Wie Klimaanpassung in Deutschland gelingen kann: Mehr Natur, mehr Technologie, mehr politischer Wille

Hitze und Dürre, Starkregen und Überschwemmungen: Der Klimawandel ist längst da. Er fordert Menschenleben und verursacht Milliardenkosten. Deshalb rückt neben dem Klimaschutz die Klimaanpassung zunehmend in den Fokus – nicht nur beim Weltklimagipfel COP28, auch in der deutschen Politik. Lösungsansätze gibt es genug. Sie reichen von Renaturierungsprojekten bis zum Einsatz modernster Technologien. An der Umsetzung hapert es bisher.

Von Wolfgang Kerler

Die CO2-Emissionen müssen runter, um die globale Erwärmung zu begrenzen. Das ist längst mehrheitsfähig, auch in der deutschen Politik. In den letzten Jahren stellte kaum jemand Klimaschutz grundsätzlich in Frage. Bei der Klimaanpassung sah das anders aus, erinnert sich Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie kürzlich in der ZDF-Sendung Planet E. „Vor 20 Jahren war es noch ganz krass: Wer sich über Klimaanpassung Gedanken machte, der hat ja das hehre Ziel schon verraten. Denn, nein, es muss ja darum gehen, den Klimawandel zu vermeiden“, sagt der Klimatologe. „Das war, pardon, hirnrissig, so zu argumentieren.“

Dabei werden Klimaschutz, auf Englisch mitigation genannt, und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, auf Englisch adaptation, bei internationalen Konferenzen schon seit den 1990er Jahren in einem Atemzug genannt. Auch die Pariser Klimaziele von 2015, wonach die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius, idealerweise nur auf 1,5 Grad begrenzt werden soll, beinhalten das Eingeständnis, dass der Klimawandel längst stattfindet. Deutschland ist davon sogar schon überproportional betroffen, wie der gerade veröffentlichte Klima-Monitoringbericht 2023 im Auftrag der Bundesregierung belegte.

Expertinnen und Experten des Umweltbundesamts fassen darin zentrale Daten zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Deutschland zusammen. Die vielleicht wichtigsten Kennzahlen: Die Lufttemperatur im Jahresdurchschnitt hat sich gegenüber der vorindustriellen Zeit bereits um 1,7 Grad erhöht, was 0,6 Grad über dem globalen Durchschnitt liegt. Außerdem verliert Deutschland seit 2000 pro Jahr 2,5 Kubikkilometer Wasser. Über einen Zeitraum von 20 Jahren entspricht das der Wassermenge des Bodensees. Das veränderte Klima hatten gerade in den vergangenen Jahren spürbare Auswirkungen: auf der einen Seite Hitzewellen und Dürren, auf der anderen Starkregen, Sturzfluten und Überschwemmungen.

Solches Extremwetter wird vermutlich zunehmen – und Deutschland muss sich daran anpassen. Das bekräftigte auch schon die damalige Regierung in Berlin, als sie 2008 die „Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ verabschiedete. Doch aus der Strategie folgte bisher nur wenig Praxis, wie die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres vergangenes Jahr in ihrem Buch Klima außer Kontrolle: Fluten, Stürme, Hitze – Wie sich Deutschland schützen muss feststellten. Von 400 dafür befragten Städten und Gemeinden konnte nur jede zehnte ein eigenes Konzept für Klimaanpassung vorlegen. Konkrete Projekte waren kaum geplant und größere Summen wurden auch nicht bereitgestellt.

Jetzt scheint sich jedoch etwas zu tun. Im November 2023 – gerade noch rechtzeitig vor der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai, bei der adaption zu den wichtigsten Themenfeldern gehört – verabschiedete der Bundestag das von der Bundesregierung eingebrachte Klimaanpassungsgesetz. Dessen zentraler Inhalt: Bund, Länder und Kommunen müssen eigene Strategien zur Klimaanpassung mit messbaren Zielen entwickeln, plus die dazugehörigen Maßnahmenkataloge.

Aber was kann konkret getan werden, um mit den Folgen des Klimawandels leben zu können? Die kurze Antwort: viel. Denn seit Jahren werden Lösungen erprobt – von Renaturierungen über innovativen Städtebau, von Low-Tech bis High-Tech.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit stellen wir euch Ansätze für drei besonders große Herausforderungen vor: Starkregen und Hochwasser, Dürren und Waldbrände sowie städtische Hitzeinseln.

