In China wurde ein 500-Meter-Antennenspiegel errichtet. Er macht das FAST zum derzeit größten Radioteleskop der Welt. Bislang durften nur chinesische Forscher damit arbeiten. Ab August 2021 soll sich das ändern.
Von Michael Förtsch
Ende des letzten Jahres wurde der 305-Metern-Spiegel des legendären Arecibo-Observatorium zerstört. Die mehrere Tonnen-schwere Sensorplattform über der Schüssel hatte sich gelöst und stürzte hinab. Eine Reparatur wird nicht stattfinden, hat die National Science Foundation beschlossen, die die Station betreut. Zahlreiche Wissenschaftler bezeichneten die Entscheidung als tragischen Verlust. Denn die fast 60 Jahre alte Forschungseinrichtung war lange Zeit einzigartig und hat über die Jahrzehnte viele bedeutende Entdeckungen ermöglicht. Jedoch sollen die Wissenschaftler schon bald eine Alternative nutzen können. Nämlich das 2016 in Betrieb genommene Radioteleskop FAST – oder auch: Five-hundred-meter Aperture Spherical Telescope – in China.
Das unweit des kleinen Dorfes Jinke in der Provinz Guizhou errichtete Radioteleskop wurde in eine natürliche Mulde hineingebaut. Die erlaubte es, einen 500-Meter-Spiegel zu konstruieren. Damit ist das FAST das flächenmäßig bislang größte Radioteleskop. Getragen wird die aus 4.450 einzelnen Platten bestehende Schüssel ähnlich wie beim Arecibo-Teleskop von einem von mehreren Masten hängenden Netz aus Stahlseilen. Durch ein Zug- und Spannsystem kann die Schüssel leicht verformt und gekrümmt werden, um eine bessere Fokussierung zu erreichen oder Fehler auszugleichen.
Mit dem FAST haben chinesische Forscher bereits mehrere Pulsare im All ausgemacht. Und seit Anfang dieses Jahres wird von chinesischen SETI-Aktivisten mit dem riesigen Teleskop auch nach Signalen von potentiell intelligenten außerirdischen Wesen gesucht. Ab dem 1. August sollen auch Wissenschaftler aus dem Ausland das FAST nutzen können. Schon ab dem 1. April können einzelne Forscher, Teams oder auch Forschungseinrichtungen ihre entsprechenden Anträge für Beobachtungszeit bei den National Astronomical Observatories von China einreichen. Wie auch einst beim Arecibo-Observatorium werden die Anträge von wissenschaftlichen Komitees geprüft und entsprechend bewilligt oder abgelehnt.
Werde jetzt Mitglied von 1E9!
Als Mitglied unterstützt Du unabhängigen, zukunftsgerichteten Tech-Journalismus, der für und mit einer Community aus Idealisten, Gründerinnen, Nerds, Wissenschaftlerinnen und Kreativen entsteht. Außerdem erhältst Du vollen Zugang zur 1E9-Community, exklusive Newsletter und kannst bei 1E9-Events dabei sein. Schon ab 2,50 Euro im Monat!
Jetzt Mitglied werden!Das FAST kann das Arecibo-Observatorium nicht gänzlich ersetzen
Zwischen 800 und 1.000 Stunden sollen ausländischen Forschern pro Jahr das Teleskop nutzen können. Wissenschaftler haben große Hoffnung, dass das FAST zahlreiche Entdeckungen und Durchbrüche in der Radioastronomie ermöglichen wird. Insbesondere könne es helfen, die Quelle von Gravitationswellen ausfindig zu machen oder Rätsel um die kosmische Hintergrundstrahlung zu lösen. Denn durch seine Größe und Konstruktion soll es mehr als dreimal so sensitiv sein wie der große Hauptspiegel des Arecibo-Observatoriums in Puerto Rico. Jedoch kann FAST trotz seines deutlich moderneren Designs und dem größeren Durchmesser das Arecibo-Teleskop nicht komplett setzen.
Das FAST wurde so konzipiert, dass die empfangenen Signale von einer sehr leichten und schlanken Empfänger- und Antennenplattform aufgenommen werden, die 140 Meter über der Schüssel schwebt. Die große Plattform des Arecibo-Observatoriums war über die Jahre massiv auf- und ausgebaut worden. Unter anderem mit einem von der NASA konstruierten und sehr großflächigen Planetary Radar System, das es erlaubte, beispielsweise Erd-nahe Objekte wie etwa Meteoriten zu orten. Ebenso waren in die Plattform Sensoren verbaut, die die Riesenantenne für die Erforschung der Ionosphäre nutzbar machten. Das ist mit dem FAST zumindest ohne eine aufwendige Erweiterung momentan nicht möglich.
Teaser-Bild: FAST