DEMOKRATISCHE UNTERNEHMEN am Beispiel MONDRAGÓN

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Die industrielle Revolution brachte zwei gesellschaftliche Entwicklungen hervor, die individualistische, liberale Marktwirtschaft mit einer zunehmenden Demokratisierung und die kollektivistische, sozialistische Planwirtschaft mit einer repressiven Unterdrückung der Menschen.

Die sozialistische Planwirtschaft ist vor 30 Jahren gescheitert und die Marktwirtschaft konnte sich weltweit weitgehend frei entfalten. Doch das „Ende der Geschichte“ , den bestmöglichen Zustand haben wir offensichtlich noch nicht erreicht. Vieles ist besser geworden, der weltweite Wohlstand hat enorm zugenommen, doch die Probleme sind insgesamt nicht weniger, sondern größer geworden.

Offensichtlich zerstören wir mit unserer Art zu wirtschaften unsere eigenen Lebensgrundlagen. Wir befinden uns im Kriegszustand mit der Natur“ . Und diesen Krieg werden wir nicht gewinnen!

Die Demokratie mit ihren real existierenden Strukturen wird von vielen Menschen nicht mehr akzeptiert, weil die Schwächen so offensichtlich sind und der Zusammenhalt der Gesellschaften schwindet.

Die Zweifel an der „freien“ Marktwirtschaft sind weit verbreitet, weil offensichtlich der trickle-down Effekt“ nicht so richtig funktioniert und die großen Vermögen an der Spitze der Gesellschaft sich exponentiell akkumulieren, während unten zunehmend nur noch die Brosamen ankommen.

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Das Argument, es wurden doch in den letzten Jahrzehnten so viele Menschen aus bitterster Armut geholt, ist richtig. Doch die meisten dieser Menschen leben in China, während sehr viele Menschen in den alten Industrieländern einen unaufhaltsam erscheinenden Niedergang erlebt haben.

Welcher Weg soll aus all diesen Problemen, die ich hier gar nicht aufzählen will, weil jeder sie zur Genüge kennt, in eine bessere Zukunft führen? Gibt es überhaupt Lösungsansätze für all diese Probleme?

Haben die Libertären recht, die fest davon überzeugt sind, sie sind auf dem richtigen Weg, doch bis jetzt waren sie noch nicht konsequent genug? Nur eine weitere, konsequente Deregulierung und Privatisierung mit einer weiteren Reduzierung von staatlichen Einflüssen kann die Probleme lösen?

Oder haben die Neosozialisten recht, die uns weismachen wollen, sie hätten aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und sie wollen jetzt einen neuen Sozialismus des 21. Jahrhunderts schaffen, der die Probleme lösen wird. Unter diesem Label wurde bereits die sozialistische Entwicklung in Venezuela verkauft. Doch was ist davon geblieben? Ein reiches Land, mit den größten Erdölvorräten der Welt wurde gründlich ruiniert und viele Menschen leben dort in bitterster Armut mit einer völlig desolaten Infrastruktur.

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Oder ist der chinesische Weg der richtige? Die wirtschaftlichen Erfolge sind unzweifelhaft, doch sie wurden mit einem ungeheuren Raubbau an den Ressourcen der Natur erkauft. Die beispiellose Entwicklung in China hat gezeigt, dass Kapitalismus und Demokratie einander nicht bedingen, denn die kommunistische Partei hat ihren Alleinherrschaftsanspruch niemals aufgegeben und alle Hoffnungen auf eine zunehmende Demokratisierung Chinas waren völlig unrealistisch. Selbst die größte wirtschaftliche Macht einzelner Individuen hilft nichts, sie sind in letzter Konsequenz dem Allmachtsanspruch der Partei hilflos ausgeliefert.

Die Situation erscheint so wie die von Odysseus, der die Wahl zwischen den beiden Seeungeheuern Skylla und Charybdis hatte – die Wahl zwischen Pest oder Cholera.

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Bringt man die Diskussion auf kooperative, genossenschaftliche Wirtschaftsformen auf einen „dritten Weg“* zwischen den beiden Ungeheuern, dann wird man in der Regel sofort der „Traumtänzerei“ bezichtigt. (* mit dem Begriff „dritter Weg“ sind hier nicht dubiose, teilweise nationalistische Konzepte gemeint.)

Es ist richtig, dass in dieser Richtung viele Versuche unternommen wurden und viele dieser Versuche sind gescheitert. Allgemeiner Tenor ist: Das wäre schön, doch es ist völlig unrealistisch, weil die Schwächen der menschlichen Natur solche Formen der Zusammenarbeit einfach nicht zulassen.

Allenfalls sei dies in kleinem Rahmen möglich, doch sobald man versuche solche Konzepte im größeren Stil zu realisieren müssten sie unweigerlich scheitern. So wie bereits Robert Owen , dessen Kooperative in New Lanark , Schottland in überschaubaren Dimensionen noch wunderbar funktionierte. Doch als er dann versuchte eine Kooperative in einem großen Umfang in den USA aufzubauen scheiterte er total.

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Ende des 19. Jahrhunderts stellte der Soziologe Franz Oppenheimer das sogenannte „Transformationsgesetz“ auf, wonach Produktionsgenossenschaften sich quasi automatisch in kapitalistische Unternehmen umwandeln oder sie scheitern.