Beispiel Starkregen und Hochwasser: Mit Deichen, renaturierten Auen und KI Katastrophen verhindern

Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu extremen Regenfällen kommt, die Überflutungen zur Folge haben können, hat sich durch den Klimawandel laut dem wissenschaftlichem Zusammenschluss World Weather Attribution um das 1,2- bis 1,9-fache erhöht. Das bisher schlimmste Extremwetterereignis in Deutschland spielte sich im Sommer 2021 im Ahrtal ab. Starker Regen sorgte für Sturzfluten und Überschwemmungen. Über 180 Menschen starben. Die versicherten Schäden summierten sich auf 8,1 Milliarden Euro.

Eine klassische technische Maßnahme, um Menschen, Gebäude und Infrastruktur künftig besser vor Überflutungen zu schützen, ist ein Ausbau der Kanalisationen, wie er nicht nur in Deutschland, sondern weltweit – von Tokio in Japan bis Dakar im Senegal – vorangetrieben wird. So kann das Risiko verringert werden, dass Abwasserkanäle den Wassermassen nicht gewachsen sind. Auch die Befestigung von Flüssen oder der Bau und die Verstärkung von Deichen gehören zum technischen Hochwasserschutz. Außerdem können Flutpolder angelegt werden, also von Deichen umgebene Flächen, die gezielt geflutet werden können, um ein zu starkes Ansteigen der Pegel von Flüssen und Bächen zu verhindern.

Allerdings wird zunehmend auf natürliche Schutzmaßnahmen gesetzt, die weniger stark in wertvolle Ökosysteme eingreifen – oder diese sogar stärken können. Dazu gehört die Renaturierung von Auen, wodurch natürliche Überschwemmungsflächen wiederhergestellt werden. Konkrete Beispiele dafür finden sich auch in Deutschland immer mehr, etwa an der Nahe in Rheinland-Pfalz, an der Lippe im nordrheinwestfälischen Hamm und nicht zuletzt an der Ahr.

Doch beim Hochwasserschutz geht es nicht nur ums Bauen, sondern auch um Früherkennung und Frühwarnsysteme. Dabei spielen neue und nicht ganz so neue Technologien eine wichtige Rolle. In Deutschland wurden inzwischen Fortschritte beim Frühwarnsystem „Cell Broadcast“ gemacht, das die Bevölkerung über Mobilfunknetze vor Extremwetter und Katastrophen warnen soll. Auch gibt es die Warn-App NINA, die Notfall-Informations- und Nachrichtenapp des Bundes.

Und wie können die Informationen noch früher über Warnsysteme verbreitet werden? Auch daran wird gearbeitet, zum Beispiel mit Künstlicher Intelligenz. Ein auf Deep-Learning-Technologie basierendes System der RWTH Aachen wird derzeit in der Stadt Schleiden in Nordrhein-Westfalen in einem Pilotprojekt implementiert. Mithilfe von KI sollen damit bei Starkregenereignissen Vorhersagen darüber, welche Straße wann und wie hoch überflutet werden, in Echtzeit möglich sein – bis zu eine Million Mal schneller als mit bestehenden Methoden.

In Olpe, ebenfalls in Nordrhein-Westfalen, werden in einem anderen Projekt 90 kleine Sensoren installiert, die optisch die Regenintensität messen, aber auch Pegelstände aufzeichnen. Die so gewonnenen Daten werden von einer KI ausgewertet, um frühzeitig vor Hochwasser warnen zu können. Und am Ortler in Südtirol wird ein System getestet, dass Hochwasser am Schall der im Wasser rollenden Steine viel früher als bisher bemerken soll.

Den deutlich radikaleren Einsatz von Technik wollen japanische Wissenschaftler erproben: Sie arbeiten mit Unterstützung der Regierung an einem Plan, um das Wetter zu kontrollieren. Konkret sollen „Guerilla-Regenfälle“ verhindert werden, die sehr schnell entstehen und dann in kurzer Zeit zu extremem Niederschlag führen. Bis 2050 sollen die dafür nötigen Technologien einsatzbereit sein. In Betracht gezogen wird, zum Beispiel, riesige Vorhänge über dem Meer zu erschaffen, die von Drachen gezogen werden könnten, die wiederum an Schiffen angebracht sind. Sie sollen verhindern, dass feuchte Luft vom Ozean aufsteigt – und damit das Entstehen von Regenwolken unterbinden. Ebenfalls erwogen werden Gruppen riesiger Windturbinen, die Aufwinde manipulieren könnten. Dass es solche Maßnahmen in die Strategien von Kommunen, Ländern und dem Bund in Deutschland schaffen, dürfte allerdings eher unwahrscheinlich sein.

