So könnte das bemannte Raumschiff der ESA aussehen

Europäische Astronauten können mangels Raumschiff nicht ohne Hilfe ins All fliegen. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Denn der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern Ariane Group hat nun Pläne für ein eigenes europäisches Raumschiff vorgestellt, das größer und flexibler als die Dragon-Kapseln von SpaceX sein soll.

Von Michael Förtsch

Müssen Astronauten der europäischen Raumfahrtagentur ESA in den Weltraum fliegen, dann sind sie aktuell auf Mitfluggelegenheiten angewiesen. Beispielsweise in den Crew-Dragon-Kapseln von SpaceX, die derzeit für die NASA starten – oder in den vergangenen Jahren auch in den Sojus-Kapseln von Russland. Ein eigenes Raumschiff für bemannte Flüge gibt es in der Europäischen Union derzeit nicht. Das könnte sich jedoch in den kommenden Jahren ändern. Denn, wie nun das Luft- und Raumfahrtunternehmen Ariane Group auf dem International Astronautical Congress in Paris enthüllt hat, arbeitet es an einem Raumschiff, das für europäische Missionen im All konzipiert ist und die EU langfristig unabhängiger machen soll.

Das Raumschiff trägt den Projektnamen Susie – Smart Upper Stage for Innovative Exploration – und gleicht der langgezogenen Spitze einer Rakete, die am Heck mehrere Flach anliegende Klappen trägt. Wie die Ariane Group ankündigte, soll das Raumschiff mit den neuen Ariane-6-Raketen ins All fliegen – deren Erstflug ist für das Jahr 2023 vorgesehen. „Susie ist ein flexibles, modulares, sicheres und zuverlässiges Fahrzeug, das für wichtige Missionen im Weltraum eingesetzt werden kann“, heißt es in einer Erklärung des Luft- und Raumfahrtunternehmens. Genutzt werden soll das Raumschiff sowohl als automatisierter Frachter für Nachschubflüge wie zur Internationalen Raumstation. Doch ebenso sollen mit dem Vehikel bis zu fünf Astronauten ins All starten können.

Hierbei soll das europäische Raumschiff mit zwölf Metern Länge, fünf Metern Breite und einem Innenraum von 40 Kubikmetern rund vier mal soviel Platz bieten wie die Dragon-Kapseln von SpaceX. Bis zu sieben Tonnen Fracht soll das Schiff aufnehmen und sicher zur Erde transportieren können. Außerdem soll Susie für Wartungs- und Reparatureinsätze an Satelliten und Raumstationen taugen. Auch bei der Beseitigung von Weltraumschrott soll das Schiff einsetzbar sein.

Wann Susie fliegt? Gute Frage!

Wie die Crew-Dragon-Kapseln von SpaceX oder der Starliner von Boeing ist Susie dafür konzipiert, mehrfach zu fliegen. Landen soll es ganz ähnlich wie das Starship von SpaceX. Nach einem horizontalen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre soll es in die Vertikale kippen, mit einem Raketenmotor abbremsen und auf den ausgefahrenen Klappen am Heck aufsetzen. „Susie ist das Ergebnis mehrjähriger Arbeit unserer Entwicklungsteams und bietet eine besonders geniale Lösung für den künftigen Bedarf an Weltraumdiensten und automatisierten oder bemannten Flügen, deren Nachfrage in Zukunft noch steigen wird“, sagte Morena Bernardini von Ariane auf dem International Astronautical Congress.

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Wie Ariane-Mitarbeiter auf dem Kongress versicherten, soll Susie so ausgelegt sein, dass die Technik über mehrere Jahrzehnte hinweg aufgerüstet und angepasst werden kann. Beispielsweise für Einsätze außerhalb des Erdorbits. Unter anderem könne das Raumschiff mit einem zusätzlichen Antriebsmodul versehen werden, das Flüge zum Mond möglich macht. Dazu sollen auch die kommenden Generation von neuen Raketen so geplant werden, dass sie mit dem Raumschiff kompatibel sind.

Derzeit ist Susie jedoch nur „ein Konzept“, das der europäische Raumfahrtagentur ESA zur Umsetzung vorgeschlagen wird, wie Ariane Group einschränkt. Ob, wann und wie Susie einen ersten Flug unternehmen könnte, ist also nicht absehbar. Würde das Raumschiff gebaut, wäre es das erste Mal, dass die europäische Raumfahrtagentur über ein eigenes Raumschiff für bemannte Missionen verfügt. Konzepte und Projekte dafür gab es in der Vergangenheit bereits mehrere. Aber allesamt blieben sie bisher fruchtlos.

Von Mitte der 1970er bis Mitte der 1990er arbeitete zunächst die französische Raumfahrtagentur und dann die ESA an Hermes, eine Art Miniatur-Space-Shuttle, das vom Space-Shuttle-Vorgänger Dyna-Soar inspiriert gewesen sein soll. Von 2008 bis 2015 nutzte die ESA die unbemannte Raumkapsel Automated Transfer Vehicle. Zeitweise war die Konstruktion einer bemannten Fassung davon vorgesehen.

Ebenso erforschte die ESA gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, ob der vom US-Unternehmen Sierra Nevada Corporation entwickelte Raumgleiter Dream Chaser für europäische Raumfahrtmissionen adaptiert werden könnte. Das ist immer noch möglich. Erst 2018 startete das deutsche Raumfahrtunternehmen OHB eine Machbarkeitsstudie dazu, ob der Dream Chaser in einer Zeit nach der ISS von der ESA gewinnbringend genutzt werden kann.

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