Sie schufen die Grundlage für die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 und werden dafür mit dem Medizin-Nobelpreis geehrt: die Forscher Katalin Karikó und Drew Weissmann. Trotz vieler Rückschläge und Skepsis von wissenschaftlichen Kollegen setzten sie ihre Arbeit über Jahrzehnte fort, bis ihnen der Durchbruch gelang.
Von Wolfgang Kerler
Noch etwas verschlafen, aber glücklich sieht Katalin Karikó auf dem Foto aus, das vom Nobelpreis-Komitee auf X veröffentlicht wurde. Es entstand offenbar, als sie von der Entscheidung des Karolinska-Instituts erfuhr, das die Nobelpreise vergibt. Zusammen mit ihrem Forscherkollegen Drew Weissmann – beide arbeiten an der University of Pennsylvania – wird sie mit dem Medizin-Nobelpreis 2023 ausgezeichnet.
Geehrt werden sie laut Preisgremium, weil sie durch ihre „bahnbrechenden Erkenntnisse“ das Verständnis dafür geschaffen haben, wie mRNA mit dem Immunsystem interagiert. Dadurch wurde es möglich, während der COVID-19-Pandemie in nie dagewesener Geschwindigkeit Impfstoffe gegen das Virus zu entwickeln. In Zukunft könnte die Technologie, die auf der Forschung von Karikó und Weissmann beruht, nicht nur für Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten, sondern auch für die Behandlungen von Krankheiten eingesetzt werden, darunter bestimmte Krebsarten.
Grob vereinfacht handelt es sich bei mRNA um ein Biomolekül, mit dem man Zellen den Auftrag geben kann, bestimmte Proteine zu produzieren. Nach jahrzehntelanger, von vielen Rückschlägen begleiteter Forschung funktioniert dies auch mit synthetischer mRNA. Bei der COVID-19-Impfung geht es dabei um das Spike-Protein des Coronavirus. Wird das von körpereigenen Zellen „nachgebaut“, kann das Immunsystem Antikörper bilden, die dann auch das Virus angreifen.
Die 1955 in Ungarn geborene und 1985 in die USA emigrierte Biochemikerin Katalin Karikó gehörte in den 1980er-Jahren neben Robert Malone, Phil Felgner und Inder Verma zu den ersten, die die Möglichkeiten von mRNA erkannten, wurde für ihre Arbeit jedoch lange eher belächelt, wie sie auch bei der 1E9-Konferenz 2021 verriet. „Die Kollegen waren normalerweise nicht sehr kritisch, wenn ich erzählte, dass ich an RNA forsche“, erinnerte sie sich. „Sie sagten: ‚Arme Kati.‘ Ich tat ihnen leid.“
Beirren ließ sie sich davon nicht, auch nicht vom Mangel an Fördergeldern und pries weiterhin bei jeder Gelegenheit das Potential von mRNA an – auch gegenüber Drew Weissmann, mit dem sie seit 1998 zusammenarbeitete. Gemeinsam gelang den beiden in einem Versuch mit Mäusen der Durchbruch: Sie tauschten einen Baustein der synthetischen mRNA aus, die dadurch nicht mehr in den Zellen abgebaut wurde. Die Mäusezellen produzierten daraufhin das gewünschte Protein.
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Jetzt Mitglied werden!2013 lernte Katalin Karikó dann Uğur Şahin kennen, der mit seiner Frau Özlem Türeci BioNTech gegründet hatte. Der New York Times verriet sie, dass er ihr noch am selben Tag ein Jobangebot gemacht habe. Bis 2022 fungierte sie dann als Vice President für RNA Protein Replacement Therapies, bevor sie das Unternehmen verließ und dafür nur noch beratend tätig ist. Ihren Posten an der University of Pennsylvania gab sie nie ganz auf.
Noch wissen wir nicht, wie sie die Auszeichnung mit dem Nobelpreis feiert. Doch bei der 1E9-Konferenz 2021 erzählte Katalin Karikó, was sie machte, nachdem sie erfahren hatte, dass der COVID-19-Impfstoff von BioNTech tatsächlich funktioniert: Sie aß eine Packung schokoladenüberzogener Erdnüsse.
Titelbild: Peggy Peterson, University of Pennsylvania
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