Beispiel Dürren und Waldbrände: Regenerativer Landwirtschaft oder smarte Farmen mit KI-Robotern

Zunächst die Aufklärung eines scheinbaren Widerspruchs: Wie können Starkregen und Dürren gleichzeitig zunehmen? Einerseits, weil die im Schnitt wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, was das Risiko von Starkregen erhöht. Andererseits, weil die Phasen, in denen es überhaupt nicht regnet, in vielen Regionen länger werden – und ausgetrocknete Böden, wenn es dann zu starkem Regenfall kommt, Wasser schlechter aufnehmen und speichern können.

In Deutschland waren vor allem die Jahre 2018 bis 2020 und 2022 echte Dürrejahre – insbesondere im Osten des Landes und im Rhein-Main-Gebiet –, wovon sich die Grundwasserbestände und Böden bis heute nicht ganz erholt haben. Finanziell unmittelbar betroffen, sowohl von extremer Trockenheit als auch von Starkregen, ist die Landwirtschaft. Ihre Ernten sind in den vergangenen Jahren teils deutlich geschrumpft. Der Klimawandel mache „Ernten zum Lotteriespiel“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bei der Vorstellung des Ernteberichts 2023.

2018, 2019 und 2022 kam es in Deutschland außerdem zu schweren Waldbränden – was die verbrannte Fläche angeht, nur übertroffen vom Jahr 1992. Nun verursacht der Klimawandel keine Waldbrände. Die Hauptursache dafür bleibt der Menschen, vor allem durch Brandstiftung oder Fahrlässigkeit. Allerdings erhöht der Klimawandel durch Hitze, Trockenheit und Wind – eine Mischung, die auch Feuerwetter genannt wird – das Risiko, dass aus einzelnen Funken große Brände werden, die sich schnell ausbreiten. Zumal geschwächte Pflanzen, die ausgetrocknet sind, leichter brennbar sind. Und, das kommt unabhängig von der Brandgefahr noch hinzu, Schädlingen besonders schutzlos ausgeliefert. Aktuell sind über ein Drittel der Bäume in deutschen Wäldern geschädigt.

Genau wie beim Thema Starkregen und Hochwasser gibt es auch in Forst- und Landwirtschaft viele verschiedene Maßnahmen zur Klimaanpassung – natürlich, mit bewährter Technik, mit Zukunftstechnologien oder mit allem gleichzeitig.

Da die Temperaturen voraussichtlich weiter steigen werden, werden für Landwirte nun auch Ackerpflanzen interessant, die Hitze und Trockenheit besser vertragen als Mais, Raps oder die üblichen Weizensorten, aber bisher eher in asiatischen Ländern und im Mittelmeerraum angebaut werden. Dazu gehören Sojabohnen oder Hartweizen. Für Obstbauern werden Feigen immer interessanter. Auch in den Wäldern könnten zukünftig exotische, aber widerstandsfähigere Bäume zu finden sein, etwa Zedern. Überhaupt soll sowohl auf Feldern als auch in Wäldern mehr Vielfalt herrschen. Breitere Fruchtfolgen, also der abwechselnde Anbau verschiedener Feldfrüchte, erhöhen die Qualität des Bodens. Und wenn durch den Umbau der Forste aus Fichtenmonokulturen zunehmend Laubmischwälder werden, sinkt das Risiko schwerer Waldbrände. Denn Laubhölzer brennen nicht so schnell.

Während die Bundesregierung die Züchtung neuer Pflanzensorten explizit als Maßnahme zur Anpassung an den Klimawandel nennt, dürften die mit neuer Gentechnik entwickelten Sorten dabei kaum mitgemeint sein. Dabei wird auch hierzulande erforscht, wie Pflanzen mit der Genschere CRISPR, aber auch mit anderen Genome-Editing-Verfahren widerstandsfähiger gemacht werden können. So werden am Thünen-Institut für Forstgenetik neue Buchen gezüchtet, die toleranter gegenüber Trockenheit sind. Am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung wiederum soll Getreide mit längeren Wurzeln für eine bessere Nährstoffaufnahme entwickelt werden. Noch sind derartige Pflanzen außerhalb von Laboren und Forschungs-Gewächshäusern in der Europäischen Union tabu. Doch das könnte sich ändern. Gerade wird über einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission beraten.

