Vom „Klimawandel“ zur „Klimakrise“

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Es wird zum Thema Klima glücklicherweise wieder viel geschrieben, geredet, gepostet und sogar getan (#FridaysForFuture).

Zwei Artikel, die ich heute entdeckt habe möchte ich gerne teilen und als Anlass nehmen dieses Thema nun auf 1E9 aufzumachen.

  1. Im Jahre 1982 hat Exxon Mobile geschätzt, dass im Jahre 2020 die CO2 Konzentration in der Atmosphäre zwischen 400 und 420 ppm liegen wird. Das ist im übrigen eine Schätzung für die Kurve des worst case Szenarios…

In diesem Monat haben wir zum ersten mal 415ppm erreicht. Gute Arbeit der Schätzer in den 80er Jahren möchte man sagen.

In der oben verlinkten Exxon Studie aus 1982 kann man den CO2 Graph weiterverfolgen. Im #VC spricht man gerne vom Hockeystick.

Nun ist es so, dass nur 50 Unternehmen verantwortlich für 73% der ausgestoßenen CO2 Menge der globalen Wirtschaft sind. :fist:t6: :thinking:

  1. Der Guardian hat im Style Guide festgelegt, dass nicht mehr von climate change sondern von climate crisis / emergency und global heating statt warming geschrieben werden soll:

:fist:t6: Worte sind wichtig! Die Begründung ist wie folgt:

We want to ensure that we are being scientifically precise, while also communicating clearly with readers on this very important issue,” said the editor-in-chief, Katharine Viner. “The phrase ‘climate change’, for example, sounds rather passive and gentle when what scientists are talking about is a catastrophe for humanity.

Nachdem wir in den 80ern bereits einen globalen wissenschaftlichen und fast auch politischen Konsens hatten, der aber an der passenden „Story“ und Dramaturgie fürs Volk gescheitert ist, kann ich diese Wortwahl nur begrüßen. Kaum einer wollte damals über die wissenschaftliche Korrektheit in der Ausdrucksweise hinaus per Wortwahl das Ausmaß der Veränderung unterstreichen.

Schön dass der Guardian genau mit dieser Begründung den Style Guide ändert. Chapeau!

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Danke für die Link, der auch die Liste und das Ranking der top 100 CO2 Produzenten enthält.

Diese Unternehmen stehen am Anfang von Wertschöpfungsketten und verdeutlichen, dass die gesamte Ökonomie sich radikal verändern muss. Öl ist die letzten 100 Jahre der Input unserer Volkswirtschaften gewesen, man denke nur an die Chemie, Mobilität, Arbeitsmaschinen, Heizsysteme, etc…

Wie sieht der neue Input aus? VoltAmpere and Bytes? :slight_smile:
Was ergibt sich als Makrobild und Mikrobild? Kurz, mittel und langfristig?

Input / links welcome.

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Hier ist der New York Times loooong Artikel, der mich zum Thema „climate change“ beeindruckt hat:

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Ich glaube, dass man, wenn man den Dringlichkeitslevel der Sprache erhöht, den Leuten aber gleichzeitig auch Perspektiven geben muss. Habe also mal nach Perspektiven gesucht.

Die NASA z.B. sieht massive Auswirkungen des Klimawandels als unausweichlich an:

Even if we stopped emitting greenhouse gases today, global warming would continue to happen for at least several more decades, if not centuries. That’s because it takes a while for the planet (for example, the oceans) to respond, and because carbon dioxide – the predominant heat-trapping gas – lingers in the atmosphere for hundreds of years.

Gleichzeitig gibt sie Perspektiven:

Responding to climate change will involve a two-tier approach:

  1. “mitigation” – reducing the flow of greenhouse gases into the atmosphere
  2. “adaptation” – learning to live with, and adapt to, the climate change that has already been set in motion.

