Vom Boom der Smartphones und Tablets über WhatsApp und 3D-Drucker bis zu Künstlicher Intelligenz und der Blockchain: In den 2010er-Jahren hat Technologie nicht nur den ein oder anderen Hype erzeugt, sondern auch unseren Alltag verändert. Die 1E9-Community hat gemeinsam die zehn Dinge bestimmt, die aus ihrer Sicht den größten Einfluss hatten.
Von Michael Förtsch, Wolfgang Kerler und den Mitgliedern des 1E9-Zirkels @2010er
Andere brachten ihren Rückblick auf die 2010er-Jahre schon im Dezember. Wir wollten warten, bis die Dekade wirklich vorbei ist. In den letzten Tagen des vergangenen Jahres hat die 1E9-Community Ideen gesammelt und darüber abgestimmt, welche Technologien, Innovationen und Entwicklungen besonders prägend für das abgelaufene Jahrzehnt waren, dessen Tech-Bilanz zwar eindrucksvoll, aber durchwachsen ausfällt. Diese zehn Dinge haben es auf die finale Liste geschafft.
Smartphones und Tablets erobern die Welt
Das iPhone kam zwar schon 2007 heraus, ist also ein Kind der 00er-Jahre. Doch ihren Durchbruch erlebten die Handys mit echter Rechenpower und Touchscreens erst im darauffolgenden Jahrzehnt. Anfang 2010 gab es in Deutschland etwa acht Millionen Smartphone-Nutzer. 2019 waren es dann fast 65 Millionen. Die Menschen, die kein Smartphone besitzen, sind inzwischen in der Minderheit.
Über sein erstes iPhone schrieb @Krischan in der 1E9-Community: „Hier kam erstmalig das Gefühl auf, einen echten Computer in der Hosentasche zu haben, mit allen Möglichkeiten, die ein Computer eben hat – und damals bereits mit formidablen Suchtmitteln, von Doodle Jump bis zur Feedly-App. Fluch und Segen des Jahrzehnts.“
Am 27. Januar 2010 enthüllte Steve Jobs das iPad.
Auch Tablets befinden sich inzwischen in 20 Millionen deutschen Haushalten – und sie sind tatsächlich eine Erfolgsgeschichte, die in den 10er-Jahren ihren Anfang nahm. Wieder schaffte es Apple, die Geräte so zu designen, dass sie leicht benutzbar und komfortabel waren. den Grundstein dafür. Am 27. Januar 2010 enthüllte der Firmenmitgründer und CEO Steve Jobs, der am 5. Oktober 2011 an Krebs starb, das iPad.
„Das Tablet hat wichtige Impulse für mehr und besseres mobiles Arbeiten gesetzt, neue Wege für mobiles Entertainment eröffnet und der älteren Generation den Weg in die smarte Welt geebnet“, schrieb 1E9-Mitglied @heidischall über die Bedeutung der flachen, tastaturlosen Rechner.
Smartphones und Tablets brachten in Verbindung mit dem mobilen Internet eine Fülle an neuen Diensten mit sich, die den Alltag oft einfacher, unterhaltsamer und günstiger machten. Entsprechend war die Mehrheit der abstimmenden 1E9-Mitglieder der Meinung, dass der Aufstieg der tragbaren Geräte eine gute Errungenschaft der 2010er-Jahre war. Dennoch brachten sie auch neue Probleme mit sich, etwa die problematische Nutzung bis hin zur Smartphone-Sucht, die sogar mit Depression und Angst in Verbindung gebracht wird.
Messenger verknüpften die Welt
Die Anwendungen, die so stark mit den Smartphones verknüpft ist, wie keine andere, das sind die Instant-Messenger-Dienste. Ebenso wie die Smartphones reichen deren Wurzeln eigentlich weit über die letzten zehn Jahre hinaus. Denn die ersten Messenger-Apps waren Gadu-Gadu, ICQ und der AOL Instant Messenger, die aber zunächst fast ausschließlich auf Desktop-PCs genutzt wurden. Mit den Smartphones und der stetigen Verbindung ins Netz in der Hosentasche wurden solche Dienste zur Killer-Applikation: als Alternative zur teuren SMS. Das hatten allem voran die Entwickler von WhatsApp erkannt.
