Nachhaltigkeit und die Systemfrage

Ich starte mal den Versuch, die Diskussion zum Thema Nachhaltigkeit in Gang zu bringen. Zunächst einmal bedarf es einer Definition des Begriffes der Nachhaltigkeit. Hierbei scheint mir das Nachhaltigkeits-Dreieck sehr hilfreich, das sich zwischen den Eigenschaften ökologisch, sozial und ökonomisch aufspannt:

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Es wird aus meiner Sicht immer klarer, daß Ökologie, Ökonomie und eine soziale Gesellschaftsordnung nicht im Widerspruch stehen, sondern vielmehr das Leben auf dieser, unserer Erde wirkungsvoll bereichern.

Nachhaltigkeit ist jedoch nur ein sehr untergeordnetes Ziel der vorherrschenden kapitalistischen Plutokraten. Innerhalb der neoliberalen Zirkel ist Nachhaltigkeit bis heute nahezu ein Schimpfwort. Vorrangig zählt uneingeschränkter Wettbewerb und Profitmaximierung. Sozial und ökologisch ausgerichtetes Wirtschaften wird da eher belächelt.

Nun ist ja wohl jedem einigermaßen vernünftigen Menschen inzwischen klar, wie sehr die eskalierende Klimakrise (Klimawandel ist mir ein zu beschönigender Begriff) und das um sich greifende Artensterben die Lebensgrundlagen der gesamten Menschheit bedrohen. Wenn alles so weitergeht wie bisher, wird es auch für die Plutokraten eng. Denn es wird innerhalb weniger Jahrzehnte keine Rückzugsräume auf dieser Erde mehr geben, die mit noch so viel Geld zu kaufen wären. Bei den zunehmenden Kriegsbedrohungen könnte man beinahe auf den Gedanken kommen, daß es Strategie ist, das Problem durch mörderische Dezimierung der Weltbevölkerung zu lösen.

Wollen wir das alles wirklich? Müssen wir nicht aufstehen und uns klar gegen die perfiden Strukturen stellen? Nun, die Systemfrage muß tatsächlich gestellt werden - im kleinen bei uns selber und im großen Ganzen allemal. Wie z.B. Friday‘s for Future und die letzte Europawahl gezeigt haben, ist in unserer Gesellschaft jetzt wohl die kritische Masse erreicht, auf breiter Front umzusteuern.

Wie eingangs erwähnt widersprechen eine soziale Gesellschaftsordnung und eine grundlegende ökologische Ausrichtung in keiner Weise ökonomischen Interessen. Nur werden aktuell die Folgekosten mangelnden Klima- und Naturschutzes, sozialer Ausgrenzung und internationaler Ausbeutung auf die Gemeinschaft und die kommenden Generationen abgewälzt. Damit wird hoffentlich bald Schluß sein, denn am Ende läßt sich kein Volk seine Lebensgrundlagen und seine Zukunft einfach so nehmen. Und ohne Unterstützung durch die Allgemeinheit steht am Ende auch der Turbokapitalist ohne seine Ausgebeuteten da.

Nun möchte ich hier in keiner Weise zur Revolution aufrufen, obwohl das Umsteuern doch sehr schnell gehen muß. Ich rufe hier im Zirkel vielmehr dazu auf, konkrete nachhaltige Lösungen für mangelhafte Systeme aufzuzeigen und zu diskutieren. Hierfür schlage ich folgende Themenkreise vor, die aus meiner Sicht Priorität haben:

  1. Energiewende in den Bereichen Verkehr, Industrie, Heizung/Klimatisierung, Energieerzeugung und -speicherung

  2. Nachhaltige Ernährung und Landwirtschaft

  3. Reduzierung des Konsums und Wege aus der Wegwerfgesellschaft

  4. Neue soziale Gesellschaftsordnung - im Schwerpunkt orientiert an Nachhaltigkeit, paritätischer Demokratie und digitalem Wandel

  5. Entwicklung eines stabilen Finanzwesens orientiert an nachhaltigen Zielen

  6. Hinwendung aller Wirtschaftszweige/Wertschöpfungsketten zu nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen

Eines sollte dabei jeder von uns vor Augen haben:

Ohne Verzicht - wo noch zumutbar - wird alles, was wir hier diskutieren, nicht abgehen.

Investieren wir in die Zukunft unserer Welt!

