IAA 2019: Wenn reale SUVs auf utopische Zukunftsvisionen treffen

Die Automesse IAA ist dieses Jahr eine besonders schizophrene Veranstaltung. Die Hersteller sind eingekeilt zwischen ihren zahlenden Kunden, die nicht genug von SUVs haben können, und Klimaschützern, die einen sofortigen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor fordern. Ein Besuch der Messe kann einen ziemlich ratlos zurücklassen­.

Ein kleiner Auto-Essay von Wolfgang Kerler

Mein Date mit der Realität war am Freitagnachmittag am Stand von Volkswagen, als direkt vor mir ein Mann in einen nagelneuen Kleinwagen stieg. Kurz vorher hatte mich VW noch per Hochglanz-Video, abgespielt auf der gigantischen LED-Wand hinter dem Messestand, auf „eine neue Bewegung“ eingeschworen: „Wer sagt denn, dass Du nichts bewegen kannst?“ Ha, genau nach meinem Geschmack! Zukunft fängt bei mir an!

Doch dann konnte ich mir das Auto, mit dessen Kauf ich Teil der Bewegung werden könnte, aus der Nähe anschauen: den ID.3. Er soll der Golf unter den Elektroautos werden. Mitte 2020 kommt er auf den Markt, über 30.000 Vorbestellungen dafür sind eingegangen. In der Basisversion wird er laut VW knapp unter 30.000 Euro kosten. Wer mehr Reichweite und Komfort will, wird eher 40.000 Euro zahlen müssen, von denen noch die staatliche Kaufprämie abgezogen werden darf.

Bisher fährt er ganz ordentliche Kritiken ein. Obwohl das Design und die verwendeten Materialien – im Innenraum: sehr viel Plastik – mich bestenfalls an einen hübscheren Polo erinnern. In Revolutionsstimmung komme ich davon nicht. Und der Preis ist zwar für ein batterieelektrisches Fahrzeug nicht schlecht. Aber werden auf Dauer genug Kunden bereit sein, ihn zu zahlen? Was ist, wenn der Großteil der Kunden in den kommenden Jahren schlicht keinen Bock hat, auf Elektroautos umzusteigen? Ist das nicht sogar ziemlich wahrscheinlich?

Elektroautos haben den Kunden noch nicht genug zu bieten

Diese Fragen gingen mir durch den Kopf, als ich einen mittelalten Mann, Typ: Familienvater aus einem Vorort, dabei beobachtete, wie er im ID.3 den Sitz vor- und zurückschob, sich die Touchscreen-Bedienung erklären ließ und dann noch in den Kofferraum schaute. Er machte einen interessierten, aber keinen begeisterten Eindruck. Vielleicht würde er zugunsten des Klimas auch gerne ein Elektroauto kaufen. Doch dann würde er noch einmal nachrechnen.

Wieso sollte er 35.000 Euro für den ID.3 ausgeben, wenn er für 25.000 Euro einen Skoda mit Verbrennungsmotor bekommt, der mindestens genauso komfortabel ist – für den aber die gesamte Verkehrsinfrastruktur der Welt ausgelegt ist? Oder für 7.000 Euro einen neuen Dacia Sandero, bei dem er sich ebenfalls keine Sorgen um mangelnde Reichweite machen oder seine Gewohnheiten ändern müsste? Zwar könnten das VW-Elektroauto den hohen Anschaffungspreis durch günstigere Betriebs- und Wartungskosten irgendwann ausgleichen. Aber das dauert.

Volkswagen bleibt also gar nichts andere übrig, als im Marketing auf eine „neue Bewegung“ zu setzen. Wer die Menschen bei ihrem Idealismus packt, muss sich um den Preiskampf weniger Gedanken machen. Tesla gelang es bereits, das Elektroauto zum Statussymbol zu machen. Der US-Herausforderer fing damit bei Sport- und Oberklassewagen an, deren Käufer ohnehin auf PS und Image schauen, nicht auf den Preis. Audi und Mercedes versuchen diesen Ansatz zu kopieren. Doch ob das beim klassischen Golf-Kunden klappt?