2009 als kleines Unternehmen gegründet, dessen App zunächst nur dafür da war, einfache Status-Meldungen zu veröffentlichen, wurde WhatsApp fünf Jahre später für 19 Milliarden von Facebook gekauft und ist heute eine der meistgenutzten Apps überhaupt. Dabei ist die Konkurrenz mittlerweile gigantisch: WeChat, der Facebook-Messenger, QQ Mobile, Telegram, Signal und viele weitere teilen sich den globalen Markt, der SMS, klassische Anrufe und Emails für die jungen Generationen und etliche Berufszweige weitgehend überflüssig macht. Denn natürlich lassen sich mit den Apps Sprachnachrichten, Bilder, Daten und vieles mehr verschicken – und das mittlerweile auch verschlüsselt und total sicher.
„Mark Zuckerberg hat 2011 Messenger gelaunched und dabei das Ende der langen Nachrichten verkündet. Ich erinnere mich daran, dass ich es für unmöglich im Arbeitskontext gehalten habe. Die E-Mail ist zwar nicht tot, ich nutze nach wie vor den FB-Messenger nicht, aber ich nutze WhatsApp in sauvielen Arbeitssituationen“, schreibt etwa 1E9-Userin @Daria.
Dazu geht die Nutzung der Messenger vielfach über das das einfache Verschicken von Nachrichten in welcher Form auch immer hinaus. Nicht nur weil Messenger wie WeChat ein ganzes mobiles Ökosystem vereinen, die auch das mobile Bezahlen, Buchen von Arztterminen und Taxis ermöglichen, sondern weil sich die Apps auch in einer Weise nutzen lassen, die die Macher so wohl nicht vorausgesehen haben.
Mit der Funktion, eigene Chat-Gruppen zu eröffnen, wurden Messenger zu Organisationswerkzeugen: Sie schufen Raum für Nischen und Szenen – egal ob nun für Berufsgruppen oder für Menschen mit bestimmten Interessen. Gleichsam wurden sie zu Werkzeugen des Mobbing, des Kulturkampfes und des Widerstands. 1E9-Mitglied @unulaunu erinnert beispielsweise daran, dass sich in den 2010er-Jahren „durch direkte Vernetzung über einen Messenger Proteste, Aufstände, Revolutionen organisiert und in den Nordafrikanischen Staaten autoritäre Regime zu Fall gebracht“ wurden.
Die Blockchain-Technologie und Kryptowährungen versprechen radikale Veränderungen
Am 17. Dezember 2017 erreichte der Hype um den Bitcoin, die digitale Währung auf Basis der Blockchain-Technologie, seinen Höhepunkt. Gemeinsam mit dem Bitcoin-Kurs. Der durchbrach an diesem Tag die Marke von 20.000 US-Dollar. 2010 kostete ein Bitcoin noch 10 Cent. Aktuell liegt er bei rund 7.000 Dollar. Im Windschatten des Bitcoins, der bereits seit 2009 gehandelt wird, entstanden in den 2010ern über 1600 andere Kryptowährungen.
Der Boom des digitalen Geldes verschaffte auch der Blockchain-Technologie, die vom mysteriösen Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto – oder dem Erfinderteam, das sich hinter dem Namen verbergen könnte – erdacht wurde, gewaltige Aufmerksamkeit. Der Clou der Blockchain: Sie ersetzt zentrale Datenbanken, die oft in den Händen von Plattformbetreibern oder Banken sind, durch ein dezentrales Netzwerk aus vielen Rechnern. Dort können Transaktionen nahezu fälschungssicher und kryptografisch verschlüsselt gespeichert werden. Andere Distributed-Ledger-Technologien wie die von Ethereum ermöglichen durch Smart Contracts sogar die automatische Ausführung von Transaktionen – ohne einen Intermediär.
