Die USA haben sie seit vielen Jahren. Auch China setzt massiv darauf – und verkauft sie in alle Welt: Kampf-Drohnen, die nicht nur aus der Luft beobachten können, sondern auch töten. Das Bundesverteidigungsministerium will, dass auch die Bundeswehr mit Killer-Drohnen arbeiten darf.
Von Michael Förtsch
Mittlerweile sind sie kaum mehr wegzudenken, die Drohnen. In vielen Ländern werden sie bereits eingesetzt, um Land sowohl effizienter als auch nachhaltiger zu bewirtschaften. Sie helfen im Katastrophenfall dabei, das Ausmaß der Schäden festzustellen, Überlebende zu orten und schnell Medikamente an Orte und Stelle zu bringen. Bauingenieure können mit ihnen Brücken und Wolkenkratzer auf Schäden absuchen. In Hollywood machen Drohnen Luftbilder möglich, die bis vor wenigen Jahren noch undenkbar oder unbezahlbar waren. Und natürlich haben Hobby-Piloten mit Drohnen einen großen Spaß – der zum regelrechten Science-Fiction-Sport werden könnte. Aber: Sie werden auch von der Polizei eingesetzt, um während der Corona-Krise Menschen zu vergrämen. Und nicht zuletzt werden sie genutzt, um zu töten. Und das seit vielen Jahren.
Vor allem die USA zählen Drohnen wie die MQ-9 Reaper und den Predator C seit Langem zu ihrem militärischen Arsenal, um mutmaßliche Terroristen ungesehen und ungefährdet aus der Luft auszuschalten. Das geschieht ferngesteuert aus hunderten oder sogar tausenden Kilometern Entfernung. Auch andere Länder geben Millionensummen für Drohnen aus, die töten. Nicht zuletzt investieren chinesische Luftfahrt- und Rüstungsfirmen gigantische Summen in die Drohen-Entwicklung, die dadurch bereits High-Tech-Geräte wie die CAIG-Wing-Loong-Serie hervorgebracht haben, die lasergesteuerte Bomben abwerfen hat. Oder den Blowfish A3, eine Helikopter-Drohne, die mit einem Maschinengewehr bestückt ist. Exportiert werden diese Fluggeräte unter anderem nach Ägypten, Saudi-Arabien und Pakistan. In Europa arbeitet Airbus gerade an der MALE RPAS, die zur Boden- und Seeraumüberwachung gebaut ist, aber auch sogenannte Smartbombs tragen kann. Diese Bomben sollen präzise zerstören und töten.
Wie andere Armeen will auch die Bundeswehr endlich Killer-Drohnen einsetzen können. Und das nicht nur zur Aufklärung, wie bisher die israelischen Heron-1-Drohnen im Bundesbesitz, sondern auch für den Kampf. „Wir in der Bundeswehr wollen bewaffnete Drohnen“, sagte Eberhard Zorn, General des Heeres, auch ganz direkt. Die Vorbehalte sind aber groß – und sollen daher nun mit einer gesellschaftlichen Debatte aufgearbeitet werden. Die begann gestern mit einer Anhörung im Verteidigungsministerium in Berlin. Angehört wurden Mitglieder aller Parteien, Wissenschaftler, Soldaten, aber auch der Ethiker Bernhard Koch oder der Militärbischof Sigurd Rink.
Erster Schritt zum Krieg der KI-Waffen?
Kritiker befürchten durch die Beschaffung von Drohnen und deren Aufrüstung mit Waffensystemen eine Entgrenzung des Tötens: Drohnennpiloten könnten ihre potentiellen Ziele demnach durch die große digitale Distanz , die durch die tatsächliche Entfernung und den abstrakten Blick auf den Bildschirm geschaffen wird, nicht mehr als Menschen ansehen – und dadurch weitaus unbedachter feuern. Der bewaffnetet Kampf mit Drohnen würde also zu einem tödlichen Videospiel verkehrt, weshalb das US-Militär tatsächlich immer öfter erfahrene Gamer rekrutiert. Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels versicherte in der Anhörung allerdings, dass es bei der Bundeswehr sicherlich nicht zu einem „amerikanische Szenario“ käme, bei dem mit Drohnen gezielt Attentate auf vermeintliche Terroristen durchgeführt werden.
Bernhard Koch fordert von Politik und Bundeswehr auch über die aktuelle Drohnen-Technologie hinauszuschauen. „Was ist die inhärente Dynamik in dieser Technologie?“, fragte Koch. Schon jetzt sind viele Drohnen hoch automatisiert und können, wenn vom Menschen gewollt, bereits in Grenzen eigene Entscheidungen fällen. Mehrere Start-ups arbeiten etwa an von Künstlicher Intelligenz gesteuerten Mustererkennungssystemen, die es insbesondere Drohnen erlauben, ihre Umwelt klar wahrzunehmen. Sie können dadurch Baugelände überwachen, feststellen, wenn Diebstähle begangen werden, Bohrinseln inspizieren aber eben auch „Personen von Interesse“ aus großer Höhe identifizieren – und entsprechende Aktionen einleiten. Forscher warnen, dass Drohnen bald gänzlich autonom und ohne große menschliche Überwachung kämpfen und töten könnten.
Bereits vor drei Jahren hatte das vom Skype-Erfinder Jaan Tallinn gegründete und von Elon Musk sowie dem verstorbenen Stephen Hawking unterstützte Future of Life Institute den Kurzfilm Slaughterbots produziert. In dem stellt ein Unternehmen miniaturisierte Killer-Drohnen vor, die kleiner sind als eine menschliche Hand, aber gelenkt durch Künstliche Intelligenz zielsicher Menschen ausmachen und töten können. „Trainiert als Team können sie in Gebäude eindringen, in Autos und Züge“, sagt ein fiktiver Unternehmensgründer im Film. „Sie können nicht gestoppt werden.“ Doch die Technik und Konzepte werden dann kopiert, nachgeahmt und sowohl von Ländern als auch von Terrororganisationen rund um die Welt genutzt, um zu töten.
„Dieser Kurzfilm ist mehr als Spekulation“, sagte der KI-Forscher Stuart Russell von der University of California in Berkeley schon 2017. „Er zeigt die Ergebnisse der Integration und Miniaturisierung von Technologien, die wir bereits haben.“ Laut dem US-Wissenschaftler sei es nur ein kleiner und zudem logischer Schritt von den derzeit meterlangen Drohnen, die bereits von Künstlicher Intelligenz unterstützt werden und in etlichen Kilometern Höhe fliegen, hin zu Mini-Drohnen, die nur mit einem Ziel programmiert werden müssen und dann selbstständig durch Städte und Gebäude surren, bis sie es gefunden und erledigt haben. Auch Marcel Dickow von der Stiftung Wissenschaft und Politik warnte 2019, dass bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr eine „Einstiegsdroge“ sein könnten, die zu „viel stärker automatisierte(n) Systemen“ verleiten könnte.
Was sagt ihr, braucht die Bundeswehr bewaffnete Drohnen – und droht ein Krieg, der unter Künstlichen Intelligenzen ausgefochten wird, nahezu ohne menschliche Beteiligung?
- Ja, die Bundeswehr sollte bewaffnete Drohnen nutzen!
- Nein, die Bundeswehr sollte keine bewaffneten Drohnen nutzen!
- Ich bin mir nicht sicher.
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Teaser-Bild: Getty Images / John Moore