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Ein guter Auftakt zu einer Diskussion @delfi - danke dafür! Schon in Kürze vorab: Dazu passt auch unser neuer Artikel über das Science-Fiction-Subgenre Solarpunk, das genau solche Gesellschaftsmodelle skizziert, wie du sie hier forderst:

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Hier noch ein interessanter Beitrag des schweizer Ökonomen Mathias Binswanger. Darin erklärt er einerseits, warum Kapitalismus ohne Wachstum nicht möglich ist…

Die Vision einer vom Wachstumszwang befreiten kapitalistischen Wirtschaft bleibt deshalb Utopie. Eine kapitalistische Wirtschaft kann keine Postwachstumsökonomie sein. Oder anders ausgedrückt: Eine echte Postwachstumsökonomie wäre keine kapitalistische Wirtschaft mehr.

…dass es aber andererseits auch keine wirkliche Alternative zum Kapitalismus gibt.

Deshalb ist eine Abkehr von der kapitalistischen Wirtschaft zurzeit weder in Sicht, noch wird sie von einer breiteren Bevölkerung in irgendeinem Land ernsthaft angestrebt. Das liegt auch daran, dass das Heilsversprechen von immer mehr materiellem Wohlstand zur dominierenden kollektiven Zukunftsvision moderner Gesellschaften geworden ist und als mentale Infrastruktur in den Menschen verankert wurde.

Der Ökonom folgert daraus, dass uns eigentlich nur eines übrig bleibt: Wachstum so lenken, dass es die Umwelt und den Planeten nicht ruiniert. Er zweifelt allerdings daran, dass das überhaupt möglich ist.

Hier geht’s zum ganzen Text:

http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2019/06/gibt-es-in-kapitalistischen-wirtschaften-einen-wachstumszwang/

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Vielen Dank @Wolfgang für die Verlinkung des sehr interessanten Artikels, der zusammengefaßt stark bezweifelt, dass sich ein auf Wachstum ausgerichteter Kapitalismus und die dadurch weitgehend Konsum-infizierten Gesellschaften mit einem nachhaltigen und nicht primär profitorientierten Wirtschaften vereinbaren lassen.

Aus meiner Sicht fängt das Problem bei der immer weiter zunehmenden Konzentration von Macht und Geld an. Deshalb wird auch in progressiv-alternativen Kreisen fortwährend die Systemfrage gestellt, ohne allerdings ein Gegenmodell zur gerechten Verteilung von Macht und dem damit einhergehenden Geld vorweisen zu können. Ich stelle deshalb hier ein Modell zur Diskussion, das ich „Empathische Organisation“ nenne:

Natürliche Führung und Empathische Organisation

Mit diesem Aufsatz wird versucht, den weltweiten progressiven Kräften, die auf der Suche nach einer neuen nachhaltigen Organisationsform sind, einen Anstoß zur Diskussion zu geben, wie der sozial-ökologische Umbau konzertiert gelingen kann:

Wahre Führung basiert auf allumfassender Empathie, die nahezu grenzenloses Vertrauen erzeugt. Dies erlebbar zu machen, verändert alles im Verhältnis der Menschen zueinander.

Insofern ist „Erste_r unter Gleichen“ ein zulässiges und auf natürliche Akzeptanz stoßendes Leitbild für eine zukunftsweisende und am Ende alles durchdringende Organisation der Menschheit im Einklang mit unser Welt.

Zunächst einmal unabhängig von zu ernennenden Führungspersönlichkeiten ist die ideale Größe und Zusammensetzung einer führenden Organisationseinheit zu bestimmen.

Da bleibt festzuhalten, dass es - im Sinne des Interessenausgleichs - einer in möglichst vielen Dimensionen paritätischen Besetzung aller Führungsebenen bedarf. Denn eine effektive Organisation erfordert neben fachlich und emotional qualifizierten Persönlichkeiten auch eine ausgewogene Repräsentation der Geschlechter und Kulturen.

Einerseits ist einleuchtend, dass die Koordinationsfähigkeit einer führenden Gruppe bzw. Organisationseinheit abnimmt, wenn sie zu groß wird, andererseits darf sie nicht zu klein sein, da ansonsten die Dimensionen der paritätischen Besetzung zu klein werden. In diesem Sinne sollte die ideale Zahl der Gruppenmitglieder durch unterschiedlich viele Dimensionsgrößen teilbar sein. Diese ideale Gruppengröße ist 12, denn diese Personenzahl erlaubt noch den effektiven Diskurs und ist gleichzeitig durch 2, 3, 4, 6 und 12 teilbar, um möglichst viel Repräsentanzen ausgewogen unterzubringen. Die Zahl 12 bietet also maximale Teilbarkeiten (z.B. auch ¾ oder ⅔) innerhalb von noch effektiv führbaren Gruppengrößen.

