Die neue Marvel-Serie Secret Invasion ist gerade gestartet und sorgt für Debatten. Aber nicht wegen der Handlung der Serie, sondern weil deren Einführungssequenz mittels Künstlicher Intelligenz generiert wurde. Das halten einige für einen Sieg für die KI-Kunst, andere sehen darin einen moralischen Tabubruch.
Von Michael Förtsch
Der Titan Thanos ist bereits seit einer ganzen Weile besiegt. Tony Stark, besser bekannt als Iron Man, hat sich geopfert, um den Schaden, den der übermächtige Schurke angerichtet hat, rückgängig zu machen. Doch natürlich ist die Erde weiterhin bedroht. Denn das Marvel-Universum bietet genug zwielichtige Kräfte, die der Menschheit an den Kragen wollen. Darunter ist unter anderem die Alien-Rasse Skrull. Diese spitzohrigen Reptilienwesen können ihre Gestalt verändern und versuchen die Erde in der neuen Serie Secret Invasion still und heimlich zu unterwandern – was vielen Fans der Serie V bekannt vorkommen dürfte. Der Agent Nick Fury muss das mit Hilfe einer kleinen Gruppe von Unterstützern verhindern. Aber die lose auf einer Comic-Reihe basierende Serie sorgt nicht nur deshalb gerade für Debatten. Sondern auch und vor allem, weil bei ihr Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.
Wie Marvel-Fans feststellten und schnell auf Twitter und anderen Social-Media-Plattformen verbreiteten, ist das Intro der neuen Marvel-Produktion offenbar komplett mit Künstlicher Intelligenz generiert worden. Und nicht, wie sonst, von klassischen 3D- und Special-Effects-Künstlern. Die rund zwei Minuten kurze Einführungssequenz zeigt wabernde Strukturen und Figuren im Stil eines abstrakten Ölgemäldes. Unter anderem eine Planetenoberfläche, die sich in einen Turm verwandelt. Das verzerrte Gesicht von Nick-Fury-Schauspieler Samuel L. Jackson ist zu sehen. Ebenso ein Blick auf London und das Weiße Haus und schemenhafte Figuren, die vor dramatisch fließenden Hintergründen stehen.
Wie mittlerweile Ali Selim, der Regisseur und Produzent der Serie, bestätigt hat, ist das Intro tatsächlich das Werk eines Maschinenlern-Modells. Es spiele mit den Themen der Serie, in der sich Außerirdische als Menschen ausgeben, aber eben keine Menschen sind. Ebenso emuliere hier eine KI die menschliche Kunst, es sei aber eben keine. Wie Selim gegenüber Polygon sagte, verstehe er nicht wirklich, wie diese synthetischen Bilder zu Stande kommen, sei aber davon fasziniert – vor allem davon, welche Gefühle sie hervorrufen können.
Kritik an KI-Intro
Mit der Entwicklung des Intros war die Special-Effects-Firma Method Studios beauftragt worden, die dafür offenbar mit einer KI-Technikerin zusammengearbeitet hat. Bei dieser soll es sich um die Künstlerin Carle ’ Sagans’ Sagan handeln, die laut eigener Beschreibung „mit Maschinen träumt“ und zuvor bereits an Musikvideos wie Linkin Parks Lost mitgearbeitet hat. Eingesetzt wurde für diese wie auch das Intro offenbar Deform Diffusion. Die Software erlaubt es, mittels Stable-Diffusion-KI-Modellen bewegte Bilder zu erzeugen oder zu manipulieren.
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Das KI-generierte Intro für Secret Invasion wird im Internet als interessantes Experiment gefeiert – und als Moment, in dem KI-Kunst in den Mainstream übergeht. Aber ebenso erntet es jede Menge Kritik. Die unter anderem für den Filmverleger A24 arbeitende Künstlerin Benzie Bugg schrieb etwa, dass „dieses Multimilliarden-Dollar-Unternehmen [Disney/Marvel], das bereits dafür berüchtigt ist, seine VFX-Mitarbeiter schlecht zu bezahlen, nun Wege gefunden hat, sie überhaupt nicht zu bezahlen.“
Der Videospielentwickler David Blatt wiederum verwies darauf, dass KI-Werkzeuge „moralisch fragwürdig“ seien. Denn für ihr Training werden Milliarden Bilder ohne explizite Zustimmung der Urheber verwendet. Auch der Konzeptzeichner Jeff Simpson, der selbst an Secret Invasion mitgearbeitet hat, gab sich enttäuscht. Er schrieb: „Das Intro von Secret Invasion ist KI-generiert. Ich bin am Boden zerstört, ich glaube, dass KI unethisch und gefährlich ist und nur dazu dient, Künstlerkarrieren zu zerstören.“
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