US-Forscher haben versehentlich fiese Wut-Hamster erschaffen

Forscher der Georgia State University wollten mittels einer Genmodifikation kleine Hamster erzeugen, die besonders freundlich und gesellig sind. Jedoch sorgte der Eingriff für das Gegenteil. Die kleinen Nager wurden äußerst aggressiv und angriffslustig.

Von Michael Förtsch

Wissenschaftler sehen in der Gen-Schere CRISPR-Cas9 riesiges Potential, um Krankheiten zu bekämpfen, genetische Defekte auszuschalten oder sogar das Leben von Menschen zu verlängern. Allerdings warnen sie auch davor, dass bei einem allzu leichtfertigen Umgang mit dem Werkzeug ziemlich viel Schaden angerichtet werden kann. Daher sorgten die mutmaßlichen Gen-Experimente des chinesischen Forschers He Jiankui vor drei Jahren für viel Empörung. Welche unerwarteten Nebenwirkungen solche Eingriffe haben können, das haben nun auch Genetiker an der Georgia State University erlebt. Denn bei einem Experiment schufen sie nun unabsichtlich hyper-aggressive Kampfhamster.

Wie die Wissenschaftler in einer Studie im Magazin Neuroscience ausführen, wollten sie mittels des Einsatzes von CRISPR-Cas9 bei Goldhamstern die Wirkung des Hormons Vasopressin blockieren, indem sie die dazugehörigen Rezeptoren eliminierten. Vasopressin wird mit der Steuerung von Eigenschaften wie Geselligkeit, Kooperation und interpersoneller Bindung in Verbindung gebracht. Die Wissenschaftler mutmaßten, dass das Fehlen des „neurochemischen Signalweges“ dazu führen würde, dass die – trotz ihres putzigen Äußeren – grundsätzlich aggressiven Tierchen zu absolut freundlichen, konflikt-, und aggressionsscheuen Wesen würden. „Das Gegenteil war der Fall“, sagt der leitende Wissenschaftler H. Elliott Albers.

Die modifizierten Hamster verhielten sich übermäßig aggressiv, wenn sie mit anderen in einem Käfig platziert wurden. Sie verteidigten ihr Territorium mit massiver Gewalt. Sie bissen, kratzen und jagten andere Hamster im Käfig umher. Selbst wenn diese ihnen gegenüber nicht bedrohlich auftraten. Vor allem auf Geschlechtsgenossen gingen die modifizierten Hamster immer wieder los. Dabei zeigten weibliche Hamster, die eigentlich deutlich sozialer sind, ein ebenso „hohes Aggressionslevel“ wie die Männchen. „Wir waren von den Resultaten wirklich überrascht“, sagt Albers. Das Ergebnis sei vollkommen kontraintuitiv.

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Forscher wissen nicht so viel, wie sie dachten

Die Wissenschaftler der Georgia State University sehen das Hamster-Experiment nicht nur trotz, sondern gerade wegen des überraschenden Ausgangs als einen Erfolg. Denn es habe gezeigt, dass wir „dieses System nicht so gut verstehen, wie wir bisher glaubten“ und „die Biologie, die hinter sozialem Verhalten steht, komplexer ist als wir bisher annahmen“, sagt Albers. Die Forschung müsse wohl ihre bisherigen Annahmen zur Funktion der Rezeptoren und Hormone überdenken. Und das wohl nicht nur nur im Falle von Vasopressin, sondern „über die gesamten Schaltkreise des Gehirns“ hinweg.

Ob ein solcher genetischer Eingriff auch bei Menschen eine vergleichbare Wirkung entfalten könnte, das ist nicht sicher. Trotz vieler biologischer und neurologischer Überschneidungen ist die Funktion von Hormonen und anderen Boten- und Wirkstoffen bei Menschen und Nagetieren zwar oft ähnlich, aber nicht immer deckungsgleich. Wie die Forscher angeben, wurden die Hamster allerdings sehr bewusst gewählt, da zumindest „ihre soziale Organisation dem Menschen sehr viel ähnlicher ist als die von Mäusen“.

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Titelbild: Jie Wang /Unsplash

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Das „versehentlich“ und „unbeabsichtigt“ gefällt mir in dem Artikel überhaupt nicht. Die Wissenschaftler haben eine Hypothese aufgestellt und diese experimentell überprüft. Nach einem Experiment kann eine Hypothese angenommen oder verworfen werden. Deshalb macht man ein Experiment.
Weder das Experiment noch das Ergebnis war „versehentlich“. Das Ergebnis eines Experiments ist nicht „beabsichtigt“, es ist eine Frage an die Natur. Die Frage wird gestellt, weil ich etwas nicht weiss, sondern nur eine Vermutung (Hypothese) habe. Wenn ich ein Ergebnis „beabsichtige“ mache ich schlechte Forschung. Ich habe mir vielleicht ein anderes Ergebnis gewünscht um meine Hypothese zu bestätigen.
Ich will hier keine „Korinthenkackerei“ :grin: betreiben, ich finde es aber schon sehr wichtig, dass das richtig ausgedrückt wird. Sonst entsteht leicht ein falsches Wissenschaftsverständnis.
@Michael : no bad feelings! :wink:

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Danke für das Feedback. Du hast da durchaus einen Punk. Vielleicht hätte es „unerwartet“ oder „überraschend“ besser getroffen. Aber manchmal fehlen einem einfach die passenden Worte ; ) Aber ich glaube nicht, dass da ein falscher Eindruck von Wissenschaft entsteht. Zumindest nicht, wenn man den gesamten Artikel und nicht nur die Headline liest.

Und nein, keine bad feelings. Feedback und auch Kritik sind wichtig. Und die nehm’ ich gerne mit.

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