Lichter, Dreiecke und Feuerbälle: Diese Website zeigt, wo Menschen UFOs sehen

Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass Menschen überall auf der Welt zu Hause sitzen. Viele davon schauen des Nachts in den Sternenhimmel – und sehen plötzlich Dinge. UFOs? Aliens? Oder doch nur Sterne, Satelliten und Flugzeuge? Wer weiß. Die Illustratorin und Informationsdesignerin Francesca Morini hat nun zahlreiche UFO-Sichtungen aus den letzten Jahren in eine illustrative Datenbank gepackt, die sich vielfältig erkunden lässt.

Von Michael Förtsch

Ist da draußen jemand? Die Frage stellt sich die Menschheit bereits seit Jahrhunderten. Daher lauschen Forscher mit riesigen Radioteleskopen ins All. Manche senden sogar ganz gezielt Botschaften in den Kosmos, um die Aufmerksamkeit von extraterrestrischen Lebensformen zu wecken. Einige Leute meinen jedoch, dass sie längst hier sind: die Wesen von anderen Planten, Kreaturen aus fremden Welten oder zumindest deren Raumschiffe. Denn immer wieder sehen Menschen beim Blick in den Himmel merkwürdige Dinge, die sie sich nicht erklären können. Genau das fasziniert die Informationsdesignerin Francesca Morini vom Urban Complexity Lab an der Fachhochschule Potsdam. Daher hat sie mit CloseEncounters eine visuelle Datenbank entwickelt, die uns vermeintliche Sichtungen von UFOs und Außerirdischen durchforschen lässt.

Wir wissen nicht genau, was das bedeutet, aber wir haben herausgefunden, dass [das UFO-Phänomen] wohl ein Weg für die Menschen ist, mit dem fertig zu werden, was gerade alles passiert.
Francesca Morini

„Als Kind waren Außerirdische etwas, das mir immer Angst gemacht hat“, sagt Francesca Morini gegenüber 1E9. „Ich erinnere mich, dass ich eine einzige Akte-X- Folge gesehen habe und sofort vollkommen verstört war.“ Ihr Antrieb für CloseEncounters war daher ursprünglich ein gänzlich anderer – und eigentlich ziemlich pragmatisch. Während das Coronavirus sich auf der Welt ausbreitete, suchte sie eine Möglichkeit, um sich von der Weltlage und auch ihrer professionellen Arbeit etwas abzulenken. „Ich wollte ein Projekt, das ich komplett alleine stemmen kann und bei dem ich Spaß habe, jeden Teil davon zu gestalten – vom Anfang bis zum Ende“, erklärt sie. Sie grübelte dabei nicht über ein konkretes Thema nach, sondern stöberte nach Datenquellen und stolperte dabei über Meldungen von UFO-Sichtungen. Ganz konkret: Sie entdeckte das Verzeichnis des NUFORC, des National UFO Reporting Center, das Sichtungen und Vorfälle aus der ganzen Welt verzeichnet.

Für Morini war das aufgeräumte Archiv ein wahrer Schatz. „Jede Sichtung ist mit einem Zeitstempel versehen, geo-lokalisiert und nach ihren Merkmalen kategorisiert“, sagt sie. „Einige der Zeugenaussagen sind sehr umfangreich und detailliert – und jede Meldung geht auf jemanden zurück, der die Sichtung oder das Aufeinandertreffen mit einem Alien selbst erlebt haben will.“ Morini hat sich viele davon angeschaut und durchgelesen. „Einige von ihnen sind zutiefst beunruhigend, andere sind absolut lächerlich“, so die Informationsdesignerin. Aber vor allem: All diese Meldungen und ihre säuberlichen Kategorisierungen waren ideal, um sie in eine visualisierbare und erforschbare Form zu bringen.

Das Coronavirus als UFO-Beschleuniger

Die Datenbank-Website, die Francesca Morini binnen zwei Monaten mit etwas Unterstützung ihrer Freundin Zoe Cooper umgesetzt hat, umfasst nur einen Teil des gesamten NUFORC-Verzeichnisses. Aber einen sehr aktuellen. Nämlich die Jahre 2017 bis 2020. Sie sind auf einer Zeitleiste, einer Weltkarte und als Liste einsehbar. Geordnet sind die Sichtungen vorrangig nach ihrer Art - also danach, was die UFO-Zeugen nun eigentlich gesehen und beschrieben haben. Sei es ein Licht, ein dreieckiges oder zigarrenförmiges Flugobjekt, ein Feuerball, eine Formation von Lichtern oder etwas ganz anderes. Dabei repräsentiert jeweils eine Glyphe die Sichtungsart, die Morini entworfen hat. „Ich wollte der Website eine 90er-Jahre-Optik geben“, sagt sie. „Und ich wollte auch keine vorgefertigten Symbole nehmen, sondern habe selbst etwas herumgekritzelt.“

Während der Arbeit an CloseEncounters fiel Francesca Morini beim Blick auf die Zeitleiste auf, dass mit dem Beginn der Corona-Pandemie ein Anstieg der UFO-Sichtungen zu verzeichnen war – etwas, das auch UFO-Forscher registrierten. „Wir stellten einen Ausschlag ab Anfang März 2020 fest“, so Francesca Morini. „Wir wissen nicht genau, was das bedeutet, aber wir haben herausgefunden, dass [das UFO-Phänomen] wohl ein Weg für die Menschen ist, mit dem fertig zu werden, was gerade alles passiert. Es hilft vielleicht, sich weniger einsam zu fühlen.“ Aber auch die während der Pandemie kursierenden Verschwörungstheorien, Nachrichten über „Galaktische Föderationen“ und natürlich die zusätzliche Zeit, die Menschen zu Hause verbringen, dürften eine Rolle spielen.

Wie und was die Menschen am Himmel gesehen haben, das waren laut der Datenbank mehrheitlich Lichter oder Feuerbälle. „Ich gehe davon aus, dass die meisten der Leute in Wirklichkeit entweder Flugzeuge, Satelliten oder ein fernes Feuerwerk gesehen haben“, schätzt Morini. Tatsächlich waren es zuletzt vor allem die gleich einer Perlenschnur aufgereihten Satelliten des Starlink-Netzwerkes, die immer wieder für außerirdisch Raumschiffe gehalten wurden – und das nicht nur in den USA, sondern mittlerweile weltweit. Auch in Deutschland. Aber auch Drohnen, Raketenstarts und ganz natürliche Lichterscheinungen wie die in klaren Nächten sehr helle Venus sorgen immer wieder für UFO-Meldungen.

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Abertausende von Menschen nahmen sich die Zeit, um von dem, was sie für eine Begegnung mit Außerirdischen halten, zu berichten
Francesca Morini

Doch nicht alle Einträge in der Datenbank lassen sich so einfach erklären. Das will Francesca Morini auch gar nicht. Sie wolle sich, selbst wenn CloseEncounters ein etwas ironisches Projekt sei, in keinster Weise über Menschen lustig machen, die UFOs sehen und melden. „Abertausende von Menschen nahmen sich die Zeit, um von dem, was sie für eine Begegnung mit Außerirdischen halten, zu berichten“, erklärt sie. „Sie hatten eine sehr persönliche Erfahrung.“ Bereits das mache diese Berichte wertvoll und interessant. Daher würde Francesca Morini ihre Datenbank zukünftig auch gerne um Einträge aus anderen Quellen, Ländern und mit weiteren Datenpunkten erweitern.

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Teaser-Bild: Getty / The Image Bank

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