Die Klimakrise kann dem SUV nichts anhaben

Die IAA wird dieses Jahr besonders stark dafür kritisiert, nicht mehr in die Zeit zu passen. Doch vielleicht liegt das daran, dass viele Kritiker – und dazu gehöre auch ich – lieber heute als morgen in einer Zeit leben würden, in der viel weniger Autos auf den Straßen unterwegs sind – emissionsfrei natürlich – und ansonsten das Fahrrad und der öffentliche Nahverkehr übernommen haben. Tja, damit hat die Realität bisher nichts zu tun. Und die IAA bildet das ziemlich zeitgemäß ab.

Denn nur knapp 20 Meter vom kritischen ID.3-Mann entfernt manifestierten sich vor mir die aktuellen PKW-Verkaufsstatistiken: Um die dicken Diesel-SUVs von Audi bildete sich durchaus die ein oder andere fröhliche Menschentrauben. Die Leute spuckten nicht etwa verächtlich auf die Autos, wie das manch ein Anti-IAA-Demonstrant wohl gern getan hätte. Sie machten Selfies damit. Und das ist auch kein Wunder: Im August 2019 waren SUVs erstmals die beliebteste Autoklasse Deutschlands – mit einem Anteil von 22,2 Prozent der Neuzulassungen. Auch der Absatz von Sportwagen legte rasant zu. Kompakt- und Kleinwagen mussten dagegen ordentlich Federn lassen.

Die bittere Realität, der man sich auf der IAA nicht entziehen kann, ist: Viele Leute haben immer noch keine Lust auf Verkehrswende oder auf Klimaschutz. Wenn wir ehrlich sind, bräuchte es ohnehin keine Elektroautos, um den CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs zu verringern, der immer noch auf dem Niveau der 1990er Jahre liegt. Die Kunden müssten einfach nur kleinere Autos kaufen oder auf den Dritt- und Viertwagen verzichten. Autos stoßen für die gleiche Fahrleistung heute 15 Prozent weniger Kohlendioxid aus als Mitte der 1990er – nur fahren eben viel mehr und viel größere davon herum. Jahr für Jahr nimmt die PKW-Dichte in Deutschland zu.

Deswegen fand ich es fast schon unfair vereinfacht, als die Klimaschutz-Demonstranten am Wochenende den „betrügerischen Autokonzernen“ und der Bundesregierung die Schuld am CO2-Problem gaben. Klar, die haben einen großen Anteil daran. Doch am Ende entschieden sich Millionen von Menschen völlig freiwillig für SUVs. Es ist kaum anzunehmen, dass sie noch nie von der Klimakrise gehört hatten. Sie als unmündige Gefolgschaft der Autobosse hinzustellen, wird ihnen kaum gerecht. Es sei denn, wir gehen von Junkies und Dealern aus. Aber für den Vergleich taugen Autos dann doch nicht, finde ich.

Wenn wir also ernüchtert annehmen, dass sich am Kaufverhalten vorerst nichts ändert, müssen wir noch ein paar Jahre Geduld haben. Denn mit einem ID.3, dem neuen Opel Corsa, der zunächst elektrisch ausgeliefert wird, dem Honda e oder den sympathischen Kleinwagen von Elektroauto-Start-ups wird man die SUV-, Sportwagen-, Limousinen-, oder Kombi-Fahrer nicht umstimmen können. Wir brauchen eine größere Palette an E-Autos. Aber die ist noch nicht vorhanden. Auch auf dieser IAA blieben Elektrofahrzeuge in der klaren Minderheit. Nur Verbote könnten den Umstieg beschleunigen. Aber wollen wir die wirklich?

Müssen wir bis 2039 auf die schöne Verkehrszukunft warten?

Den beeindruckendsten Messestand hatte – egal, ob man das nun gut oder schlecht findet – eindeutig Mercedes. In einer riesigen Halle setzte der Autobauer die Mobilität der Zukunft mit Licht, Sound und aufwändigen Videos in Szene. In einer 15-minütigen Tour konnte man die Stadt im Jahr 2039 erkunden. Sie hat viel mehr Bäume und Grünflächen, weil es durch autonome Autos viel weniger Parkplätze braucht. Der Übergang von öffentlichen Verkehrsmitteln zu autonomen E-Shuttlen oder E-Scootern funktioniert dort nahtlos. Und bei Bedarf stehen elektrische Flugtaxis bereit.

