Keine Staatshilfen: Der Bund will Lilium nicht retten

Die Solidaritätskampagne des Startup-Verbands hat nicht geholfen: Staatshilfen für Lilium bekamen keine Mehrheit im Bundestag. Und auch private Investoren wollten dem Flugtaxi-Unternehmen erst Geld nachschießen, wenn der Staat Unterstützung signalisiert.

Von Wolfgang Kerler

Am Ende scheiterte die Bürgschaft für Lilium offenbar an den Grünen, berichtet der Bayerische Rundfunk „aus Kreisen der Koalition“. Die SPD und Bundeskanzler Olaf Scholz hätten sich demnach klar hinter Staatshilfen für das oberbayerische Start-up gestellt. Bedenken in der FDP-Fraktion habe Parteichef Christian Lindner am Donnerstag ausgeräumt. Auch sie hätte für Lilium gestimmt.

SPD-Haushälter Dennis Rohde sagte laut Deutscher Presseagentur: „Deutschland kann es sich gerade nicht leisten, dass Industriearbeitsplätze der Zukunft verschwinden. Deshalb hätten wir als SPD dieser klimaneutralen Zukunftstechnologie gern staatlich unter die Arme gegriffen. Leider gab es für diese wirtschaftspolitische Überzeugung keine Mehrheit in der aktuellen Koalition.“

Das 2015 von Absolventen der Technischen Universität München gegründete Unternehmen peilt für Anfang 2025 den bemannten Erstflug seines siebensitzigen, elektrischen Lilium Jets an – später als ursprünglich geplant. Immer wieder wurde an der Technologie des Start-ups gezweifelt, das für seinen Senkrechtstarter nicht auf wenige große Rotoren, sondern auf Dutzende kleine Mantelpropeller setzt. Die versprochene Reichweite musste von 300 auf 175 Kilometer herunterkorrigiert werden. Kritik gab es auch, weil die elektrischen Regionalflüge zunächst hochpreisig sein dürften.

Doch Lilium konnte auch Erfolge vorweisen: rund 100 Festbestellungen und 600 Vorbestellungen mit einem Gesamtvolumen von etwa sieben Milliarden Euro, dazu etwa 1,5 Milliarden Euro von privaten Investoren aus dem In- und Ausland sowie um die 3.000 Arbeitsplätze, die vom Unternehmen abhängen.

Insolvenz oder Ausland?

Seit ein paar Monaten droht das Geld auszugehen, weshalb sich Lilium um einen 100-Millionen-Euro-Kredit der staatlichen KFW-Bank bemühte. Die nötigen Bürgschaften sollten in Höhe von je 50 Millionen Euro vom Freistaat Bayern und vom Bund kommen. Bayern hatte seine Unterstützung bereits zugesagt. Doch ohne die Zustimmung des Bundestags dürfte es den KFW-Kredit jetzt nicht geben.

Damit könnten auch Finanzspritzen privater Investoren wegfallen. Noch am Dienstag hatte Lilium-Mitgründer Daniel Wiegand zu 1E9 gesagt: „Das Darlehen der KFW mit der Bürgschaft von Bund und Bayern triggert Investments in der Größenordnung von 100 Millionen Euro durch private Investoren, die schon zugesagt wurden.“

Der deutsche Startup-Verband mobilisierte Anfang der Woche Unterstützung für Lilium. In einem öffentlichen Statement, das innerhalb von Minuten Hunderte von Unterschriften bekommen haben soll – und über das auch wir berichtet haben, nannte er Argumente für die Rettung des Unternehmens zu gewinnen. Einer der Punkte: „In Deutschland gibt es dutzende Deep-Tech Start-ups mit ähnlich ehrgeizigen Vorhaben und vergleichbarem Kapitalbedarf. Die Augen dieser Gründer und ihrer Investoren sind nach Berlin gerichtet – ein erfolgreiches Lilium hilft der ganzen Branche und ein gescheitertes Lilium wird dem Deep-Tech-Standort Deutschland nachhaltig schaden.“

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Am Ende reichte der öffentliche Appell, um die Lilium-Hilfen doch nochmal auf die Agenda des Haushaltsausschusses zu bringen – jedoch nicht für eine Mehrheit innerhalb der Ampel-Koalition. Heftige Kritik kommt dafür von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, CSU, auf LinkedIn: „Damit blockiert die Ampel dringend benötigte Innovation in Deutschland und gefährdet über 1.000 hoch spezialisierte Arbeitsplätze. Es ist geradezu fahrlässig, wie mit Zukunftschancen unseres Landes hantiert wird.“

Noch ist unklar, wie es mit Lilium weitergeht. Vor der Entscheidung aus Berlin hatte es geheißen, ohne Staatshilfen drohe entweder die Insolvenz – oder Lilium gehe ins Ausland. „Wenn wir ein Nein bekommen, werden wir das Unternehmen in der jetzigen Form nicht in Deutschland halten können“, hatte Daniel Wiegand der BILD-Zeitung gesagt.

Titelbild: Lilium

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