Entertainment, Komfort, Haushalt. Darum ging‘s bei der CES, der Megamesse für Heimelektronik, auch 2025. Die Berichterstattung drehte sich um Fernseher, Computer, Kopfhörer. Zukunftsweisende Innovationen? Gab es zwar. Doch in der Flut an Neuheiten gingen sie etwas unter. Deshalb gibt es auch 2025 unsere 1E9-Nachlese zur CES, in der wir sinnvolle Innovationen vorstellen, die mehr sind als unterhaltsame Gadgets.
Von Wolfgang Kerler
Electric Salt Spoon: weniger Salz, mehr Gesundheit
Die meisten Menschen essen zu viel Salz. Damit steigt das Risiko für Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber Essen, das fad schmeckt, ist auch keine Lösung. Was tun? Mit seinem Electric Salt Spoon will der japanische Getränkekonzern Kirin Abhilfe schaffen. Die Elektronik im Griff des Löffels schickt schwache Elektrizität durch den Körper. Das ist harmlos, soll aber Salzgeschmack an der Zunge simulieren. Wenig gesalzenes Essen schmeckt dadurch intensiver. In Japan wird das Gerät, das über vier Intensitätsstufen verfügt, bereits für rund 120 Euro verkauft.
Getestet haben wir den Electric Salt Spoon selbst nicht. Doch in Praxisberichten aus Las Vegas, zum Beispiel von Mashable, wurde seine elektrisch-salzende Wirkung bestätigt. Ein häufiger Kritikpunkt allerdings: Damit der Löffel funktioniert, muss er offenbar mit der ganzen Faust umfasst werden. Das sieht nicht gerade elegant aus, ist aber vielleicht nur Gewöhnungssache.
Das alles kommt euch verdächtig bekannt vor? Kein Wunder. Bei 1E9 haben wir bereits 2022 ein Interview mit der Kirin-Forscherin Ai Sato und dem Meiji-Universitäts-Professor Homei Miyashita veröffentlicht. Die beiden waren für die Entwicklung des Tech-Bestecks verantwortlich.
Unser Urteil: Technologie, die das Riesenproblem Bluthochdruck angehen will, hat einen Platz auf unserer Liste verdient. Zumal sie so sympathisch seltsam ausfällt.
Roborock Saros Z70: Ein Roboter, der Socken sammelt
Neu ist die Idee nicht, doch diesmal scheint sie tatsächlich zu funktionieren: Die Live-Demo in Las Vegas überzeugte so sehr, dass es der autonome Sauger Saros Z70 von Roborock auf fast alle Best-of-CES-Listen geschafft hat. Sein Highlight: Er verfügt über einen frei beweglichen Arm, der bis zu 300 Gramm schwere Hindernisse aufräumen kann. Und nicht nur das, er soll auch zwischen verschiedenen Gegenständen unterscheiden können. „Socken? Zum Schrank. Sandalen? Zur Fußmatte im Eingang. Papiertaschentücher? Zum Mülleimer“, verspricht der Hersteller.
Wegweisend ist das Gerät, das in diesem Jahr für etwa 2.000 Euro auf den Markt kommen soll, weil es die nächste Entwicklungsstufe von Haushaltsrobotern einläutet: Sie können nicht mehr nur Hindernissen ausweichen, sondern Objekte erkennen und mit ihnen umgehen. Das ermöglicht ganz neue Anwendungen.
Unser Urteil: Roboter, die uns zuhause tatkräftig unterstützen, können wir angesichts der rasant alternden Gesellschaft gar nicht früh genug bekommen. Der Socken sammelnde Saros Z70 macht hoffentlich nur den Anfang.
Nvidia Cosmos: Maschinen verstehen die physische Welt
Der gerade ohnehin – und wörtlich – hoch im Kurs stehende Chiphersteller Nvidia präsentierte bei der CES neue Grafikkarten und einen kompakten KI-Supercomputer, der „nur“ 3.000 Dollar kosten soll. Besonders spannend fanden wir allerdings die KI-Plattform Cosmos, mit der Nvidia die Entwicklung von autonomen Autos und Robotern, aber auch von Industrieanwendungen massiv beschleunigen will.
Aktuell scheitern Maschinen, die in der realen Welt agieren sollen, oft daran, dass sie ihre physische Umwelt schlicht nicht verstehen. Um das zu ändern, braucht es „Physical AI“, also KI für physische Systeme, die wiederum Trainingsdaten brauchen. Doch diese Trainingsdaten sind entweder nicht vorhanden oder lassen sich nur sehr teuer herstellen. Bisher.
