Die Städte werden immer enger. Daher werden die Gebäude immer höher – und dafür braucht es meist Beton und Stahl. Aber auch mit Holz lassen sich Hochhäuser bauen. In Australien soll bald eines der höchsten Holzgebäude entstehen.
Von Michael Förtsch
Moderne Städte zeichnen sich vor allem durch eines aus: die Höhe ihrer Gebäude. Immer mehr Stockwerke werden bei Neubauten aufeinandergestapelt – insbesondere bei Bürotürmen. Realisiert werden die mit viel Stahl und Beton. Aber diese Baustoffe stellen eine klare Belastung für die Umwelt dar. Beide Materialien waren über die vergangenen Jahre jeweils für bis zu neun Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Daher mahnen immer mehr Architekten an, Alternativen zu finden und zu nutzen. Insbesondere Holz, dessen Verwendung sogar einen aktiven Einsatz gegen den Klimawandel darstellen kann.
Wachsende Bäume produzieren kein CO2, sondern nehmen es auf und speichern es. Der CO2-Fußabdruck eines Holzgebäudes fällt damit um bis zu 75 Prozent niedriger aus als bei einem Gebäude aus Beton und Stahl. Vor allem aber beweist sich Holz zunehmend als Baumaterial, das auch geeignet ist, um in die Höhe zu bauen. Das derzeit höchste Holzgebäude ist der 85,4 Meter hohe Mjøsa Tower im norwegischen Brumunddal. Auf insgesamt 18 Stockwerken sind Appartements, Büros und ein Hotel samt Restaurant untergebracht. Ein nun für Sydney, Australien, geplantes Hochhaus soll das toppen – und zwar deutlich.
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Jetzt Mitglied werden!Das noch namenlose Gebäude soll nahe dem Hauptbahnhof der Metropole gebaut und mit 180 Metern und 40 Stockwerken mehr als doppelt so hoch werden wie der Mjøsa Tower. Das Architekturbüro SHoP Architects will, dass die gesamte interne Struktur des Turms aus Holz gefertigt wird. Also alle tragenden Elemente, Decken, Böden und Wände. Die einzelnen Etagen sollen gegeneinander versetzt sein und damit große offene Flächen ermöglichen. Das Dach des Turms soll zudem vollkommen frei liegen und mit Terrassen abgeschlossen werden, die mit kleinen Gärten geschmückt sein sollen.
Es gibt noch größere Pläne
Bei einer 180 Meter hohen Konstruktion lastet enormes Gewicht auf den Baumaterialien. Naturbelassene Holzbalken und Bretter wären dafür ungeeignet. Stattdessen soll daher Crosslaminated Timber verwendet werden – oder: Brettsperrholz, bei dem mindestens drei oder mehr Lagen aus Holz quer versetzt aufeinander geleimt sind. Das entstehende Material ist enorm belastbar und auch feuerbeständig. Außerdem soll der Turm nicht gänzlich auf Metall verzichten. Denn die interne Holzkonstruktion soll von einer Hülle aus Stahl und Glas ummantelt werden, die vor Wind und Wetter schützt und daher offene Areale mit kleinen Parks am Rand des Gebäudes möglich macht. Das höchste Haus rein aus Holz wäre dieser Bau daher nicht, aber das größte Hybridgebäude.
Bei dieser Hybrid-Bauweise soll immerhin noch 50 Prozent weniger Umweltbelastung erreicht werden, als wenn das Gebäude einfach aus Stahl, Glas und Beton gefertigt würde. Dazu soll das Hochhaus zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Einen Teil davon sollen Solarzellen liefern, die in die gläserne Fassade eingearbeitet werden. Genutzt werden soll der Holzwolkenkratzer zuvorderst als das neue Hauptquartier des Softwareentwicklers Atlassian, der insbesondere für die Fehlerverwaltungs- und Projektmanagementprogramme Jira, Confluence und das Organisationstool Trello bekannt ist. Auch andere Tech- und Start-up-Unternehmen sollen Platz finden. Auf den unteren Stockwerken soll zudem ein Hostel untergebracht werden. Fertiggestellt werden könnte der Hybrid-Holzwolkenkratzer bis 2025.
Bereits jetzt sind Holzgebäude geplant, die den bisher nur in der Theorie existierenden Rekord des Turms brechen sollen. Und das ohne Stahl- und Glashülle. Die Architektengruppe PLP Architecture will beispielsweise in London den sogenannten Oakwood Tower bauen. Der soll rund 300 Meter hoch werden und damit selbst The Shard überragen. Allerdings ist der Mega-Holzwolkenkratzer bereits seit 2016 angekündigt – und dennoch istnoch keine konkrete Bauplanung angelaufen. Mit 350 Metern nochmals höher soll das W350 werden. Den will sich die Baustofffirma Sumitomo Forestry zu ihrem 350-jährigen Firmenjubiläum spendieren. Der steht aber erst im Jahre 2041 an. Genau dann soll der Holzturm, der aus einer komplexen Fachwerkstruktur bestehen soll, bezugsfertig sein.
Teaser-Bild: SHoP Architects