Das Elon-Musk-Unternehmen SpaceX hat bereits zahlreiche Satelliten ins Weltall geschossen, die die ganze Welt mit Internet aus dem All versorgen sollen. Nun hat auch das US-Militär Interesse angemeldet – jedoch aus einem anderen Grund.
Von Michael Förtsch
Egal wo, rund um die Welt soll der schnelle Zugang zum Internet möglich sein. Dafür soll die Erde wie von einer Zwiebelschale mit kleinen Kommunikationssatelliten eingefasst werden, die Signale auffangen, weiterleiten, an eine Bodenstation funken und die entsprechenden Antworten zurückschicken. Das ist die simple Idee hinter dem von SpaceX geplanten Satellitennetzwerk Starlink. Erstmals hatte Elon Musk 2015 davon gesprochen, dass mit diesem Konzept jeder Mensch kostengünstig und vollkommen unabhängig davon, wie abgeschieden er leben mag, mit einem Internetzugang versorgt werden könnte.
Im Februar 2018 brachte eine Falcon 9 dann die ersten beiden Test-Satelliten für die Starlink getaufte Satellitenkonstellation in den Orbit. Mittlerweile sind es über 750, die bereits im November 2020 einen Kreis von Beta-Testern in den USA und Kanada über eine kleine Antenne mit Internet versorgen sollen. Im kommenden Jahr könnten weitere Teile der Welt folgen. Derzeit hat SpaceX die Genehmigung, um bis 2027 fast 12.000 Satelliten im All zu positionieren. Langfristig könnten es über 40.000 werden, die in verschiedenen Höhen die Erde umrunden und Download-Geschwindigkeiten von bis zu 1 Gigabit pro Sekunde ermöglichen sollen.
Das eng geknüpfte Satellitennetzwerk weckt auch das Interesse des US-Militärs – und zwar schon seit längerer Zeit. Das glaubt nämlich, wie MIT Technology Review schreibt, dass die Vielzahl an kleinen Satelliten eine günstigere, zuverlässigere und zudem noch genauere Alternative zum altbekannten GPS-System darstellen könnten.
Werde jetzt Mitglied von 1E9!
Als Mitglied unterstützt Du unabhängigen, zukunftsgerichteten Tech-Journalismus, der für und mit einer Community aus Idealisten, Gründerinnen, Nerds, Wissenschaftlerinnen und Kreativen entsteht. Außerdem erhältst Du vollen Zugang zur 1E9-Community, exklusive Newsletter und kannst bei 1E9-Events dabei sein. Schon ab 3 Euro (+ MwSt) im Monat!
Jetzt Mitglied werden!Ein Software-Upgrade würde genügen
Ein Team von Ingenieuren des Radionavigation Laboratory an der Universität von Texas hat finanziert von der US-Army untersucht, wie sich das bisherige Global Positioning System verbessern oder ersetzen ließe. In einer Studie beschreibt das Team um Todd Humphreys und Peter Iannucci, dass das Satellitennetz von Elon Musk die Signale für sogenannte „Positions-, Navigations- und Zeit-Dienstleistungen“ deutlich verlässlicher liefern könnte als die NAVSTAR-GPS-Satelliten. Dazu wäre es deutlich effizienter, die GPS-Funktionalität in ein Satellitennetz wie Starlink nachzurüsten als speziell für den Navigationszweck erneut eigene Satelliten zu konstruieren und zu positionieren.
Das derzeitige GPS-Satellitennetz besteht aus 30 Satelliten, die mit einer Atomuhr ausgestattet sind und kontinuierlich ihren eigenen Aufenthaltsort und die aktuelle Zeit auf die Erde strahlen. Navigationssysteme berechnen aus den versendeten Positions- und Zeitdaten der Satelliten den relativen Abstand und damit die eigene Position auf dem Planeten. Das Problem von GPS: Die Signale kommen sehr schwach auf der Erde an und können bereits durch schlechtes Wetter gestört werden. Ebenso lassen sich die Signale aktiv stören oder Geräte wie beispielsweise Raketen und Militärdrohnen mit einem falschen starken GPS-Signal kapern.
Laut Todd Humphreys hat die US-Army bereits einen Vertrag mit SpaceX geschlossen, um Datendienste über Starlink abzuwickeln. Ebenso sei auch SpaceX’ Starlink-Team offen für die Idee, die Satelliten ebenso als GPS-Alternative nutzbar zu machen. Bei dem Konzept der Forscher würde jeweils eine kleine Konstellation von Starlink-Satelliten die Koordination für einen kleinen Bereich auf der Erde abdecken. Wenn ein Fahrzeug diesen verlässt, wird es an eine andere Satellitengruppe weitergereicht – ähnlich wie bei einem Smartphone, das zwischen Mobilfunkzellen hin und her bewegt.
Die Idee würde auch für andere Satellitennetze funktionieren
Nach einer Analyse von Todd Humphreys müsse die Konstruktion der SpaceX-Satelliten nicht verändert werden. Es brauche lediglich ein digitales Upgrade, um sie für die Positionsbestimmung fit zu machen. Denn die entsprechende Hardware und Software wären bereits vorhanden. Schließlich müssen die Satelliten auch ihre Internetdaten zielgenau an die Kunden funken. Das Resultat der Nachrüstung wäre angeblich ein GPS-System, das theoretisch zehn Mal genauer und weit weniger störanfällig wäre als GPS. Nicht im nur Meter-, sondern Dezi- und Zentimeterbereich könnte die eigene Position verortet werden.
Abgedeckt werden könnte nahezu die gesamte Erde. Oder zumindest Bereiche, in denen 99,8 Prozent der Weltbevölkerung leben. Laut Peter Iannucci ließe sich dieses Konzept aber nicht nur auf Starlink übertragen, sondern auch auf Konkurrenzsysteme wie beispielsweise Amazons Project Kuiper oder das Satellitennetz von OneWeb. Letzteres hat 75 Satelliten ins All gebracht und wurde nach Zahlungsschwierigkeiten Anfang 2020 von der britischen Regierung und dem indischen Kommunikationsdienstleister Bharti übernommen.
Teaser-Bild: Forest Katsch auf Unsplash