Konsumgenossenschaften haben danach bessere Überlebenschancen. Oppenheimer war selbst wesentlich am Aufbau von Genossenschaften beteiligt, insbesondere im Rahmen der Kibbuzbewegung in Israel .

Das Transformationsgesetz ist ein sehr strenges Gesetz, sodass es manchmal auch als ein „ehernes Gesetz“ bezeichnet wird. Es ist jedoch kein unabänderliches Naturgesetz, dass jeden Gedanken an kooperative Wirtschaftsformen in Produktionsbereichen obsolet machen würde.

In den nichtproduktiven Bereichen waren und sind Genossenschaften oft sehr erfolgreich, wie z.B. die von Raiffeisen und Schulze-Delitzsch begründeten Raiffeisen - und Spar- und Darlehnsbanken.

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Von den Gewerkschaften wurden viele Kooperativen (z.B. Coop, Neue Heimat, Bank für Gemeinwirtschaft ) geschaffen, die über viele Jahre erfolgreich waren, doch (fast ?) alle sind an den zunehmend oligarchischen Strukturen gescheitert. Diese fatale Entwicklung hat die vorherrschenden negativen Vorstellungen über Kooperativen bis heute nachhaltig geprägt.

https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/geschichte-im-ersten/videos/korruption-und-wohnungsbau-video-100.html

Aktuelle Entwicklungen

Weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat sich in den letzten Jahrzehnten eine im Jahre 1956 in Spanien gegründete Kooperative zu einer Größe und Bedeutung entwickelt, die früher für unmöglich gehalten wurde. Es ist die Mondragón Corporación Cooperativa (MCC) mit ihrem Hauptsitz in der kleinen Stadt Mondragon (Sarrasate) im Baskenland.

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Mondragón wurde von dem Priester José Maria Arizmendiarietta SJ gegründet und basiert auf der katholischen Soziallehre.

Zusammen mit 5 Absolventen, der von ihm bereits 1943 gegründeten Berufs-/Ingenieurschule gründete er die erste Firma Ulgor , die später in Fagor umbenannt wurde. Es war von Anfang an eine geradezu unglaublich rasante Erfolgsgeschichte und selbst die Krise der 70er Jahre konnte das Wachstum nicht bremsen.

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Doch Mondragon ist weitgehend unbekannt und es stellt sich die Frage – warum?

Das liegt wohl nicht ganz unwesentlich an den Mondragon Leuten selbst und ihren Erfahrungen. Sie mussten sich von Anfang an in einem kapitalistischen Umfeld behaupten. Sie wurden argwöhnisch beobachtet und man machte Ihnen Schwierigkeiten. Viele besondere Errungenschaften der Kooperative sind aus der feindseligen Haltung und den Steinen, die man ihnen in den Weg legte, entstanden.

1958 wurde die Sozialversicherung Lagun Aro gegründet, weil den Genossen die Mitgliedschaft in der staatlichen Sozialversicherung verweigert wurde.
1959 entstand die Genossenschaftsbank Caja Laboral Popular , heute Laboral Kutxa, weil die Banken ihnen kein Geld liehen.

Die Partnerschaften von Mondragon Unternehmen mit Weltkonzernen, z.B. als Zulieferer für Automobilfirmen wären vielleicht weniger gut, wenn die Mondragongruppe offensiv Werbung für ihr Wirtschaftsmodell machen würde.

Die Mondragon Leute betonen stets, dass ihr Firmenverbund nur unter sehr speziellen zeitlichen und örtlichen Bedingungen entstehen konnte, die nicht wiederholbar oder kopierbar seien.

Dies ist m.E. nur zum Teil richtig, denn meine Analyse zeigt, dass die Dinge etwas anders sind. Die örtlichen und zeitlichen Bedingungen waren wichtig, doch für den fulminanten Erfolg der Anfangsjahre aus dem sich alles andere ergab, waren andere Faktoren wichtiger, die es im Detail zu entschlüsseln gilt. Nur so ist es möglich über eine Verbreitung des „Modells Mondragon“ nachzudenken.

Der Begriff „Modell Mondragon“ ist nicht beliebt, man spricht lieber vom "Experiment Mondragon" .

Das bereits erwähnte „Transformationsgesetz“ von Oppenheimer hat seine Gültigkeit, doch Mondragon war von Anfang an eine Produktionsgenossenschaft. Die Konsumbereiche kamen erst später hinzu und auch heute noch dominieren die produktiven Unternehmen. Viele der Firmen sind in High-Tech Bereichen tätig und sind als Partner von Weltkonzernen akzeptiert. Mondragon ist heute global aktiv und viele der Firmen spielen in der ersten Liga.

Mondragon hat offensichtlich den Schlüssel gefunden das „Transformationsgesetz“ auszuhebeln oder zu überlisten.

Doch zunächst einige Fakten und Zahlen, um einen Eindruck zu vermitteln, was Mondragon überhaupt ist. (Quelle: Artikel von Pit Wuhrer auf Oxiblog)

2020 umfasst die MCC mehr als 260 Firmen und andere Organisationen, 98 davon sind Genossenschaften. Neben den Produktionsgenossenschaften zählen dazu:

● eine prosperierende Bank Laboral Kutxa,
● die Supermarktkette Eroski,
● landwirtschaftliche Genossenschaften,
● Unternehmensdienstleister,
● Einrichtungen der angewandten Forschung und
● Ausbildungsinstitutionen, darunter eine Universität.

