New Work für alle? Dafür brauchen wir ein neues Menschenbild

Knapp 40 Jahre ist es her, dass der Philosoph Frithjof Bergmann forderte: Arbeit muss neu gedacht werden! Statt sich in traditioneller Lohnarbeit zugrunde zu richten, sollten Arbeiter sich erstmals mit der Frage auseinandersetzen: Was will ich wirklich wirklich? Er ahnte nicht, dass er damit zur Kultfigur einer Bewegung avancieren würde. Heute schreibt sich jedes moderne Unternehmen den von ihm geprägten Modebegriff „New Work“ auf die Fahne. Die tatsächliche Umsetzung hat aber wenig mit Bergmanns ursprünglicher Idee zu tun.

Von Kathrin Kerler

Im März 2020 war die Corona Pandemie endgültig in Deutschland angekommen. Die Regierung verhängte den ersten Lockdown. Von heute auf morgen wurden Schulen, öffentliche Einrichtungen, Läden, aber auch Großraumbüros und Fabrikhallen geschlossen. Während in Bussen und Bahnen gähnende Leere herrschte, wurde es zuhause umso enger: Parallel zum Home Schooling wurden in unzähligen Wohnzimmern, Küchen oder Schlafzimmern improvisierte Heimarbeitsplätze eingerichtet.

Gerade in dieser ersten Phase des Lockdowns machte sich in vielen Branchen bemerkbar, wie sträflich die Digitalisierung in Deutschland vernachlässigt worden war. Telefonleitungen von öffentlichen Ämtern und kleineren Firmen waren dauerbelegt, weil die Umleitung ins Home Office schwer umzusetzen war. Je nach Anbieter war zudem das heimische Internet mal mehr, mal weniger stabil. Interne und externe Kommunikation, die vorher selbstverständlich war, konnte nicht mehr auf dieselbe Weise gepflegt werden.

Gut aufgestellt waren dagegen viele Firmen im IT-Bereich und im E-Commerce. Hoch bezahlte „Solutions Architects“ oder „Scrum Master“ sorgen hier seit Jahren dafür, dass die zunehmend komplexeren Problemstellungen der modernen Unternehmenswelt schnellstmöglich und vor allem digital gelöst werden. New Work wird hier vor allem als innovative Technik verstanden, die schnelle Anpassung an auftretende Probleme ermöglicht. Diese Herangehensweise zahlte sich aus. Denn spätestens seit dem zweiten Lockdown ist klar: Wirtschaftszweige, die primär auf analoge Prozesse gesetzt haben, bleiben auf der Strecke. New Work als Traum von der Abschaffung der Lohnarbeit erscheint hier wie dekadenter Luxus, an den in der Krise nicht mehr zu denken ist.

New Work als Alternative zu Massenentlassungen

„Es gibt eine Alternative zu Massenentlassungen.“ – Mit dieser Grundidee trat Frithjof Bergmann 1982 an den Automobilkonzern General Motors heran. In seinem 1988 erschienenen Buch „New Work New Culture“ führte er diese Idee weiter aus und stellte die Forderung: Arbeit soll etwas sein, das die Menschen stärkt, nicht schwächt. Doch wie sollte dieser Grundgedanke Mitte der 1980er Jahre tausende von Fließbandarbeitern in der US-amerikanischen Stadt Flint, Michigan, vor der Massenarbeitslosigkeit bewahren? Und wie kann diese Idee in der heutigen Krise Hoffnung auf eine positive Zukunft bieten?

