Gibt es außerirdisches Leben? Statistisch ist das wahrscheinlich, ob wir jemals darauf treffen werden, ist aber nicht so sicher. Trotzdem wurde an einer schottischen Universität nun ein Institut gegründet, das sich auf den Ernstfall vorbereiten soll. Denn bislang ist vollkommen unklar, was passieren würden, wenn wir erstmals auf Aliens treffen. 1E9 hat mit dem Leiter des SETI Post-Detection Hub gesprochen.
Von Michael Förtsch
Wir suchen und lauschen. Doch bisher ohne Erfolg. Seit Jahrzehnten analysieren Forscher aus aller Welt das kosmische Rauschen in der Hoffnung, auf die Nachricht einer anderen intelligenten Spezies zu stoßen. Einige Initiativen funkten in der Vergangenheit sogar ein „Hallo, hier sind wir!“ ins All, ohne jedoch eine Antwort zu erhalten. Und selbst die Hoffnung, auf unseren stellaren Nachbarn vielleicht irgendeine Art von Leben auszumachen – so mikroskopisch sie auch sei –, wurde bislang enttäuscht. Dennoch ist die Chance vorhanden, dass sich das irgendwann ändert. Etwa wenn tatsächlich ein intergalaktischer Anruf auf unserem Planeten eingeht, im sandigen Marsboden extraterrestrische Sporen entdeckt oder unter dem Eis des Jupitermondes Europa ein florierendes Ökosystem ausgemacht wird. Aber was passiert dann eigentlich? Tja, … keine Ahnung. Bislang existieren nur bedingt Pläne und Ideen, wie die Menschheit auf solch eine Entdeckung reagieren könnte.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern will das ändern. An der schottischen Universität St. Andrews wurde dafür nun der SETI Post-Detection Hub gegründet. Dabei soll es sich um eine Forschungs- und noch mehr eine Koordinationseinrichtung handeln, wie der Projektleiter John Elliott im Gespräch mit 1E9 sagt. Elliott ist Informatiker, Linguist und Kryptograph und bereits seit über 30 Jahren in der Forschung rund um SETI – kurz für Search for Extraterrestrial Intelligence, die Suche nach intelligentem außerirdischem Leben – aktiv. Wie er sagt, war „die NASA die bisher einzige nennenswerte staatliche Einrichtung, die sich mit SETI befasst hat und an der Suche beteiligt war“. Und selbst deren Programme wie etwa die High Resolution Microwave Survey waren kurzlebig und wurden nach Budget-Kürzungen schnell eingestellt.
„Abgesehen davon haben die Regierungen und die UNO nichts Wesentliches unternommen, um die Menschheit auf die Entdeckung außerirdischen Lebens vorzubereiten“, urteilt der Wissenschaftler. Weder die Vereinigten Staaten noch Großbritannien, Deutschland oder andere westliche Länder haben entsprechende Protokolle – zumindest keine, die öffentlich bekannt sind. 2018 begründete die deutsche Regierung das Fehlen eines solchen Plans mit der Feststellung, dass „die Bundesregierung einen Erstkontakt auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland nach heutigem wissenschaftlichem Kenntnisstand für äußerst unwahrscheinlich“ erachtet. Wie Elliott scherzt, würden viele Science-Fiction-Filme dahingehend wohl ein erschreckend authentisches Bild zeichnen. Denn auch da würden “immer externe Experten zur Lösung des Problems hinzugezogen“, wenn es schon fast zu spät ist.
Wie wird die Entdeckung von Aliens verkündet?
Im Jahr 2017 berichtete dieNew York Times über ein geheimes Programm des Pentagon, dessen Aufgabe es war, unidentifizierte Flugobjekte zu studieren. Zwischenzeitlich machte das US-Verteidigungsministerium einige der bisherigen Ergebnisse öffentlich – die zeigen, dass viele der Sichtungen ganz rational erklärt werden können. Außerdem startete die NASA ein Projekt, um Meldungen über merkwürdige Flugobjekte und Phänomene am Himmel nachzugehen. Seitdem erlebt das UFO-Thema eine Renaissance und wird sowohl von Medien als auch von Öffentlichkeit und Wissenschaft deutlich ernster genommen. Zu „institutionellen Beiträgen der Wissenschaft oder staatlichen Vorbereitungen für ein Kontaktereignis“ habe das aber noch nicht geführt, kreidet John Elliott an. Das SETI Post-Detection Hub und erste Mitglieder von Universitäten wie Harvard, Stanford, Manchester, Cambridge und New South Wales sollen genau da ansetzen.
