BlueSky, Threads, Mastodon & Co: Das sind die Alternativen zu den Social-Media-Giganten

Twitter ist nicht mehr Twitter, Facebook fühlt sich altbacken an und Instagram dreht sich gefühlt nur noch um Videos, Werbung und Selbstdarstellung. Aber wohin dann? Alternative soziale Netzwerke gibt es viele. Nur kann es schwer sein, die richtigen zu finden. Daher kommt von uns eine Liste, die euch vielleicht weiterhilft.

Von Michael Förtsch

Wohin nur? Diese Frage stellen sich Nutzerinnen und Nutzer von Social-Media-Plattformen nicht erst, seit Elon Musk das einst so geliebte Twitter übernommen, in X umbenannt hat und seitdem mit immer neuen Veränderungen in eine ungewisse Zukunft steuert. Nein, zuerst war es vor allem Facebook, das mit seinem massiven Wachstum, seinem immensen Einfluss und seinem fragwürdigen Datenschutz immer wieder den Ruf nach Alternativen laut werden ließ. Und Versuche, neue Plattformen als Gegengewicht zu installieren, offene soziale Netzwerke zu etablieren, gab es zuhauf…

An Yahoo! Mash, Pownce, Natter, Hello, JoinR oder App.net werden sich nur noch wenige erinnern. Allenfalls StudiVZ und MeinVZ dürften noch ein Begriff sein. Dennoch gibt es immer wieder neue Projekte, die mal mehr, mal weniger populär sind. Einige von ihnen scheinen sich zumindest eine Nische zu erkämpfen. Manche könnten die etablierten Social Networks in Teilen sogar ablösen, wie die Abwanderung der Community von Twit … äh X … zu möglichen Alternativen zeigt. Und auch wenn nur wenige der aktuellen Social-Media-Alternativen überleben, sind sie doch einen Blick wert.

Mastodon
Nach dem Kauf von Twitter durch Elon Musk suchten viele nach einer Alternative und fanden vor allem Mastodon. Denn das Projekt existiert seit 2016 und hatte Ende 2022 bereits Hunderttausende monatlich aktive Nutzer. Mastodon ist dezentral – und Teil des sogenannten Fediverse. Dort kann jeder einen eigenen Server als Instanz starten, ein Thema festlegen und eigene Regeln definieren. Auf Mastodon können die Nutzer also auch unter sich bleiben, wenn sie wollen. Die Kommunikation zwischen den Instanzen funktioniert über das ActivityPub-Protokoll, das auch von vielen anderen dezentralen Diensten verwendet wird.

Firefish
Das soziale Netzwerk Firefish ist noch relativ jung. Seit 2022 gibt es das Twitter-ähnliche Projekt, doch erst in diesem Jahr wurde es mit einer offiziellen Website angekündigt. Bei Firefish können Texte, Bilder und Videos gepostet sowie Umfragen durchgeführt werden. Es kann über verschiedene Apps genutzt werden – je nach Geschmack. Wie die Macher betonen, basiert Firefish nicht auf Mastodon, sondern ist ein sogenannter Fork des japanischen Social-Network-Projekts Misskey. Aber auch Firefish setzt auf das ActivityPub-Protokoll und kann so mit anderen Fediverse-Diensten wie eben Mastodon verknüpft werden. Derzeit ist der Nutzungskreis von Firefish noch recht überschaubar.

Friendica
Hinter Friendica verbirgt sich so etwas wie das Facebook des Fediverse. Ähnlich wie Mastodon kann es jeder selbst auf einem eigenen Server betreiben oder sich einem bestehenden Server anschließen. Posts, Fotos und Events können geteilt und eine Freundesliste gepflegt werden. Außerdem können Foren eröffnet und offen oder privat betrieben werden – und vieles mehr. Da Friendica die Protokolle ActivityPub und Diaspora unterstützt, ist es mit zahlreichen anderen Fediverse-Diensten wie Mastodon, Pixelfed oder eben Diaspora interoperabel – heißt: es können auch Inhalte dieser Dienste in den eigenen Feed abonniert werden.

Diaspora
Diaspora galt 2010 als die große Hoffnung für eine Alternative zu Facebook. Per Crowdfunding hatte das Team dahinter 200.000 US-Dollar eingesammelt, um die Entwicklung anzuschieben. Ende 2012 wurde das Projekt nach dem Tod eines Gründers für die Community freigegeben. Seitdem wird Diaspora langsam, aber zielstrebig weiterentwickelt und hat sich mit immerhin 670.000 Nutzern eine Nische im Fediverse erarbeitet. Auch hier kann jeder seine eigene Instanz, genannt Pod, eröffnen. Diaspora erlaubt Posts, Bilder, Freundeslisten, private Nachrichten und kann über mehrere Client-Apps genutzt werden.

