Flugzeugtreibstoff aus Essensresten soll klimafreundlicher sein als Kerosin

Auch wenn der Flugverkehrt durch die Pandemie stark eingeschränkt ist, bleibt das Fliegen immer noch eine große Belastung für die Umwelt. Wissenschaftler:innen wollen nun Essensreste nutzen, um einen klimafreundlicheren Treibstoff herzustellen.

Von Adriano D’Adamo

In normalen Jahren verursachen allein die in Deutschland startenden Passagierflüge CO2-Emmissionen von mehr als 20 Millionen Tonnen. 2019 verbrauchte der deutsche Flugverkehr außerdem rund 12 Millionen Tonnen Kerosin, was eine erhebliche Belastung für die Umwelt bedeutete. Letztes Jahr sank dieser Wert auf rund fünf Millionen Tonnen Kerosin. Denn aufgrund der Corona-Pandemie fiel die Zahl der Flüge deutlich geringer als in den Vorjahren aus.

Nach der Krise dürfte der Flugverkehr wieder zunehmen – doch es gibt Wege, diesen relativ kurzfristig etwas weniger klimaschädlich zu gestalten. Amerikanische Wissenschatler:innen haben eine Möglichkeit gefunden, um aus Essensresten, Abwasser und Tierkot einen Treibstoff für Flugzeuge zu machen. In einer Studie, die nun in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America erschienen ist, zeigen sie auf, dass sie mit ihrem Kraftstoff die Treibhausgasemissionen um 165 Prozent verringern können.

Über 100 Prozent, wie ist das möglich? Die Reduktion setzt sich aus zwei Faktoren zusammen. Der erste sind die reduzierten CO2-Emissionen aus dem Flugverkehr selbst. Der zweite Faktor ist die wegfallende Entsorgung der Essensreste. Allerdings sind die Autor:innen in ihrer Studie nicht näher drauf eingegangen, wie viel der Reduktion sich jeweils auf die beiden Faktoren verteilt.

Bei der konventionellen Entsorgung obengenannter Speisereste entsteht vor allem Methan. Die Wissenstaftler:innen haben allerdings eine Möglichkeit gefunden, stattdessen nachhaltiges Paraffin zu gewinnen. Das kann in den Flugzeugtreibstoff gemischt werden – der dennoch die hohen Qualitätsstandards einhält. Außerdem soll der neue Treibstoff bei der Verbrennung ein Drittel weniger Ruß erzeugen, was dazu führt, dass sich die Triebwerke der Flugzeuge nicht mehr so schnell erhitzen.

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Um Biodiesel zu gewinnen, wird schon länger ein ähnliches Verfahren genutzt. Dafür werden Pflanzenöl und Methanol unter Zugabe eines Katalysators in einem Rührkessel mit einem Wärmetauscher für mehrere Stunden bei einer Temperatur von 50 bis 60° C gerührt. Bisher ist es wirtschaftlicher, Biodiesel für Autos oder LKW anstatt Flugzeugtreibstoff herzustellen. Das liegt daran, dass die Produktion von Biotreibstoff für Flugzeuge mehr Schritte und Zeit benötigt.

Das in der Studie beschriebene Verfahren soll den Bio-Flugzeugkraftstoff nun wettbewerbsfähig machen. Das könnte sich für Autor:innen der Studie auszahlen, weil die britische Regierung einen Wettbewerb für Unternehmen ausgerufen hat, um einen Flugzeugtreibstoff aus Haushaltsabfällen zu entwickeln. Das Preisgeld beträgt 15 Millionen Pfund.

Die Verarbeitung von Lebensmittelresten, Abwasser und Tierkot soll laut der Studie bereits bis 2023 marktreif sein und bei der amerikanischen Fluggesellschaft Southwest Airlines zum Einsatz kommen, was – verglichen mit anderen Technologien für klimafreundlicheres Fliegen – relativ früh ist. Andere Ansätze sehen vor, dass Flugzeuge mit Wasserstoff betrieben werden oder gänzlich auf Elektromotoren und Batterien umsteigen. Jedoch werden sie wohl frühestens 2025 in nennenswerter Stückzahl realisiert.

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Teaserbild: Getty Images

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