Nicht nur Kryptowährungen und Blockchain-Start-ups erlebten einen Boom, auch Videos und Artikel, die sich darum bemühten, die komplexe Technologie zu erklären.
Das Potential der Blockchain ist groß. 1E9-User SpontifexMaximus schreibt darüber: „Hier entwickelt sich eine Technologie, die vielleicht einmal traditionelle Banken überflüssig machen kann. Auch Geschäfte, die bei uns noch notarielle Urkunden erfordern, Grundstückskaufverträge zum Beispiel, könnten über Blockchain-Verfahren mit der notwendigen Rechtssicherheit auch ohne Notare abgewickelt werden.“
Start-ups wollen mit der Blockchain und anderen Dezentralisierungs-Lösungen auch Internetgiganten wie AirBnB oder Ebay angreifen. Oder eine offene Plattform für die Industrie 4.0 und die Maschinenökonomie der Zukunft schaffen. Aber auch Konzerne wie IBM und Maersk, Facebook oder Twitter haben die Blockchain für sich entdeckt.
Doch der Hype brachte auch viele Kritiker auf den Plan. Nicht nur, weil Kryptowährungen wie Bitcoin genutzt wurden, um im Dark Web illegal Drogen oder Waffen zu kaufen, sondern auch, weil plötzlich so viele Blockchain-Projekte entstanden, dass man das Gefühl bekam, die ganze Welt könnte allein durch die Blockchain gerettet werden. Bei genauerem Hinsehen lieferten viele Projekte dann allerdings keine Ergebnisse. Oder sie waren Scams, bei denen Menschen Geld aus der Tasche gezogen wurde. Ein weiteres Problem, insbesondere des Bitcoins: der gigantische Energieverbrauch. Mehrheitlich waren die 1E9-Mitglieder aber der Ansicht, die Blockchain sei eine gute Entwicklung der 2010er.
Aufstieg und Niedergang des Web 2.0 und die Politisierung der sozialen Netzwerke
Das Jahrzehnt hatte so hoffnungsvoll begonnen. Am 22. Januar 2010 hielt die damalige US-Außenministerin eine Rede über die Freiheit des Internets. Darin würdigte sie das Netz als Werkzeug, um Demonstrationen zu organisieren, die eine weltweite Demokratiebewegung unterstützen würden. „Die Anbindung an globalen Informationsnetzwerke ist wie eine Rampe in die Moderne“, sagte Clinton. Und zunächst sah es aus, als würde sie Recht behalten.
Hillary Clinton bei ihrer Rede im inzwischen geschlossenen Newseum in Washington D.C. am 22. Januar 2010. Dass sie später nicht US-Präsidentin wurde, dürfte auch mit Facebook und Twitter zu tun haben.
Das Web 2.0, in dem Nutzer plötzlich selbst Inhalte erstellen und verbreiten konnten und mit Millionen, sogar Milliarden anderer User in Austausch treten konnten, schien ein Motor des Fortschritts zu sein. Im Dezember 2010 begann in Tunesien der Arabische Frühling, in dem Demonstranten in zahlreichen arabischen Ländern für Demokratie auf die Straße gingen. Twitter, Facebook und YouTube halfen den Aktivisten, ihre Botschaften auch in die Welt zu tragen.
Auch wenn es inzwischen so aussieht, als wäre der Einfluss der sozialen Netzwerke überschätzt worden, so wurden die sozialen Netzwerke, aber auch die Messenger-Dienste zu Werkzeugen der Demokratiebewegung. In Hongkong lässt sich das derzeit wieder mitverfolgen, wie 1E9-Mitglied @unulaunu hinwies. Aber Facebook oder Twitter spielen dort eine untergeordnete Rolle, denn ihr Stern begann im Laufe des Jahrzehnts zu sinken – obwohl ihre Nutzerzahlen zunächst rasant wuchsen. Hatte Facebook zu Beginn der 2010er noch 400 Millionen monatlich aktive User, waren es am Ende 2,4 Milliarden. YouTube kommt inzwischen auf einen ganz ähnlichen Wert. Und bei Twitter stieg die Zahl von 30 auf über 300 Millionen.