Während der Automobilkrise in den USA sah Bergmann die Lösung auf drei Ebenen: Zum einen sollten die Arbeiter nur noch die Hälfte des Jahres ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen. Dies würde dem Arbeitgeber Kosten ersparen. Darüber hinaus sollte die Lohnarbeit durch den Einsatz von Technik erheblich erleichtert werden. Während ihrer freien sechs Monate sollten sich die Mitarbeiter dann mit der Frage auseinandersetzen, was sie wirklich wirklich wollen. Hierbei leistete das von Bergmann gegründete Zentrum für Neue Arbeit Hilfestellung. Schließlich handelte es sich damals um eine Frage, die sich die Fließbandarbeiter noch nie gestellt hatten. Dadurch sollten sie für sich eine Tätigkeit finden, aus der sie zum einen Energie und Befriedigung ziehen können und zum anderen auch Möglichkeiten, damit Geld zu verdienen.

Der dritte Bestandteil der Neuen Arbeit war die High-Tech-Selbstversorgung. Bergmann selbst hatte einige Jahre als Einsiedler gelebt und war zu dem Schluss gekommen, dass Selbstversorgung in alter Tradition keine Freiheit sei, sondern Sklaverei. Moderne Technik sollte daher den Bedürfnissen nach Nahrung, Strom oder auch Fertighäusern kostengünstig und effizient nachkommen. Dann könnten sich die Arbeiter der Frage widmen, was sie wirklich wollen. Hierbei setzte Bergmann bereits in den 1980er Jahren auf den Einsatz von Computern vor allem bei der Herstellung von Produkten. Mit seinen Ideen griff er damit unter anderem dem heutigen 3D-Druck vorweg.

New Work als Bewegung der Elite

Das aktuelle Verständnis von New Work setzt in Unternehmen ebenfalls an drei Stellen an: neue Raumkonzepte, modernste Technologie und ein neues Miteinander. New-Work-Experten tüfteln also zum einen an digitalen Vernetzungs- und Coworking-Möglichkeiten. Andere werden vor Ort kreativ, beispielsweise mit Designs für Open-Space-Büros oder geteilte Arbeitsplätze, die je nach Aufgabe spontan genutzt werden können. Der dritte Bestandteil nach der heutigen Auffassung von New Work richtet den Fokus auf den Unternehmenszweck und die Unternehmenskultur. Hier fallen Schlagworte wie „Purpose“ oder „Work-Life-Blending“.

Allein die Begrifflichkeiten machen allerdings deutlich: Zielgruppe der modernen New-Work-Bewegung sind nicht die einfachen Arbeiter und Angestellten. Die wirtschaftliche Spaltung der Gesellschaft macht sich also nicht nur im Lebensstandard bemerkbar. Auch das Verständnis von Arbeit sowie die Sprache, mit der darüber gesprochen wird, sind je nach Angestelltenebene sehr verschieden. Hip klingende Anglizismen kommen bei Hochschulabsolventen durchaus an. In der breiten Masse der Angestellten können solche Begriffe jedoch eher für Befremdung als für Identifikation mit dem Unternehmen sorgen.

Hier spiegelt sich eine Entwicklung wider, die sich durch den Fachkräftemangel seit Jahren verschärft: Arbeitgeber sprechen mit ihrem Unternehmenszweck – dem „Purpose“ – und einer neuen Firmenkultur vor allem die gut ausgebildete und umkämpfte Elite an. Die Frage, was ein im „Design Thinking“ entwickelter „Purpose“ beispielsweise Callcenter-Mitarbeitern, die im Fünf-Minuten-Takt Kundenanfragen beantworten, an positivem Nutzen bieten soll, wird dabei kaum gestellt.

Wer nach Stechuhr arbeitet und an seiner Produktivität pro Stunde gemessen wird, konnte sich schon am obligatorischen Tischkicker – DEM Symbol für New Work – nicht sonderlich erfreuen. In Zeiten von Home Office, in denen die „Kreativen“ mit einem Morgenkaffee-Video-Call in den Tag starten und sich dann in „Vertrauensarbeitszeit“ ihren Aufgaben widmen, kämpft der Callcenter-Agent mit täglichen technischen Updates. Währenddessen wird genau erfasst, wie viele Kundenanfragen er bearbeitet. Schafft er weniger als im Büro, wird an seiner Selbstdisziplin und seiner Motivation gezweifelt.