The key question is: what will our emissions of carbon dioxide and other pollutants be in the years to come? Recycling and driving more fuel-efficient cars are examples of important behavioral change that will help, but they will not be enough. Because climate change is a truly global, complex problem with economic, social, political and moral ramifications, the solution will require both a globally-coordinated response (such as international policies and agreements between countries, a push to cleaner forms of energy) and local efforts on the city- and regional-level (for example, public transport upgrades, energy efficiency improvements, sustainable city planning, etc.).

„It’s up to us what happens next.“ (NASA)

Was also kann der einzelne Mensch nun am besten tun? Welche bestmögliche mitigation ist an welchem Ort der Erde für jeden einzelnen Menschen möglich? Und welche adaptation ist an welchem Ort der Erde notwendig? Und in welchem Timeframe?

In Deutschland zum Beispiel ist der Kohleausstieg immer noch ein Riesenthema, im globalen Setting aber ist Deutschland – wenn ich diese Grafik richtig deute – nahezu bedeutungslos:

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Wohin also mit der menschlichen Energie?

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Stimme dir zu, dass es Perspektive im gleichen Zuge braucht. Halte es aber gefährlich nur tätig zu werden, wenn man im globalen Konsens steht und sich koordiniert. Denke eher (VC Erfahrung) es ist behavioral und wie im Domino Spiel. Einer machts vor, ist erfolgreich, andere machens nach, eine Welle entsteht und die, die am Anfang am lautesten nach Konsens gerufen haben kommen zum Schluss und spielen mit.

#show don’t #tell (Einer der besten Sprüche, des Jahres).

Deshalb denke ich auch, dass Städte eine gute Perspektive liefern können und handeln müssen. Das geht schneller und kreiert ein Mindset und greifbare Perspektiven.

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:+1: Yes, und man muss die Kooperation suchen, nicht die Auseinandersetzung.

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Yeah, Cool das schon eine Klimadiskussion im Gange ist :slight_smile:

Ich kann mich Krischan leider nicht anschliessen. Wir brauchen Konfrontation und wir koennen das Problem auch nicht mehr in der Summe von Individualanstrengungen loesen, selbst wenn ploetzlich alle Menschen an einem Strang zoegen.

Problem 1: Anstieg des Meeresspiegels

Ein Phasenuebergang von Festkoerpern erfordert Energie. Eis zu schmelzen braucht zB. eine Extraenergie, die nichts mit der eigentlichen Temperatur zu der Materie zu tun hat, sondern fuer das Aufbrechen der Kristallstruktur noetig ist. Es gibt eine Menge Eis auf der Erde. Und das schmilzt. Aber eben verzoegert, weil erst einmal die Kristallstruktur vom Eis aufgebrochen wird. Sprich: Selbst wenn alles so bleibt, schmilzt das Eis eine Zeit lang langsam weiter.

Die Frage ist, wo sind wir denn jetzt im Vergleich zu zB Eiszeiten in der Vergangenheit, dann kann man ausrechnen, wieviel Eis letztendlich schmelzen wird. Schaut Euch dazu doch mal
Prof. Englander an. Das sind bei 5C ca 120m. gerade sind wir bei 1C → 24m. Projeziert landen wir bei mind. 2.5C → 60m.

Da haben wir dann ein grosses Problem. Erstens mit Nahrung, zweitens muss doch ein grosser Teil der Menschen umziehen.

Problem 2: Vulkanismus

Die Antarktis hat 2 Platten drunter. Ost-Antarktische und West-Antarktische. Da drueckt gerade ein 2km Eispanzer von oben drauf. Wenn der weg ist, zumindest zu einem gewissen Teil, laesst der Gegendruck nach. Aus der Perspektive einer Erdplatte, aendert sich normalerweise merklich was an der Umwelt im Zeitrahmen von ca 1000a. Deswegen koennen die oberen schichten immer ganz gemuetlich von Magma zu Kruste werden.

Das ist leider in dem speziellen Fall auch nicht so. Es gibt schon schoene Anzeichen fuer aktiven Waermetransfer von unten in der Arktis, da sind ein paar recht grosse Seen unterm Eis.