Die MCC finanziert eine eigene Sozialversicherung Lagun Aro.
Das MCC-eigene Spital hat inzwischen die öffentliche Hand übernommen.

Diese Einrichtungen sind in einem komplexen und bislang effektiven System wechselseitiger Unterstützung miteinander integriert.

Geschäftsvolumen und institutionelle Vielfalt entwickelten sich in den mehr als sechzig Jahren seit Gründung der MCC ausgesprochen dynamisch. Die Mondragón-Gruppe etablierte in dieser Zeit eine große Zahl an Genossenschaften, mit sehr wenigen Misserfolgen, und schuf eine überproportionale Zahl an Arbeitsplätzen, mit vielen positiven Auswirkungen auf die regionale Ökonomie. Auch die Krisenjahre seit 2008 hat die MCC gut überstanden – mit einer Ausnahme: dem Konkurs der ersten ihrer Genossenschaften, Fagor, im Jahr 2013.

Der Kern der MCC sind die Genossenschaften. Die Mitglieder einer Genossenschaft, die zur MCC gehört, sind zugleich Eigentümer_innen der Firma. Sie verfügen über gleiches Stimmrecht in der Generalversammlung, die ein Mal pro Jahr zusammentritt um wesentliche Entscheidungen zu treffen und die Zusammensetzung des Managements zu beschließen.

Die maximale Einkommensdifferenz der Angehörigen der MCC beträgt 1 zu 9. (Zum Vergleich: die geringsten und höchsten Einkommen in den Unternehmen der FTSE 100 Liste mit den größten und umsatzstärksten Unternehmen der Londoner Börse unterscheiden sich im Verhältnis von 1 zu 129.)

Im industriellen Kernbereich der MCC liegt der Anteil der Mitglieder bei 80%. In Firmen außerhalb des Baskenlands und in anderen Unternehmenssparten sind allerdings sehr viele Beschäftigte keine Mitglieder. Deshalb beträgt heute der Anteil der Mitglieder nur mehr 40% aller Beschäftigten in der MCC. Daneben gibt es auch einen relativ hohen Anteil an befristeter Beschäftigung ohne Mitgliedschaft.

Die Zahl der Genossenschaften vermehrte sich nicht allein durch die Aufnahme von Firmen oder durch unabhängige Neugründungen der Genossenschaftsbank, sondern auch durch die Politik der Dezentralisierung, die die Mondragón-Gruppe praktizierte. Um den bürokratischen Aufwand möglichst gering zu halten, wurden neue Produktlinien, die eigenständig betrieben werden konnten, von ihrer Muttergenossenschaft nach Möglichkeit als eigene Genossenschaften ausgegründet.

Die Tochtergenossenschaften sind frei, Geschäftsbeziehungen mit Firmen außerhalb der MCC einzugehen. Zugleich werden Komplementaritäten beim Bezug von Produktionsmitteln oder beim Verkauf der Produkte innerhalb der Gruppe wirksam. So wurden etwa in den Anfangsjahren Genossenschaften gegründet, um den Bedarf an Bauteilen für Fagor zu decken. Das sicherte ihren Markt, während sie parallel dazu den Spielraum hatten, durch neue Kund_innen zu wachsen.

Die Spin-Offs oder Komplementärgenossenschaften wurden durch die Institution der Geschäftsbereiche gestärkt. Die einzelnen Mitgliedsgenossenschaften einer solchen Gruppe poolen ihre Profite und Verluste (in unterschiedlichem Ausmaß) und unterstützen sich damit wechselseitig. Sie teilen in manchen Gruppen auch gewisse Dienstleistungen und poolen Arbeitskräfte zum Ausgleich von Arbeitsspitzen. Die MCC hat eine komplexe Entscheidungsstruktur, die top-down und bottom-up Elemente kombiniert.

Auf der Nano-Ebene der einzelnen Genossenschaft entscheidet die jährliche Generalversammlung über alle strategischen Fragen. Die Generalversammlung wählt einen Steuerungsrat, der eine Geschäftsführung ernennt. Die Geschäftsführung bildet zusammen mit weiteren Manager_innen den Managementrat. Dieses Organ ist für die tägliche Unternehmensführung zuständig. Die Genossenschaftsmitglieder wählen zudem einen Sozialausschuss und darüber hinaus einen Ausschuss zur Rechnungsprüfung.

Die Struktur eines Geschäftsbereichs auf der Meso-Ebene ist ähnlich dem der einzelnen Genossenschaften. Auch auf der Ebene des Geschäftsbereichs bleiben aber die Einzelgenossenschaften die ausschlaggebenden Entscheidungsorgane. Die Organe der Geschäftsbereiche haben keine eigene Entscheidungsgewalt.

Die zentrale demokratische Institution der MCC ist der Kongress. Dieser besteht aus 650 Delegierten aus den einzelnen Genossenschaften. Er trifft sich jährlich und legt die generellen Leitlinien für die Genossenschaften der MCC fest. Die Steuerungsräte der Geschäftsbereiche wählen einen ständigen Ausschuss. Dieser ernennt einen Generalrat, dessen Aufgabe darin besteht, die Beschlüsse des Kongresses und des ständigen Ausschusses umzusetzen.