Doch mit dem Aufstieg begannen die Probleme. 2013 erinnerte Edward Snowden die Welt daran, dass die persönlichen Daten, die wir im Netz preisgeben, auch von Geheimdiensten ausgewertet wurden. 2016 nutzte Donald Trump auch Twitter und Facebook, um mit einer auch auf Lügen basierten Kampagne die Wahl in den USA zu gewinnen. Beim Brexit-Referendum wenige Monate vorher hatte diese Strategie insbesondere den Brexit-Befürwortern geholfen.
Dass die Firma, die sowohl Trump als auch die Brexiteers bei ihrem digitalen Wahlkampf unterstützte, unrechtmäßig die Daten von zig Millionen Facebook-Nutzern verwendet hat, um Persönlichkeitsprofile von Wählern zu machen, kam schließlich Anfang 2018 heraus. Der Cambridge Analytica-Skandal beschädigte den ohnehin schon ramponierten Ruf von Facebook weiter – während ohnehin für alle sichtbar Fake News, Hass und Hetze über die Plattform verbreitet wurden. Aus der „Rampe in die Moderne“ wurde für eine „Gefahr für die Demokratie“. Auch die Mehrheit im 1E9-Zirkel @2010er war der Meinung, die Entwicklung der sozialen Netzwerke sei schlecht gewesen.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg musste sich nach dem Skandal um Cambridge Analytica auch den Fragen von US-Kongressabgeordneten stellen.
Seit den 2010er-Jahren streamt das Internet!
Zwar merkte 1E9-Redakteur @Michael im 2010er-Zirkel zu Recht an, dass Videostreaming und Streaming-Dienste eigentlich nicht wirklich neu sind. Es gab sie schon in den 1990ern. Aber Experimente wie Pixelon oder Pseudo.com scheiterten. Sowohl aufgrund der Technik als auch der mangelnden Bandbreite, um einen ansehnlichen Videostream durch das Internet zum Nutzer zu senden. Heute? Kein Problem mehr. Fast 37 Prozent der Weltbevölkerung mit Internetanschluss nutzen Netflix und fast 20 Prozent das Amazon-Prime-Video-Angebot – und das war 2017. Fast 1,9 Milliarden Menschen sind zudem auf YouTube unterwegs und täglich senden fast 2,2 Millionen Menschen auf Twitch!
Die Streaming- und Videodienste sind damit zu einer prägenden Kunst-, Kultur- und Gesellschaftskraft geworden: Serien wie Stranger Things, Dokumentationen wie Making a Murderer über die gesprochen wird, die die Popkultur prägen, finden zunehmend dort statt. Statt eines Leitartikels war es 2019 das Youtube-Video Die Zerstörung der CDU, das eine gesellschaftliche Debatte angestoßen hat. Und immer wieder sorgen auch so banal erscheinende Videostreams mit Videospielinhalten wie auf Twitch für Kontroversen und Skandale, die zu Diskussionen über Rassismus, Sexismus und Privatsphäre führen.
Sowohl die großen Streaming-Dienste als auch Videodienste wie YouTube und Twitch rauben damit den klassischen Fernsehsendern nicht nur allmählich die Zuschauer, sondern nehmen ihnen auch die gesellschaftliche und politische Relevanz. Das ist aber nicht nur bemerkenswert oder gut, sondern in Teilen auch gefährlich. Denn während Netflix und Amazon Prime Video mit ihren professionellen Inhalten kontrollieren und kuratieren, wer was sieht, ist das bei Twitch und YouTube nicht ganz so einfach. Wer dort sendet ist erstmals uneingeschränkt sichtbar!