Es folgt ein Übermaß an gut gemeinten Ratschlägen, digitalem Freizeitangebot, Spaß-Challenges und Umfragen zur Work-Life-Balance. Beteiligt er sich hierbei nicht, entstehen Zweifel an seinem Teamgeist und seiner Integrationsbereitschaft. Eigenverantwortlich und selbstreflektiert soll er agieren, dabei aber gleichzeitig auf möglichst vielen digitalen Kanälen seine Offenheit für Spaß, Gemeinschaft und für alle Themen, die gerade aufkommen, demonstrieren. Nicht nur die Produktivität, sondern auch das Maß an sozialer Interaktion wird zu einer messbaren Größe, nach der ein Angestellter bewertet wird. Modernste Technik? Ja. Tun, was man wirklich wirklich will? Eher nicht.

Neue Arbeit erfordert ein neues Menschenbild

Dabei ging es Frithjof Bergmann ursprünglich darum, den 80 Prozent der Bevölkerung, die an „seelenloser“ Lohnarbeit Stück für Stück zugrunde gehen, Zeit und Ruhe für das zu schaffen, was sie wirklich wollen. Dass Lohnarbeit im Stundentakt auf Dauer krank machen kann, hatte er am eigenen Leib erfahren. Nach einem Studienjahr in Oregon blieb er in den USA und schlug sich unter anderem als Hafen- und Fließbandarbeiter, Tellerwäscher und Preisboxer durch. Später berichtete er, dass man nach einem Tag am Fließband am Abend ein bisschen weniger intelligent war als am Morgen. „Das ist in der Tat ein ganz raffinierter Verblödungsprozess.“

Vor allem aus diesem Grund setzte Bergmann auf Technik, die solche Arbeiten übernehmen sollte. Heute mangelt es seiner Auffassung nach nicht an technischen Möglichkeiten. Sein Fazit zur derzeitigen Umsetzung von New Work – wie er dem Handelsblatt 2019 in einem Interview mitteilte – lautet dennoch: „Heute macht man vielerorts nur die Lohnarbeit attraktiver, sympathischer und netter. Man kann auch sagen: Es ist Lohnarbeit im Minirock. Firmen beschreiben das, was wir Neue Arbeit nennen, nur in ganz oberflächlicher Art und Weise. Auch wenn es angeblich super läuft, ist es mehr Schein als Wirklichkeit.“ An der Grundsituation hat sich also nichts geändert: Die Menschen verbringen den Großteil ihrer Zeit mit Lohnarbeit. Immerhin ist sie für die Eliten durch heutige New-Work-Konzepte deutlich angenehmer geworden.

Um auch heute als Lösung für Massenarbeitslosigkeit zu gelten, braucht es für New Work aber nicht noch weitere technische Lösungen oder Bürokonzepte. Damit würde nur weiterhin „von oben“ verordnet, wie Menschen ihre Tätigkeiten verrichten sollen. Durch Home Office, Kommunikationssysteme, die wie soziale Medien funktionieren, und ein Angebot an digitalen Freizeitaktivitäten verschwimmen zudem die Grenzen von Arbeit und Privatem. Um Arbeit neu zu denken und frustrierende Lohnarbeit wirklich abzuschaffen, braucht es laut Bergmann vor allem eins: ein neues Menschenbild. Eines, das auch dem einfachen Angestellten zugesteht, „dass er kein Raubtier ist, das gezähmt werden muss. Dass kein Egoismus in ihm herrscht, den man bändigen muss. Sondern dass wir jetzt den Punkt erreicht haben, wo wir die Menschen entwickeln und stärken können.“

