Um uns auf den Klimawandel vorzubereiten, bedarf es mehr als Solaranlagen und Windräder. Zur Bewältigung der Folgen der globalen Erwärmung braucht es auch Innovationen im Weltraum. Wir stellen euch deshalb drei Projekte vor, die mit Weltraumdaten die Klimaanpassung unterstützen. Sie tragen zur Schutz von Infrastruktur, zur Rettung vom Klimawandel bedrohter Arten und zur Vermeidung von Heuschreckenplagen bei, die ganze Ernten vernichten können.
Von Joanne Arkless
Weltraummissionen werden immer wieder für ihren hohen Schadstoffausstoß kritisiert – und das nicht ohne Grund. Eine Falcon-9-Rakete von SpaceX, zum Beispiel, verursacht beim Raketenstart schätzungsweise 400 bis 500 Tonnen an CO2-Emissionen. Das entspricht ungefähr dem jährlichen CO2-Fußabdruck von 50 Personen in Deutschland. Hinzu werden meist weitere schädliche Substanzen wie Schwarzer Kohlenstoff ausgestoßen, die sich in der Stratosphäre festsetzen und die Ozonschicht verdünnen. Auch der von mehreren Firmen geplante Weltraumtourismus klingt nicht gerade nach Klimaschutz.
Sollten wir also fürs Klima auf Weltraummissionen verzichten?
Die Frage ist nicht ganz so einfach zu beantworten, denn die Raumfahrt leistet auch wichtige Beiträge zu Klimaforschung, Klimaschutz und Klimaanpassung. Satellitendaten liefern uns Erkenntnisse über den Zustand unseres Planeten. Sie können langfristige Veränderungen des Klimas wahrnehmen und uns dabei helfen, diese zu verstehen.
Mit Hilfe von 26 Satelliten überwacht die amerikanische Weltraumorganisation NASA beispielsweise die Temperaturen von Oberflächen und Weltmeeren, das Abschmelzen der Gletscher oder den Anstieg des Meeresspiegels. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden dann bei wichtigen Veranstaltungen wie der Weltklimakonferenz COP28 vorgestellt. Die NASA und andere Organisationen stellen ihre wissenschaftlichen Ergebnisse auch politischen und unternehmerischen Entscheidungsträger:innen zur Verfügung und empfehlen, nicht nur Emissionen drastisch zu senken, sondern auch Anpassungen an den Klimawandel einzuleiten.
Die Unterstützung von Menschen, Tieren und Pflanzen bei der Anpassung an den Klimawandel ist auch unter dem Begriff “Climate Adaptation” bekannt, worüber @Wolfgang einen Artikel mit einem Fokus auf Deutschland geschrieben hat. In diesem Artikel stellen wir euch zwei Unternehmen und ein wissenschaftliches Projekt vor, die mit Hilfe von Space-Technologien den Menschen helfen wollen, mit den Konsequenzen des Klimawandels klarzukommen.
VIDA: Satellitendaten für eine grüne, globale Infrastruktur
Um unser Leben am Laufen zu halten, benötigt es eine gut funktionierende Infrastruktur – von der Strom- und Wasserversorgung über Mobilität bis zur Kommunikation. Doch auch Infrastrukturen können durch den Klimawandel gefährdet werden.
Daher achten, zum Beispiel in Australien, regionale Behörden immer mehr darauf ihre Infrastruktur so vorzubereiten, dass in extremen Dürren immer noch genügend Wasser für die Bevölkerung zur Verfügung steht, dass Risse im Boden nicht die Fundamente von Gebäuden zerstören, und dass Buschfeuer nicht zu große Schäden an Transportwegen anrichten können.
Doch um die richtigen Vorkehrungen zu treffen, braucht es eine gute Grundlage an Daten und Fakten. Eine digitale Lösung auf Basis von Weltraumtechnologien, um Fragen über die Auswirkungen des Klimawandels auf Infrastrukturen strategisch und exakt zu beantworten, hat deshalb das Münchner Unternehmen VIDA entwickelt.
VIDA hat damit begonnen, Satellitenbilder mit Künstlicher Intelligenz auszuwerten, um entlegene Dörfer mit Strom versorgen zu können, wie @Daniel Szöke vor zwei Jahren für 1E9 erklärte. Jetzt haben wir wieder mit Tobias Engelmeier, dem Chef von VIDA, gesprochen, um herauszufinden, was sich bei dem Satelliten-Infrastruktur Unternehmen seitdem getan hat.
