Diese stylische Kiste soll die Luft von CO2 befreien


Der Kampf gegen den Klimawandel bedeutet auch, dass Wälder geschützt und Bäume gepflanzt werden müssen. Denn alleine so können die gigantischen Mengen an CO2 reduziert werden, die die Erderwärmung vorantreiben, oder? Vielleicht auch nicht. Denn ein Start-up verspricht nun eine Maschine, die die Wälder bei ihrer Filterarbeit unterstützen soll – mit Seegras und Künstlicher Intelligenz.

Von Michael Förtsch

Erst kürzlich produzierten die Klimaaktivistin Greta Thunberg und der Guardian-Journalist George Monbiot zusammen den Kurzfilm #naturenow. Darin erklären beide, dass es nicht genügen wird, auf das Verfeuern fossiler Brennstoffe zu verzichten. Um den Klimawandel wirklich zu bremsen, müssten in den kommenden Jahren auch aktiv Unmengen von CO2 aus der Atmosphäre gezogen werden. Denn die Millionen von Tonnen an Kohlenstoffdioxid, die wir schon freigesetzt haben und jeden Tag weiter freisetzen, treiben die Erderwärmung voran. Die Lösung? „Es gibt eine magische Maschine, die das Kohlenstoffdioxid aus der Luft saugt“, sagt Monbiot in dem nur wenige Minuten kurzen Video. „Sie nennt sich Baum.“

Damit hat er Recht. Die großflächige Rodungen von Wäldern zu stoppen und neue Bäume zu pflanzen gelten als unerlässliche Mittel im Kampf gegen den Umschwung des Weltklimas. Jedoch sind es nicht die einzigen: Es gibt auch technische Mittel, um die natürliche Arbeit der Bäume und anderer Pflanzen zu emulieren. Das will unter anderem das US-amerikanische Start-up Hypergiant Industries beweisen. Das forscht eigentlich für Tech-Giganten wie Apple und die US-Regierung an spezialisierten Künstlichen Intelligenzen. Doch das Unternehmen wolle auch an der „Lösung der herausfordernsten Probleme der Menschheit“ versuchen, wie Hypergiant-Chef Ben Lamm zu 1E9 sagt. „Wir sind überzeugt, dass eine der größten Herausforderungen unserer Zeit die Krise der globalen Erwärmung ist.“

Der Vorschlag von Hypergiant Industries, um die Filterarbeit der Wälder aktiv zu unterstützen, ist eine zwei Meter hohe und rund halb so breite und tiefe Kiste. Sie ist mit einem leuchtenden Raketen-Logo und zahlreichen Lufteinlässen überzogen. Sie sieht fast wie ein fiktiver Super-Computer aus, der auf dem Set eines Science-Fiction-Films in der Ecke stehen könnte. Allerdings handelt es sich dabei um einen Bioreaktor, den die Entwickler EOS getauft haben. Bioreaktoren sind Maschinen, die eigentlich genutzt werden, um unter kontrollierten Umständen und damit möglichst effektiv Pflanzen oder Bakterien zu züchten. Und tatsächlich wächst auch in dem aus Glasröhren und kleinen Pumpmotoren bestehendem EOS-Bioreaktor etwas heran – und zwar ein durchaus nützliches Nebenprodukt.

Sind Algen die bessere Bäume?

„Wir wollten herausfinden, ob Bäume wirklich die effektivste Art sind, um den Klimaumschwung zu bekämpfen“, sagt Ben Lamm. Denn die klassische Aufforstung hat einen Haken: Neu gepflanzte Bäume müssen erst heranwachsen, um zu einem guten CO2-Speicher zu werden. Doch warten ist gerade nicht unbedingt angebracht. Daher hat das Team von Hypergiant jede Menge Forschungsarbeiten mit potenziellen und vor allem schnell wachsenden und damit instantan nutzbaren Alternativen durchgearbeitet. Und: „Es stellte sich heraus, dass Algen deutlich besser darin sind, Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre zu filtern“, führt Lamm aus. Daher wird in den Röhren des Reaktors Seegras „angesetzt“, um anschließend gezielt mit CO2-haltiger Luft versorgt zu werden, die den Reaktor dann als gereinigte Luft verlässt.

In ersten Tests eines Prototypen-Bioreaktors konnte diese Filtermaschine das CO2 rund 400 Mal so schnell verarbeiten wie ein einzelner Baum, berichtet Lamm. Oder anders gesagt: Es verarbeitet an einem Tag genau so viel CO2 wie ein dichtes Waldstück von 4.000 Quadratmetern. Das liegt aber nicht allein an der Alge. Auch die clevere Technik und Künstliche Intelligenz haben ihren Anteil daran. „Das Gerät ist ein geschlossenes System“, erklärt Ben Lamm. „Jeder Abschnitt des Prozesses wird von einer Künstlichen Intelligenz kontrolliert und optimiert, um eine maximale CO2-Aufnahme zu gewährleisten.“