Hier bleibt Bergmann zuversichtlich. Die technischen Voraussetzungen sind erstmals in einem Ausmaß vorhanden, um die Grundversorgung der Menschheit zu sichern. Befreit von Existenzängsten braucht die heutige Zeit vor allem Mut. Mut, auch Arbeitern und Angestellten die Möglichkeit und das Vertrauen zu bieten, sich ernsthaft mit der Frage zu befassen: Wie wünsche ich mir die Neue Arbeit? Und vor allem: Was will ich wirklich? Denn wie er bereits im Fazit seines Buchs „New Work New Culture“ schrieb: „Wenn wir unsere Aufmerksamkeit einem Stuhl, einer Lampe, einer Couch, einem Tisch zuwenden, wird sehr schnell klar, wie die meisten Dinge auf 100-fache Weise verbessert werden könnten. Und dies ist natürlich noch zehntausendmal zutreffender für das Leben. Wir können deshalb zusammen daran arbeiten.“

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Nicht nur die Arbeit selbst ist systemrelevant

So schön diese Idee klingt und so leidenschaftlich sich Bergmann seit Jahrzehnten für die Abschaffung monotoner Lohnarbeit und die geistige Emanzipation der unteren Angestelltenebene einsetzt: Konkrete Belege für den Erfolg seiner Maßnahmen gibt es bisher nicht. In Zeiten, in denen Angestellte und Arbeiter im Maschinenraum als „systemrelevant“ beklatscht werden, lohnt es sich aber zumindest, Bergmanns Ansatz weiterzudenken.

Beispielsweise könnte das in Form von Mitbestimmung passieren – und durch Antworten auf die Frage: Wie können sich Angestellte wirkungsvoll Gehör verschaffen, damit nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern auch ihre Ideen als systemrelevant wahrgenommen werden? Und einen Schritt früher angesetzt: Wie kann in Arbeitern und Angestellten die Überzeugung entfacht werden, dass nicht nur ihre Fähigkeit zur Verrichtung vorgegebener Aufgaben, sondern auch ihre Erfahrung, ihre Wünsche und ihre Ziele wirklich wirklich systemrelevant sind?

Kathrin Kerler ist studierte Philosophin, Trainerin und systemische Beraterin. Sie hilft Frauen dabei, sich in der neuen Arbeitswelt selbst zu verwirklichen.

Titelbild: Getty Images

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Vielen Dank für den Hinweis auf F. Bergmann uns seine Arbeiten, die wirklich relevanter denn je sind - insbesondere die Ansätze Menschen dazu zu bewegen, ihre eigenen besonderen Fähigkeiten herausfinden zu wollen, die sie dann auch in ihrer Arbeit (vielleicht sogar Berufung) einsetzen wollen.
Wenn ich neue Kandidaten für eine Position interviewe, dann stelle ich meist die Frage, was ihre herausragende Fähigkeit ist - etwas, was sie lieben zu tun und vor allem, wo sie selbst im Laufe ihres Lebens zum Schluss gekommen sind, dass sie zu den Menschen gehören, die diese Fähigkeit beherrschen UND den x-Factor darin haben.
Leider bekomme ich in der Regel antworten, die mir den Schluss zulassen, dass die / der jeweilige Kandidat:in sich noch nicht damit beschäftigt hat.
Daher finde ich den Ansatz, den F. Bergmann in seinen Arbeiten verfolgt, sehr relevant und von @Musicat sehr gut zusammengefasst.

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Das kann ich mir gut vorstellen. War selbst schon in so einer Situation. Denn irgendwie neigt man doch selbst dazu, seine Fähigkeiten mit seiner Berufsbezeichnung gleichzusetzen – ohne zu bemerken, dass es oft viel grundsätzlichere Skills sind, die man mitbringt, oder dass es nicht der Job an sich ist, der einem Spaß macht, sondern ganz bestimmte Tätigkeiten/Prozesse/Herausforderungen. So ging es mir jedenfalls…

Daher: Cool, dass du das fragst. Bringt die Leute zum Nachdenken!

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Danke @Musicat für Deine Zusammenfassung zu Frithjof Bergmann Idee von Neuer Arbeit und die noch spannendere Frage ganz zum Schluß.

