Die Sci-Fi-Stadt The Linie wird eingedampft


Die Bandstadt The Line ist eines der ehrgeizigsten und teuersten Megabauprojekte Saudi-Arabiens. Doch nun wurden die Pläne zusammengestrichen und Bauarbeiter entlassen. Wohl auch, weil das Projekt zu teuer ist.

Von Michael Förtsch

Vor drei Jahren kündigte Saudi-Arabien mit The Line eine Stadt wie aus einem Science-Fiction-Film an. Sie soll im Rahmen des Siedlungs-, Wirtschafts- und Modernisierungsprojektes NEOM entstehen und aus einem zweigeteilten Wolkenkratzer bestehen, der sich als durchgehende Linie vom Golf von Akaba 170 Kilometer durch das Wüstenland zieht. The Line soll eine Breite von 200 Metern und eine Höhe von 500 Metern haben und irgendwann bis zu neun Millionen Menschen beherbergen. Bereits 2030, so hatte es das Königreich angekündigt, könnten 1,5 Millionen Menschen in der dann noch im Bau befindlichen Stadt ein Zuhause finden. Diese Aussage wurde nun relativiert.

Wie Bloomberg berichtet, hat das The-Linie-Projekt offenbar mehrere Probleme. Trotz viel Skepsis von Architekten, Umweltschützern und Ökonomen wurde zwar bereits vor zwei Jahren mit der Umsetzung des Megabaus begonnen, doch nun wurden die Arbeiten drastisch verlangsamt. Mindestens eines der beteiligten Bauunternehmen hat daher bereits zahlreiche Arbeiter von der mehrere Kilometer langen Baustelle abgezogen oder sie gleich entlassen. Das sollen auch Dokumente belegen, die das Nachrichtenportal einsehen konnte.

Die Ambitionen der Verantwortlichen des NEOM-Projekts sollen zurückgefahren worden sein. Laut aktuellen Berichten gehen sie davon aus, dass bis 2030 wohl nicht einmal 1,5 Prozent der anvisierten Länge von The Line erreicht werden. Lediglich 2,4 Kilometer des Wolkenkratzers könnten bis dahin fertiggestellt werden und damit Wohnraum für 300.000 statt 1,5 Millionen Menschen bieten. Das wäre immer noch beeindruckend, aber weit entfernt von den früheren Ankündigungen.

Fehlende Milliarden?

Laut Bloomberg sei einer der Gründe für die Beschneidung der Baupläne wohl finanzieller Natur. Der milliardenschwere Staatsfonds von Saudi-Arabien hat das Budget für das NEOM-Projekt von 2024 noch nicht abgesegnet, das neben The Linie auch das Bergresort Trojena, die Industrie- und Gewerbestadt Oxagon, die Urlaubsinsel Sindalah und mehrere Siedlungen rund um den Golf von Akaba umfasst. Der Fonds verwaltet zwar verschiedene Firmenanteile und Investitionen in Höhe von bis zu 925 Milliarden US-Dollar. Die Bargeldreserven sollen Ende 2023 jedoch nur 15 Milliarden US-Dollar betragen haben.

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Einige der Verantwortlichen rund um den Kronprinzen, Premierminister und De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman sollen daher besorgt über die auf Hunderte Milliarden kalkulierten Ausgaben im Rahmen von NEOM und anderen Bauprojekten sein. Allein die Baukosten von The Line werden auf 100 bis 200 Milliarden US-Dollar geschätzt. Einzelne Experten gehen davon aus, dass die endgültigen Kosten das Doppelte bis Dreifache betragen könnten.

Gleiches gilt auch für Investitionen des Vision-2030-Entwicklungsplans, der die bislang auf Öl fixierte Wirtschaft des Königreichs bis Ende des Jahrzehnts grundlegend modernisieren und diversifizieren soll. Teile des Plans sind unter anderem riesige Solarfarmen, Wasserstofffabriken und Gewächshäuser. So wurde bereits vermeldet, dass mehrere Einzelprojekte nicht bis 2030 vollendet werden können. Es brauche mehr Zeit, um beispielsweise Fabriken zu bauen und Experten sowie geschulte Arbeiter zu finden, hatte das Finanzministerium von Saudi-Arabien bereits im vergangenen Jahr eingeräumt.

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