Zwar gibt der Kongress strategische Leitlinien vor, die einzelnen Genossenschaften entscheiden in diesem Rahmen aber unabhängig. Der Generalrat hat keine Weisungsbefugnis gegenüber den Genossenschaften. Die Beziehungen zwischen Generalrat, Geschäftsbereichen und Genossenschaften beruhen auf Aushandlung, Überzeugung und wechselseitiger Unterstützung, nicht auf Kommandohierarchien.

Herausforderung Globalisierung

Die Öffnung des spanischen Binnenmarktes zuerst der EG, dann dem Weltmarkt gegenüber, setzte die MCC unter Druck. Das Management entschied sich, diesem Druck mit einer Strategie der Internationalisierung zu begegnen. Dabei werden in Billiglohnländern Joint Ventures eingegangen oder Firmen im Ausland aufgekauft. Diese ausländischen Partner oder Firmen der MCC sind keine Genossenschaften ‒ bislang jedenfalls.

Das Management der MCC begründet dieses Problem mit dem Argument, dass es nicht genügend Genossenschaften in den Branchen und Regionen gebe, in denen die MCC aktiv ist. Auch bestehe in diesen Regionen oft keine Genossenschaftskultur, die es ermöglichen würde, die betreffenden Firmen rasch in Form von Genossenschaften neu zu organisieren. Mitunter seien die Arbeitenden auch gar nicht daran interessiert, ihre Betriebe in Genossenschaften umzuwandeln, so heißt es.

Die Strategie der Internationalisierung führte die MCC in ein moralisches Dilemma. Ausländische Billigproduktion und der Absatz von entsprechend kostengünstigen Waren auf ausländischen Märkten sind für die MCC zu einer wesentlichen Strategie geworden, Arbeitsplätze im Baskenland zu erhalten. Das hat ihr den Vorwurf eingebracht, nur auf regionale Vorteile zu zielen. Im Unterschied zu anderen Genossenschaften, die sich internationalisiert haben, sind dem Management der MCC die damit verbundenen Widersprüche bewusst.

Die MCC bewahrt bislang den Anspruch einer Solidarischen Ökonomie. Sie scheint sich zudem ihrer ursprünglichen Werte neuerdings wieder stärker zu besinnen. So bleibt die Möglichkeit bestehen, auf die Globalisierung mit solidarischen Strategien zu antworten. Der Geist der Genossenschaftsbewegung ist noch soweit lebendig, dass das Management der MCC die eigenen Widersprüche bemerkt und sich daran auch reibt.

Die zehn Prinzipien der MCC

Die von Arizmendiarrieta aufgestellten zehn Prinzipien beschreiben die Struktur von MCC und kommen in allen Genossenschaften zur Anwendung:

Freier Zugang : Jeder und jede darf den Genossenschaften beitreten, Basken und NichtBasken, Religiöse und Atheisten, Mitglieder aller politischen Parteien oder Parteilose.

Demokratische Organisation : Im Zentrum steht das Prinzip »ein Arbeiter, eine Stimme«, im weiteren Sinne geht es um partizipatorische Demokratie am Arbeitsplatz und in der Zusammenarbeit mit dem Management. Souveränität der Arbeit beschreibt das grundlegende Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit und bestimmt, dass die Arbeit über das Kapital herrschen soll, zumindest innerhalb der Genossenschaften, wenn nicht insgesamt in der lokalen Gemeinde.

Kapital als Mittel ergibt sich aus dem Vorangegangenen: Kapital wird als Instrument definiert, das von der Arbeiterschaft benutzt, eingesetzt und kontrolliert werden soll statt umgekehrt.

Selbstverwaltung betont, dass die Arbeiter-Eigentümer nicht nur über ihren Arbeitsbereich und ihre Arbeitsorganisation entscheiden können sollen, sondern auch die in den Verwaltungsrat Gewählten oder ins Management Aufgenommenen so weitergebildet werden sollen, dass sie die Genossenschaften strategisch lenken können.

Einkommenssolidarität : Die Arbeiter-Eigentümer legen den Abstand zwischen den niedrigsten Einkommen und der Bezahlung der Manager sowie der diversen Qualifikations- und Altersstufen dazwischen fest. Ursprünglich war das Verhältnis 3 zu 1, wurde später aber angepasst, weil es zu schwierig wurde, gute Manager zu halten. Heute liegt das Verhältnis im Durchschnitt bei 4,5 zu 1 im Gegensatz zum Durchschnitt von 350 zu 1 bei US-Unternehmen. Der größte Abstand liegt bei 9 zu 1, und dies lediglich bei Caja Laboral, der arbeitereigenen Bank bei MCC.

Zusammenarbeit zwischen den Genossenschaften soll ermöglichen, gemeinsame branchenspezifische Strategien zu entwickeln. Auch können Mitglieder zwischen den Genossenschaften wechseln, wenn ein Unternehmen zwischenzeitlich zu wenige Aufträge hat.

Soziale Transformation : Die Genossenschaften sollen sich nicht nur mit sich selbst beschäftigen, isoliert von der umliegenden Gemeinde. Sie sollen die Genossenschaftswerte dazu einbringen, die Gesellschaft insgesamt verändern zu helfen.

Allgemeine Solidarität : Die Genossenschaften sollen nicht nur untereinander, sondern auch mit der gesamten Arbeiterbewegung – in Spanien und auf der ganzen Welt – Solidarität üben. MCC unterhält mehrere Projekte, die in abgelegenen Gebieten der Dritten Welt Unterstützungsarbeit leisten.

