Künstliche Intelligenz verändert schon jetzt unseren Alltag und ist kaum noch aus unserer Gesellschaft wegzudenken. Jedoch konfrontieren uns die Technologie, ihre Chancen und Gefahren auch mit vielen Fragen. Die spiegeln sich vor allem in Science-Fiction-Filmen wider, die auch die Debatte um Künstliche Intelligenz mitgestalten.
Von Michael Förtsch
Filme sind mehr als nur pure Unterhaltung. Sie spiegeln oft auch wider, was eine Gesellschaft bewegt und umtreibt. Das zeigt sich insbesondere in der Science Fiction, einem Genre das gerade deshalb schwer zu definieren ist. Es kann weit in die Zukunft springen, tief in die Vergangenheit tauchen, optimistische, aber auch erschreckend dystopische Welten aufmachen. Ein Thema, das sich trotz dieser Vielfalt fast immer in der Science Fiction findet, ist das Erkunden und Hinterfragen des Einflusses von Technologien auf Gesellschaft, Kultur und Menschschein. In nicht wenigen Filmen geht es um Künstliche Intelligenz.
Der Begriff der Künstlichen Intelligenz ist dabei trügerisch. Denn bislang sind Programme, die wir als Künstliche Intelligenz bezeichnen, keineswegs intelligent. Es handelt sich eher um digitale Technologien, die angeleitet oder selbstständig statistische Beziehungen ausmachen – und basierend darauf Entscheidungen treffen können. Dennoch wachsen ihr Einfluss und ihr Können. Die Künstlichen Intelligenzen in Filmen dagegen sind Fantasieprodukte und Metaphern – für die potentielle Macht, Unbeherrschbarkeit und Faszination der Technik. Aber nicht nur.
KI-Forscher glauben durchaus, dass eine Artificial General Intelligence – also eine Künstliche Intelligenz, die denkt, wie ein Lebewesen – grundsätzlich vorstellbar ist. Eine KI also, wie sie in vielen Filmen in Gestalt eines Computersystems oder eines humanoiden Roboters zu sehen ist. Nur wann und ob sie tatsächlich Realität wird, das ist die Frage. Aufgrund all dessen ist es kein Wunder, dass Filmemacher von Künstlicher Intelligenz fasziniert sind – und das Thema gerne erforschen. Mal in bombastischer Hollywood-Manier, mal vorsichtig und tastend, oder auf gänzlich naive, aber einfühlsame Art.
Her
Der von Spike Jonze gedrehte Her ist nicht nur einer der besten Filme zum Thema Künstliche Intelligenz, sondern einer der besten Filme des letzten Jahrzehnts. In ihm experimentiert der Autor Theodore mit einem gänzlich auf Künstlicher Intelligenz aufgebauten Betriebssystem. Die KI hat er seitdem stetig als Stimme im Ohr, die sich dem Namen Samantha gibt. Nach und nach entwickeln beide eine Bindung und Gefühle füreinander. Sie wachsen an- und miteinander. Ausleben können sie ihre Beziehung allerdings nicht. Ebenso muss Theodore letztlich erkennen, dass sich Samantha über ihre Grenzen und damit auch über ihn hinaus entwickelt.
Autómata
Es waren nicht die Menschen allein, die die Erde in Gabe Ibáñez’ Debüt-Film zugrunde gerichtet haben. Auch ausscherende Protuberanzen der Sonne haben ihren Teil beigetragen. Sie haben weite Gebiete verstrahlt und zum Verdorren gebracht. Der Aufenthalt im Freien ist daher gefährlich. Roboter erledigen nahezu alle Arbeiten. Wie Jacq Vaucan, ein Versicherungsagent des Roboterbauers ROC, entdeckt, verhalten sich einige der Pilgrims getauften Maschinenwesen jedoch merkwürdig. Sie verstoßen gegen Regeln und reparieren sich selbst. Als er diesem Tun nachgeht, wird er entführt.
Blade Runner
Ab wann wird aus einer Maschine ein Lebewesen? Wo hört Künstliche Intelligenz auf und wo beginnt ein reales Bewusstsein? Kann ein vom Menschen geschaffenes Wesen vielleicht sogar menschlicher als sein Schöpfer werden? Die Fragen, die Ridley Scotts Blade Runner stellt – und auch dessen von Philip K. Dick geschriebene Vorlage – sind nicht nur faszinierend und zeitlos. Sie haben die Debatte um Künstliche Intelligenz, Gentechnik und Robotik seit fast 40 Jahren mitgeprägt – und tun es immer noch, wie immer neue Analysen, Studien und Verweise auf den Kultfilm zeigen.
Ex Machina
Der Programmierer Caleb wird vom Tech-Mogul Nathan eingeladen, abgeschieden von der Außenwelt sein neues Werk zu testen: die Androidin Ava, deren Verstand dem eines Menschen ebenbürtig sei. Bald schon versucht Ava den Programmierer zu überzeugen, ihr bei der Flucht zu helfen. Denn Nathan behandelt seine Schöpfung wie Maschinen. Gleichsam muss Caleb erkennen, dass er für Ava hingegen letztlich nur ein Werkzeug ist. Der Film von Alex Garland ist einer der bemerkenswertesten Science-Fiction-Filme der letzten Jahre – und einer, der in seiner pragmatischen und pessimistischen Sicht durchaus verstören kann.
