Viele Elektroautos sind wenig kreativ und gleichen eher klassischen und oft teuren Verbrenner-Modellen. Doch es gibt auch Autobauer und Entwickler, die versuchen, das Auto neu und anders zu denken.
Von Michael Förtsch
Vor Jahren waren sie noch totale Exoten. Jetzt werden Elektroautos langsam, aber sicher zum ganz natürlichen Bestandteil des Straßenverkehrs. Vor allem, weil sich immer mehr Länder entschließen, den Verkauf von neuen Diesel- und Benzinfahrzeugen in der nahen Zukunft zu verbieten. In Norwegen soll ein solcher Bann ab 2025 gelten. In Schweden, Island, Indien und Dänemark soll der Verkauf von Verbrennern im Jahr 2030 gestoppt werden. In Taiwan und Kanada soll zwischen 2035 und 2040 damit Schluss sein. In Deutschland gibt es noch keine konkrete Ansage. Aber auch das dürfte sich noch ändern.
Viele der Elektrofahrzeuge, die man jetzt auf den Straßen sieht, sind wenig von ihren Verbrennerpendants zu unterscheiden. Vielfach sind es klassische SUVs und Limousinen, die elektrisch umhersausen – und das, obwohl Elektromotoren und Akku-Pakete doch gänzlich neue Design-, Gestaltungs- und Nutzungsmöglichkeiten eröffnen würden. Jedoch lassen das nicht alle ungenutzt. Manche Autobauer sind durchaus mutig und versuchen den Individualverkehr und seinen Platz im urbanen wie auch ländlichen Raum mittels Elektromobilität neu zu denken. Das kann stellenweise sehr ungewohnt, futuristisch oder sogar abgedreht aussehen.
Uniti One
Würde er in einem Science-Fiction-Film wie Blade Runner 2049 durchs Bild fahren, würde der One von Uniti wohl nicht groß auffallen. Der Elektrowagen aus Schweden wirkt nämlich als wäre eine der Visionen des legendären Science-Fiction-Künstlers Syd Mead von einem Zeichenblock in die Realität gefallen. Im Innenraum gibt es einen zentralen Sitz für den Fahrer. Dahinter eine Sitzbank für zwei Passagiere. Gesteuert werden die technischen Finessen über Touchscreens – darunter dank dem Betriebssystem Android Automotive etwa Spotify, Waze oder auch eine in der Farbtemperatur anpassbare LED-Innenbeleuchtung.
Dazu ist der wahlweise mit 150 Kilometern oder 300 Kilometern an Reichweite ausgestattete und zu Teilen aus Biokomposit gefertigte Wagen von vornherein für Car Sharing ausgelegt. Der Besitzer soll seinen Wagen also mit wenigen Klicks über sein Smartphone freigeben können. Dadurch soll der Uniti One, der ab rund 17.000 Euro zu haben sein soll, nicht nur ein, sondern mehrere Verbrennerautos ersetzen. Wann jedoch die ersten Exemplare ausgeliefert werden, ist derzeit noch ungewiss. Denn das Start-up sei, wie Uniti-Chef Lewis Horne sagte, durch das Corona-Virus hart getroffen. Einerseits, weil Zulieferer in und um Wuhan, China angesiedelt sind, und andererseits, weil Uniti noch Investoren sucht, um mit der Produktion beginnen zu können.
Electra Meccanica Solo
Von vorne sieht er fast aus wie ein normales Auto. Etwas schmal, aber sonst? Von der Seite und von Hinten hingegen bietet der Solo vom kanadischen Start-up Electra Meccanica einen besonderen Anblick. Denn er hat nur drei Räder und verschlankt sich von der Front zum Heck. Dadurch gleicht er einem fahrenden Keil. Genau das soll ihn zum perfekten Stadtflitzer machen und vor allem eines vermeiden: Platzverschwendung.