Radikale und Verschwörungstheoretiker haben es nach wie vor einfach, auf YouTube, ihre Inhalte zu teilen, Menschen damit einzufangen, zu verwirren, zu verunsichern und zu radikalisieren. Attentäter und Mörder nutzten Twitch und ähnliche Plattformen, um Gewalttaten ins Netz zu streamen und Aufmerksamkeit zu gewinnen. Das macht diese Technologie und Demokratisierung von Öffentlichkeit auch zur Herausforderung.
Ach ja, natürlich wird seit den 2010ern nicht nur Video gestreamt, sondern auch Musik und Podcasts. Spotify, das noch mit einer einstelligen Millionenzahl an monatlichen Nutzern ins Jahrzehnt einstieg, hat inzwischen 250 Millionen Hörer pro Monat. Kein Wunder also, dass die Mehrheit der 1E9-User den Streaming-Boom positiv einschätzt.
Die Demokratisierung der Raumfahrt
Als New Space , als der neue Weltraum wird die Ära der Weltraumindustrie umschrieben, die seit einigen Jahren immer mehr Tempo aufnimmt und rasante Entwicklungen erlebt. Raumfahrt ist seit dem vergangenen Jahrzehnt definitiv nicht mehr nur Sache von Nationen, sondern auch von Unternehmen und sogar Privatpersonen. Nicht unschuldig daran ist SpaceX mit seinem Gründer Elon Musk, der es sich 2002 zur Aufgabe gemacht hatte, die Raumfahrt vor allem günstiger zu machen – indem er Raketen wiederverwendbar macht. In den 2010ern bewies er endgültig, dass das geht. Nun will er erste Menschen ins All schießen.
„Das inspirierte zahlreiche andere bestehende Raketenbauer als auch zahlreiche Start-ups zu neuen Raketen und Möglichkeiten, Dinge in den Weltraum zu bringen“, schreibt @Michael . Das Start-up Rocket Lab baut beispielsweise kleine Raketen, um kleine Satelliten ins All zu bringen. Viele wolle da bald mitziehen! Spaceflight Industries vermittelt hingegen Mitfluggelegenheiten in Raketen – und das nicht nur an Raumfahrtorganisationen, Unternehmen und Länder, sondern auch Schulen, Universitäten und Künstler. Der Weltraum ist damit demokratisiert worden. Er steht nun zumindest theoretisch allen Menschen offen.
Schon jetzt planen zahlreiche Unternehmen eigene Raumstationen im All, sie wollen Lieferungen auf den Mond organisieren oder, im All von Amazon-Gründer Jeff Bezos und SpaceX-Visionär Elon Musk, Mond- und Marsbasen errichten. Die meisten der 1E9-Nutzer, die mitgestimmt haben, hielten das für eine gute Sache!
Vom Autoteil bis zum Organ: 3D-Drucker werden zu (Fast-)Alleskönnern
Der 3D-Drucker ist eine Erfindung der 1980er Jahre. Doch wie das manchmal so ist mit Technologien, brauchte er drei weitere Jahrzehnte, um eine echte Blütezeit zu erleben. In den 2010ern sanken die Preise für 3D-Drucker erheblich – und die additive Fertigung eroberte immer neue Anwendungsbereiche.
Durch sie können Autos besser und günstiger werden oder ganze Häuser gedruckt werden, wodurch nicht nur Zeit, sondern auch Ressourcen gespart werden. Medizinische Implantate können durch 3D-Druck individuell an Patienten angepasst werden – und auch an Organen, die aus menschlichen Zellen 3D-gedruckt werden, wird bereits gearbeitet.