Es ist im Sinne der Transparenz einer Organisation anzuraten, eine neue Organisationseinheit erst zu etablieren, wenn sie mit 12 Personen ausgewogen paritätisch besetzt werden kann. Bis die Zahl geeigneter Personen für die neue Gruppe erreicht ist, werden besser extern angebundene und informelle Arbeitsgruppen unterschiedlicher Größe eingesetzt, die sich z.B. aus ernsthaften Bewerber_innen, Werkstudent_innen, Aushilfskräften und Berater_innen zusammensetzen können. Die Führung bzw. Einbindung solcher Arbeitsgruppen übernimmt dann als Mediator_in eine fachlich und empathisch geeignete Person aus der bestehenden Organisation. Diese externen Mitarbeiter_innen haben zwar keinerlei Mitspracherechte, dann aber bei bewiesener Eignung immer die Option, in eine neue oder bestehende Organisationseinheit aufgenommen zu werden.

Es ist auch verständlich, dass es aus Repräsentationsgründen eines Kopfes einer Organisationseinheit bedarf (Erste_r unter Gleichen). Diese_r fällt dann auch die verantwortungsvolle Aufgabe zu, die Gruppe in der direkt übergeordneten Organisationseinheit zu vertreten. Hierarchie und Akzeptanz der Führung von unten und oben gehen - wie wir im Weiteren sehen - Hand in Hand.

Entscheidungen einer idealerweise 12-köpfigen Gruppe erfordern demokratische Prinzipien. Führt der Diskurs innerhalb der Gruppe nicht zu einer Entscheidungsvorlage, ist ein Ausschuß zu bilden, der interne Gruppierungen und bei Bedarf auch externe Fachleute einbindet. Entscheidungen werden dann durch absolute Mehrheit getroffen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der Führungsperson.

Eine besondere Rolle spielt in einer Empathischen Organisation auch die Stellvertreterregelung. Aufgrund des hohen erforderlichen Vertrauens bestimmt jede Person innerhalb der gesamten Organisation ihre Stellvertretung aus dem Kreis ihrer Organisationseinheit selber, soweit die erwählte Person dieser Stellvertretung zustimmt. Die Stellvertretung einer Person sollte vorzugsweise paritätisch diametral (z.B. anderes Geschlecht) ausgewählt werden, fungiert als engste_r Berater_in und vertritt auf unterster Ebene diese Person innerhalb der Gruppe in ihrer Funktion und bei zu vertretenden Führungspersonen auch in der direkt übergeordneten Gruppe. Die Stellvertretung einer Führungsperson übernimmt gleichzeitig auch die Sekretariatsfunktion. So übernimmt innerhalb einer 12-köpfigen Gruppe die Stellvertretung der jeweiligen Führungsperson die Protokollierung, während die Führungsperson selber die Aufgabe der Moderation und Mediation hat.

Von herausragender Bedeutung ist natürlich die Form der Legitimation der Führungskräfte in erster Linie von unten nach oben, im Nachgang aber auch von oben nach unten.

Die Wahl der Führungsperson einer Gruppe erfolgt durch die Gruppe selber und geheim, wobei im ersten Schritt eine einfache Mehrheit ausreicht und die gewählte Person natürlich der Wahl zustimmen muss. Bei Stimmengleichheit erfolgt eine Stichwahl, wobei die Kandidat_innen selber kein Stimmrecht haben. Führt die Stichwahl wieder zu einer Stimmengleichheit erfolgt ein zweiter Wahlgang ggf. mit Stichwahl, bei dem jedes Gruppenmitglied 3 Stimmen hat. Ist der zweite Wahlgang auch nicht erfolgreich, bestimmt die direkt übergeordnete Organisationseinheit eine kommissarische Führungsperson. Nach einem Monat erfolgt dann die erneute Wahl der eigenen Führungperson aus der Gruppe heraus. Die so gewählte Führungsperson ist dann vorläufig für eine Bewährungszeit von 3 Monaten im Amt. Nach diesen 3 Monaten bestätigt die Gruppe die Führungsperson mit einer notwendigen absoluten Mehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der Stellvertretung der Führungsperson. Wird die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, erfolgt eine erneute Wahl der Führungsperson nach dem in diesem Absatz beschriebenen Prozedere.