1E9: Was bedeutet der Klimawandel für unsere Infrastruktur?
Tobias Engelmeier: Was mich interessiert ist: Wie kriegen wir Klimawandel und Entwicklung weltweit gleichzeitig gebacken? Da der Klimawandel bereits jetzt eine Realität ist, müssen wir unsere Infrastruktur einerseits dekarbonisieren, um zu einer Verlangsamung des Klimawandels beizutragen, gleichzeitig müssen wir uns vor dem Klimawandel schützen, also Adaptation fördern. Die Infrastruktur selber muss daher resilient sein gegen die Klimaveränderung, denn wir haben ganz neue Klimarisiken. Das Thema Infrastruktur geht vom Dammbau rund um Amsterdam bis zur Elektrifizierung in Afrika.
Welche Technologien nutzt ihr bei VIDA und wie tragt ihr zur Klimaadaption bei?
Tobias Engelmeier: Die Datenwelt explodiert und es gibt fantastische Datensätze, die zur Verfügung stehen. Die werden aber nicht von den Leuten genutzt, die Entscheidungen treffen. Das liegt daran, dass es komplex ist, die Daten zusammenzufassen. Sie sind überall unterschiedlich formatiert und kosten unterschiedlich viel. Wir bringen all diesen Daten zusammen, wie in einem Spotify-Modell. Dafür haben wir globale Datensätze gesammelt, in unsere Software integriert und ein Modell entwickelt, das selbst in den entferntesten Regionen der Welt funktioniert.
Zum Beispiel gab es niemanden, der sagen kann, wo genau auf der Erde alle Stromnetze sind. Deswegen haben wir einen Algorithmus entwickelt, der auf Basis von Satellitendaten der Europäischen Weltraumorganisation ESA genau das auslesen kann. Wir benutzen auch Daten von anderen Anbietern, die sehr gut darin sind, Flutrisiken, Waldbrandrisiken oder Erdbebenrisiken zu bestimmen. In unserer kartenbasierten Software stellen wir diese Daten zur Verfügung und man kann Risiko- und Impact-Faktoren an weltweiten Standorten prüfen.
Welche Rolle spielen Weltraumtechnologien bei VIDA?
Tobias Engelmeier: Wir haben keine eigenen Satelliten, wir kaufen Daten zu, auch verarbeitete Daten. Man kann sich die Sache wie einen Trichter vorstellen. Wir sind unten in dem Trichter, indem wir die Daten unseren Nutzern zur Verfügung stellen und steigen oben da ein, wo es je nach Thema, das wir bearbeiten, notwendig ist.
Mit wem arbeitet ihr zusammen? Wer nutzt eure Karten-Software?
Tobias Engelmeier: Wir arbeiten mittlerweile nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in Europa, den USA und Asien. Unsere Nutzer sind Infrastrukturfonds, große Banken, Regierungen und auch multinationale Konzerne, die in Infrastruktur investieren. Beispielsweise arbeiten wir gerade an einem Projekt mit der Weltbank zusammen, bei dem 56 Länder involviert sind. Zudem arbeiten wir mit der Regierung von Pakistan zusammen, wo es darum geht, eine klimaresiliente Infrastruktur aufzubauen. Gemeinsam mit der nigerianischen Regierung koordinieren wir eine entwicklungsrelevante Infrastruktur und überlegen, wie man parallel Stromnetze, das Gesundheitssystem und die Kühlketten der Landwirtschaft ausbauen kann.
Wie wirkt sich der Klimawandel auf das Verhalten von Infrastruktur-Investoren aus?
Tobias Engelmeier: Da gibt es drei relevante Punkte, was der Klimawandel für unsere Kundengruppe bedeutet. Der erste und älteste Punk sind Investitionen in dekarbonisierende Infrastruktur, insbesondere in Solar- und Windkraftanlagen. Das ist das Hauptwachstumsfeld für Infrastruktur-Investoren weltweit.
Der zweite Punkt ist neuer: Ein ein viel stärkeres Verständnis von den Risiken, die mit dem Klimawandel einhergehen. Auf einmal merken die Investoren, dass bestimmte Risiken einfach nicht mehr versicherbar sind. Das heißt, es gibt bestimmte Standorte, die aus Klima-Risikosicht ausgeschlossen werden müssen, in denen die Risiken von zum Beispiel Überflutungen, Erdbeben oder Dürre sehr stark zunehmen. Klimarisiken haben sich von einem Randthema ins Zentrum des Diskurses entwickelt. Ein gutes Verständnis vom Klimawandel wird von Infrastruktur-Investoren als Kernkompetenz angesehen.