Doch so schön diese Vision inszeniert war, so riskant war sie auch. Denn sie vertagte die Lösung unserer Probleme wieder einmal auf eine Technologie, die noch nicht auf dem Markt ist – und wiederholt damit den Fehler, den wir mit Elektroautos seit Jahren begehen. Nur jetzt soll das autonome Auto dann ganz sicher die grüne Stadtoase der Zukunft ermöglichen. Dabei ist es unsicher, ob und wann das Roboterauto wirklich kommt. Der KI-Winter naht. Überbrücken wir die Zeit also mit ein paar SUVs. Wieder so ein ernüchternder IAA-Gedanke.

Immerhin enthielt die Mercedes-Führung auch mein Wohlfühl-Highlight der Messe. Für einen kurzem Moment schimmerten vergangene Zeiten durch, in denen Probleme einfacher und lösbarer schienen. Ein Daimler-Ingenieur mit sympathischem, schwäbischem Dialekt stellte das Mercedes-Benz-Experimental-Sicherheitsfahrzeug vor, kurz: ESF. Darin stecken Ideen, wie autonome und intelligente Autos den Verkehr noch sicherer machen könnten.

Nur ein paar Beispiele: Wartet das ESF an einem Zebrastreifen, können die Autofahrer dahinter auf dessen Heckscheibe mitverfolgen, wie lange das noch dauern könnte: Denn dort wird die Videoaufnahme der Fußgänger gestreamt. Auch Warnungen vor Stau oder Nässe blinken dort als Info für den nachfolgenden Verkehr auf. Der bei Bedarf aufleuchtende Lack des Autos tut ein Übriges.

An einer Unfallstelle fährt das Warndreieck, das verdächtig nach einem umgebauten Staubsauger-Roboter aussieht, selbst an den richtigen Platz. Der Frontairbag für den Fahrer ist im Armaturenbrett und nicht mehr im Lenkrad untergebracht, da das im Zweifel „eingefahren“ sein könnte, wenn das Auto autonom unterwegs ist. Und das sind noch längst nicht alle Gimmicks.

Leider kann das unterhaltsame ESF am Gesamteindruck der IAA 2019 nichts ändern: Noch hat die Industrie nicht die Autos und Konzepte parat, die Klimaschützer und SUV-Käufer miteinander versöhnen könnten. So lange das der Fall ist, wird sich an der Schizophrenie dieser und ähnlicher Messen aber nichts ändern: Während die einen vor den Toren demonstrieren, schießen die anderen Selfies mit Edelkarossen. Die Welt kann so unangenehm real sein.

Teaser-Bild: Wolfgang Kerler

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Ihr merkt, der IAA-Besuch hat mich wirklich etwas ratlos gemacht. Wenn es so einfach wäre, die Autoindustrie und die Politik für alles verantwortlich zu machen, was schief gelaufen ist, könnte man die Lage recht einfach korrigieren. Aber was ist mit den Kunden? Oder sehe ich nach der IAA zu schwarz - und es gibt doch andere Perspektiven?

Freue mich über Ergänzungen, Einschätzungen und Korrekturen oder euren Eindruck von der IAA, insbesondere der @Mobilität Zirkel ist gefragt. Von @delfi und @unulaunu weiß ich, dass sie dort waren. @Steffen du vielleicht auch?

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Hallo Wolfgang, wie immer ein sehr treffender Artikel.

Ich habe mich in Frankfurt 3Tage lang auf die New Mobility World (NWM) konzentriert mit ihren Keynotes, Panels, und Ausstellung in Halle 5. Auch hier hat das Auto dominiert, obwohl man bei dem Motto mehr erwartet.
Der Auftritt von Tier mit den Rollern sowie einiger E-Bikes (darunter von BMW), und Hyperloop waren zumindest ein Feigenblatt; und Sebatian Thrun’s Prognose, in 10 Jahren drehe sich eine solche Messe sicher um EVTOL (Flugtaxen) wahr wohltuend.

Nur kurz habe ich in 2-3 Hallen geschaut und nach den Concept Cars Ausschau gehalten. Besonders Mercedes und Audi hatten interessante Fahrzeuge die in 3-6 Jahren auf den Markt kommen - natuerlich voll-autonom und elektrisch und haeufig auch fuer den Sharing-Betrieb als groesseres Shuttle. Die Vision ist soweit verstanden und gut.

Wie kommen wir in die neue Mobilitaets-Welt?

Heute bieten praktisch alle OEMs zumindest eine elektrische Alternative, d.h. es gibt eine Wahl. Um die Kunden vom elektrischen Fahren zu ueberzeugen braucht es wie’s aussieht eine ‚faire Bepreisung‘ von CO2-Emission und Platzverbrauch. Sprich: ich halte das Fahren von Verbrennern und SUV fuer zu billig.