Mit nur einem Sitz, 160 Kilometer Reichweite und genügend Stauraum für Einkäufe soll er insbesondere Umlandpendler zum Umstieg auf einen Stromer verleiten. Denn, auch wenn klein und kompakt, ist er mit Klimaanlage, Radio, Rückfahrkamera und vielem mehr ausgestattet. Dazu soll der Solo auch in Varianten mit Aufbauten für Liefer- und Paketdienste kommen. Der Kaufpreis liegt bei 18.500 US-Dollar – also knapp 15.100 Euro. Die ersten Fahrzeuge werden seit Mitte 2020 in China gefertigt und sollen Anfang 2021 an Kunden ausgeliefert werden.
Ora R1
Der Ora R1 sieht nicht sonderlich unkonventionell oder gar innovativ aus. Und, zugegeben, er ist eigentlich auch nichts von beiden. Aber besonders ist der offenkundig vom Smart Forfour inspirierte Wagen des chinesischen Autobauers Great Wall dennoch. Denn während viele Hersteller ihre Elektrofahrzeuge im Premium- oder zumindest dem Mittelklassesegment ansiedeln, ist der Kleinwagen geradezu erschreckend günstig. Denn kosten soll er nur zwischen 7.600 und 10.000 Euro.
Doch trotz des Schnäppchenpreises soll der Kleinwagen nichts vermissen lassen. Der Fünfsitzer soll mit einer Akkuladung rund 240 Kilometer weit kommen – und das bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde. Ein großzügiger Touchscreen dient als zentrale Steuereinheit. Auch auf Sprachbefehle soll der Wagen reagieren. Derzeit wird der Ora R1 nur in China angeboten. Aber Great Wall will ihn langfristig auch auf den europäischen und nordamerikanischen Markt bringen.
City Transformer
In Städten wie Paris ist der Trend klar: Weniger Parkplätze, mehr Platz für Menschen. Auch in München und Berlin gibt es Überlegungen in diese Richtung. SUVs, Limousinen, aber auch manche modernen Kompaktwagen passen nicht in dieses Konzept. Der City Transformer aber womöglich schon, meinen die Ingenieure vom gleichnamigen Start-up aus Israel. Denn der Wagen, der oberflächlich an einen Renault Twizy erinnert, ist mit 1,4 Metern Breite deutlich schmaler als ein klassischer PKW. Und: Er kann noch kompakter werden.
Die Entwickler haben eine Technik entwickelt, mit der sich die Räder an den Wagen heranziehen und sich die Spurbreite um 40 weitere Zentimeter reduzieren lässt. Damit nimmt der Wagen nunmehr nur noch ein Viertel der Fläche einer typischen Limousine ein. Dennoch bietet der kleine Flitzer genug Platz für zwei Personen, schafft bis zu 150 Kilometer und das bei einer Höchstgeschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunde. In Serie gehen soll er 2021. Der anvisierte Preis? Rund 10.000 Euro.
Aptera
Das US-Start-up Aptera hat eine ziemlich wilde Historie. Vor 15 Jahren hatte es mit der Entwicklung eines Benzinautos begonnen, das weniger als einen Liter auf 100 Kilometer verbrauchen sollte. Nach mehreren Beinahepleiten wurde Aptera dann 2011 geschlossen. 2019 wurde es allerdings plötzlich von den Originalgründern neugestartet. Diesmal mit dem Plan, ein Elektroauto basierend auf den Prinzipien des Originalkonzepts zu bauen. Anfang Dezember 2020 stellte Aptera nun sein futuristisch ausschauendes Dreiradfahrzeug vor, das strikt auf Leichtbau getrimmt ist.
Zwei Personen sollen darin Platz finden. Je nach Akku-Ausstattung soll der Wagen mit einer Aufladung zwischen 400 und 1.600 Kilometer weit kommen. Der Clou: Ähnlich wie beim Elektroauto Sion vom Münchner Start-up Sono Motors sind beim Aptera Solarzellen in die Karosserie integriert. Aufgrund des niedrigen Energieverbrauchs soll pro Tag genug Strom für bis zu 72 Kilometer erzeugt werden. Genug also, dass mach ein Nutzer den Wagen angeblich nie an einer Ladestation laden muss. Kosten soll der Aptera zwischen 25.000 und 50.000 US-Dollar – also 20.300 bis 40.600 Euro.
