Lyfe on Mars? Wissenschaftler stellen eine neue Definition von Leben auf

Ist unsere Suche nach anderem Leben im Universum durch eine allzu enge Definition eingegrenzt? Einige Forscher glauben das. Sie schlagen eine neue Definition vor, die die Beschreibung von Leben deutlich weiter fassen würde. Dieses „Lyfe“ könne ganz anders sein als alles, was wir bisher kennen.

Von Michael Förtsch

Mit Mars 2020 hat die NASA eine neue Mission in Richtung des roten Planeten gestartet. Der Rover Perseverance soll die Atmosphäre und die Geografie des Mars studieren, aber auch nach Spuren von Leben suchen. Explizit geht es darum, Gesteins- und Bodenproben zu sammeln und darin nach Signaturen von biologischen Rückständen zu fahnden. Wenn es mal auf dem Mars Leben gab, da ist sich die NASA ziemlich sicher, wird der Rover dessen Überreste finden. Allerdings sucht das Gefährt der US-Raumfahrtbehörde damit nur nach Leben, wie wir es von der Erde kennen. Darin sehen manche Forscher eine gewisse Engstirnigkeit, die dafür sorgen könnte, dass wir gerade nicht entdecken, wonach wir suchen.

Sie schlagen vor, dass die Spannbreite dessen, was als Leben betrachtet wird, überdacht werden sollte. Schließlich sei es gut möglich, dass sich Leben in den Weiten des Alls gänzlich anders entwickeln und ausgestalten könnte. Jeweils passend zur Umwelt, in der es existiert – und dass diese sehr vielfältig und fremd sein kann, das ist mit der Entdeckung von Exoplaneten schon vielfältig belegt. Statt nur nach „Life“ – im Sinne von Leben, wie wir es kennen – solle daher auch nach Lyfe – im Sinne von Leben, wie wir es noch nicht kennen –, gesucht werden.

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Laut einer Gruppe von Forschern um Stuart John Bartlett vom California Institute of Technology müsse etwas, um als Lyfe zu gelten, vier einfache Voraussetzungen erfüllen.

  • Es muss die Fähigkeit zur Dissipation haben, also Energie aufnehmen und umwandeln können.

  • Es muss die Fähigkeit besitzen, Autokatalyse zu betreiben, sprich: zu wachsen und sich zu „vermehren“.

  • Es muss Homöostase betreiben und sich dadurch an die Veränderung äußerer Umstände anpassen können.

  • Und es muss, wenn auch nur in äußerst primitiver Form, die Fähigkeit demonstrieren, zu lernen.

Wie die Wissenschaftler argumentieren, würde die Betrachtung von Leben mit diesem Klassifizierungssystem sowohl einfacher als auch vielfältiger. Es wird „eine neue Perspektive auf den Zustand des Lebens ermöglicht, ganz unabhängig von den einzelnen Komponenten, die es hervorbringt“. Lyfe wäre in diesem Sinne eine neue und weiter gefasste Überkategorie des Lebens. Eine, die das traditionelle Verständnis von biologischem Leben – im Sinne des Life, wie wir es kennen – einschließt, aber daneben auch gleichberechtigt weitere Formen zulässt.

Züge und Leben

Die Forscher ziehen bei ihren Basisvoraussetzungen eine Analogie zur Eisenbahn. Es wäre schwierig für einen Außenstehenden die erste Dampflokomotive und eine moderne Magnetschwebebahn als etwas zu sehen, das in eine gemeinsame Kategorie fällt. Denn ihre Konstruktionsprinzipien, ihre Einzelteile und Fähigkeiten sind dafür einfach viel zu verschieden. Aber dennoch erfüllen sie gleiche Basisvoraussetzungen: „Während sich die Materialien, aus denen Züge gebaut werden, im Laufe der Zeit verändert haben, sind ihr Zweck und ihre Funktionen konstant geblieben.“

Laut dem Guardian wird der Forschungsansatz auch von der NASA unterstützt, die bereits eine neue, aber vorläufige Definition für Leben entwickelt hat. Leben sei: „ein sich selbst erhaltendes chemisches System, das zur darwinistischen Evolution fähig ist.“ Dadurch wären auch hypothetische Organismen als Leben definiert, die nicht auf bekannten biologischen Prozessen, Aminosäuren und Kohlenstoffstrukturen basieren.