Gegen eine von der Gruppe gewählten und nach 3 Monaten bestätigten Führungsperson kann aus der übergeordneten Organisationseinheit heraus ein schriftlich begründeter Misstrauensantrag eingebracht werden, der der absoluten Mehrheit bedarf, wobei bei Stimmengleichheit in der direkt übergeordneten Organisationseinheit die Stimme der dortigen Führungsperson entscheidet. Die vom Misstrauensvotum betroffene Führungsperson erhält dann noch eine 1-monatige Bewährungsfrist und kann dann nur in der Führungsposition verbleiben, wenn Sie von ihrer Gruppe mit einer ⅔-Mehrheit bestätigt wird. Hierdurch wird verhindert, daß die übergeordnete Organisationseinheit den ausdrücklich erklärten Willen der untergeordneten Einheit unterdrückt.

Frühestens 3 Monate nach Bestätigung einer Führungsperson kann auch aus der eigenen Gruppe heraus ein schriftlich begründeter Mißtrauensantrag anonym eingebracht werden. Der Misstrauensantrag erfordert innerhalb der Gruppe mindestens die Stimmengleichheit.

Organisationsänderungen bedürfen in einer übergeordneten Organisationseinheit der ⅔-Mehrheit. Organisationseinheiten, die sich dann in ihrer Zusammensetzung bzw. ihren Aufgaben ändern, müssen ihre Führungspersonen durch Wahl von unten nach oben neu bestimmen.

Der Aufbau jeder Organisation folgt den Leitlinien der flachen Hierarchien und schlanken Organisation zur schrittweisen Erreichung ihrer nachhaltigen Ziele. Dabei ist anfangs organisches Wachstum und Vernetzung in der Gesellschaft durchaus erwünscht.

Mit Erreichen der ökonomisch notwendigen sowie ökologisch und sozial vertretbaren Ziele ist die Größe und der Profit der Organisation auf das Notwendige zu begrenzen oder sogar zurückzufahren.

Für jedes Mitglied einer Organisation gilt lebenslanges Lernen und Üben des empathischen Miteinanders als vorrangiges Ziel.

Denn permanente Auseinandersetzung mit dem Wandel ermöglicht jederzeit eine neue Orientierung und Empathie fördert auf natürliche Weise die Solidarität, inbesondere auch mit Minderheiten und Wesen oder Dingen ohne Fürsprecher.

Nur wenn wir uns selbst verändern lassen, verändern wir auch die Welt.

Persönliches Nachwort:

Dieser Vorschlag einer Emphatischen Organisation bedarf natürlich in vielen Punkten noch der Erklärung, Diskussion und Erweiterung. So sind hier z.B. Fragen des Finanzwesens, der Etablierung und Durchführung von Projekten und der gerechten Entlohnung noch nicht behandelt.

Auch die ausgewogenen Repräsentation aller Organisationseinheiten in den oberen Führungsebenen kann nur gewährleistet werden, wenn alle darunter liegenden Hierarchiezweige annähernd die gleiche Anzahl von Ebenen haben, worauf bei der Anlage der Gesamtorganisaton immer zu achten ist.

Ebenfalls ist die ideale Größe einer Gruppe von 12 nicht dogmatisch zu sehen, sie gilt m.E. jedoch als maximal. Aus zwingenden organisatorischen Gründen könnte man z.B. eine minimale Gruppengröße von 6 tolerieren. Für den breiten Diskurs in Besprechungen und zur Beschlussfassung müsste die Gruppe dann jedoch auf 12 aufgefüllt werden. Hierzu könnten dann Mitarbeiter (vorzugsweise begabte Generalist_innen) aus den direkt untergeordneten Organisationseinheiten benannt werden. In begründeten Ausnahmesituationen könnten auch Führungspersonen aus parallelen Organisationseinheiten kurzfristig hinzugezogen werden.

Natürlich erscheinen die Prozesse in einer emphatischen und über weite Strecken basisdemokratischen Organisation auf den ersten Blick recht komplex, könnten jedoch durch weitgehende Digitalisierung sehr einfach und transparent umgesetzt werden.

Die Ausführungen sind in sofern auf die wesentlichen Punkte reduziert, um ersteinmal ein grundlegendes Verständnis dieses Vorschlages zu ermöglichen.

