Der US-Unternehmer Elon Musk will mit seinem Raumfahrtunternehmen SpaceX eine Kolonie auf dem Mars aufbauen. Die soll frei und unabhängig von irdischen Gesetzen regiert werden. Aber ganz so einfach ist das nicht.
Von Michael Förtsch
Erst vor Kurzem räumte Elon Musk bei einer Online-Konferenz ein, dass sein Raumfahrtunternehmen SpaceX seinen ambitionierten Zeitplänen hinterherhinkt. Die Entwicklung des gigantischen Starship geht nicht so schnell voran, wie einst gedacht. Ursprünglich sollte bereits 2022 ein erster Flug in Richtung des Mars unternommen werden. Nun wird sich dieser um mindestens zwei Jahre verzögern. Dennoch ist Elon Musk überzeugt, dass er noch vor Ende des Jahrzehnts erste Menschen auf den Mars bringen kann. Und das nicht nur, um ein kleines Habitat aufzubauen, sondern eine sich selbstversorgende Stadt. Binnen zehn Jahren bräuchte es dafür wohl um die 100 Megatonnen Fracht und 100.000 Menschen.
Sollte das gelingen, steht die Frage im Raum, wie eine solche Stadt regiert und gemanagt wird: Welche Gesetze werden dort gelten? Elon Musk und SpaceX gaben jetzt einen ersten Hinweis, wie sie sich die Regierung einer Mars-Kolonie vorstellen. Und zwar in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Satelliten-Internet-Netz Starlink, dessen irdische Variante gerade für den Beta-Test vorbereitet wird – und das irgendwann auch den Mars mit schnellen und zuverlässigen Kommunikationsmöglichkeiten versorgen soll. „Für Dienstleistungen, die auf dem Mars oder auf dem Transit zum Mars über ein Starship oder ein anderes Kolonisationsraumschiff erbracht werden, erkennen die Parteien den Mars als freien Planeten an“, steht dort.
Geht es nach SpaceX habe „keine auf der Erde ansässige Regierung die Autorität oder Souveränität über die Aktivitäten auf dem Mars“, heißt es in den Nutzungsbedingungen weiter. Das Raumfahrtunternehmen will sich also von keiner irdischen Regierung in seine Pläne und Aktivitäten auf dem roten Planeten hineinregieren lassen. Stattdessen soll sich eine Mars-Kolonie selbst regieren und „Selbstverwaltungsprinzipien“ aufstellen, „die in gutem Glauben zum Zeitpunkt der Besiedlungen auf dem Mars festgelegt werden“.
Werde jetzt Mitglied von 1E9!
Als Mitglied unterstützt Du unabhängigen, zukunftsgerichteten Tech-Journalismus, der für und mit einer Community aus Idealisten, Gründerinnen, Nerds, Wissenschaftlerinnen und Kreativen entsteht. Außerdem erhältst Du vollen Zugang zur 1E9-Community, exklusive Newsletter und kannst bei 1E9-Events dabei sein. Schon ab 2,50 Euro im Monat!
Jetzt Mitglied werden!Es gibt bereits Regeln
Wie so eine Selbstverwaltung aussehen könnte, darüber spekulierte Elon Musk bereits 2018. Er sagte, dass eine Mars-Kolonie höchstwahrscheinlich eine Form der direkten Demokratie adaptieren würde. „Jeder stimmt über jedes Thema ab, so funktioniert es“, sagte er. Dazu bräuchte es kurze und knappe Gesetze, die die wichtigsten Lebensbereiche abdecken. Die Vorstellung von Elon Musk ist nicht ohne Kritik. Denn sie ignoriert unter anderem verschiedene Abkommen und Verträge, die teils bereits vor Jahrzehnten zwischen einzelnen Staaten über das Handeln im Weltraum abgeschlossen wurden. Und laut Rechts- und Raumfahrtexperten müssten sich wohl auch Unternehmen oder „Nicht-Regierungsentitäten“, die aus den entsprechenden Nationen stammen, daran halten.
Entsprechend wäre der Mars zwar ein weitgehend freier Planet, auf dem Elon Musk und der Mars-Kolonie aber durchaus in ihre Aktivitäten und Pläne hineingeredet werden dürfte. Unter anderem ist in Weltraumverträgen geregelt, ob und wie Ressourcen auf fremden Planeten abgebaut werden dürfen, wie mit „Relikten“ aus früheren Raumfahrtmissionen zu verfahren ist oder ob Waffen erlaubt sind und einiges mehr. Auch wäre eine Kolonie auf dem Mars verpflichtet, anderen Mars-Kolonien oder einzelnen Astronauten unabhängig von ihrer Herkunft zu helfen, wenn sie in Not geraten. Des Weiteren müsste SpaceX, wenn es mit Raketen, abgestürzten Satelliten oder sonst welchen „Weltraumgegenständen“ Schäden verursacht, dafür haften.
Teaser-Bild: NASA