Die Weltmeere sind voller Plastikmüll. Projekte wie The Ocean Cleanup wollen den Abfall aus den Ozeanen entfernen. Doch nun zeigt eine Studie, dass die ambitionierten Aufräumversuche das Problem wohl nicht lösen können.
Von Michael Förtsch
Mehrere Millionen US-Dollar hat der Niederländer Boyan Slat eingesammelt, um gemeinsam mit Ingenieuren und Wissenschaftlern das Start-up The Ocean Cleanup ins Leben zu rufen. Dessen großes Ziel ist es, die Weltmeere von Plastikmüll zu befreien. Denn zwischen 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen davon treiben Jahr für Jahr in die Ozeane. Teile davon bilden regelrechte Müllinseln. Schwimmende Barrieren mit Netzen sollen den Müll einfangen und an Land bringen, wo er dann recycelt oder vernichtet wird. Das System von The Ocean Cleanup versagte zunächst, fischte nach einigen Nachbesserungen dann aber doch große Mengen an Plastikabfall aus dem Wasser. Laut Forschern des Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen sollten solche kleinen Erfolge aber kein Grund zur Hoffnung sein.
Wie ein Team um den Wissenschaftler Agostino Merico berechnete, [befinden sich von den Millionen Tonnen nämlich nur 399.000 Tonnen Plastikmüll sichtbar an der Oberfläche der Weltmeere. Wobei sich diese Zahl in den kommenden 30 Jahren, so schreiben sie in einer Abhandlung für das Fachmagazin Science of the Total Environment, „aufgrund des Mangels an wirksamen Entsorgungsstrategien voraussichtlich verdoppeln“ wird. Der weitaus größere Teil des Plastikabfalls – also schwerer Plastikteile und zerriebene Mikroplastikpartikel – treibt nahezu unsichtbar in tieferen Schichten oder hat sich schon am Meeresgrund abgelagert. Dessen Menge lässt sich nicht einmal genau zu beziffern aber soll bereits jenseits von 150 Millionen Tonnen liegen. Dieses Plastik ist mit den Fängern nur schwer oder nicht zu erreichen.
Mit schwimmenden Barrieren wie jenen von The Ocean Cleanup ließe sich das Problem also kaum bewältigen, schreiben die Wissenschaftler. Ihrer Berechnung zufolge könnten mit 200 Auffanggeräten über einen Einsatzzeitraum von 130 Jahren gerade einmal etwas mehr als 5 Prozent der weltweiten Gesamtmenge an Plastik aus den Meeren geholt werden. Die Auswirkungen „sowohl einzelner als auch mehrerer Aufräumgeräte sehen wir als bescheiden an“, schreiben die Wissenschaftler. Diese Initiativen wären also zwar bewundernswert, aber würden das Problem nur minimal verringern – und keineswegs stoppen. Wobei die Wissenschaftler anmerken, dass sie die „Effizienz der Säuberungsgeräte möglicherweise unterschätzen“. Doch selbst dann würden sich die Ergebnisse nur marginal wandeln.
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Die Forscher wollen jedoch technische Herangehensweisen nicht in Abrede stellen. So wären Flussbarrieren „recht wirksam, um zu verhindern, dass Plastik in den Ozean gelangt“. Ein Beispiel dafür ist etwa der sogenannte Interceptor, den The Ocean Cleanup im Oktober letzten Jahres vorgestellt hat. Dabei handelt es sich um ein System aus flexiblen Barrieren, die Plastikmüll in Flüssen direkt in den Filter- und Sammelmechanismus eines Schiffes leiten. Ein anderes System ist The Great Bubble Barrier, das in Flüssen mit einfach Pumpsystemen Wände aus Wasserblasen schaffen soll, die Plastikabfälle gezielt in Auffangcontainer führen.
Mit solchen Maßnahmen könnte den deutschen Forscher zufolge eine „signifikante Reduzierung von Plastikteilen im Ozean“ erreicht werden. Denn die rund 20 meist verschmutzen Flüsse weltweit sind für den Zustrom von bis zu 67 Prozent des Plastikmülls in den Weltmeeren verantwortlich. Aber damit würde nur die Zunahme des Plastiks in den Ozeanen reduziert, aber nicht das Plastikproblem insgesamt gelöst. Die Forscher urteilen daher, dass es keine und vor allem keine einfache Universallösung gibt. Das einzig sinnvolle, was getan werden könne, sei weit weniger Plastik zu produzieren und verstärkt Plastik und Plastikabfälle einzusammeln. Dadurch könnten die Meere sehr langsam, aber sicher vom Plastik befreit werden.