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Das ist ein sehr interessantes Konzept, @delfi -
Bei einer Kritik an unseren bestehenden Systemmodellen sind viele schnell dabei. Doch fehlt es den meisten Kritikern am Formulieren produktiver Alternativen.

und:

Ja - so ist es!
Wollen wir Alternativen umsetzen, so dass es schwer fällt zu sagen: „Das ist aber unrealistisch“ - oder „Das lässt sich nicht realisieren, weil die Menschen dafür untauglich geworden sind“. Dann wird es unabdingbar, neben den neuen Ideenkonzepten, parallel dazu, Konzepte zur Überwindung menschlicher, starrer, innerer Systeme, auch in Form von Alternativkonzepten, anzubieten - gleichzeitig, weil die äußeren und die inneren Konzepte untrennbar miteinander verknüpft sind!
Warum diese, meine, Bemerkung?
Weil deine Überschrift lautet:

Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Ergebnisse kognitiver, progressiver Leistung für Vorschläge eines Systemwandels auf alle unsere Lebensbereiche in unserem Inneren ein Abbild erhält…

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Vielen Dank @lifequest für Deinen Kommentar zum Konzept der Emphatischen Organisation.

Das größte Problem, das ich mit diesem Organisationskonzept lösen möchte, ist tatsächlich die Überwindung starrer, innerer Strukturen, in denen sich die Menschen in Organisationen gefangen fühlen - Führungspersonen werden von oben herab bestimmt, Basisdemokratie findet kaum mal statt und die Hierarchieebenen hängen nicht selten an Titel, Macht, Geld und in ihren Seilschaften.

Egoistisch dumpf - Karriere ist Trumpf?

Die vorgestellte Emphatische Organisation soll von daher den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, die emphatische Führungsperson ihres Vertrauens in die nächsthöhere Hierarchieebene zu wählen. In der Folge kann aber auch von oben herab einer Führungsperson das Vertrauen entzogen werden.

Auch Entscheidungen werden innerhalb einer Gruppe demokratisch getroffen, wobei die Führungsperson lediglich Zünglein an der Waage ist. Ihre eigentliche „Macht“ besteht in der Beteiligung in der übergeordneten Organisationseinheit, wo sie nur indirekt an Entscheidungen der eigenen Gruppe gebunden ist. Denn auch aus der eigenen Gruppe heraus können sie abgewählt werden, wenn das innere Vertrauen bei einer Mehrheit gestört ist.

Um jetzt die Organisation in Ihrem Aufbau zu stabilisieren, sind für Führungspersonen Bewährungszeiten vorgesehen und Mißtrauensanträge erst nach festgelegten Fristen möglich.

Die Emphatische Organisation ist also, was Basisdemokratie und Hierarchie - basierend auf Akzeptanz von unten und oben, so etwas wie die

Offene Quadratur des Organisationskreises

Die Organisation bleibt damit im Fluß und paßt sich inneren und äußeren Veränderungen dynamisch an und, wer nicht emphatisch mitschwimmt, verspielt über kurz oder lang das ihr/ihm entgegengebrachte Vertrauen und damit auch seine Position im Unternehmen.

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Dieser basisdemokratischen Organisationsstruktur kann ich gut folgen. Eine Vision die sich langfristig gestalten lässt.
Um das zu realisieren wird es nötig sein, Empathie als gedachtes Konstrukt in eine wirklich gelebte Verfassung zu überführen, um Empathie als Zustand zu erfassen.
Es ist gar nicht so einfach, vorgegaukelte Empathie zu erkennen, wenn der Erkennende selbst Empathie nicht als Zustand lebt, also auch nicht (er)kennt.
Umlernen wird in diesem Zusammenhang unentbehrlich.

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@lifequest: Das ist natürlich ein großes Problem, daß Empathie böswillig vorgetäuscht werden kann. Es soll ja narzistische Psychopathen geben, die sich äußerst geschickt in die Herzen anderer Menschen eingraben.

Deshalb bräuchte man in einer Empathischen Organisation eine psychologisch gut geschulte Person oder noch besser ein Gremium, welche neue Mitarbeiter und solche, die in eine Führungsposition aufrücken wollen, auf echte Empathiefähigkeit hin überprüfen. Das ist natürlich keine leichte Aufgabe und geeignete Personen für solch ein Gremium findet man nicht an jeder Ecke.

Evtl. holt sich eine neue Organisation da erstmal externen Rat, bis eigene Mitarbeiter diese wichtige Funktion ausfüllen können.