Kritik an Mondragón

● Kritik kommt von Gewerkschaften und Vertretern von linken Parteien, weil es in den Mondragon Unternehmen keine Gewerkschaften gibt.

● Es wird auch die „Verwässerung“ der ursprünglichen Ideale, welche durch die Internationalisierung und Globalisierung entstanden ist, kritisiert.

● Die mit der Zeit entstandene Drei-Klassen-Gesellschaft von Genossen, Angestellten und Zeitarbeitskräften wird kritisiert.

Internetseiten einiger Firmen und Institutionen im Mondragón Verbund

Industrie

https://www.aurrenak.com/de/

http://www.bexencardio.com/

https://www.copreci.com/en/

https://www.danobatgroup.com/de

http://www.dikar.es/en/

https://abantail.com/

http://www.erreka.com/es/

http://www.fagorarrasate.com/de/index.aspx

http://www.fagorederlan.com/es/quienes-somos

https://www.orona-group.com/de

https://www.fagorelectronica.com/en/

https://www.lana.eu/en/

https://www.lks.es/es/

https://www.maier.es/

http://www.matrici.com/

https://www.cikautxo.es/

http://www.ederfilbecker.com/en/

Finanzen

https://www.laboralkutxa.om/es/particulares

Ausbildung / F&E



http://www.leartiker.com/index.php?Idioma=EN&Skz=1
https://www.mondragon.edu/es/inicio

Einzelhandel

Mondragón weltweit

81.837 people - 98 cooperatives - 44 countries

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Links zum Thema

https://www.mondragon-corporation.com/en/

https://www.mondragon-corporation.com/en/history/

https://oxiblog.de/kooperative-mondragon-solidarisch-gross-und-ziemlich-krisenfest/

https://www.zeitschrift-luxemburg.de/mondragn-und-der-sozialismus-des-21-jahrhunderts/)

Reflections of Don José María Arizmendiarrietta

Wirtschaft zum Glück: Solidarisch arbeiten heute, weltweit von Bettina Dyttrich und Pit Wuhrer

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Vielen Dank @ley.hans für diesen detaillierten Einblick! Ich kannte Mondragón tatsächlich auch nicht, obwohl es eine so lange Erfolgsgeschichte ist. Persönlich halte ich Genossenschaften auch für ein absolutes Zukunftsmodell, weil es sowohl zur stärkeren Gemeinwohlorientierung von Unternehmen beitragen kann, aber auch eine Alternative zu den Auswüchsen der Gig Economy bieten kann, in der alle zu – je nach Land – recht rechtelosen Selbständigen werden, die den Großteil des unternehmerischen Risikos für gut finanzierte Tech-Unternehmen schultern.

@sebastianhofer schlägt in seiner aktuellen Kolumne daher auch Mobilitätsgenossenschaften vor und stellt ein Beispiel aus der Schweiz vor:

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Vielen Dank @Wolfgang Freut mich, dass du Kooperativen auch als ein wichtiges Wirtschaftsmodell der Zukunft ansiehst.

Neben der https://purpose-economy.org/de/ die jetzt so langsam in Fahrt kommt, gibt es schon länger die auf den Unternehmer Alfred Rexroth zurückgehende
https://www.neuguss.com/de/unternehmen.html
https://stiftung-verantwortungseigentum.de/

Über andere Modelle demokratischer Unternehmen, wie
https://de.wikipedia.org/wiki/Cecosesola in Venezuela und
https://de.wikipedia.org/wiki/Gaviotas in Kolumbien will ich auch schreiben und würde das auch gerne hier in 1E9 posten.

Der Text über Mondragon stammt aus einem Vortrag, den ich vor kurzem im Ortsverband Nürnberg der FDP gehalten habe. Das Erstaunen war groß bei den Zuhörern, aber das war es bis jetzt auch. Mit Christian Lindner bin ich in einem lockeren E-Mail Kontakt und habe ihm u.a. auch den Text vor kurzem geschickt. Bin gespannt, ob und wie er reagiert.

Den Artikel von @sebastianhofer habe ich gelesen - gefällt mir, sehr gut !

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Purpose und Stiftung Verantwortungseigentum kannte ich – wird noch weitere Kreise ziehen, denke ich. Die Beispiele aus Venezuela und Kolumbien sind mir aber neu, wäre cool, wenn du uns dazu auch noch Details lieferst.

Das Kooperativen-Modell könnte auch eine Chance werden in den Megastädten der Südhalbkugel, wo sehr viele Menschen im informellen Sektor arbeiten. Durfte im Dezember beim Workshop einer Stiftung mitmachen, bei dem diverse Ideen für die Verbesserung der urbanen Mobilität angedacht wurden. Eine davon war auch die Entwicklung eines übertragbaren Kooperativen-Modells für die Anbieter von Mikromobilität, gerade in armen Vierteln oder Slums – TukTuks, Rikschas, Kleinbusse etc. Die Anbieter könnten dadurch soziale und rechtliche Absicherung kriegen, die Bewohner einen verlässlicheren Service… Das war die Idee grob skizziert…

Was mich natürlich auch interessieren würde: Hat dich die FDP als Klassenfeind davongejagt oder waren sie aufgeschlossen :wink: ?