Abseits der Gentechnik sind weite Teile der Landwirtschaft längst hoch technologisiert – und das könnte zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sogar noch zunehmen. Satelliten und Drohnen können Daten sammeln, die von Künstlichen Intelligenzen ausgewertet werden. Auf dieser Basis können Landwirtschaftsroboter jede einzelne Pflanze so gezielt und sparsam wie möglich bewässern, düngen oder mit Pestiziden behandeln. Auch beim Kampf gegen Waldbrände kommen digitale Technologien zum Einsatz, etwa die Satellitendaten des Münchner Start-ups OroraTech. Feuer kann damit früher als bisher erkannt und gelöscht werden.

Obwohl sie neue technologische und wissenschaftliche Entwicklungen ebenfalls integriert, wirkt das Konzept der regenerativen Landwirtschaft fast wie ein Gegenmodell zu den durchdigitalisierten smarten Farmen. In Deutschland verfolgt diesen Ansatz, zum Beispiel, der von einem ehemaligen Investmentbanker übernommene Hof Gut & Bösel. Der hat es sogar zu einer mehrteiligen Doku bei Disney+ gebracht, der Titel: Farm Rebellion.

Im Mittelpunkt der regenerativen Landwirtschaft steht die Qualität des Bodens. Denn ein gesunder Boden, der Pflanzen mit Nährstoffen versorgt, macht sie angesichts von Hitzewellen und Starkregen auch resilienter. Das Problem: In vielen deutschen Regionen, zum Beispiel in Brandenburg, ist der trockene Sandboden, auf dem über Jahrzehnte Monokulturen angebaut wurden, ausgelaugt. Der Hof Gut & Bösel stellt daher große Mengen Kompost her, um Humus aufzubauen, der entscheidend für gute Böden ist. Andere Maßnahmen: Äcker und Wälder existieren nicht mehr nur nebeneinander, sondern auf denselben Flächen. Zwischen Getreidepflanzen wachsen Bäume, sie spenden Schatten und verringern die Verdunstung von Wasser. Und täglich umherziehende, grasende Viehherden mähen Pflanzen nicht rigoros ab, sondern nur so, dass ihr Wurzelwachstum gestärkt wird.

Dass regenerative Landwirtschaft nicht nur besser für den Klimawandel gerüstet ist, sondern sich auch wirtschaftlich lohnen kann, legte kürzlich eine Untersuchung der Beratungsfirma BCG mit dem NABU nahe: Demnach könnten die Gewinne gegenüber der konventionellen Landwirtschaft um 60 Prozent steigen.

Beispiel städtische Hitzeinseln: Normale Bäume, High-Tech-Bäume und Schwammstädte

Die Anzahl heißer Tage pro Jahr, an denen die Temperatur auf über 30 Grad angestiegen ist, hat sich in Deutschland seit 1951 laut Deutschem Wetterdienst mehr als verdreifacht, auf derzeit etwa zehn Tage pro Jahr. Überdurchschnittlich treten heiße Tage, aber auch tropische Nächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt, in Metropolen wie Berlin, München oder Frankfurt am Main auf. Weil es in Städten wegen der dichten Bebauung, aber auch der Emissionen deutlich heißer ist als im Umland, wird auch von städtischen Wärme- bzw. Hitzeinseln gesprochen. Die möglichen Folgen für die Bevölkerung: Hitzestress, fehlende Erholung, die zu sinkender Konzentrationsfähigkeit oder sogar zu Unfällen führen kann, gesundheitliche Probleme für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Neben baulichen Anpassungen wie der besseren Dämmung und energieeffizienten Klimatisierung von Gebäuden oder auch die Schaffung von Trinkwasserspendern gehört zu den wichtigsten Maßnahmen, um die Hitze in den Städten besser in den Griff zu kriegen: weniger Versiegelung, mehr Grün. Denn Pflanzen und Bäume bringen gleich mehrere Vorteile: Sie absorbieren Sonnenlicht durch Photosynthese und verdunsten Wasser durch Transpiration. Dadurch kühlen sie ihre Umgebung. Außerdem spenden Bäume Schatten, was nicht nur für Menschen angenehm ist, sondern auch die Wärmeaufnahme und -speicherung durch Fassaden oder versiegelte Oberflächen verringert. Auch das senkt die Temperatur in der Stadt, genau wie die bessere Luftzirkulation, zu der Bäume beitragen.