Das ist natuerlich eine hochpolitische und sehr unbeliebte Debatte. Und solange Politik sich nicht traut, das auszusprechen wir sich auch meiner Sicht wenig bewegen. Die begonnene Diskussion zu CO2 Preis und KFZ-Steuer gibt mir Hoffnung.

Insgesamt braucht die Messe dringend ein Revamp, viel entschiedener in Richtung neue Mobilitaet. Sonst wiederholt sie das Schicksal der CeBit.

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Der Preis ist sicher eine gute Stellschraube, hat sich bereits bei Zigaretten gezeigt. Allerdings frage ich mich, wie preissensitiv SUV-Käufer wirklich sind. Viele zahlen ja ohnehin Preise für ihre Fahrzeuge, die nicht zwingend durch den Nutzwert des Autos gedeckt sind… Trifft man also die Besitzer besonders großer und PS-starker PKW oder die einkommensschwächeren Autofahrer, denen es wirklich weh tut? Wird in der Ausgestaltung schwierig. Kann das Zögern der Koalition also durchaus verstehen.

Die New Mobility World und die IAA Conference fand ich thematisch auch schon deutlich weiter als den Rest der Messe (natürlich auch deshalb, weil wir ein Panel bei der Conference gehostet haben :wink: ).

Stimmt! Fand ich super.

Im Uebrigen war noch auffallend, dass spaestens heuer Silicon Valley und Big Data massiven Einzug in der traditionellen Automobilindustrie gefunden haben:

  • gesamte IAA Conference: sponsored by Facebook
  • Eroeffnung: Kanzlerin + Waymo
  • Keynote 1: Daimler + IBM
  • Keynote 2: Renault Nissan + Microsoft

Software rulez.

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Aber nicht nur. Wenn man sich anschaut, wie stark mittlerweile Nvidia in der ganzen Autobranche verwurzelt ist, ist das schon faszinierend. Deren Chips stecken in Mercedes-Benz, Volkswagen, Audi, Porsche und etlichen mehr.

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Über diesen Abschnitt indem sehr schönen Buch „Team Human“ von Douglas Rushkoff bin ich gerade gestern gestolpert. Ich selbst halte nicht viel davon, dass die Mobilitätswende lediglich mit einem neuen Automodell beantwortet wird. Ich fand es schon immer seltsam, dass das Auto als mobiler privater Raum im öffentlichen Raum so viel Rechte und Platz für sich beansprucht, dass wir unsere kompletten Städte drumherum gebaut haben. Vielleicht sollten wir das als Grundkonzept mal in Frage stellen und sagen: OK, das Auto und ihre Hersteller hatten ihre Zeit, jetzt geht es mal wieder um den Menschen.

Das heißt für mich, die Städte neu planen und viel mehr Innovation in den Nahverkehr. Hätten wir die elektrische Straßenbahn, die seit 1881(!) fährt, konsequent weiterentwickelt, wo wären wir dann jetzt?

Über Elektroautos reden heißt wieder über Stückzahlen der Hersteller reden. Von deren Innovationskraft bin ich aber nicht mehr überzeugt. Mobilität sollte in erster Linie dem Menschen dienen. Die Lebensqualität von Millionen von Stadtbewohnern (wenn man für Deutschland spricht) sollte in naher Zukunft massiv ansteigen. Dazu gehört natürlich, den Individualverkehr einzudämmen. Dass davon das Klima auch profitiert, sollte jedem klar sein. Wenn wir jetzt jeden Verbrenner gegen ein Elektroauto eintauschen, gewinnen wieder nur wenige.

Es hat 50 Jahre gedauert bis die PR-Maschine der Hersteller das Auto da platziert hat, wo sie es haben wollten. Es sollte heute schneller gehen, eine Abkehr davon zugunsten aller hinzubekommen.