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Hallo Hans, vielen Dank für die Links. Ich möchte noch einen anfügen:
www.konkret-magazin.de
Dort habe ich vor geraumer Zeit was Spannendes über Mondragón gelesen.Weiß jetzt nicht mehr wo und wann genau und finde es gerade nicht, aber dort gibt es in jedem Fall gute Autoren für (radikal) basisdemokratische Ideen. Kann ich nur empfehlen. Jedenfalls garantiert FDP-freies Pflaster :smiley: :mushroom:

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Hallo Tim, vielen Dank für den Hinweis. Ich kenne den Artikel, finde den Link aber auch nicht mehr. Ich habe versucht bei den Links eine Balance zwischen den verschiedenen Lagern zu halten. Man versucht oft Mondragón in eine „linke Ecke zu stellen“, damit man weiter das TINA Paradigma, wie eine „Monstranz“ vor sich her tragen kann. Doch das Paradigma bröckelt!

Den Beitrag habe ich jetzt auch auf https://www.facebook.com/groups/gamebcore/?multi_permalinks=2902398216656886&notif_id=1612097421429725&notif_t=feedback_reaction_generic&ref=notif verlinkt.

GameB https://www.facebook.com/groups/gamebcore ist eine interessante Gruppe mit einem großen Potential, in der aber auch bis jetzt, wie bei vielen anderen, immer noch „das Reden und Schreiben“ dominiert.

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Interview zum Thema aus: CONTRASTE – Monatszeitung für Selbstorganisation - Ausgabe 351, Dezember 2013 www.contraste.org

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Vielen Dank für die Vorstellung des Modells.
Als libertärer kann ich eine große Vielfalt an Organisationsformen von Unternehmen nur Begrüßen. Allerdings mag es auch seine Gründe geben, warum die meisten Unternehmen auf ein hierarchisches System setzen. Es ist im libertären Sinne, Unternehmen die größtmögliche Freiheit zu gewähren, was auch die Organisationform umfasst. Am Ende sollte jeder Unternehmer selbst entscheiden, welche Unternehmensform umgesetzt wird.

Für mich ist das Konzept der freien Privatstädte in diesem Zusammenhang interessant, weil dort verschiedene Systeme im Wettbewerb zueinander stehen. Dadurch wird Vielfalt befördert und auch das Modell der demokratischen Unternehmen kann sich gerne noch mehr unter beweis stellen. :slight_smile:

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@anon97923250, für mich als ein die Freiheit liebender Mensch ist "eine große Vielfalt an Organisationsformen von Unternehmen" fundamental wichtig. Ich bin auch absolut dagegen, dass das „Modell Mondragon“ zum Standard werden würde.

Leider ist der heute existierende sogenannte „freie Markt“ der die Probleme in bestmöglicher Weise regeln wird, wenn man ihn nur gewähren läßt, nicht wirklich frei. Mit dem sogenannten „freien Spiel der Kräfte“ sind große Verluste und Friktionen verbunden, weil dieses Spiel eben nicht frei sondern im wesentlichen oligopolistisch und zu großen Teilen oligarchisch strukuriert ist.

Das Beispiel Mondragon zeigt, dass beides nicht zwingend für einen wirtschaftlichen Erfolg notwendig ist.

Wenn du daran interessiert bist mehr über diese „Verluste und Friktionen“ zu erfahren, schreibe ich dir das gerne in einer PN. Mit der "Beförderung der (real existierenden) Vielfalt" ist das so eine Sache, denn man sieht im Normalfall immer nur das was nach den „Gesetzen des Dschungels“ nach oben gekommen ist. Wenn diese Gesetze sakrosankt sind, dann erübrigt sich jede weitere Diskussion. :slight_smile:

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Freut mich, dass dir mein Artikel gefallen hat. Die Infos über Venezuela und Kolumbien interessieren mich auch.

A propos Erstaunen: mich erstaunt, dass Lindner sich für so etwas interessiert :slight_smile:

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Das Bild ist natürlich falsch, denn man kann das System der „freien“ Märkte nicht mit einem Dschungel vergleichen.

… alles Fake-News ?

