch den schon zuvor sehr engen Zeitplan der US-Raumfahrtbehörde aus dem Takt bringen. Laut einem Bericht des Wall Street Journal dürften sowohl die Mondlandung als auch andere Meilensteine des Artemis-Programm alsbald um mindestens ein Jahr nach hinten verschoben werden.