Der Begriff New Work ist leider so schwammig wie die Definition von gutem Fernsehprogramm, auch hier werden wohl die Meinungen auseinander gehen.

Was dazu führt, dass entweder der Teilbereich den man betrachten möchte näher eingegrenzt werden sollte, oder eine Definition gefunden wird, die alle Beteiligten als Diskussionsgrundlage verstehen.

Das wären für mich die Bereiche:
Was kann ich als Mensch dazu beitragen?
Was kann mein Wirkungsraum dazu beitragen?
Was kann die Gesellschaft dazu beitragen?

Wie setze ich Neue Arbeit als Mensch um?
Genau, du musst erst einmal an deinem Mindset arbeiten! Aber was heisst das eigentlich an seinem Mindset arbeiten? Um zu dem Punkt zu kommen zu wissen was ich wirklich wirklich machen will, braucht es die Auseinandersetzung mit mir Selbst. Was sind meine Fähigkeiten? Wo liegen meine persönlichen Stärken? Wo zieht mich meine Neugierde hin?
New First World Work Problems mag man da sagen, denn wer hat schon den Luxus sich hier rüber Gedanken machen zu könne und den Entfaltungsrahmen sich diesen Idealen zu nähern?
Fragen wir eine/n TeppichknüpferIn in Bangladesch, oder die genannten Call Center Agents, könnten die Antworten zynisch ausfallen.

Gehen wir einfach mal vom Idealzustand aus. Dann würde ich sagen braucht es eine Haltung der Neugierde und des Experimentierens. Denn Überzeugung kann nur entfacht werden wenn die Flamme des Wissens in uns lodert. Dazu braucht es den Spaß und den Willen einfach ein Leben lang in der Rolle des Schülers das Leben zu erforschen und sich nie als Meister zur Ruhe zu setzen.

Dazu gehört auch die Kompetenzbildung sich mit neuen Technologien zu beschäftigen. Wie wäre es mit einem Digitalen Führerschein, nur das dieser nicht einmal erworben wird sondern regelmäßig verlängert werden muss?

Neben der Technologie und Tool Kompetenz braucht es dann auch noch die soziale Kompetenz. Wir brauchen den Austausch, die Diskussion genauso wie das empathische Gespür für den richtigen Umgang miteinander.

Um das zu Lernen und zu erproben benötigt es Wirkungsräume.
Kickertisch und Bällebad, die Metapher die bereits einen längeren Bart als Bergmann selber hat, ist hier nicht gemeint. Aber wie kann uns unser Umfeld unser Arbeitsplatz dabei unterstützen besser zu arbeiten, anstatt der seelenlosen Lohnarbeit zu verfallen. Raumkonzepte gehören hier sicherlich dazu. Wie schaffen wir es die Kreativität und den Dialog zu fördern und uns nicht in Silos zurück zu ziehen? Wer profitiert von Kreativräumen, Open Space Konzepten…? Warum nicht auch diejenigen die primär nicht für Wissensarbeit eingestellt sind? Bzw. welche Technologien ermöglichen eben jenen Arbeitern ein besseres arbeiten? Neue Arbeit heisst für mich auch jenen die Möglichkeit zu geben sich kreativ oder in eigenen Projekten entfalten zu können?
Wirkungsräume sind für mich also Möglichkeitsräume.