Ob wir auf dem Mars vielleicht nicht Spuren von Life, sondern Lyfe finden, ist bisher schwer zu sagen. Jedoch wäre es durchaus denkbar, dass sich anderswo in unserem Sonnensystem abstraktes Leben finden lässt. Beispielsweise hoffen Forscher auf zukünftige Missionen zu Europa, Titan und Enceladus, die unter ihren dicken Eispanzern möglicherweise Leben beherbergen könnten. In welcher Form und Lebensweise auch immer.

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Warum muss es denn chemisch sein?
Das würde zB im Kontext unserer geliebten Simulationsdebatte bedeuten, dass wir kein Leben in einer Simulation erschaffen könnten, die zB auf digital / Quanten oder auf sonstigen nicht chemischen Reaktionen folgenden Informationsverarbeitungsprozessen beruht.

Die simulations Hypothese können wir nicht beweisen. Aber damit, und wenn wir uns als Leben deklarieren, können wir auch nicht ausschließen dass in von uns geschaffenen Simulationen Lebensformen entstehen.

Würde Leben auch lieber als Formen von Intelligenz sehen, die zB eine Art Bewusstsein haben, eine Identität, Dienste wahrnehmen und interagieren können mit der Umwelt.

Was meinst du?

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Weil chemisch erst einmal sehr, sehr viel umfasst – zumindest genug für eine Jahrzehnte alte Behörde, um damit zu arbeiten. Und ich schätze, auf absehbare Zeit werden wir keine digitalen Lebensformen finden. Bis dahin kann sich die Definition ja durchaus ändern – und es ist ja auch erstmals nur eine vorläufige Definition.

Dass das später geweitet wird, wäre aber natürlich wünschenswert. Aber Wissenschaft arbeitet nun mal in Prozessen. Und hier wurde einer angestoßen. Und das ist gut.

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Finde ich auch. Ist allein schon erstaunlich und bemerkenswert dass eine solche Institution das Verständnis für Leben nun weiter fasst!

Denke dass dies und die jetzige Phase in der Menschheitsgeschichte im Informationszeitalter ein Ausgangspunkt sind sich sehr grundsätzlich über das Menschsein, Bewusstsein und die Frage was letztlich Leben ausmacht Gedanken zu machen. Fand in dem Kontext eben den hier lange diskutierten simulations Artikel sehr cool!

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Wir deklarieren uns doch als Leben, eben weil wir oder solange wir nicht von einer Simulation ausgehen. Wenn wir in einer Simulation leben, ist das m.E. kein Leben, insofern ist der Ausdruck „in einer Simulation leben“ irreführend, weil wir dann selbst simuliert sind.

Und digitale, quantenmechanische Informationsabläufe als Leben zu definieren, geht mir dann doch etwas zu weit. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass so mancher schon in seinen PC / Konsolenspielen „lebt“ :wink:

Aber ich gebe dir recht, dass der Begriff „Leben“ möglicherweise zu eng gezogen ist, darum geht’s ja auch zu recht in dem Artikel. Mit dieser Fragestellung haben sich schon die ersten Philosophen beschäftigt…eine endgültige Antwort wird es nie geben.

Was ist z.B., wenn nach dem physischen Tod unsere Erinnerungen auf einen Server hochgeladen werden? Leben wir dann, obwohl wir tot sind, oder waren, oder es doch nie richtig waren? Ist das die neue Definition für „Leben nach dem Tod“? Fragen über Fragen :wink:

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:joy:

Sehr schön.
Einigen wir uns also darauf, das Leben Leben ist, wenn es sich so anfühlt und es so aussieht.
Warum kompliziert, wenn’s auch einfach geht :wink:

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