MeWe
Bereits 2012 startete MeWe als Versuch, ein kommerzielles „Anti-Facebook“ aufzubauen. Obwohl es fast alle Nutzungsmöglichkeiten von Facebook übernimmt – darunter Chats, Gruppen, Video- und Sprachanrufe – gibt es keine Werbung. Stattdessen finanziert sich das Unternehmen aus Santa Clara, USA, über Abo-Gebühren. Zwar kann MeWe grundsätzlich kostenlos genutzt werden, jedoch gibt es eine Premium-Version, die unbegrenzte Sprach- und Videoanrufe, 100 Gigabyte Cloud-Speicher, spezielle Emoji-Pakete und vieles mehr bietet.

Trust Café
Vor vier Jahren startete Wikipedia-Gründer Jimmy Wales WT.Social, ein soziales Netzwerk, das als Alternative zu den bekannten Plattformen dienen sollte. Bis Ende 2022 konnte er mehr als 500.000 Nutzer gewinnen, die den Dienst komplett mit Spenden finanzierten. Im Jahr 2023 wurde das Netzwerk dann zu einem neuen Dienst mit einer neuen Struktur weiterentwickelt: zu Trust Café, das mit verschiedenen Themenkanälen und kurzen Posts einer Mischung aus Reddit und Twitter ähnelt und sich auf Nachrichten und Fakten konzentriert – und eine „nicht-toxische Erfahrung“ bieten soll.

BlueSky
Das Projekt BlueSky ist derzeit wohl die populärste Alternative zu Twitter – und auch diejenige, die dem Original am nächsten kommt. Das einst von Twitter-Chef Jack Dorsey initiierte Projekt übernimmt viele Grundmechaniken und soll in den nächsten Jahren zu einem dezentralen System ausgebaut werden. Ähnlich wie bei Mastodon sollen Nutzer eigene Server betreiben, das System mit verschiedensten Programmen nutzen aber ihren Account bei einem Serverwechsel problemlos mitnehmen können. Derzeit hat BlueSky knapp 2,1 Millionen Nutzer.

Spoutible
Christopher Bouzy, Entwickler des Twitter-Analysetools Bot Sentinel, hat im Februar 2023 mit Spoutible eine Twitter-ähnliche Plattform ins Leben gerufen. Sie soll die besten Funktionen von Twitter übernehmen und gleichzeitig dessen größte Fehler vermeiden. So können Nutzer ihnen unangenehme Antworten unter ihren Beiträgen blockieren und private Nachrichten werden Ende-zu-Ende verschlüsselt. Die New York Times, der US-Senderverbund NPR und der Schauspieler Jason Alexander sind bereits auf der Plattform aktiv.

Threads
Okay, Threads ist nicht gerade ein Nischenprojekt, sondern ein Twitter-Konkurrent vom Facebook- und Instagram-Macher Meta. Nur wenige Tage nach dem Start hatte Threads bereits mehr als 100 Millionen monatliche Nutzer. Davon sollen jetzt noch knapp über 20 Prozent aktiv sein. Threads bietet viele Funktionen, die Twitter hat, und basiert auf dem AP-Protokoll, das auch Mastodon verwendet. Entsprechend könnte die Plattform später für das Fediverse geöffnet werden. Aufgrund von Wettbewerbs- und Datenschutzbestimmungen ist Threads derzeit nicht in der EU verfügbar.

Nostr
Nostr ist ebenfalls eine Alternative zu Twitter, aber… auch irgendwie nicht wirklich. Das wie BlueSky von Jack Dorsey geförderte Projekt arbeitet an einem Protokoll, das ein dezentrales soziales Netzwerk ermöglicht, welches mit verschiedenen Clients genutzt werden kann. Nostr ist sehr technisch und von Kryptowährungen inspiriert. Statt klassischer Benutzernamen gibt es Adressen und Konten, die nicht an einen Server gebunden sind. Es können sehr lange Beiträge gepostet werden, private Nachrichten und Chats sind möglich. Einige Nostr-Applikationen bieten zusätzliche Anwendungen an, um mehrere Profile zu verwalten, Communities zu managen oder auch Bitcoin zu versenden.

Glass
Hinter Glass verbirgt sich ein soziales Netzwerk, das vor allem Fotografen eine Heimat bieten soll, die von den zahlreichen Änderungen bei Instagram über die letzten Jahre frustriert sind. Statt um Videos, Influencer und Marketing geht es hier strikt um das Teilen und Kommentieren von Fotos und das Vernetzen mit anderen passionierten Fotografen. Auch Werbung gibt es nicht. Das hat allerdings seinen Preis: Glass kann nur mit einem Abo genutzt werden, das mit 29,99 US-Dollar pro Jahr vergleichsweise erschwinglich ausfällt.

