Der KI-Chatbot ChatGPT wird derzeit als eine Revolution gefeiert. Viele Nutzer sind von den Fähigkeiten der Software beeindruckt. Doch einer der bekanntesten KI-Forscher mag sich nicht für die Entwicklung von OpenAI begeistern. Laut Yann LeCu von Meta könnten auch andere Firmen einen solchen Dienst starten. Sie hätten es bisher nur nicht getan, weil sie lieber vorsichtig sind.
Von Michael Förtsch
Seit Ende des letzten Jahres sorgt der auf einem großen Machine-Learning-Modell basierende KI-Chatbot ChatGPT für viel Interesse, Begeisterung und auch Sorge. Denn das vom Forschungsunternehmen OpenAI entwickelte Programm kann erstaunlich gut Konversationen betreiben, Fragen beantworten und auf Zuruf komplexe Texte liefern. Erste Lehreinrichtungen fürchten das Ende klassischer Hausaufgaben, und zahlreiche Studierende wie der Universität Stanford haben bereits eingeräumt, die Software bei Abschlussarbeiten eingesetzt zu haben. Auch Software-Entwickler haben ChatGPT entdeckt. Denn das Programm kann ebenso Code-Bestandteile bereitstellen und beim Lösen von Software-Problemen helfen. Dennoch sind nicht alle von ChatGPT überzeugt und halten den Trubel darum für überzogen.
Der als KI-Pionier gefeierte Informatiker Yann LeCun, der beim Facebook-Konzern Meta die Forschung an Künstlicher Intelligenz leitet, hält etwa überraschend wenig von ChatGPT. Der aus Frankreich stammende Entwickler sagte in einer Online-Gesprächsrunde, dass „was die zugrundeliegenden Techniken betrifft, ChatGPT nicht besonders innovativ“ ist. ChatGPT sei nicht revolutionär, auch „wenn es in der Öffentlichkeit so wahrgenommen wird“. Allerdings habe OpenAI die Technologie in einer Weise zugänglich und nutzbar gemacht, die überzeugt und einfach zu handhaben ist.
Laut Yann LeCun sei OpenAI insgesamt nicht herausragend, was Forschung und Entwicklung betreffe. Es sei kein Unternehmen, das große Durchbrüche erziele. Andere Unternehmen könnten, wenn sie wollten, längst ein eigenes ChatGPT anbieten. „Das wären nicht nur Google und Meta, sondern ein halbes Dutzend Start-ups, die im Grunde eine sehr ähnliche Technologie haben“, so LeCun. Das liege auch daran, dass viele grundlegende Ansätze und Ideen der KI-Entwicklung freigegeben werden, um darauf gemeinsam aufzubauen.
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Wie Yann LeCun sagt, hat ChatGPT „eine lange Geschichte“. Es sei nicht „aus einem Vakuum heraus entstanden“. Was die Entwickler bei OpenAI getan hätten, sei vor allem gewesen, die Konzepte anderer Forscher zu bündeln und als ein Programm zusammenzufassen und zugänglich zu machen. Der Kern von ChatGPT basiert etwa auf einem Maschinenlernmodell, das einst von Google Brain entwickelt wurde.
LeCun kündigte an, dass daher auch bald andere Firmen solche Systeme starten werden. „Werden wir so etwas von Meta zu sehen bekommen? Ja, das werden wir“, sagte LeCun. Diese Tools würden dann auch nicht nur Texte liefern, sondern könnten Nutzer auch in anderer Weise unterstützen. Der Grund, warum andere Unternehmen nicht schon längst Werkzeuge wie ChatGPT bereitstellen, habe nichts mit Unfähigkeit zu tun, sondern mit Vorsicht. Insbesondere Google und Meta hätten viel zu verlieren, wenn sie ein KI-System für die Nutzer öffnen und es dann unberechenbare Ergebnisse liefert. Das hatte sich bereits in der Vergangenheit bei Microsofts Twitter-Chatbot Tay gezeigt.
„Wenn sie öffentliche Demos starten, die, so beeindruckend und nützlich sie auch sein mögen, große Mängel haben, haben etablierte Unternehmen weniger zu gewinnen und mehr zu verlieren als geldgierige Start-ups", twitterte der KI-Forscher ergänzend zu den Aussagen in der Gesprächsrunde. „Wenn Google und Meta keine ChatGPT-ähnlichen Dinge veröffentlicht haben, liegt das nicht daran, dass sie es nicht können. Es ist, weil sie es nicht möchten.“
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