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@delfi - das ist eine gute Idee. Doch in der von die aufgestellten Empathischen Organisation ist so eine Person wohl über einen mehr oder weniger kürzeren Zeit enttarnt, wenn ich mich nicht täusche. Wie ich sehe, hast du die außerordentliche Gabe für jedes Problem einen Lösungsvorschlag zu bieten - danke!

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@lifequest - je länger ich über dieses Problem der echten Empathiefähigkeit von Führungspersonen innerhalb einer Organisation nachdenke, um so klarer wird mir, wie schwierig es ist, solche zu finden. Aber immerhin hatten so 20% der Chefs, die ich in meinem langen Berufsleben in größeren Betrieben kennengelernt habe, diese sehr angenehme Eigenschaft. Die waren dann natürlich sowas wie Delfine im Haifischbecken.

Ich hätte da noch für die Zusammensetzung eines „Empathie-Prüfungsgremiums eine Idee: Es sollte vielleicht mit mehr Frauen und dann auch eher mit gesellschaftlichen Minderheiten (z.B. offensichtlich Behinderte und Menschen aus fremden Kulturen, die häufig angefeindet werden) zusammengesetzt werden. Denn Angehörige von Minderheiten „riechen“ nicht empathiefähige Menschen aus großer Entfernung - so glaube ich jedenfalls.

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In der Tat @delfi haben sie dafür einen guten Riecher!

Ein interessantes Konzept @delfi -
Dem würde ich das hier gern ergänzen:


https://www.nachhaltigkeitsrat.de/aktuelles/wir-wollen-trendsetter-fuer-andere-unternehmen-sein/

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Vielen Dank für diesen Link @lifequest! Die Menschen beschäftigen sich tatsächlich zunehmend mit dem Thema Achtsamkeit, indem sie z.B. Yoga betreiben oder meditieren. Ein solches beständiges Üben der Achtsamkeit führt dann auch zu höherer Empathie und in der Folge auch zu mehr Anerkennung im Unternehmen, im privaten Umfeld oder sogar in der ganzen Gesellschaft.

Der von Dir verlinkte Artikel geht jedoch das eigentliche Problem der starren meist von oben diktierten Hierarchien in unserer Gesellschaft nicht an. Auch das zunehmende Gefälle zwischen Reich und Arm wird nicht thematisiert. Insofern scheut sich der Mitarbeiter von SAP augenscheinlich erstmal, die Systemfrage zu stellen, obwohl ihm die Tragweite seines Achtsamkeitstrainings wohl schon bewusst ist.

Aber häufig führen ja Umwege zum Ziel :dolphin:

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Das sehe ich auch so. Die Systemfrage ist hier nicht gestellt. Wir kommen um diese Frage auch nicht herum.
Es kann auch nicht jeder einzelne alles Gleichzeitige bearbeiten. Jedes Universum existiert in der einheitlichen Gleichzeitigkeit aller Einzelheiten, welche zusammen ihre Einheit sind. Darum stellt sich mir nicht die Frage, was zu allererst zu tun ist. Die Gleichzeitige Herangehensweise ist nicht unmöglich. In unserem Beispiel hieße es, dass parallel, gleichzeitig, mit der Neuorientierung der Systemfrage die Befähigung einer Neuorientierung der Wachsamkeit, der Empathie u.a. vollzogen wird. Damit wird es einfacher, den Systemwandel zu einem Bedürfnis zu machen.
Also nicht erst 1 dann 2 dann 3 u.s.f. sondern 1 und 2 und 3 u.s.f.

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@lifequest: Ich stimme Dir in vollem Umfang zu und bin bester Hoffnung, daß sich die Menschheit in einer (noch etwas chaotischen) Phase der allerorts spürbaren, friedlichen(!) Neuorientierung in Richtung nachhaltiger Lebensweise befindet.

Hierzu zähle ich die diversen Bewegungen rund um den Klima- und Naturschutz, die zahllosen Einzelpersonen und Hilfsorganisationen, die sich um Menschen in Not kümmern und insbesondere auch die stetig wachsende Zahl an Menschen, die durch beständiges Üben von Körper und Geist mit zunehmender Achtsamkeit erkennen, wie wertvoll und zu tiefst befriedigend ein empathisches Miteinander für sie selbst und ihre Umwelt ist.

Das Wunderbare wahrzunehmen,
ist eine Kunst.
Es zu zu verkörpern,
zeugt von Meisterschaft.
Dabei bescheiden zu bleiben,
ist Vollkommenheit.

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