Pixelfed
Auch Pixelfed ist eine Instagram-Alternative, basiert aber wie Mastodon und Friendica auf dem dezentralen ActivityPub-Protokoll. Dementsprechend muss vor dem Start ein Heimserver ausgewählt werden, auf dem dann die eigenen Fotos gespeichert werden – das Teilen von Videos ist nicht möglich, aber Stories wie bei Instagram sind machbar. Die via Web oder dedizierter App nutzbare Plattform orientiert sich stark am Instagram der frühen 2010er Jahre, wirkt dadurch schlank und reduziert, aber auch etwas altbacken.

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BeReal
Inmitten der Corona-Pandemie erschien die aus Frankreich stammende Social-Media-App BeReal, die ihre Nutzer einmal am Tag zu einer unangekündigten Uhrzeit auffordert, ein Foto zu machen. Das Ziel: Dadurch soll sich die Aufnahme nicht aufwendig inszenieren und auch nicht bearbeiten lassen – und so möglichst „echt“ sein. Das Netzwerk ist dahingehend sehr reduziert und erlaubt darüber hinaus wenig Interaktion.

Hey
Hey – ehemals Lenster – ist ein von Twitter inspiriertes soziales Netzwerk, das ganz auf Web3-Konzepte setzt. Basis ist das Lens-Protokoll, das es ermöglichen soll, einen einheitlichen Account in Form eines NFT für zahlreiche Social Networks zu nutzen – und die dort veröffentlichten Inhalte zu „besitzen“. Entsprechend gibt es auch bei Hey nicht nur Beiträge, Bildergalerien, sondern auch eine Sammlung, in der NFTs präsentiert werden können. Lens Protocol und Hey befinden sich derzeit noch in einer sehr frühen Entwicklungsphase. Wer einen Account haben möchte, muss sich auf eine Warteliste setzen lassen.

Aber was ist mit…?

Ja, es gibt noch viele andere soziale Netzwerke, die man nennen könnte. Zum Beispiel Post, CounterSocial, Hive, Vero, Minds, Nextcloud Social, Pleroma und Substack Notes, die mehr oder weniger Twitter und Facebook kopieren. Oder Truth Social, Parler oder Gab, die sich an eher rechte Zielgruppen in den USA richten. Daneben finden sich zum Teil sehr spezialisierte soziale Netzwerke wie GoodReads und Bookwyrm, die sich ganz an passionierte Leser richten, oder Funkwhale für Musikliebhaber.

Und dann sind da noch die Social Networks, die eigentlich gar keine sind: Messenger-Apps wie Telegram, Signal und WhatsApp lassen Dutzende, Hunderte und manchmal sogar Millionen von Nutzern diskutieren und Inhalte teilen. Außerdem erleben klassische Foren auf der Basis von Discourse oder phpBB eine Renaissance, die sich um bestimmte Themen, Regionen oder einfach Freundeskreise drehen.

Habt ihr ein Social Network, das wir nicht kennen? Welche Social-Media-Plattformen nutzt ihr selbst?

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Ich nutze seit ein paar Tagen Remix. Es ist eine Social Media-App, in der sich alles um KI generierte Bilder und Videos dreht.
Remix App

Von den Grundfunktionen ähnelt es Instagram, aber mit einer sehr netten und ermutigenden Community und ohne Werbung. Die App ermöglicht es dem User per Prompt sich Bilder in verschiedenen Formaten oder auch mit vorgeschlagenen Stilen generieren zu lassen. Bis zu 10 der besten Bilder können so am Ende präsentiert werden.
Vor ein paar Tagen ist ein neues Feature eingeführt worden, dass die eigenen Prompts auf Knopfdruck aufhübscht und aus ein paar Worten eine detaillierte Beschreibung als Vorschlag zaubert.
Das Schöne ist, dass bei den Posts die verwendeten Prompts zu sehen sind, sodass man von anderen Usern lernen und sich inspirieren lassen kann. Diese Funktion erlaubt einem User auch zu „remixen“, d.h. den Prompt eines anderen Users zu nehmen, ihn nach Belieben abzuändern und daraus neue Werke generieren zu lassen. Dabei lässt sich die Erzeugungskette nachvollziehen.
Außerdem lassen sich entweder Werke von anderen KI-Kunstgeneratoren hochladen und posten oder mit der Funktion „img2img“ bereits bestehendes Bildmaterial verändern.

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Kannte ich noch nicht, danke für den Hinweis. Gleich mal heruntergeladen und ausprobiert. Finde die Idee sehr schön und verspielt.

Gerade das Feature hier ist auch super:

Witzig! Ist der gleiche Entwickler, der die Easy Wallet gemacht hat. Interessant.

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