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Ich bin hier in vielen Punkten bei Dir, in ebenso vielen nicht. Vor allem stoße ich mich an der bipolaren Sichtweise, es gäbe nur eine entweder-oder Entscheidung zwischen zwei systemischen Grundideen/Gesellschaftsbildern/Menschenbildern - zwischen rechts oder links.
Das 21. Jahrhundert sollte dem kritischen Rationalismus und einem Humanismus der die gesamte Schöpfung umfasst - da sie unsere Lebensgrundlage darstellt - gehören.
Den Anstoß zu meinem Kommentar - das oben angeführte Zitat - möchte ich gerne mit einer Leseempfehlung anreichern: Im Grunde Gut des Historikers Rutger Bregman, ein Must-Read, weil es einen differenzierten Blick auf den Menschen, seine Natur und seine Facetten als grundsoziales, hoch empathisches Wesen eröffnet, gleichzeitig unser soziales Dilemma rund um Macht und Manipulation psychologiegeschichtlich beleuchtet. Bitte nicht bei Amazon bestellen: https://www.rowohlt.de/buch/rutger-bregman-im-grunde-gut-9783498002008
Meine Analyse zum Thema: das 20 Jahrhundert der Industrialisierung - egal ob „kaputalistische“ oder „komanistische“ Ausprägung - war der Versuch, die Natur des Menschen und der Natur per se in simple One-Size-Fits-All Lösungen zu pressen.
Naturwissenschaftlich betrachtet zum Scheitern verurteilt, weil die globalen System-Komplexitäten so nicht in den Griff zu bekommen sind… Das erst Mitte des 20 Jahrhunderts erwachende Complex System Thinking sehe ich als erstes Aufkeimen eines Bewusstseins dafür.
In der heutigen digilogen Welt bieten sich Möglichkeiten - auch maschinell unterstützt - für uns Menschen, diese links-rechts und -ismus-Korsette abzuschütteln (das halte ich sogar als fundamental notwendig) und in die nächste Phase von Organisationsentwicklung einzutreten.
Eine neue soziale Technik der Beteiligung und Wertschöpfungsdistribution in dezentralen Netzwerken bildet sich im ersten UseCase der Blockchain-Technologie ab: Bitcoin.
Lassen wir hierzu den Aspekt „Geld“ gezielt ausser Acht, zeigt sich eine Methode, die Macht beschränkt, Innovation und Teilhabe ermöglicht, Wertschöpfung automatisiert distribuiert und für Netzwerkstabilität sowie eine zentripedale Dynamik ohne zentralistischer Steuerung sorgt. Das ist Groundbreaking. Natürlich nicht perfekt.
Und wird in naher Zukunft all die Gedanken über tradierte Wirtschafts"wissenschaft" (LOL), und sozio-ökonomische Paradigmen zerstreuen. Aufregende Zeiten, besonders für die repräsentative Demokratie, das Parteiendenken und pyramidale Geschäftsmodelle. Diese sind nämlich im Begriff einfach abgelöst zu werden, ohne dass sie es, in Selbstbeschäftigung und Machterhalt gefangen, schnallen.

Wunderbares Beispiel. Und Dezentralisierung ist ein Schlüssel:

Das hier ist der zweite:

Sehr coole Sache, kann jedoch durch Governance-Prototolle automatisiert werden. Damit werden nochmal Ressoucen wie Zeit für Innovation und Müssiggang(!!!) freigesetzt.

Ebenso: automatisieren!

Durch digitales Voting können hier ökologische und soziale (Zeit) Grenzkosten eingespart werden und statdessen zB einfach nur eine Party oä. stattfinden.

Wäre durch digitale Organisation egal. Du kannst von überall aus arbeiten. Der Kampf um geografisch gebundene Arbeitsplätze wird mittelfristig obsolet.

Genialer Artikel @ley.hans - vielen, vielen Dank dafür! MONDRAGÓN scheint prädestiniert für die Implementierung einer blockchain-based ERP-Plattform zu sein. Muss ich mal tiefer eintauchen, da scheint unendlich viel Wissen verborgen zu sein, das momentan im Token-Engineering gebraucht wird…

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Hach, die Redaktion aus Frankfurt. Einfach unverbesserlich.

Hallo Geronimo-Noah @gh1, vielen Dank für Deinen umfangreichen und fundierten Kommentar. Gerne möchte ich Dir genauso differenziert und auch möglichst fundiert antworten. Dafür will ich mir genug Zeit nehmen und mich erst einmal auf einen Teil beschränken. Der Rest folgt dann in den nächsten Tagen.

Vielen Dank auch für Dein Lob "Genialer Artikel … ". Das Lob muss und will ich jedoch zu einem wesentlichen Teil an Pit Wuhrer weitergeben, aus dessen Artikel ich ab: Doch zunächst einige Fakten und Zahlen, um einen Eindruck zu vermitteln, was Mondragon überhaupt ist. (Quelle: Artikel von Pit Wuhrer auf Oxiblog) den Text 1:1 übernommen habe, weil er einfach gut ist und m.E. nicht mehr zu verbessern war. Ich habe ihm einen Link geschickt mit der Frage, ob er nicht Lust hat sich an der Diskussion zu beteiligen.

Eine bipolare Sichtweise liegt mir eigentlich fern. Es kam mir vielmehr darauf an bei meinen urprünglichen (FDP) Zuhörern dieses vorherrschende „alternativlose Denken“ in Frage zu stellen und aufzuzeigen: „Schaut her, es gibt eine ernstzunehmende Alternative, die unter den knallharten Bedingungen des freien Marktes außerordentlich erfolgreich ist und mit jedem nach rein kapitalistischen Kriterien organisierten Unternehmen konkurrieren kann.“ Und das habe ich erreicht. Ob das Folgewirkungen hat, weiß ich (noch) nicht. Mit dieser Zielsetzung wirkt meine Argumentation vielleicht etwas bipolar, bzw. ich habe die Argumentationen von Pit Wuhrer 1:1 übernommen. Ich sehe diesen Beitrag sowieso als ein „work in progress“ an, dessen Text, soweit er von mir stammt von jedem verwendet und weitergeschrieben werden kann. Pit Wuhrer hatte mir geschrieben: "…natürlich dürfen Sie den Beitrag verwenden, dafür steht er ja auch online." Ich denke das bezieht sich auf jeden anderen auch.

Hier bin ganz bei Dir! In vielen Bereichen, die vor Jahrhunderten begonnen wurden, befinden wir uns immer noch in einem sehr embryonalen Zustand. Die Demokratie, ihre Strukturen und Regeln werden heute weitgehend als etwas fertiges betrachtet, dass man nicht mehr hinterfragt. Eine dringend notwendige Weiterentwicklung der Demokratie wird allgemein als nicht notwendig und/oder als nicht wünschenswert angesehen. Warum? Weil man sich in den bestehenden Verhältnissen gut eingerichtet und Angst vor jeder Veränderung hat? Der weltweite Erfolg der Populisten basiert nicht unwesentlich auf diesen Versäumnissen und Verweigerungen.