Das sind keine neuen Erkenntnisse, weshalb sich auch die von Hitze besonders betroffenen Städte Berlin, München und Frankfurt längts vorgenommen haben, für mehr städtisches Grün und weniger Versiegelung zu sorgen. Konkret heißt das, Parks sollen angelegt oder erweitert werden, auf asphaltierten oder zubetonierten Plätzen sollen Bäume und Grünflächen gepflanzt werden, Oberflächenbeläge sollen wasserdurchlässig sein und auch Dächer und Fassaden sollen begrünt werden.

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Wird die Entsiegelung und Begrünung von Städten besonders konsequent umgesetzt, kommt man einem Konzept näher, das im Gegensatz zur viel diskutierten Smart City manchmal auch als dumm bezeichnet. Die Rede ist von sogenannten Schwammstädten, die wie Schwämme selbst Starkregen absorbieren, zu speichern, zu filtern und später bei Bedarf zu nutzen, ohne, dass es zu Überschwemmungen kommt. Das viele Grün, aber auch die durchlässigen Oberflächen verringern durch die oben schon erwähnten Effekte die Temperatur in den Städten. Zu den bekanntesten Beispielen für Schwammstädte gehört, zum Beispiel, Kopenhagen, aber auch die chinesischen Metropolen Wuhan, Chongqinq und Xiamen. Auch das neue Wohnquartier 52° Nord in Berlin-Grünau, in dessen Zentrum sich ein 6.000-Quadratmeter-Wasserbecken befindet, wurde als Schwammstadt konzipiert.

Neben natürlichen Lösungen wie Bäumen und Pflanzen werden auch technische Anlagen mit ähnlichen Effekten erprobt – schließlich ist, zum Beispiel, auf öffentlichen Plätzen, unter denen sich Tiefgaragen befinden, nicht unbedingt Platz für Bäume mit ihren Wurzeln. So arbeitet das deutsche Start-up Green City Solutions an High-Tech-Bäumen – Citytrees genannt –, die Natur und Technologie verbinden sollen und bereits in mehreren deutschen Städten im Einsatz sind. Bei den Citytrees handelt es sich einerseits um hölzerne Stadtmöbel, die unten Sitzgelegenheiten bieten und in deren mittleren, vertikalen Aufbau sich Feinstaubfilter aus Moosmatten befinden. Durch diese strömt Luft, die mit Ventilatoren angesaugt wird, und wird dabei gereinigt und gekühlt.

Ein Pilotprojekt des ebenfalls deutschen Start-ups Greenovacity wurde dieses Jahr in Würzburg getestet: das Klimarondell. Die flexibel einsetzbare Anlage kombiniert ein rundes Dach, mit Pflanzen berankte Wände, Sitzbänke, eine Solaranlage auf dem Dach und Kühltechnik. Es spendet nicht nur Schatten, sondern kühlt die Umgebungsluft durch Befeuchtung um bis zu 14 Grad, außerdem filtert es die Luft. Spätere Modelle sollen autark vom Strom- und Wassernetz sein, weil sie dafür ihren eigenen Solarstrom sowie gesammeltes Regenwasser nutzen können.

Ist Klimaanpassung politisch attraktiv?

Die Liste an Maßnahmen, mit denen sich Deutschland besser an den Klimawandel anpassen könnte, ließe sich beliebig erweitern. An innovativen Ideen fehlt es also nicht. Scheitern könnte die Anpassung daher vor allem am fehlenden Geld und am mangelnden politischen Willen. Denn sie hat ein grundlegendes Problem: Werden die unangenehmen Folgen des Klimawandels durch erfolgreiche Anpassung kaum spürbar, lässt sich schwer als politischer Erfolg vermarkten, meint der oben bereits zitierte Klimatologe Jochem Marotzke. „Und das ist politisch nicht attraktiv.“

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Titelbild: Michael Förtsch mit DALL-E 4

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Trifft den Nagel auf den Kopf, @Wolfgang! Erinnert mich 1:1 an eine harte Kontroverse rund um eine acatech Stellungnahme vor über 10 Jahren zu genau diesem Thema. — Dass Politiker kaum für das Upside von Anpassungsmaßnahmen gefeiert werden, ist wahrscheinlich richtig. Umgekehrt gilt ja aber auch, dass Politiker auch für die Folgen des Unterlassens von Maßnahmen verantwortlich gemacht werden können/sollten. So oder so: Dem Vorsichts- und Nachhaltigkeitsgebot folgend, brauchen wir sicherlich beides, Vermeidung und Anpassung. Und Innovationen sind für beides unerlässlich :rocket::rocket:

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