Für Möglichkeiten braucht es ein gesellschaftliches Umdenken
Das ist zum einen die Akzeptanz und das ermöglichen von Home Office (als Bestandteil Neuen Arbeitens) durch die Regierung. Heisst aber auch das es eine Verantwortung seitens der Unternehmen gibt die Möglichkeitsräume zu öffnen. Wenn das Unternehmen mir nicht den Wirkungsraum gibt werde ich mir vielleicht nie die Frage stellen wie wirklich wirklich systemrelevant ich bin.
Diese Möglichkeitsräume sind auch Ebenen in denen diskutiert werden sollte, ob die Modelle von Ford und Taylor noch zeitgemäß sind oder ob eine andere Passung vielleicht für mein Unternehmen eher in die Zukunft führt. Was mich zum Schluß zum Unternehmens Sinn führt, oder ganz new workig eben dem Purpose. Wenn wir die Firma als eigenes System betrachten, wird ihr Sinn als erstes im eigenen Überleben liegen. So wie wir als Mensch atmen müssen und etwas essen und trinken, so versucht die Firma auch am Leben zu bleiben.
Simon Sinek sagt finde dein Warum und ich würde lügen wenn ich sage, das ich kein Freund des Golden Circles bin. Unser Warum, als Mensch, als Firma, als Gesellschaft ist ein unglaublicher Motor und manchmal auch unglaublich überschätzt.

New Work, Purpose oder Mindset sind Worthülsen, die wir für uns und gemeinsam mit Sinn und Bedeutung füllen müssen. Dann können wir auch positiv in die Zukunft schauen und gemeinsam daran arbeiten wirklich wirklich etwas zu Verändern. Denn wir sind alle systemrelevant.

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Bin mir nicht sicher ob diese Aussage eine abgehobene Sichtweise oder vielleicht eine aufgrund der schönen Bildlichkeit und Gegensätzlichkeit genutzte Metapher ist. „Raubtier zähmen, Egoismus bändigen“… das denkt glaube ich kaum einer und will auch keiner.

Gewisse Tätigkeiten können einfach nicht automatisiert werden (noch nicht) und werden deshalb von Menschen in stupider Tätigkeit vollbracht. Das ist eher eine Konsequenz unseres marktwirtschaftlichen System-Prinzips und Gesellschaftsmodells. Also würde ich vielleicht eher sagen New Work - Dafür brauchen wir ein anderes Gesellschaftsmodell.

Möchte auch unbedingt vermeidet, dass sich jeder die Frage nach dem eigenen Sinn und Zweck des Seins stellt. Ich glaube diese Fragestellung ist eine Konsequenz von Langeweile und führt am ehesten in eine Art Depression…

Was ist richtig gut finde and dem was ich jetzt über New Work erfahren haben ist die letzte Aussage im Zitat: Menschen entwickeln und stärken. Ich glaube am ehesten daran, dass der Weg das beste Ziel ist und zwar gemäß den eigenen Stärken und Prägungen. Sich der eigenen Persönlichkeit bewusst zu sein und dann in passende (Arbeits- / Menschen-) Kontexte zu integrieren und was sinnstiftendes zu tun wäre ein phantastisches Arbeiten. In dem Fall (ist es zumindest meine Erfahrung) ist es egal was genau man macht oder in welcher Branche man arbeitet…

Und vielleicht zum Abschluss aus meiner Fließband-Tätigkeit: man mag es kaum glauben, aber Menschen gehen zT sogar gerne in die Arbeit wo man sehr stupide Tätigkeiten ausübt. Dort trifft man Kollegen, auf andere soziale Kontexte und Gespräche, tut etwas „sinnvolles“ was anders nicht möglich wäre…

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Ob sich nun jeder nach dem Sinn des Seins fragen muss, ist im Grunde eine philosophische Frage, die abschließend zu erörtern noch keinem gelungen ist. Zumindest könnte man erwähnen, dass z.B. auch ein Abraham Maslow nachträglich den Punkt Selbstverwirklichung an die Spitze seiner Bedürfnispyramide gestellt hat. Das heißt natürlich nicht, dass damit immer auch der Sinn des Seins erfüllt sein muss.