Unter anderem hat die Software des Bioreaktors die Kontrolle über Temperatur, Lichtzufuhr und Wasserfließgeschwindigkeit. Deren Werte werden je nach Veränderung des pH-Werts des Wassers, des Sauerstoffausstoßes und der Wachstumsgeschwindigkeit der Algen flexibel angepasst. Das einzige „Abfallprodukt“ der sonst recht simplen Filterarbeit ist nur die Seegrasmasse, die in den 210-Liter-Glaskartuschen wuchert. Die wird von der Maschine ab bestimmten Sättingungsgrenzwerten mit einem Pumpsystem abgeführt, in einem Erntesieb gesammelt, zu Bierdeckel-großen Paketen gepresst und in einen Sammelbehälter ausgeworfen. Die kleinen Briketts sollen unter anderem als Ausgangsstoff für Protein- und Ballaststoffzusätze und Bio-Öl in der Nahrungsmittelindustrie, als Düngemittel, organisches Plastik oder Biobrennstoff taugen.

Der Reaktor geht Open Source

Wie und wo genau der Bioreaktor nun eingesetzt werden könnte? Da sind sich die Entwickler von Hypergiant Industries selbst noch nicht ganz so sicher. Denn ihnen gehe es zunächst darum, „zu zeigen, dass er eine effektive Lösung darstellt“, wie Ben Lamm sagt. Gelingt das, will das Unternehmen mit Wissenschaftlern, Universitäten, Städten oder auch anderen Firmen zusammenarbeiten. Denn wirklich Sinn ergebe der EOS-Bioreaktor natürlich nur, wenn er nicht mit Strom aus Kohle- oder Gaskraftwerken, sondern mit grüner Energie betrieben wird und dort steht, wo er eine spürbare Wirkung erzielen kann.

Denkbar sei, wie Ben Lamm sagt, dass ein EOS-Bioreaktor direkt in die Belüftungssysteme von größeren Gebäuden eingeklinkt wird. Seien es Bürotürme, Appartementblocks oder auch Parkhäuser. Die Abluft würde durch Schächte direkt in die Maschine geschleust, gereinigt und nach draußen geleitet – oder, wie in einem Kreislauf, wieder hineingeführt. Letztlich sei der EOS-Reaktor aber ein System, das praktisch überall funktionieren und beliebig in der Größe skaliert werden könne. „Eigentlich wäre der richtige Platz überall dort, wo wir ihn hinstellen können“, scherzt Lamm. „Es ist nun einmal so, ob drinnen oder draußen, es ist die gleiche Luft, egal wo der EOS steht, du fängst immer CO2 aus der Luft.“

Da es möglichst viele EOS-Bioreaktoren braucht, und weil die Technik weiterentwickelt und verfeinert werden soll, will Hypergiant Industries sie freigeben. Zumindest in Teilen. Nur die Künstliche Intelligenz behält das Unternehmen für sich – jedenfalls vorerst. Aber die Baupläne und eine Sammlung an Forschungsergebnissen soll Anfang 2020 als Open-Source-Quelle ins Internet gestellt werden. „Wir fühlen uns verantwortlich dafür, Initiativen und Einzelpersonen zu unterstützen, die einen Unterschied machen wollen“, meint Lamm. Man hoffe, dass sich vor allem die Maker Szene und clevere Erfinder der Idee annehmen und kleinere, größere oder vielleicht sogar bessere Varianten des Reaktors bauen – und damit ihrerseits mithelfen, den Klimawandel zu bremsen und Städte mit sauberer Luft zu versorgen. „Das ist“, wie der Hypergiant-Chef sagt, „der große Traum.“

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Den Gedanken finde ich gut. Rein damit in die Community. Ich würde auch so eine Open-Source -Maschine bauen, nur ist Kohlenstoffdioxid halt nur ein Teil des Problems. Sonst gibt es ja noch

:wink:

Bin gespannt auf weitere (DIY) Open-Source-Projekte!

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Da könnte noch einiges kommen. Und manches gibt es ja auch schon. Du kannst dir heute schon deine eigene Solar- und Windkraftanlage bauen, selbst wenn sie nur das Smartphone lädt. Oder auch einen Atmosphärenwassergenerator.

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Schaut mal… In Berlin steht grad so ein Ding in der Algen Bar… Im Kraftwerk Berlin…

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Sieht stylisch aus… Konntest du herausfinden, was genau das ist? Nur Deko oder irgendwas Magisches?

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Alles echt! Some real, green mägic…! Wird von Mint hergestellt… Lokal produced Algen… Ich wollte eine fürs Festival… Das schaut so stylisch aus., da spart man sich glei die Kunscht… Muahaha… Dit wär doch a was für die nächste 1E9…? wenn die Leuts zu viel poopsen kann man instantly den Saal erfrischen… :v::wink:

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Die Technik dahinter ist vergleichsweise simpel. Nicht ganz aufwendig und in klein ließe sich das sicher auch selbst bauen.

Und wenn’s nicht unbedingt eine Algenfarm sein muss: Hydroponische Systeme sehen auch verdammt spacig aus ; )

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