Comos, als „erstes World Foundational Model der Welt“, wie Nvidia-Chef Jensen Huang es nannte, soll dieses Problem lösen. Denn Cosmos nutzt generative KI, um aus Sensor- oder Bewegungsdaten, Videos, Fotos und sogar Texten fotorealistische Videos zu erschaffen, die zum Training von Robotern oder autonomen Autos verwendet werden können. Anstatt mühsam Datasets aus Echtweltdaten zu erschaffen, liefert Cosmos in kurzer Zeit synthetische Daten. Das dürfte die Entwicklung von autonomen Maschinen beschleunigen, die uns in der physischen Welt unterstützen können. Der Roborock Saros Z70 könnte also bald alt aussehen…
Unser Urteil: Mit Cosmos könnte Nvidia den ChatGPT von Robotern in greifbare Nähe bringen. Da Nvidia Cosmos als Open-Source-Lösung anbieten will, rechtfertigt das die Aufnahme in unsere Liste.
Smart Glasses: Noch kein Metaverse, aber hilfreich im Alltag
Smarte Brillen gehörten zu den Trends der diesjährigen CES. Deswegen fällt es schwer, ein einziges Modell für unsere Liste herauszupicken. Brillen, die lediglich über KI-Sprachassistenten, kleine Lautsprecher und integrierte Kameras verfügen, lassen wir allerdings weg. Sie ähneln den schon länger verfügbaren Ray-Ban-Modellen von Meta. Wir fokussieren uns stattdessen auf die Geräte, die digitale Inhalte ins Sichtfeld der Nutzer projizieren und zusätzlich über eingebaute KI-Assistenten verfügen. Denn bei den smarten Brillen, die simple Augmented Reality – meistens nur grün-monochrome Text- und Symboleinblendungen – mit KI-Unterstützung kombinieren, gibt es echte Fortschritte.
Geräte wie die Captify-Brille von Solaire, die Rokid oder Halliday Glasses sowie die Even G1 lassen sich optisch erst auf den zweiten Blick von normalen Brillen unterscheiden. Dennoch verfügen sie über Funktionen, die im Alltag weiterhelfen: Mithilfe von KI können sie in Gesprächen Live-Untertitel einblenden, was für Menschen hilfreich ist, die nicht gut hören. Übersetzungen von Fremdsprachen sind ebenfalls möglich, plus das Einblenden eigener Texte wie bei einem Teleprompter. Kleine Erinnerungen, Gespräche mit ChatGPT oder Wegbeschreibungen versprechen manche Hersteller ebenfalls.
Unser Urteil: Die smarten Brillen der nächsten Generation haben noch nichts mit dem Metaverse zu tun, entwickeln sich aber zu wirklich nützlichen Alltagsbegleitern. Erfreulich, dass sie Sprachbarrieren abbauen und hörgeschädigten Menschen helfen.
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Das japanische Unternehmen Yukai Engineering haben wir euch 2021 vorgestellt – in einem Interview mit Firmengründer Shunsuke Aoki. Das Ziel der Firma, deren Name übersetzt „glücklich“ oder „angenehm“ heißt, ist es, niedliche Roboter zu kreieren, die hilfreiche Aufgaben erfüllen und gleichzeitig das Leben der Menschen bereichern. Nach dem freundlichen Kommunikationsroboter BOCCO und dem Katzenkissen Qoobo hat Yukai bei der CES 2025 seinen vielleicht niedlichsten Roboter vorgestellt: Mirumi.
Mirumi sieht aus wie eine Kreuzung aus Eule, Faultier und Teddybär und ist beispielsweise an einer Handtasche befestigt. Dort verhält er – oder sie – sich wie ein kleines Kind: Er schaut sich um und sucht dabei auch Augenkontakt zu Menschen, die vorbeigehen. Nähert sich allerdings jemand, wird Mirumi schüchtern – und duckt sich. Wird Mirumi geschüttelt, schüttelt der Roboter mit dem Kopf. „Egal ob im vollen Zug oder in der Schlange an der Kasse, dein Mirumi wird immer einen Weg ins Herz der Menschen finden“, sagt Yukai-Chef Shunsuke Aoki.
Unser Urteil: Mirumi wird weder den Klimawandel noch Armut, Krankheit oder militärische Konflikte lösen. Doch in einer Zeit voller Krisen, in der Menschen Angst vor übermächtiger KI haben, können wir niedliche Roboter, deren einziger Zweck ist, Menschen glücklich zu machen, wirklich gebrauchen.
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