Ich habe in meiner Arbeit zumindest fast ausschließlich Menschen getroffen, die am Ende des Tages mit dem Gefühl in den Feierabend gehen wollten, einen guten Job gemacht zu haben. Ob stupide oder nicht. Die stolz auf ihre Erfahrung sind und auch darauf, Situationen einfach meistern zu können, die ihnen Jahre zuvor vielleicht noch schwer gefallen sind. In Zeiten des schnellen Wandels werden aber auch stupide Arbeiten laufend verändert und angepasst, so dass ein routinierter Ablauf, den man für entspanntes soziales Miteinander braucht, weil man nicht mehr über das nachdenken muss, was man tut, schwerer möglich ist. Und gerade da ist nach wie vor gängige Praxis, dass neue Abläufe von „oben“ konzipiert werden, von Menschen, die sehr häufig nie in der praktischen Ausführung gearbeitet haben und sich Dinge ausdenken, die im Alltagsgeschäft nicht praktikabel sind. Da wir zumindest aber in einer Gesellschaft leben, in der auch die Ausführenden wissen, dass die „da oben“ auch nur Menschen sind, führt das heutzutage zunehmend zu Unzufriedenheit und der Frage: Warum wird uns ein Vorgehen übergestülpt von Leuten, die keine Ahnung haben, wie unsere tägliche Arbeit aussieht und die uns nicht einmal fragen, ob wir das, was wir da umsetzen sollen, für sinnvoll halten? Hier sehe ich die Forderung nach mehr Mitbestimmung auf jeden Fall berechtigt.

Und was die persönlichen Stärken und Prägungen angeht, das fände ich auch großartig, wenn sich Wege finden ließen, diese in jeder Branche und jeder Tätigkeit einbringen zu können. Gerade die heutige Zeit, die immer schnellere Anpassungen verlangt und in der sich ganze Branchen neu erfinden müssen, um weiter zu bestehen, könnte es hier auch für alle eine Bereicherung sein, wenn auf allen Ebenen Erfahrungen und Ideen von jedem, der möchte und der was anzubieten hat, einfließen können.

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Diese Erfahrung kann ich bestätigen. Ich könnte mir vorstellen, dass es zum Teil daran liegt, dass viele noch in der Vorstellung gefangen sind, dass man in Jobinterviews am besten die Dinge sagt, die für die Position am besten passen. In der entsprechenden Situation wird oft der gedankliche Raum dann gar nicht geöffnet, in dem man über allgemeine Fähigkeiten und Leidenschaften sprechen könnte.

Ein anderer Grund könnte sein, dass manche ihre herausragende Fähigkeit selbst gar nicht als solche betrachten. Sie ist ihnen so in Fleisch und Blut übergegangen, dass es für sie zur Selbstverständlichkeit wurde und sie das deshalb gar nicht erwähnenswert finden.

Einen Sprung hat, so ist zumindest mein persönlicher Eindruck, hier die neueste berufliche Generation, die mit YouTube etc. aufgewachsen ist, gemacht. Menschen Anfang 20 können oft erstaunlich gut beschreiben, welche Erfahrungen sie besonders geprägt haben, was ihnen persönlich wichtig ist und warum sie in die Richtung gehen möchten, auf die sie sich gerade bewerben. - Und wenn es „nur“ der Grund der persönlichen Weiterentwicklung ist. Bei einigen hatte ich sogar das Gefühl, dass sie mit der Frage, was sie wirklich wirklich wollen, schon groß geworden sind und sich Vieles von dem, was sie tun, um diese Frage dreht. Ich glaube, da kann man wirklich gespannt sein, was in den kommenden Jahren von dieser Generation kommt.

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Ein tolles Plädoyer für die Chancen und Möglichkeiten von New Work. Der Ansatz, den jeweiligen Teilbereich einzugrenzen oder eine Definition zu finden, die für die Beteiligten eine Diskussionsgrundlage bietet, klingt so logisch nachvollziehbar, dass ich mich gerade frage: Warum wird das nicht - oder zu wenig - gemacht?

Vielleicht, weil es eine Definition braucht, die alle abholen kann.
eine Haltung der Neugierde und des Experimentierens ist in vielen Bereichen wünschenswert. Aber darf sie von jedem erwartet werden?