Der dritte Punkt ist, dass eine unglaubliche Industrie in dem Bereich entsteht , der uns vor den Folgen des Klimawandels schützen soll, wie beispielsweise die Erhöhung von Deichen, Schutz vor Fluten, Schutz vor Feuer und solchen Dingen.
Mit ihrer ausführlichen Datenaufbereitung im Kartenformat will VIDA dazu beitragen, die Sustainable Development Goals (SDGs) der UN zu erreichen und das zukünftige Leben von Menschen lebenswerter zu machen.
Talos: Kleine Satelliten zum Schutz der Biodiversität und als Frühwarnsysteme
Erst vor einigen Tagen ging die 28. UN-Weltklimakonferenz COP28 in Dubai zu Ende und stellte als Bilanz unter anderem fest, dass die Auswirkungen des Klimawandels die Artenvielfalt und dadurch auch die Lebensgrundlagen von Milliarden von Menschen bedrohen.
Der Biodiversitätsverlust ist ein alarmierendes globales Problem: Jährlich verschwinden etwa 18 Millionen Hektar Wald, was einer Fläche von 27 Fußballfeldern pro Minute entspricht. Es wird geschätzt, dass bis zu eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind. 30 Prozent aller Säugetiere stehen kurz vor dem Aussterben. Und über 80 Prozent der weltweiten Wirbeltiere sind in den letzten Jahrzehnten verschwunden.
Das Münchner Start-up Talos will mit Hilfe von Weltraumtechnologien dem Verlust von Biodiversität entgegenwirken. Der Fokus liegt darauf, die Artenvielfalt zu überwachen, zu schützen und gleichzeitig klare Warnsignale für drohende Umweltkatastrophen zu liefern.
Bei unserem Festival der Zukunft 2023 nahm Gregor Langer, CEO von Talos, am Space-Start-up-Wettbewerb teil. In seinem Pitch berichtete Gregor, wie das Unternehmen wissenschaftliche Institutionen mit präzisen Daten über die Bewegung, die Gesundheit und die Umwelt von Tieren versorgen will: mit einer IoT-Satelliten-Technologie. Talos stattet Tiere dafür mit winzigen Geräten, sogenannten Tags, aus, um ihre Bewegungen damit zu verfolgen und die gesammelten Daten zu analysieren. Im Interview mit 1E9 hat uns Gregor Langer weitere Fragen dazu beantwortet.
1E9: Gibt es Tiere, an denen ihr konkret beobachten könnt, dass sich ihr Verhalten bereits an Klimaänderungen angepasst hat?
Gregor Langer: Ja, insbesondere Zug- bzw. Wandervögel sind da sehr interessant, da man bei diesen unmittelbar am veränderten Verhalten, also abweichenden Routen, Klimaveränderungen oder sonstigen Umweltveränderungen ablesen kann. Aber auch die Veränderung von Habitaten kann den Rückschluss zulassen, dass die bisherigen durch den Klimawandel oder andere externe Einflüsse nicht mehr „bewohnbar“ sind und ein Wechsel notwendig ist.
Wie genau bekommt ihr eure Daten und welche Rolle spielen dabei Weltraumtechnologien?
Gregor Langer: Wir erheben alle Daten mittels unserer Miniatur-Tags. Diese erfassen Position, Höhe, Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchte und Beschleunigung, indirekt auch die Helligkeit. Durch einzelne Datenreihen, besser aber durch den Mix der Daten („Sensor Fusion“), können wir Rückschlüsse ziehen. Die Nutzung von Weltraumtechnologien ist für uns essenziell, da wir alle Daten über unsere Satelliten im nahen Erdorbit weiterleiten. Nur so können wir auch entlegene Orte erreichen, wo es keine Mobilfunk- oder sonstige Funkabdeckung gibt.
Talos hat es geschafft, die gesamte notwendige Technik in einen CubeSat-Satelliten, der etwa die Größe eines Schuhkartons hat, zu verbauen. Das spart Energie und ist somit umweltschonender. Gregor berichtet, dass der Satellit jeden Ort auf der Erde mindestens einmal am Tag messen kann. Dies gibt Wissenschaftler:innen einen präzisen Einblick in das Verhalten der Tiere. Die miniaturisierten Tags sind nur wenige Zentimeter groß und haben ein Gewicht von nur fünf Gramm. Sie ermöglichen es, auch Kleintiere und Vögel zu erfassen. Nicht nur das Verhalten der Tiere kann damit überwacht werden, sondern auch ihr Gesundheitszustand.