Pod Base
Es ist nicht im klassischen Sinne ein Elektroauto, an dem AEV Robotics aus Australien arbeitet, sondern eine Fahrplattform. Also ein Fahrgestell mit Rädern, Elektronik und Akkus, die bis zu 250 Kilometer Reichweite liefert. Auf diese sogenannte Base sollen sich über einen Steck- und Klick-Mechanismus verschiedene Pods aufsetzen lassen. Wahlweise etwa für einen PKW, ein Lieferfahrzeug, einen Kleinbus, ein fahrendes Café oder ein Büro. Die Idee ist nicht neu, auch andere Start-ups arbeiten an ähnlichen Konzepten. Jedoch will AEV nicht nur selbst Aufbauten konstruieren, sondern auch andere Firmen sollen das tun können.
Geht es nach dem Team ehemaliger General-Motors- und Tesla-Ingenieure sollen Liefer- oder Post-Unternehmen auf Basis des AEV-Fahrgestells sich selbst das perfekte Fahrzeug konzipieren. Ebenso wäre es machbar, dass ein Fahrgestell tagsüber zum Ausliefern von Paketen genutzt wird und des Nachts als autonomer Bus umherfährt. Die dafür nötige Selbstfahr-Hardware soll von vornherein verbaut sein. Ab wann sie einsatzbereit sind, möchte das Unternehmen aber noch nicht verraten.
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Der vom tschechischen Autobauer MW Motors fabrizierte Luka EV sieht ziemlich retro aus. Tatsächlich basiert er lose auf dem Kultwagen Tatra JK 2500. Aber unter der Haube ist er total modern. Er soll mit einer Batterieladung bis zu 300 Kilometer weit kommen und angetrieben wird er von einem Elektromotor, der immerhin um die 66 Pferdestärken liefert. Doch das ist nicht, was ihn speziell macht. Sondern, dass sich jeder den 40.000-Euro-Wagen auch selbst bauen kann.
Der Luka EV wurde ursprünglich im Rahmen eines Hack-a-Day-Projektes entwickelt. Die da entstandenen Spezifikationen und 3D-Modelle für das Chassis, die Karosserie, Motoraufhängung, Lenkmechanik und mehr sind daher open source. Sie sind auf der Plattform Github verfügbar und können frei genutzt und weiterentwickelt werden. Nur die von MW Motors 2018 als Serienfahrzeug vorgestellte, in vielen Facetten überarbeitete und professionelle Version des Luka darf nicht einfach kopiert werden.
Microlino
Rund, kurz und irgendwie niedlich. Die Tür hat er vorne, dazu zwei dicke Spiegel, die gleichzeitig Scheinwerfer sind. Als der Microlino vor vier Jahren als Konzeptstudio präsentiert worden war, hatte das Schweizer Mobilitätsunternehmens Micro Mobility Sytems nicht geplant, daraus ein Serienfahrzeug zu machen. Doch dann kamen unzählige Kaufanfragen. Seitdem wurde der Verkaufsstart zwar mehrfach verschoben aber der Microlino auch mehrmals überarbeitet, um ihn moderner und alltagstauglicher zu machen.
Dennoch ist der Elektro-Kleinstwagen dem Minimalismus treu geblieben. Ein Lenkrad, Pedale, ein kleines Display und eine Heizung gibt es. Dazu Platz für maximal zwei Personen und einen Einkauf. Das wäre es schon. Damit und mit je nach Batteriewahl 125 oder 200 Kilometern Reichweite soll die Neuinterpretation der BMW Isetta als ideales Innenstadt- und Freizeitfahrzeug taugen. Und das bei einem Preis ab 12.000 Euro. Gebaut werden soll der Wagen ab 2021 beim italienischen Automobilunternehmen Cecomp in Turin, wo zuletzt der Supersportwagen Icona Vulcano gefertigt wurde.
Teaser-Bild: Aptera