Wie @0x78 beschrieben hat, gibt es ja auch durchaus Menschen, die einfach einer Tätigkeit nachgehen möchten, über die sie nicht groß nachdenken wollen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Notwendigkeit, am eigenen Mindset zu arbeiten, hier nicht unbedingt gesehen wird.

Genauso gibt es Menschen, die sich nach Stabilität sehnen und denen ein „Das haben wir immer so gemacht“ Halt gibt und das Gefühl, sich auf die tägliche Routine und die darin entwickelten Fähigkeiten verlassen zu können. Natürlich ist das gerade in der heutigen Zeit schwer, so aufrechtzuerhalten. Aber es bräuchte meiner Ansicht nach auf jeden Fall eine Vorstellung von New Work, die es auch Menschen, die mit den vielen schnellen Veränderungen zu kämpfen haben, ermöglicht, mitzukommen. Denn es würde ein beträchtlicher Teil der Gesellschaft abgehängt werden, wenn man es zuließe, dass Arbeitskontexte ausschließlich von den Neugierigen und Experimentierfreudigen gestaltet werden. Die Bedürfnisse sind hier zum Teil grundverschieden. Und nachdem es einen großen Teil an Menschen gibt, die bei vielen schnellen Veränderungen auf der Strecke bleiben, kann es durchaus ein Gewinn für alle sein, diesen Menschen auch Gehör zu schenken. Ich könnte mir vorstellen, dass allein ein Raumkonzept dann völlig anders aussehen würde. Eine neue Form des Miteinanders als Bestandteil von New Work wäre daher vielleicht auch wünschenswert.

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Mir war gar nicht klar, dass New Work aus der amerikanischen Automobilbranche entstanden ist. :auto_rickshaw:

Gut, dass wir für so vieles, ein neues Menschenbild brauchen… :confused:

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Sehe ich genauso. Wir brauchen eine breitere Diskussion über New Work und weit außerhalb der LinkedIn und New Work Blase. Das beginnt bei der Wortwahl, die sich zu oft in Buzzword-Bullshit-Bingo ergeht und die nach Möglichkeit alle abholen und in die Diskussion mit einbeziehen sollte.

Ich gebe Dir recht. Es ist okay wenn Menschen gerne in ihren Routinen arbeiten, die Systeme auch aufrechterhalten und ein bisschen in ihrem „Das haben wir immer so gemacht“ verweilen. Ich bin ein Freund von Hilfe zu Selbsthilfe und jeder ist seines Glückes Schmied. Es geht mir nicht darum das eine über das andere zu heben. Aber allein ein Blick in den Job Futuromat kann einen nachdenklich stimmen. Wie sicher ist mein Routinetätigkeit ,oder wird sie eines Tages durch digitale Routinen ersetzt?

So bleibt die Frage, wie können wir alle mitnehmen, abholen und auch in den laufenden Veränderungsprozessen soweit neugierig machen um gemeinsam die Frage zu beantworten: „Wie wollen wir gemeinsam in einer der Zukünfte leben und arbeiten?“

Ich schwanke selber immer zwischen „Der Mensch ist ein dummes böses Tier“ und „Im Grunde sind wir alle Gut.“ Ich hoffe das wir uns irgendwann auf Kooperation und Ko-Kreation im Sinne und Wohler aller besinnen. Egal ob das dann New Workig ist oder nicht :slight_smile:

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Interessant- geht mir genauso. 2 Enden des Spektrums. Warum ist das so? Sind wir tatsächlich so binär im Verhalten ? Ich hoffe nicht

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Ich denke wir nehmen uns oft als Menschen zu wichtig. Vielkeicht täte uns wieder ein bisschen Demut gut.
Schritt Zwei: Das hat Gerald Hüther sehr schön gesagt ist anzuerkennen das der einzige Weg ist unsere Potentiale zu entfalten und uns gegenseitig in diesem Weg zu unterstützen.
Vielleicht ist jedes böses dumme Tier nur ein verletztes Inneres Kind was mal wieder in den Arm genommen will. Wer weiß…

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