„Die Hauptaufgabe des Zentrums soll darin bestehen, der Koordination und Förderung zum Aufbau eines Handlungsrahmens für den Fall einer Entdeckung [von außerirdischem Leben] ein Zuhause zu geben“, sagt Elliott. Die Forschungs- und Koordinationseinrichtung soll interessierte Forscher aus unterschiedlichsten Fachrichtungen von rund um den Globus zusammenbringen, um gemeinsam an den notwendigen Bereichen zu arbeiten. Angefangen bei Methoden, um potentielle Nachrichten aus extraterrestrischen Quellen zu entschlüsseln, über rechtliche Fragestellungen, die Entwicklung von Protokollen zur Regulierung und Zusammenarbeit bis hin zur Konzeption von Strategien, um einen Erstkontakt öffentlich zu machen. Letzteres ist ein Bereich, an dem bereits erste Wissenschaftler arbeiten.
Neben den individuellen Glaubensvorstellungen reagieren verschiedene Kulturen wahrscheinlich ziemlich unterschiedlich, wenn beispielsweise ein Signal aus dem All empfangen wird.
John Elliott
„Neben den individuellen Glaubensvorstellungen reagieren verschiedene Kulturen wahrscheinlich ziemlich unterschiedlich, wenn beispielsweise ein Signal aus dem All empfangen wird“, sagt John Elliott. „Das sind äußerst komplexe Dynamiken, mit denen wir uns befassen müssen, um eine klare und verantwortungsvolle Kommunikation für die gesamte Menschheit zu gewährleisten.“ Die Entscheidung, solch ein Ereignis zu verkünden, würde natürlich Regierungen oder auch Organisationen wie den Vereinten Nationen zufallen. Aber Experten wie vom SETI Post-Detection Hub könnten helfen, die Reaktion der Menschen abzuschätzen und dabei unterstützen, die beste Art und Weise zu entwickeln, die Botschaft zu verkünden und „negative Reaktionen zu minimieren“. Denn die Bestätigung der Existenz außerirdischen Lebens könnte das Weltbild zahlreicher Menschen erschüttern und für Angst und Zweifel sorgen.
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Ob die Menschheit überhaupt auf außerirdisches Leben treffen könnte, da ist sich John Elliott nicht sicher. „Bei unserer Suche nach außerirdischem Leben stehen wir erst am Anfang“, sagt er. „Es ist noch nicht lange her, dass wir mit der Erfindung des Mikroskops plötzlich erkannten, dass Mikroben existieren. Erst 1992 entdeckten wir einen Exoplaneten, und jetzt haben wir Tausende davon verzeichnet. Allein in unserer eigenen Galaxie könnte es viele Millionen geben.“ Erst seit kurzem entwickle die Menschheit also überhaupt die Technologie, um anderes Leben ausfindig zu machen und weiter in den Weltraum vordringen zu können. Aber diese Technologie entwickle sich nun rasant. Daher stünden die Chancen, in Zukunft außerirdisches Leben zu finden „sehr gut“, sagt er.
Erst 1992 entdeckten wir einen Exoplaneten, und jetzt haben wir Tausende davon verzeichnet. Allein in unserer eigenen Galaxie könnte es viele Millionen geben.
John Elliott
Viele Wissenschaftler argumentieren, dass, wenn die Menschheit außerirdisches Leben entdeckt, dann wohl am wahrscheinlichsten in Form von Mikroben. Beispielsweise auf dem Mars oder einem der Jupitermonde. Laut dem SETI-Forscher sei das wohl nicht so spektakulär, wie eine fliegende Untertasse, die vor dem Weißen Haus landet, aber genauso bedeutend. „Wenn wir bakterielles Leben auf anderen Himmelskörpern finden, dann haben wir erstmals die Bestätigungen und den Beweis, dass Leben abseits von uns entstanden ist“, sagt John Elliott. „Und wenn das auf einem anderen Himmelskörper in unserem Sonnensystem möglich ist, dann ist klar, dass es überall da draußen Leben geben könnte – und wahrscheinlich auch gibt.“
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