Mit 3D-Druckern und der passenden Software sind inzwischen komplett neue Formen im Produktdesign möglich, die – und das könnte in Zukunft entscheidend sein – viel weniger Ressourcen und Energie brauchen als herkömmliche Produkte. Und weil sich durch 3D-Drucker auch noch Transportwege einsparen lassen, könnten sie ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz werden. Daher befanden in der 1E9-Abstimmung alle, dass 3D-Drucker eine gute Sache sind.
Als die Künstliche Intelligenz plötzlich überall war
Der Begriff der Künstlichen Intelligenz ist schwierig. Denn natürlich sind heutige Künstliche Intelligenzen nicht wirklich intelligent. Sie können nicht denken und verstehen, wie es Menschen oder auch Tiere tun. Sie sind vielmehr Computerprogramme, die mal mehr, mal weniger gezielt mit Datenpaketen trainiert wurden, um Muster zu erkennen, auf die sie anschließend reagieren.
„Inzwischen habe ich mich aber damit abgefunden, dass für viele Anwendungen, die auf maschinellem Lernen basieren, der Begriff KI verwendet wird“, schrieb daher 1E9-Chefredakteur @Wolfgang. Denn das macht die Technologie nicht weniger nützlich und vielseitig einsetzbar. KIs können nämlich Daten sortieren, Bilder klassifizieren, Sprache erkennen und simulieren und in anderen abgesteckten Räumen spezifische Aufgaben erledigen und Entscheidungen fällen.
Das hat natürlich wenig mit dem Bild zu tun, das die Science Fiction seit Jahrzehnten vermittelt. Aber das hat den Hype rund um die Künstliche Intelligenz in den 2010er-Jahren nicht gebremst. Plötzlich war Künstliche Intelligenz gefühlt überall und stetig präsent. Zu verdanken ist das wohl allem voran Heim- und Sprachassistenten wie Siri, Alexa und Google Assistant, die die Künstliche Intelligenz in die Hosentasche und das Wohnzimmer brachten – und der obskuren Technologie eine Stimme verliehen. Selbst wenn die auf Nachfragen und Befehle noch immer gerne mal ziemlichen Unfug antworteten.
Auch sonst hat es die Künstliche Intelligenz schon weit gebracht. Vor allem da wir das nicht immer sehen! Denn hinter den autonom fahrenden Autos von Waymo, Uber und Co. stecken Künstliche Intelligenzen, die lernen , sich im Verkehr zurecht zu finden. An Börsen handeln Künstliche Intelligenzen im Sekundenbruchteilen gigantische Aktien- und Derivatepakete. Künstliche Intelligenzen lesen und entschlüsseln Röntgenbilder. Sie helfen, neue Städte zu gestalten, das Wetter und Klima besser zu verstehen. Sie studieren chirurgische Eingriffe und wie sie nachgestellt werden können. Fast schon kreativ können KIs inzwischen sein.
Aber nicht zuletzt sind es Künstlichen Intelligenzen, die eine neue und erschreckende Form der Überwachung ermöglichen, in dem sie Gesichter erkennen oder den Gang und das Verhalten eines Menschen analysieren. Allem voran in China, wie @Wolfgang anmerkt. Aber auch andernorts: Weltweit wird Künstliche Intelligenz genutzt, um Predictive Policing zu erproben, also das Vorhersagen von Verbrechen anhand von Polizeiberichten und Statistiken. Etwas, das, wie sich zeigt, aber nicht zu sicheren Städten führt, sondern zu mehr Rassismus bei der Polizei. Denn: Die Daten bestimmen, was Künstliche Intelligenzen denken . Und Daten werden sehr oft noch von Menschen generiert, die alles andere als perfekt sind.
Obwohl KI also, wie die meisten Technologien, ein zweischneidiges Schwert ist, sahen die 1E9-User in ihrem Fortschritten während der 2010er-Jahre eine positive Entwicklung.
