Der ESA-Chef will, dass Europa ein eigenes Raumschiff für die bemannte Raumfahrt entwickelt

Wenn europäische Astronauten ins All wollen, sind sie bislang auf Mitfluggelegenheiten angewiesen. Das soll sich im Laufe des kommenden Jahrzehnts ändern. Denn die europäische Raumfahrtagentur ESA könnte ein eigenes Raumschiff entwickeln lassen. Das soll Astronauten nicht nur in den Erdorbit bringen, sondern auch zum Mond.

Von Michael Förtsch

Die USA wollen zurück zum Mond und auf den Mars. Das Gleiche gilt für China und Russland. Außerdem strengt sich Indien an, mit immensen Investitionen ein eigenes Programm für die bemannte Raumfahrt aufzustellen. Noch in diesem Jahrzehnt will Indien erste bemannte Flüge mit einer eigenen Raumkapsel durchführen. Luft- und Raumfahrtexperten sehen daher die Gefahr, dass die europäische Raumfahrt in den kommenden Jahren den Anschluss verliert. Dieser Ansicht ist auch ESA-Chef Josef Aschbacher. Denn die Europäische Raumfahrtagentur entwickelt und finanziert zwar ambitionierte und komplexe Forschungsmissionen, die das Wissen über unser Sonnensystem erweitern. Aber bei der Möglichkeit, das All mit eigenen Astronauten zu erreichen, ist Europa in den letzten Jahrzehnten nicht vorangekommen, sondern hat sich auf die USA und Russland verlassen.

Das soll sich ändern, kündigte Aschbacher auf der Konferenz Space Summit in London an. „Was in den USA, China und Indien passiert, ist ziemlich beeindruckend“, sagt er. „Wenn man einen Schritt zurücktritt und sich ansieht, wo Europa weltweit steht, stellt man fest, dass Europa sich nicht auf dem gleichen Niveau engagiert.“ Wie die Financial Times berichtet, sei es für den ESA-Chef entscheidend, dass Europa schnell Möglichkeiten entwickelt, im globalen Wettlauf im All aufzuschließen. „Ich sehe so viele Möglichkeiten, einige davon sind verpasste Chancen“, so Aschbacher. Europa müssen aufholen. Dazu gehöre es auch, eigene Kapazitäten zu entwickeln, um Mensch und Material mit eigenen Raumschiffen in den Orbit und zu anderen Himmelskörpern zu transportieren.

Zwar habe die ESA ein Abkommen mit der NASA, um bei zukünftigen Missionen zum Mond mitzufliegen, aber „es gibt keinen vereinbarten Zeitplan, wann ein europäischer Astronaut auf dem Mond ankommen wird“, so Aschbacher. Auch daher müsse Europa ein eigenes Raumschiff bauen, das eingesetzt werden kann, wann und wie es die europäischen Pläne für den Weltraum erfordern. Dabei gehe es nicht darum, dass die ESA selbst ein solches Gefährt entwickelt. Ähnlich dem Vorgehen der NASA sollen private Luft- und Raumfahrtunternehmen hier Aufträge bekommen. „Das ist das Modell, das wir hier diskutieren“, so der ESA-Chef. Europa müsse „in der astronautischen Raumfahrt dringend aufholen“.

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Laut Josef Aschbacher verfüge Europa über die Kapazitäten, innerhalb des nächsten Jahrzehnts eigene Startkapazitäten zu entwickeln, um Menschen ins All zu bringen. Ob die ESA die Entwicklung eines solchen Raumschiffs tatsächlich finanzieren will, könnte im November debattiert werden. Dann kommen alle ESA-Mitgliedsstaaten zu einem Weltraumgipfel zusammen, der auch über die generelle Ausrichtung der europäischen Raumfahrt mitbestimmen wird – etwa, wie nach dem Ende der International Raumstation weiterverfahren werden soll. Ein konkreter Beschluss über ein eigenes Programm für ein europäisches Raumschiff könnte dann im nächsten Jahr gefällt werden.

Bereits im vergangenen Jahr hatte der Luft- und Raumfahrtkonzern Ariane Group mit Susie ein Konzept für ein europäisches Raumschiff vorgestellt, das mit den neuen Ariane-6-Raketen ins All starten könnte. Es wäre mit zwölf Metern Länge und fünf Metern Breite für Fracht- und Nachschubflüge in den Erdorbit und zur Internationalen Raumstation ausgelegt. Anstelle von Fracht könnte es auch bis zu fünf Astronauten sicher ins All hieven. Außerdem soll Susie für weitere Herausforderungen auf- und ausgerüstet werden können, beispielsweise für Flüge zum Mond und darüber hinaus.

Laut Josef Aschbacher sei im Falle der Entscheidung für ein europäisches Raumschiffs die Frage nach dem Entwickler zunächst vollkommen offen. Es würden dann von verschiedenen Firmen unterschiedliche Vorschläge eingeholt. Nicht nur bereits fest etablierte Unternehmen mit vorhandener Infrastruktur könnten eine Chance bekommen. Es bestehe auch die Möglichkeit, dass ganz neue Systeme und „andere Vehikel entwickelt“ werden. Eben ganz nach dem Vorbild der NASA und ihrer Zusammenarbeit mit Firmen wie SpaceX, Blue Origin und anderen.

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Der Gedanke, ein eigenes bemanntes Raumfahrtsystem zu entwickeln, ist für Europa bzw. die ESA durchaus spannend - und auch wünschenswert.
Ein Blick in die Geschichte der europäischen Raumfahrt lässt allerdings befürchten, dass das weiterhin wenig erfolgreich bleiben wird.
Hätte die ESA oder Europa das jemals wirklich gewollt, wäre zum Beispiel das Projekt Hermes nicht 1992 eingestellt worden.

2 „Gefällt mir“

Ja, die Bemühungen und Hoffnungen sind nicht neu. Aber ich glaube, mit der zunehmenden Konkurrenz um den Weltraum könnte es diesmal anders ablaufen. Und auch die Idee, die Entwicklung komplett einem Privatunternehmen zu überlassen, sorgt für eine andere Gemengelage.

Ich persönlich würde mir ja wünschen, dass die ESA den Dream Chaser der Sierra Nevada Corporation übernimmt. Die Fracht-Variante ist praktisch fertig entwickelt. Eine bemannte Variante ist möglich. Und … es sieht auch noch stylisch aus ; )

Ich glaube auch, dass die heutige Zeit, aufgrund des Wettbewerbdrucks, eine andere ist, als irgendwann in der Vergangenheit. Die Modelle, in denen private Firmen zunächst Undenkbares möglich machen, sind bekannt und im Osten wie im Westen etabliert, oder zumindest andere Herangehensweisen, in denen Staat / Public und private Sektoren kooperieren. Darauf schielen auch Europäer neidisch rüber und wollen das sicherlich auch. Insbesondere um nicht vollends in den schwarzen Tiefen des Unbedeutenden zu versinken…

Meine Wette wäre dass Helene Huby mit ihrer Firma The Exploration Company das Rennen macht oder zumindest ein Kooperationspartner der Wahl wird. Diese Inhalte scheinen nicht von irgendwoher zu kommen und sie hat genau den nötigen Hintergrund: