In Hollywood steht derzeit alles still. Seit mehreren Wochen streiken Serien- und Filmautoren. Nun hat sich die größte Schauspielergewerkschaft angeschlossen. Das hat auch mit Künstlicher Intelligenz zu tun.
Von Michael Förtsch
Es ist der größte Streik in Hollywood seit Jahrzehnten. Im Mai legten die rund 11.500 Mitglieder der amerikanischen Autorengewerkschaft Writers Guild of America die Arbeit nieder. Schon damals hatten sich zahlreiche Schauspieler mit den Autoren solidarisiert. Nun hat sich mit der Screen Actors Guild American Federation of Television and Radio Artists - kurz SAG-AFTRA - die größte Schauspielergewerkschaft dem Streik angeschlossen. Unter anderem, da eigene Verhandlungen mit der Gruppe Alliance of Motion Picture and Television Producers, die unter anderem Konzerne wie Disney, Netflix und Amazon vertritt, gescheitert sind. Nahezu alle Film- und Serienprojekte befinden sich daher derzeit in einer Zwangspause.
Die Forderungen der Autoren und Schauspieler betreffen unter anderem die grundsätzliche Entlohnung, die Krankenversicherung, die finanzielle Beteiligung an dediziert für Streaming-Plattformen produzierten Filmen und Serien. Aber es geht auch um Künstliche Intelligenz. Denn Textgeneratoren wie ChatGPT, Story Engine und deren Open-Source-Alternativen werden nach Ansicht der Autorengewerkschaft massiven Einfluss auf die Arbeit der schreibenden Zunft haben. Dabei stehen die Autoren der Technologie nicht unbedingt ablehnend gegenüber. Die Gewerkschaft sieht in der Technologie ein vielversprechendes Werkzeug, das jedoch stark reguliert werden sollte.
Laut Leaks aus den Verhandlungen fordert die Autorengewerkschaft beispielsweise, dass Text-Generatoren nicht den gleichen Status wie ein echter Autor erhalten dürfen. Auch sollen KI-Texte nicht als „literarisches Material“ oder „Quellenmaterial“ wie Romane oder Artikel gelten. Wenn ein Drehbuch von einem Textgenerator erstellt und von einem menschlichen Autor überarbeitet wird, sollte der Mensch als Hauptautor gelten – und ein „written by“ im Abspann erhalten. Dementsprechend sollte der Mensch auch vergütet werden. Unklar ist, wie mit Texten umgegangen werden soll, die vollständig von KI erstellt wurden und nicht von einem Menschen weiterbearbeitet werden.
Werden auch Schauspieler durch KI ersetzt?
Auch die Mitglieder der SAG-AFTRA fordern eine Regulierung der KI-Technologie. Unter anderem, weil sie ihren Beruf und ihr Einkommen durch Erwägungen der Filmstudios bedroht sehen. Ein Vorschlag der großen Film- und Serienproduzenten sei, so die Gewerkschaft, dass Schauspieler, die eher im Hintergrund arbeiten und zu sehen sind, „gescannt und für einen Tag Arbeit bezahlt“ werden könnten, um dann immer wieder in Filmen und Serien eingesetzt zu werden. Sie würden ihr Aussehen praktisch an die Firmen abtreten, um für diese ewig zu arbeiten, obwohl sie nur einmal bezahlt werden.
Nach Ansicht des Verbands der Schauspieler ist die Vision der Studios und Produzenten geradezu dystopisch. Neben wirtschaftlichen Problemen könnten sich für die Schauspieler auch immense persönliche und rechtliche Probleme ergeben. Was wäre zum Beispiel, wenn ein unbekannter Schauspieler, der bisher nur im Hintergrund zu sehen war, plötzlich zum Star wird? Wie würde sich dann der Umgang mit dem an eine Firma überschriebenen Ebenbild gestalten? Die Gewerkschaft hält es daher für notwendig, dass ein Künstler das Recht an seinem Aussehen und seiner Stimme nicht pauschal abtreten kann.
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Jetzt Mitglied werden!Die Technologie für die breit angelegte Nutzung digitaler Schauspieler soll jedoch schon bereitstehen. Laut einem Artikel von Collider ist die Technik bereits im Stillen erprobt worden und wird bald in Szenen in Produktionen wie Captain America: Brave New World und The Residence zu sehen sein. Dabei soll den zu sehenden Schauspielern die Option verweigert worden sein, für den Einsatz in weiteren Serien und Filmen nicht gescannt zu werden, wenn sie an der Produktion beteiligt sein wollen.
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