Als ein besonders gravierendes Beispiel möchte ich hier die „hochgelobte“ Gewaltenteilung nennen. Wie kann man von einer Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive sprechen, wenn eine Regierung (Exekutive) die Abgeordneten (Legislative) der regierenden Partei(en), also der Parlamentsmehrheit jederzeit über einen „Fraktionszwang“ in die Pflicht nehmen kann. Offiziell ist jeder Abgeordnete nur seinem Gewissen gegenüber verantwortlich - doch der Fraktionszwang ist die politische Realität.

Warum werden Strukturen und Regeln nicht geändert, wenn sie offensichtlich falsch sind oder in der politischen Praxis konterkariert werden ?

… Fortsetzung folgt.

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Vielen Dank für den Tip, das Buch will ich auf jeden Fall lesen. Sehr gerne würde ich „… den Menschen, seine Natur und seine Facetten als grundsoziales, hoch empathisches Wesen …“ sehen. Es gibt leider nur Fakten, die sich m.E. nicht weg diskutieren lassen. Ich will hier nicht den Nationalsozialismus und Auschwitz anführen, sondern das Milgram Experiment . Geht Rutker Bregman auf dieses Thema ein?

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Genau auf diese „Fakten“ bzw. deren Interpretation geht er sogar ganz genau ein.
So richtet gerade bei Milgram ein vom Forschungsleiter aufgebauter Erwartungsdruck auf die Probenden das gesamte Experiment in Frage und bei den Grausamkeiten des 3. Reiches zeigt sicherte Manipulationsanfälligkeit und Verführbarkeit des Menschen. Wie gesagt es gibt auch hier nicht das eindeutig Gute oder eindeutig Böse, sondern mehr oder weniger komplexe soziale Mechanismen, die uns den Wolf oder das Lamm in uns ausleben lassen… ich schenke Dir das Buch gerne, so wichtig erachte ich diese differenzierte Diskussion.

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Wenn ich Dir auch ein Buch schenken darf, nehme ich Dein Angebot gerne an. Vielen Dank!

Franz Oppenheimer sagte: "Der Mensch strebt immer nach sozialer Hochachtung." (das genaue Zitat habe ich im Moment nicht verfügbar) In diesem Text von Werner Kruck, der dem weitgehend vergessenen Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft und Doktorvater von Ludwig Erhardt eine Internetseite gewidmet hat müsste diese Aussage zu finden sein.

Ich denke Oppenheimer hat recht! Das Streben nach sozialer Hochachtung können wir als geheime Triebfeder hinter allem erkennen, was Menschen tun bzw. nicht tun. Es kommt niemals an ein Ende und bleibt ein ewiger Antrieb, selbst über den eigenen Tod hinaus, denn wer möchte nicht, dass andere Menschen sich positiv erinnern.

Leider kann bzw. konnte man diese Hochachtung und Anerkennung auch in einem Gangstersyndikat oder in einer SS-Staffel finden. Meine Meinung ist: In guten Strukturen mit guten Regeln streben die Menschen danach gut zu sein und gut zu handeln (von relativ wenigen Ausnahmen abgesehen). Sind die Strukturen und Regeln schlecht, dann arrangieren sich die Menschen (von relativ wenigen Ausnahmen abgesehen).

Das Milgram Experiment zeigt wie vulnerabel und leicht korrumpierbar die meisten Menschen heute noch sind. Es liegt m.E. wesentlich daran, dass die bestehenden Strukturen und Regeln von einem einseitigen Menschenbild dem homo oekonomicus ausgehen und in dem herrschenden System die meisten Menschen die Anerkennung und Achtung nach der sie streben nicht finden. Von Hochachtung können sie noch nicht einmal träumen.

Sie greifen deshalb nach jedem kleinsten Strohhalm, wie z.B. im Milgram Experiment, in dem sie für einen Moment eine eigene Wichtigkeit erfahren und die Anerkennung des Versuchsleiters finden. Der sich dann ergebende Prozess ist schleichend (wie im richtigen Leben) und es entsteht ein Zwiespalt zwischen dem Streben nach Anerkennung und einem Verhalten, über das (fast) alle Versuchspersonen später zutiefst erschüttert waren. Es ist zu vermuten, dass Menschen, die in ihrem „normalen“ Leben ausreichend Anerkennung und (Be)Achtung finden nicht oder seltener nach einem solchen „Strohhalm“ wie dem Milgram Experiment greifen, bzw. dieses in einem frühen Stadium abbrechen.

Vielleicht wäre schon viel gewonnen, wenn wir uns gegenseitig mehr beachten, achten, wertschätzen und mit mehr Wohlwollen begegnen würden.

Menschen können ohne Strukturen und Regeln nicht leben - selbst wie „Robinson auf einer Insel“ nicht. In Gemeinschaft ist es völlig unmöglich - deshalb haben die Libertären und Anarchisten auch nicht recht! Oppenheimer sagte, wir müssen eine Akratie anstreben. Aber das ist ein neues Thema …

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Das wäre schon möglich… ich sehe mir das mit einer interdisziplinären Gruppe soeben genauer an.
Der Buchtausch ist doch eine tolle Idee! Lass uns das tun…

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