Wie schafft ihr es, den Gesundheitszustand eines Tieres zu tracken?
Gregor Langer: Da gibt es einige Indikatoren. Ein krankes Tier bewegt sich zum Beispiel weniger als ein gesundes. Dies können wir über die Position und Beschleunigung messen und auswerten. Auch die Anzahl der Kontakte zu anderen Tieren kann Rückschlüsse auf eine Krankheit aufzeigen, da gesunde Tiere die kranken oftmals meiden. Manche Tiere halten sich bei einer Erkrankung auch häufiger im Schatten oder in der Nähe von Nahrungsquellen auf. Ersteres können wir über den Ertrag der Solarzelle [auf dem Tag] auch gut messen.
Welche Anpassungen an den Klimawandel müssen wir schon jetzt und künftig vornehmen, ausgehend von euren Daten?
Gregor Langer: Statische Schutzgebiete funktionieren nur noch bedingt, da sich die Routen und Habitate ja durch den Klimawandel ändern. Daher müssen die Tiere bereits auf den Wanderungen geschützt werden, da diese dann neue Gebiete aufsuchen (müssen), die zu bestimmten Zeiten überlebensnotwendig sind.
Talos will den besseren Schutz von Tieren erleichtern und damit zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Außerdem will das Start-up Umweltkatastrophen genauer vorhersagen – ausgehend vom Verhalten von Tieren. So würden Vögel ihr Verhalten vor Tsunamis bereits ändern, bevor technische Frühwarnsysteme anschlagen.
Landwirtschaft: Mit Locust-Tec Heuschreckenplagen umweltfreundlich vorbeugen
Der Klimawandel könnte dazu führen, dass Heuschreckenplagen noch häufiger werden und in Regionen stattfinden, die bisher verschont waren. Dadurch werden Ernten und die Nahrungsmittelversorgung gefährdet. Doch auch hier könnten Weltraumtechnologien bei der Anpassung an den Klimawandel helfen, wie das Projekt Locust-Tec beweist.
Weltweit gibt es über 20.000 Arten von Heuschrecken, die zwischen zwei Millimeter und 20 Zentimeter groß werden können. Doch dafür, dass sie so klein sind, können sie enormen Schaden anrichten. Sie können die Ernte und damit die Ernährungsversorgung in vielen Teilen der Welt extrem gefährden. Denn ein einziger Schwarm kann pro Tag die Lebensmittel für 2.500 Personen zerstören. 2020 wurde beispielsweise im ostafrikanischen Somalia wegen einer Heuschreckenplage der Notstand ausgerufen.
Das deutsch-kasachische Projekt Locust-Tec, bei dem das Deutsche Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) federführend ist, entwickelt aktuell Technologien, um die Entwicklung von Heuschrecken-Populationen zu überwachen und besser vorherzusagen, wo Plagen drohen. Nur dann können sie frühestmöglich eingedämmt werden.
Im Interview mit 1E9 hat Igor Klein, Wissenschaftler am DLR und Leiter des Projekts LocustTec, einige Fragen beantwortet.
1E9: Inwieweit seht ihr, dass sich der Klimawandel schon jetzt auf die Ausbreitung von Heuschrecken auswirkt?
Igor Klein: Es gibt Indizien, dass verschiedene Heuschreckenausbrüche der letzten Jahre auch durch den Klimawandel mit verursacht wurden. Auf der einen Seite durch außergewöhnlich häufige und intensive Niederschläge über Wüstengebieten, die zur Plage in Ostafrika und Asien zwischen 2019 und 2021 führten. Auf der anderen Seite durch länger andauernde Dürreperioden in gemäßigten Breiten, die weltweit zu zahlreichen lokalen Ausbrüchen verschiedener Heuschreckenarten führten. Die Folge ist, dass abgesehen von bereits bekannten, durch den Klimawandel verursachten Problemen, Heuschreckenausbrüche und -plagen zusätzlich die Nahrungssicherheit gefährden. Zum einen durch gehäufte Ausbrüche und zum anderen in Regionen, in denen Heuschrecken-Ausbrüche bisher nur selten oder lange Zeit gar nicht auftraten.
Was sind die größten Probleme, die Heuschreckenplagen in den betroffenen Regionen verursachen?
