Nach fast neun Jahren will Meta sein Programm zur Überprüfung von Social-Media-Posts durch Faktenchecker auf seinen Plattformen einstellen und durch Community Notes ersetzen. Es seien zu viele Fehler gemacht worden. Außerdem wolle man wieder mehr „freie Meinungsäußerung“ zulassen. Mark Zuckerberg sieht einen „kulturellen Wendepunkt“. Auch sein Erzrivale Elon Musk dürfte eine Rolle spielen.
Von Michael Förtsch
Im Jahr 2016 hatte Meta sein Faktenprüfungsprogramm ins Leben gerufen, das im Jahr 2019 auf Instagram und im Jahr 2024 auf den Twitter-Konkurrenten Threads ausgeweitet wurde. Denn die Social Networks sollten Fake News, Fehl- und Desinformationen sowie Hass und Hetze keinen Nährboden bieten. Das hatte Meta-Chef Mark Zuckerberg seitdem auch immer wieder bekräftigt. Vor allem sollte die Verbreitung von Falschmeldungen und Behauptungen eingeschränkt werden, die Wahlen beeinflussen, die Gesundheit von Menschen gefährden oder sie in die Irre führen könnten – etwa durch den Einsatz von Deepfakes.
Zur Prüfung der Beiträge auf seinen Plattformen setzte das Unternehmen automatisierte Technologien ein, die beispielsweise potenzielle Falschmeldungen erkennen. Auch Nutzer konnten potenzielle Fake News melden. Die Überprüfung der markierten Beiträge erfolgte jedoch nicht durch Meta selbst, sondern durch unabhängige Faktenchecker. Dafür arbeitete Meta unter anderem mit dem International Fact-Checking Network der Medien-NGO Poynter Institute for Media Studies und dem European Fact-Checking Standards Network zusammen. Denn „ein privates Unternehmen wie Facebook (sollte) nicht selbst entscheiden, welche Informationen wahr sind“, argumentierte das Unternehmen.
Wie Mark Zuckerberg in einem Videobeitrag auf Instagram angekündigt hat, wird Meta diese Praxis jetzt ändern. Künftig soll es auf Facebook, Instagram und Threads keine Faktenprüfung durch dritte Stellen mehr geben. An ihre Stelle soll die Community der sozialen Netzwerke treten. Ähnlich wie bei X – ehemals Twitter – soll ein System von „Community Notes“ eingeführt werden, bei dem die Nutzer selbst Kommentare und Korrekturen zu möglichen Falschmeldungen vorschlagen. Einigen sich die Nutzer kollektiv auf eine Wahrheit, wird diese öffentlich angezeigt. Laut Zuckerberg geht es darum, „Richtlinien zu vereinfachen“ und „die Meinungsfreiheit auf unseren Plattformen wiederherzustellen“. Den Anfang sollen dabei die USA machen.
Ein „kultureller Wendepunkt“?
Gleichzeitig mit der Abschaffung des Faktenchecks werden auch die Moderationsrichtlinien gelockert und die Kuratierungssysteme angepasst, die bisher beispielsweise Themen wie Immigration, Gender und Rassismus betreffen und politische Inhalte in den Feeds der Nutzer reduzieren. Mark Zuckerberg behauptet, dass „die Regierung und die etablierte Medien“ daran gearbeitet hätten, die Meinungen der Menschen „mehr und mehr zu zensieren“. Meta habe sich über viele Jahren in gutem Glauben daran beteiligt und dabei viele Fehler gemacht. Auch weil die Faktenprüfer nicht politisch neutral und objektiv gearbeitet hätten.
„Die jüngsten Wahlen sind auch ein kultureller Wendepunkt, an dem die Meinungsfreiheit wieder an erster Stelle steht“, so Zuckerberg weiter. Er habe „das Gefühl, dass wir jetzt in eine neue Ära eintreten“. Deshalb wolle Meta auch mit der künftigen Trump-Administration zusammenarbeiten, wenn es um die „freie Rede“ gehe, für die weltweit geworben werden solle. Man wolle „gegen Regierungen auf der ganzen Welt vorgehen, die gegen amerikanische Unternehmen vorgehen und auf mehr Zensur drängen“, so Zuckerberg. „Der einzige Weg, diesem globalen Trend entgegenzuwirken, ist die Unterstützung der US-Regierung.“
Gerade erst hat Meta mit dem Kampfsportveranstalter Dana White einen Vertrauten von Donald Trump in seinen Vorstand berufen. Bereits im vergangenen Jahr hatte Meta nach einer Entscheidung Zuckerbergs eine Million US-Dollar für Trumps Amtseinführung gespendet. Zudem hat sich der Social-Media-Milliardär positiv zu den Wirtschaftsplänen von Donald Trump geäußert.
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Politische Beobachter sehen in den Schritten von Meta und den Äußerungen von Mark Zuckerberg einen Versuch, sich vor möglichen Repressalien durch die Trump-Administration zu schützen. Denn Meta war in den vergangenen Jahren mehrfach von konservativen Politikern scharf kritisiert worden. Unter anderem hatte Meta nach dem Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 die Accounts von Donald Trump von seinen Plattformen verbannt. Erst 2023 wurden sie wiederhergestellt. Ende 2024 bezeichnete Trump den Meta-Chef als Wahlmanipulator, verspottete ihn als „Zuckerbucks“ und drohte ihm mit lebenslanger Haft.
Einen weiteren Grund für die positiven Signale an die kommende Trump-Regierung sehen viele in Elon Musk. Denn der Chef von Tesla und X zählt seit letztem Jahr zu den größten finanziellen Unterstützern und zum engen Beraterkreis von Donald Trump. Er und Mark Zuckerberg gelten als Erzrivalen und hatten 2023 angekündigt, ihre Meinungsverschiedenheiten in einem Kampf auszutragen. Streitpunkt war unter anderem der Start des X-Konkurrenten Threads.
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