2001: Odyssee im Weltraum
Mythische Aliens, ein mysteriöser Obelisk und eine Reise zum Jupiter. Das Thema Künstliche Intelligenz steht tatsächlich nicht gerade im Zentrum von Stanley Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum. Dennoch hat die Darstellung des intelligenten Schiffscomputers HAL 9000 die Vorstellung von intelligenten Rechensystemen geprägt. Und auch das Bewusstsein dafür geschaffen, dass sie, trotz aller Absicherungen und Tests, unberechenbar und gar gefährlich werden können. Außerdem ist HAL 9000 immer wieder Ausgangspunkt für Debatten – etwa darüber, ob und wie Künstliche Intelligenz irgendwann Emotionen und Krisen erleben könnte oder nicht.
Ghost in the Shell
Im Jahre 2029 gehören kybernetische Erweiterungen zum Alltag. Aber es werden nicht nur Arme und Beine ersetzt. Ebenso wird das Gehirn in eine Metallkapsel transferiert, die Zugriff auf Datenbanken und das Internet gibt. Die sogenannte Shell gibt jedoch auch einem Hacker die Möglichkeit, die Gehirne der Menschen zu kapern. Wer dieser Puppenspieler ist, das soll die Polizeiagentin Major Motoko Kusanagi herausfinden. Wie sich alsbald zeigt, ist der Hacker offenbar kein Mensch, sondern ein rein digitales Bewusstsein. Ghost in the Shell ist einer der bekanntesten Anime-Filme und widmet sich abseits Künstlicher Intelligenz auch Themen wie Freiheit, der Natur der Menschlichkeit und Geschlechteridentitäten.
Archive
Der Entwickler und Ingenieur George Almore arbeitet in einer abgeschiedenen Forschungseinrichtung. Er forscht an der nächsten Evolutionsstufe der Robotertechnologie – und ist damit schon weiter als er seinem Arbeitgeber verrät. Denn sein wahres Ziel ist es, seine verstorbene Frau als Künstliche Intelligenz wiederzuerwecken und in einen mechanischen Körper zu transferieren. Zwei Prototypen hat er bereits konstruiert, deren Verstand aber denen von Kindern gleicht. Der Film von Gavin Rothery ist während der Corona-Pandemie erschienen und daher bislang weitgehend unbeachtet geblieben – vollkommen zu Unrecht.
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Jetzt Mitglied werden!Terminator-Reihe
Die Filme der Terminator-Saga können beim Thema Künstliche Intelligenz schwer außen vor bleiben. Denn die Idee des Computersystems Skynet, das sich gegen seine Erschaffer wendet, und von intelligenten Robotern, die durch die Zeit reisen, um zu retten oder zu töten, hat auch den Diskurs um Künstliche Intelligenz maßgeblich beeinflusst. Selbst wenn die Vorstellungen von Regisseur James Cameron und seinen Regiekollegen an der aktuellen Realität vorbeigehen, stellen sie doch mächtige Metaphern dar, die vor einer allzu unkontrollierten Entwicklung und zu großen Vertrauen in Künstliche Intelligenz warnen.
Colossus
Die US-Regierung lässt vom genialen Informatiker Dr. Charles A. Forbin in einem Bunker ein modernes Elektronengehirn aufbauen. Es soll die Atomwaffen des Landes steuern. Bald stellt der Computer jedoch fest, dass er nicht alleine ist: in der Sowjetunion arbeitet ein ebenso hochentwickelter Rechner. Beide beginnen zu kommunizieren und verbinden sich zu einem System. Ihr Ziel? Sie wollen die Menschheit unter Androhung der nuklearen Vernichtung zu Frieden und Einheit zwingen – und dafür eine Überwachungsregime aufbauen. Forbin und das US-Militär versuchen diesen Plan zu sabotieren. Der Film von Joseph Sargent aus dem Jahre 1970 wirkt heute noch überraschend modern. Denn er nahm Debatten um KI-gestützte Überwachung und Gesellschaftskontrolle vorweg.
Transcendence
Können der menschliche Verstand und Computerhardware zu einer Entität verschmelzen? Und was, wenn der menschliche Verstand plötzlich auf unendlich viele Informationen zugreifen und durch das Internet praktisch überall gleichzeitig existieren und handeln könnte? Genau das soll in Transcendence der KI-Entwickler Will Caster herausfinden, der vor seinem Ableben sein Gehirn digitalisieren und in das Internet einspeisen lässt. Der Debüt-Film von Wally Pfister ist alles andere als gelungen – stellt aber durchaus interessante Fragen. In einem Cameo-Auftritt ist übrigens kurz Elon Musk als Teilnehmer einer Konferenz über Künstliche Intelligenz zu sehen.
Dieser Artikel ist Teil des 1E9-Themenspecials „KI, Verantwortung und Wir“. Darin wollen wir herausfinden, wie wir Künstliche Intelligenz so einsetzen, dass die Gesellschaft wirklich davon profitiert. Alle Inhalte des Specials findest du hier.