Zugegeben, dieser Teil ist im Bereich „gut begruendete Verschwoerungstheorie“ (bei youtube kriegst du wahlweise Atlantisvideos oder Profs, die nicht von Wissenschaft labern, sondern davon wie cool Sie Extrembedingungen meistern.). Aber ist halt auch nicht einfach, das wissenschaftlich zu erkunden, so unter 2km Eis.

Und wenn ihr jetzt denkt, ja mei, n Vulkan in der Arktis, mir wurscht. Kuckt mal hier. Es gibt da schon wirklich grosse Dinger, und da koennt ihr dann die CO2 Bilanz getrost vergessen, weil die pusten RICHTIG viel davon raus.

Problem 3: Komplexitaet

CO2 ist bei weitem nicht das einzige Problem. Nur mal als Info, wenn ich Wasser verdampfe im grossen Stil (etwa Atomkraft), ist das auch keineswegs Klimaneutral. Da bilden sich dann Eiskristalle in der Athmosphaere, die machen auch was. Nur ist das halt nicht so einfach zu untersuchen, weil da noch ein Phasenuebergang dabei ist. Hier gibts mal ein Hinweis dazu.

Auch kann man einfach noch erwarten, dass ein paar andere Mechanismen hinzu kommen. Methan aus Sibirien/Tiefsee etwa. Und das bisher Unbekannte sollte man vielleicht auch noch mitnehmen.

Konsequenz: Aktive Klimakontrolle

Die Menschheit ist heute im Prinzip in der Lage, aktiv das Klima zu kontrollieren. Ein Beispiel, wenn auch kein schoenes: Nuklearer Winter. Kein Beispiel sind leider CO2 aus-der-luft-saug Anlagen (Pflanz halt einfach nen Wald). Aber Spass beiseite, wir koennen im modernen industriellen Massstab schon was aendern.

Nur muss das jetzt auf der grossen Skala passieren. Billiarden Skala. Und zwar sofort.

Als erstes Mittel wuerde ich mal Zoelle erheben, die genau proportional zur Einstufung durch die IPCC laufen. Dann faengt das naemlich JETZT an wehzutun. Auch wuerde ich ein Gesetz raushauen, dass Klimawandelanzweiflung fuer illegal erklaert, zumindest ohne wissenschaftlichen Kontext.

Ok, fertig geranted :wink:

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Der Punkt Komplexität ist mir auch immer schmerzend im Sinn. Das Thema Klima und Wetter sind unglaublich komplex und wir hören geradezu täglich wie man sich mal wieder hier über ein schnelleres Abschmelzen von Eismassen wundert oder dort im Klimamodell Probleme hat Effekte mitzumodellieren.

Denke was es braucht sind „Wegunabhängige“ Thesen und Maßnahmen, die man einfach schon heute aktiv ergreift. ZB, eine auf erneuerbare Energie fußende Ökonomie wird Vorteile mit sich bringen, egal ob es 1 oder 2 Grad wärmer oder auch kälter wird. What else can we say?

Und danke, @max.haeberlein, dass du diesen Kurzartikel nochmal aufgreifst. Hab kürzlich auch passend hierzu im Spiegel über das wohl heißeste Jahr in der Geschichte (die wir kennen) gelesen, das bis vor kurzem nicht bekannt war (der Sommer 2003 ist nicht der heißeste):

Ziemlich starke Recherchearbeit und spannend zu lesen!
Interessant ist die Message im heutigen Kontext, dass extreme Hitzen und Sommer wie 2003 auch unabh. von der Industrialisierung und den Mensch-gemachten CO2 Ausstoss stattfinden, was die bisherigen Aussagen zu „2003“ relativiert.
Allerdings: die wahrscheinlichkeit, dass so eine extreme Hitzesaison stattfindet erhöht sich durch den CO2 Ausstoss!

Diese probabilistische Denke ist einfach schwer für den normalen Menschenverstand. Und, wie komplex das Klima und Wetterdynamiken sind, zeigt sich auch in diesem Artikel.