Wissenschaftliche Durchbrüche – vom „Gottesteilchen“ bis zur Kernfusion
Eine ganze Reihe wissenschaftlicher Errungenschaften fiel den 1E9-Mitgliedern bei der Ideensammlung für diesen Rückblick ein. Stellvertretend sollen hier nur ein paar davon genannt werden, die besonders spektakulär ausfielen.
Am 4. Juli 2012 verkündeten die Wissenschaftler am Forschungszentrum CERN, dass sie mit dem dortigen Teilchenbeschleuniger höchstwahrscheinlich das Higgs-Teilchen entdeckt hatten, nachdem seit Jahrzehnten gesucht wurde. Besser bekannt ist das Teilchen, dessen Existenz vom Physiker Peter Higgs bereits 1964 vermutet wurde, als das „Gottesteilchen“. Warum? Das ist etwas komplex. Die Kurzform: Ohne Gottesteilchen gäbe es… nichts . Denn sie sind es, die anderen Elementarteilchen eine Masse verleihen. Und ohne Masse gäbe es keine Materie.
Am 14. September 2015 konnten Forscher am LIGO, dem Laser Interferometer Gravitation Wave Observatory, erstmals Gravitationswellen messen, „die Einstein schon vor circa 100 Jahren postuliert hat“, wie 1E9-Mitglied @justherb schrieb. Die Verformungen in der Raumzeit hatten nach Angaben der Wissenschaftler ihren Ursprung in der Kollision zweier Schwarzer Löcher vor 1,3 Milliarden Jahren. Für die Entdeckung gab es 2017 den Nobelpreis für Physik.
Einen Weltrekord vermeldete das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald am 25. Juni 2018. Bei Experimenten mit dem dortigen Fusionsreaktor Wendelstein 7-X, in dem genau wie in der Sonne Energie durch die Verschmelzung von Atomkernen gewonnen werden sollen, konnte ein neuer Höchstwert für den Energiegehalt des Plasmas erzielt werden. Das ist „die Grundlage für eine funktionierende Kernfusion“, sagte 1E9-User @Kashi dazu – genau wie die Wissenschaftler aus Greifswald. Dass auch in den 2010er-Jahren viele wissenschaftliche Durchbrüche erzielt werden konnten, fanden alle an der Abstimmung beteiligten Community-Mitglieder gut.
Der Krieg im Cyberspace – und bald im Weltraum?
Als schlechte Entwicklung der 2010er stuft die 1E9-Community den Cyberwar ein, also den Krieg im digitalen Raum und gegen digitale Infrastruktur. Der begann zwar schon vor dem vergangenen Jahrzehnt, erreichte darin aber ganz neue Dimensionen. Im Juni 2010 flog Stuxnet auf, eine Schadsoftware, die ein Siemens-Steuerungssystem angriff, das unter anderem in Anlagen des iranischen Atomprogramms zum Einsatz kam. Für 1E9-Mitglied @0x78 markierte Stuxnet den „Beginn des Zeitalters der Cyberkriege“. Auf Stuxnet folgten weitere Schadprogramme, die für Schlagzeilen sorgten. WannaCry legte im Mai 2017 unter anderem die Anzeigentafeln an deutschen Bahnhöfen lahm. NotPetya verursachte im selben Jahr einen Schaden von über zehn Milliarden US-Dollar.
Während die deutsche Bundeswehr mit dem Cyber- und Informationsraum, kurz: CIR, erst 2017 einen eigenen Organisationsbereich für den Cyberspace bekam, wurden in den USA bereits andere Pläne entwickelt. Ende 2019 gründete Präsident Donald Trump die Space Force, um das Land für den Krieg im Weltraum zu rüsten. Auch die NATO entdeckte das All als mögliches Operationsgebiet.
Danke an alle Mitglieder aus dem Zirkel @2010er, die bei der Erstellung dieses Rückblicks mitgeholfen haben. Alle anderen Mitglieder dürfen natürlich sehr gerne die Liste ergänzen! Denn vollständig ist sie garantiert nicht.
Titelbild: Artur Debat / Getty Images