Oh, Mindfulness. Das ist ein Thema, bei dem ich wohl vielen auf die Füße treten werde. Denn ich halte diese „Praxis“ oder „Methode“ für verblendet und sogar gefährlich, wie sie gerade vermarktet wird – auch wenn die Essenz, die es mal gehabt haben mag, schon positiv gewesen sein könnte.
Denn Mindfulness wird nicht als einfaches Konzentrationstraining (mehr ist es in seiner Basis ja nicht) verkauft, sondern eine Art Selbsthilfewerkzeug, das individuelle Probleme bekämpfen und den eigenen Geist justieren soll. Dahinter steht eine so gefährliche wie arglistige Logik: Nämlich, dass die Probleme, die damit bekämpft werden, selbstverschuldet oder im eigenen Kopf zu finden sind.
Dabei sind die Probleme, die Mindfulness „bekämpft“ – Überforderung, Konzentrationsschwäche, Zerstreutheit, Stress etc. pp. – vielfach Ausprägungen unserer Konsum-, Medien-, Fördern-, nicht Fordern- und Aufmerksamkeitsökonomie: Sie sind oft externer Natur. Damit ist Mindfulness eine Methode, die Symptome zu bekämpfen aber nicht deren Verursacher. Es soll erreichen, dass sich Menschen dem falsch laufenden System anpassen und nicht das System den menschlichen Bedürfnissen; sie sollen durch diese Praxis weiterhin funktionierende Konsumenten und Produzenten bleiben und damit das System akzeptieren.
Es erfolgt dadurch eine Problem- und Lösungsumkehr im Sinne marktliberaler Präferenzen und eine Privatisierung der Negativeffekte der heutigen Wirtschaft und Ökonomie. Es wird die Nachricht verbreitet, dass alles, was dir und deinem Geist Probleme, Schmerzen und Unruhe bereitet, alleinig in deinem Kopf stattfindet und du gefälligst, daran arbeiten musst, das für dich zu klären – obwohl das Gegenteil der Fall sein sollte. Nämlich eine Debatte über die Negativeffekte unserer heutigen Welt und wie wir nun tatsächlich damit umgehen.
Damit ist Mindfulness vor allem eben auch ein Werkzeug, das von großen Playern wie Google, Facebook, etc. pp. an seine gestressten Mitarbeiter vermarktet wird, die unter Zeit-, Termindruck, hierarchischen Strukturen, einer mangelhaften Fehlerkultur und zunehmender Komplexität ihrer Produkte und Systeme leiden.