In der High-Tech-Stadt Shenzhen soll eine schwebende Insel gebaut werden

In China stehen zahlreiche verrückte Gebäude. Die Megametropole Shenzhen könnte nun aber eine ganz besondere Attraktion erhalten. Ein japanischer Architekt hat für sie eine Insel entworfen, die mehr als 200 Meter über dem Wasser schweben soll.

Von Michael Förtsch

Es ist ein Anblick, wie man ihn in einer Science-Fiction-Zukunft wie jener von Netflix’ Altered Carbon, Minority Report oder der Schöne-neue-Welt-Serie von Peacock erwarten würde. Ganze 268 Meter in der Höhe scheint eine Plattform über einer Wasserfläche zu schweben, auf der Bäume und Sträucher auszumachen sind. Es ist eine kreisrunde Scheibe, von der in langen Strömen riesige Wassermengen hinabzufallen scheinen. Getragen wird die Plattform von einem dicken Podest, das durch die „Wasserströme“ aber beinahe unsichtbar wird. So wirktwodurch der Turmbau filigran und leicht. Momentan ist diese Megaskulptur noch Fiktion. Aber wohl nicht mehr allzu lange.

Hinter dem imposanten, aber offiziell namenlosen Entwurf steht der japanische Architekt Sou Fujimoto, der vor allem für seinen minimalistischen und gleichzeitig experimentellen Stil bekannt ist. Er entwarf unter anderem ein Rehabilitationszentrum in Hokkaido, das aus zahlreichen Würfeln besteht, und eine Bushaltestelle im österreichischen Krumbach, die mit Dutzenden von Metallstangen und einem Treppenaufgang markiert wird. Sein Turmentwurf ist der Gewinner eines Designwettbewerbs, den die chinesische Tech-Metropole Shenzhen ausgerufen hat. Mit dem soll ein neues Wahrzeichen für die Sonderwirtschaftszone gefunden werden, die von gerade mal 8.000 Einwohnern im Jahre 1960 auf heute über heute 12,5 Millionen Einwohner angewachsen ist. Die offizielle Aufgabenstellung war, zu hinterfragen, was ein Turm im 21. Jahrhundert sein kann.

Angedacht ist der Entwurf für die Bucht des Qianhaiwan-Viertels, wo seit einigen Jahren massiv moderne Wolkenkratzer mit Luxuswohnungen und Büros für junge Start-ups sowie etablierte High-Tech-Unternehmen hochgezogen werden. Laut dem Architekten Sou Fujimoto besteht der Turmbau aus 99 kleinen Türmen, die wie hinabströmende Wasserfälle geformt sein sollen. Nicht alle sollen daher bis zum Boden reichen. Die von ihnen getragene Plattform soll aus breitem Stahl und Glasflächen bestehen, die eine rundherum verlaufende Aussichtsplattform und kleine Gärten tragen sollen. Dazu kämen Cafés, Restaurants und Galerie- und Ausstellungsräume, die Besucher anlocken sollen.

Die große Glasfläche der Plattform soll nicht nur futuristisch aussehen, sondern auch einen praktischen Zweck erfüllen. Mit ihr soll Regenwasser aufgefangen werden, das für die Bewässerung der Pflanzen auf der Plattform und des umliegenden Qianhaiwan-Viertels genutzt werden kann. Versteckt in den Pfeilern sollen zudem vertikale Windturbinen untergebracht sein, die es ermöglichen, dass der Turmbau einen Teil des benötigten Stroms selbst produziert. Ebenso versteckt sein soll der Eingang zur Attraktion. Der soll sich an Land befinden und die Besucher durch Rolltreppen in ein Atrium mit einer dicken Glasdecke führen, das sich knapp unter der Wasseroberfläche der Bucht befindet. Von dort aus können dann die Aufzüge erreicht werden, die in den Zentralpfeiler verbaut sein sollen.

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Sicher umgesetzt werden soll der Bau mit einem dicken Stahlträgerfachwerk für den Kern sowie Kohlenstofffasermaterial, was die Plattform vergleichsweise leicht halten sollen. Dazu soll die Scheibe mit Sicherungsseilen, die aus Kevlar gefertigt werden, stabil in Balance gehalten werden. Diese Seile sollen dafür von der Plattform und den hängenden Türmen bis ins Wasser gezogen und dort verankert werden, wodurch sie zudem den Eindruck von fließendem Wasser verstärken.

Eine Bestätigung, dass der gewagte Entwurf tatsächlich umgesetzt wird, steht zwar noch aus. Aber es nicht unwahrscheinlich, dass diese schwebende Insel wirklich gebaut wird. In Wuxi wurde bereits 2014 ein Gebäude im Form eines Teekessels fertiggestellt. In Wujin steht ein Gebäude in Form einer Lotusblüte. Und erst im Mai hatte das Architekturbüro BIG angekündigt, für den Smartphone-Hersteller OPPO ein Gebäude zu bauen, das einer Endlosschleife nachempfunden ist.

Teaser-Bild: Sou Fujimoto Architects

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