Schlüsseltechnologie für Starlink & Co.: Laserfunk-Start-up Mynaric eröffnet Fabrik bei München

Ob für Internet aus dem All, die Datenanbindung autonomer Autos und Schiffe oder Erdbeobachtung per Satellit: Mit seinen Laser-Terminals, die an Satelliten oder Flugzeuge montiert werden, will das Start-up Mynaric eine Schlüsseltechnologie für die Kommunikation der Zukunft liefern. In der Nähe von München eröffnete die Firma jetzt ihre erste Fabrik. Sie soll bis zu 2.000 Einheiten pro Jahr fertigen.

Von Wolfgang Kerler

Während auf der Erde Kupferkabel durch Glasfaser ersetzt werden, könnten in der Luft bald Laserstrahlen die althergebrachten Radiowellen ablösen, mit denen Satelliten und Flugzeuge bis heute mit der Erde in Kontakt bleiben. Lasertechnologie soll deutlich höhere Bandbreiten garantieren – und trotzdem weniger Energie verbrauchen, abhör- und störungssicher, günstiger und kompakter sein.

Allerdings stellt Laserkommunikation über Distanzen von Hunderten oder Tausenden Kilometern technisch immer noch eine Herausforderung dar. Schließlich müssen die feinen Laserstrahlen, die etwa ein bodennaher Satellit aussendet, den Empfänger einer Bodenstation, einer Drohne oder eines anderen Satelliten präzise treffen. Kompakte Terminals zum verlässlichen Senden und Empfangen des Lasers will nun Mynaric liefern, eine Ausgründung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, kurz: DLR.

„Mit einem Team von hundert Doktoranden und sehr viel Geld konnte man Systeme für Laserkommunikation schon länger aufbauen“, sagt Bulent Altan, der CEO von Mynaric, im Gespräch mit 1E9. „Doch diese Genauigkeit, diese Präzision kostengünstig auf dem Markt anzubieten und in Serie am Fließband zu produzieren, das ist die Magie von Mynaric.“

2.000 Einheiten pro Jahre, 200 neue Arbeitsplätze

Gestern eröffnete das Start-up unweit des eigenen Firmensitzes in Gilching und direkt neben dem Rollfeld des Sonder- und Forschungsflughafens Oberpfaffenhofen seine erste Fertigungsstätte, um in Serienproduktion zu gehen. In direkter Nachbarschaft befindet sich ein großer DLR-Standort, genau wie das Flugtaxi-Start-up Lilium. München ist eine halbe Stunde entfern.

In der weltweit ersten Anlage ihrer Art sollen auf 1.600 Quadratmetern und mit bis zu 200 neuen Mitarbeitenden bei voller Auslastung 2.000 Einheiten pro Jahr hergestellt werden. Wenn nötig in drei acht Stunden Schichten pro Tag. Zu den Produkten von Mynaric gehören die Laser-Terminalss vom Typ Condor, die für Satelliten im niedrigen Erdorbit ausgelegt sind, vom Typ Hawk, die für Flugzeuge und Drohnen konstruiert wurden, und Bodenstationen.

Mynaric-CEO Bulent Altan, der früher Chefentwickler bei SpaceX von Elon Musk war, ist überzeugt, dass die neue Fabrik schon bald hohe Stückzahlen ausliefern wird. „Der Markt existiert bereits“, sagt er. „Doch die Kunden werden sich nicht auf jemanden verlassen, der keine Produktionsanlagen wie diese aufbaut. Ein typisch amerikanisches Sprichwort lautet nicht umsonst: ,If you build it, they will come!‘“ Ein Start-up, das immer nur von seiner Technologie spricht, diese aber nie in großer Stückzahl fertigt, sei für ihn „Bullshit“.

Um verlässlich und günstig in hoher Stückzahl liefern zu können, setzt Mynaric auf Standardkomponenten, die nicht nur von einzelnen Herstellern geliefert werden können. Teilweise wurden die Bauteile auch gar nicht für den Einsatz im Weltraum konstruiert – doch Mynaric ermittelt durch eigene Tests, ob sie dennoch den widrigen Bedingungen im All und der kosmischen Strahlung standhalten können. Die Spiegel der in den Laser-Terminalss verbauten Teleskope werden nicht aus „teuren und esoterischen Materialien“ hergestellt, wie Bulent Altan sagt, sondern aus Metall.

Weltraum-Internet wird zum Milliardenmarkt

Nach eigenen Angaben ist Mynaric bereits mit potenziellen Großkunden im Gespräch – zumal derzeit ein wachsender Markt für Laserkommunikation entsteht. Zum Einsatz kommen könnte die Technologie – und damit die Technik von Mynaric – nämlich in den gewaltigen Satelliten-Konstellationen, mit denen Firmen wie SpaceX oder OneWeb die Erde flächendeckend mit Breitband-Internet versorgen wollen. Eine Kooperation mit seinem ehemaligen Arbeitgeber SpaceX und dessen Starlink-Projekt könnte sich Bulent Altan gut vorstellen. Und auch die Europäische Union will ein eigenes Satelliten-Internet.

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Die nach wie vor bestehenden Verbindungsschwierigkeiten für Drohnen, Flugzeuge, Schiffe oder Ölbohrplattformen könnten dank Laser ebenfalls der Vergangenheit angehören. Und auch für Automobilhersteller, die an autonomen Fahrzeugen arbeiten, oder für andere Branchen, die verstärkt auf vernetzte Internet-of-Things-Geräte setzen, könnte Laserkommunikation relevant werden.

Bislang ist Mynaric in Deutschland börsennotiert. Berichten zufolge soll die Firma im Frühherbst den Sprung an die amerikanische Technologiebörse NASDAQ anstreben. Und obwohl Bulent Altan schon öfter kritisierte, dass Deutschland und Europa bei der Kommerzialisierung des Weltraums den Anschluss verlieren könnte und Raumfahrt-Start-ups nicht ausreichend fördert, bleibt er vom Firmenstandort in Bayern überzeugt.

„Die Bereitschaft von Politik und Wirtschaft, in die richtige Richtung zu gehen, ist inzwischen da“, sagt er. „Wir sind im Aufschwung. Außerdem haben wir hier einen Zugang zu einem Mitarbeiterpotential, das es sonst nirgends gibt. Im Bereich Optik, zum Beispiel, ist Deutschland führend.“

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Titelbild: Mynaric

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