Igor Klein: In erster Linie sind Einbußen in der landwirtschaftlichen Produktion das größte Problem, sei es durch reduzierte oder ganz ausgefallene Ernten oder durch Verlust von Weideland und somit Tierhaltung. Vor allem die ländliche Bevölkerung in Entwicklungs- und Schwellenländern spürt solche Ausbrüche unmittelbar. Zusätzlich kann sich der Einsatz von Pestiziden bei der Bekämpfung von Heuschreckenausbrüchen negativ auf die Gesundheit von Menschen auswirken, er vernichtet auch andere Insekten und Tiere und beeinträchtigt somit das gesamte Ökosystem.
Ihr wollt Heuschreckenplagen möglichst frühzeitig erkennen, damit sie eingedämmt oder sogar verhindert werden können. Der Schlüssel dazu heißt „Heuschreckenmanagement“. Welche Daten und Informationen braucht ihr dafür? Wo bekommt ihr die Daten her? Und welche Rolle spielen dabei Weltraumtechnologien?
Igor Klein: Ein funktionierendes, präventives Heuschreckenmanagement zielt darauf ab, Heuschreckenpopulation in der Entwicklungsphase zu kontrollieren, damit es zu keinem Ausbruch kommt. Experten in betroffenen Regionen beobachten die Entwicklung am Boden durch regelmäßige Feldbegehungen. Zusätzlich spielen Wettervorhersage und satellitenbasierte Beobachtung eine große Rolle. Denn die Flächen, um die es sich handelt, sind unfassbar groß und können nur durch Daten der Satelliten in der notwendigen Frequenz abgedeckt werden.
Satellitendaten für großräumige Auswertung kommen von unterschiedlichen Satellitensystemen und sind in der Regel kostenfrei verfügbar. Daten der Erdbeobachtungssatelliten aus dem europäischen Copernicus-Programm, zum Beispiel von der Sentinel-Flotte oder von Meteosat, aber auch Daten der NASA, zum Beispiel von Landsat und dem MODIS-Programm, sind hier entscheidend. Zusätzlich können räumlich sehr hoch aufgelöste Daten kommerzieller Satelliten verwendet werden.
Um Heuschreckenplagen vorherzusagen, werten die Wissenschaftler:innen des Locust-Tec-Projekts verschiedene Parameter in einer Region aus, zum Beispiel Temperatur, Niederschlag, Vegetationsdichte und -art, Bodenart, Bodenfeuchtigkeit und Bodentemperatur. Aber auch Gelände-Parameter wie Höhe und Hangneigung sowie Landmanagement, also menschliche Nutzung, spielen eine wichtige Rolle. Es ist also eine Kombination zwischen begünstigenden Umweltparametern, Wetter und menschlichem Einfluss, die einen Ausbruch initiieren bzw. verstärken können.
Je frühzeitiger ein möglicher Heuschreckenausbruch mithilfe der Daten ausgemacht werden kann, desto kleiner das Gebiet, in dem die rapide Vergrößerung der Population verhindert werden muss. Dadurch wird es möglich, auf Chemie zu verzichten und die Tiere stattdessen mit Elektrogittern zu bekämpfen. So können sie danach als Futtermittel genutzt werden.
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Jetzt Mitglied werden!Ausgehend von eurer Forschung, welche Anpassungen an den Klimawandel müssen wir schon jetzt und künftig vornehmen?
Igor Klein: In Bezug auf den Klimawandel und Heuschreckenplagen müssen wir uns weiterhin mit präventivem Heuschreckenmanagement befassen und dieses mit modernen Technologien verbessern. Es geht also heute immer noch um die Verbesserung von Monitoring und Vorhersage, vollständige Ausschöpfung von neuen Technologien wie Satelliten und Drohnen. Eine Verbesserung in den Entscheidungsabläufen, z.B. mit Hilfe von Digitalisierung der Datenaufnahme und Transfer kann zu effektiveren Early Warning Early Action führen. Wichtig sind auch eine Aufrechterhaltung und Weitergabe von Know-how an jüngere Generationen.
Trotz der Umweltauswirkungen von Weltraummissionen bieten Satellitendaten wertvolle Einblicke in die Veränderungen unseres Planeten. VIDA, Talos und Locust-Tec nutzen Weltraumtechnologien, um sich den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzustellen, sei es durch die Überwachung von Infrastruktur, den Schutz der Biodiversität oder die frühzeitige Erkennung von Umweltgefahren. Ihre Bemühungen sind wegweisend für die Bewältigung globaler Herausforderungen in Zeiten des Klimawandels.
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Titelbild: Michael Förtsch mit DALL-E 3 für 1E9
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