Das deutsche Flugauto-Start-up Volocopter bietet nun Flüge mit seiner Passagierdrohne an. Pro Flug werden 300 Euro fällig. Wo und wann der VoloCity-Multikopter überall abheben wird, ist aber noch unsicher.
Von Michael Förtsch
Ginge es nach den Zukunftsvisionen aus Blade Runner und Zurück in die Zukunft würden seit langem Autos über unseren Köpfen herumfliegen. Mit etwas Verspätung sollen nun aber tatsächlich die ersten sogenannten Flugautos abheben – mit echten Passagieren an Bord. Das hat zumindest das deutsche Start-up Volocopter aus Bruchsal angekündigt. Die Firma nimmt jetzt Reservierungen für die erste Runde an Premierenflügen entgegen, die „in den nächsten 12 Monaten“ mit dem von Volocopter entwickelten Modell VoloCity stattfinden sollen.
Die Tickets kosten 300 Euro und können für eine 30-Euro-Anzahlung reserviert werden – und sind in ihrer Gesamtmenge auf 1.000 Stück begrenzt. Die Flüge sollen jeweils 15 Minuten dauern – was einen Preis von 20 Euro pro Minute ergibt – und dürften, genaue Angaben macht Volocopter nicht, in den Städten stattfinden, in denen Volocopter breites Testflüge absolviert hat: Singapur, Helsinki und Bruchsal. Auf einem Werbebanner werden jedoch auch London und Paris beworben. Bei der Buchung kann man sich lediglich grob für die Region Europa oder Asien entscheiden.
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Jetzt Mitglied werden!Trotz der Ankündigung ist Volocopter noch ein ganzes Stück davon entfernt, einen Regelbetrieb mit seinen Passagierdrohnen aufzunehmen. Der tatsächliche kommerzielle Start soll erst in zwei bis drei Jahren anlaufen. „Der Traum vom elektrischen Fliegen in Innenstädten wird in nur wenigen Jahren Alltag sein“, heißt es von Volocopter dazu. Die öffentlichen Testflüge, die natürlich allesamt genehmigt werden müssen, sollen der Beweis dafür werden, dass das Konzept funktioniert.
Große Träume
Volocopter wurde bereits 2011 – zu diesem Zeitpunkt unter dem Namen E-Volo – von Stephan Wolf und Alexander Zosel gegründet. Die beiden waren überzeugt, dass ein Flugauto mit dem durch Drohnen bekannt gewordenen Multikopter-Konzept umsetzbar wäre. Schon 2011 hatten sie einen provisorischen Prototypen mit einem Einzelsitz in einer Metallkonstruktion konstruiert, der vom Boden abheben konnte. In mehreren Schritten entwickelten sie eine von Hubschraubern inspirierte Passagierdrohne, die in den Entwicklungsvarianten VC200, 2X und VoloCity von jeweils 18 Rotoren getragen wird. Die drei Modelle haben alle schon mehrere Testflüge absolviert – und sogar der ADAC testet einen Volocopter als alternative zum Rettungshubschrauber.
Starten und landen sollen die Volocopter in einigen Jahren hauptsächlich von sogenannten Voloports, die in Entwürfen noblen Bushaltestellen gleichen. Diese sollen sich sowohl am Boden als auch auf den Dächern von Gebäuden befinden. Theoretisch kann dort alle 30 Sekunden ein Volocopter landen und abheben. Außerdem sollen sie dort gewartet und nach jeder Landung mit einem neuen Akku bestückt werden. Für den Anfang soll das Modell VoloCity zum Einsatz kommen, das für Punkt-zu-Punkt-Flüge in belebten Metropolen ausgelegt ist und laut Volocopter der „erste kommerziell zugelassene Volocopter“ sein wird.
Weltweiten arbeiten zahlreiche weitere Start-ups und etablierte Unternehmen an ähnlichen Flugautoideen. Darunter Kitty Hawk, Opener, SkyDrive, Airbus, Moog, Ehang, Joby Aviation, Porsche, Boeing, Aston Martin, Lilium und Flügel Aeronautics. Der Hype um fliegende Autos sorgt allerdings auch für Kritik. Unter anderem ist fraglich, ob Multikopter zur Personenbeförderung ökologisch und energieeffizient arbeiten können, ob sie sich als neue Verkehrsoption in bestehende urbane Strukturen eingliedern lassen, wie sicher sie unterwegs sein werden – und ob es sie überhaupt braucht. Erst Anfang 2020 hatte beispielsweise das Start-up Lilium mit Vorwürfen zu kämpfen, nachdem ein Luftfahrexperte dem Unternehmen nachsagte, dass die Leistungsangaben für den in Entwicklung befindlichen Lilium Jet falsch wären und es falsche Versprechungen mache.
Teaser-Bild: Volocopter