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Als eine Lösung würde ich unbedingt smartes und dynamisches roadpricing in Abhängigkeit u.a zum Flächenverbrauch. Der Raum der pro Person für Mobilität genutzt wird muss etwas kosten abhängig vom Zeit bzw Zeitpunkt (um ein lenkungsinstrument auf andere Verkehrsträger zu haben). Eine andere Diskussion ist die Frage ob bzw ab wann elektrifizierte Antriebe nachhaltig sind. Dazu muss man sehr tief in die Marterie einsteigen - die Bilanz nur an der systemgrenze lokaler emssion fest zu machen greift hier definitiv zu kurz- und dann sind die produktsubstanz und ihre Herstellungsprozesse bei jedem Hersteller nochmal unterschiedlich. Von Verboten halte ich gar nichts. Ich bin auch der Meinung dass Individualverkehr zum einen möglich und notwendig ist- öpnv ist vielfach an seinen auslastungsgrenzen und hoch defizitär und der Ausbau würde es nicht besser machen- dh solange wir keine neuen stadtkonzepte - kurze Wege Logik - haben müssen wir die Last auf alle Verkehrsträger gleichermaßen verteilen können. Die Idee dass das fahrrad und oder der öpnv unter allen use-cases und äußeren Bedingungen die alleinige Lösung sein kann ist schlicht nicht korrekt.

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Ganz an Verboten welcher Art auch immer, werden wir aber wohl nicht vorbeikommen. Denn wie sich mehrfach gezeigt hat, funktionieren Selbstregelungsverfahren in Sachen Individualverkehr nur schwer oder schlichtweg gar nicht. Alleine schon bspw. ein Verbot von SUVs und Geländewagen in Innenstädten könnte einiges bewegen – und derartig unnötig große Fahrzeuge unattraktiver machen. Gleichzeitig, da hast du natürlich recht, ist Individualverkehr derzeit und wohl noch in absehbarer Zukunft nötig – und muss möglich sein. Ebenso muss aber auch der ÖPNV nachhaltig gefördert und attraktiver werden – denn letztlich ist der pure Individualverkehr wie wir ihn derzeit erleben nicht ökologisch und ökonomisch sinnvoll.

Das finde ich ein spannendes Konzept, insbesondere die „Einpreisung“ des Flächenverbrauchs, den ja auch schon @Bernhard angesprochen hatte. Weißt du zufällig, ob es dafür schon Modellversuche oder Ansätze gibt @dominik? Würde mich interessieren… Das dynamische Roadpricing hätte auch den Vorteil, dass man Verkehr zeitlich besser verteilen kann.

Was mich auf der IAA durchaus überrascht hat, war wie wenige Hersteller noch (öffentlich) andere alernativen als das batterieelektrische Auto weiterverfolgen. Nicht, dass wir dann in ein paar Jahrzehnten wieder eine Totalüberholung des gesamten Systems brauchen.

Kurze Wege: ja. Oder weniger Wege - durch mehr Home Office, zum Beispiel. Da könnte man schnell etwas erreichen. Der ÖPNV ist derzeit in den meisten Städten zur Rush Hour an seinen Kapazitätsgrenzen, bis der viele private PKW ersetzen kann, wird auf jeden Fall noch dauern, fürchte ich…

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Warum verbote? wenn wir den Flächenverbrauch bepreisen werden viele leute sich automatisch überlegen ob ein SUV mit Besetzungsgrad 1 so sinnvoll ist woraufhin zum einen in den Angeboten der Hersteller ein Umdenken stattfinden muss sowie über Bündelung sprich Erhöung des Besetzungsgrades pro Fahrzeug reagiert werden muss. Und in sachen ÖPNV kann ich nur sagen- effizienzen sind in dem System nicht mehr vorhanden. Auf der Strasse schon- Demand Responsive Busse und schmalspur PKW´s mit minalem Flächenverbrauch und größtmöglich automatisiert um Stau zu vermeiden

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Klingt doch schon ganz gut. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Effizienz von ÖPNV mit Algorithmen steigern lässt oder auch Privatfahrzeuge Teil davon werden, indem man Fahrgemeinschaften attraktiv macht. Keiner muss, jeder kann. Mit einer klugen App könnte man im Stadtverkehr eine Menge Synergien besser nutzen. Dazu braucht es nicht mal neue Fahrzeuge und Wege, sondern nur ein paar neue Regeln im Versicherungsschutz. Und schwupp, hat man wieder ein paar Autos von der Straße. Außerdem bringt man so Leute zusammen, ein ganz wichtiger Nebeneffekt. Software rulez, hatten wir oben schon.

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Weil es genug Menschen gibt und geben wird, die sich etwas derartiges „leisten“ können. Dadurch würde eine zusätzliche gesellschaftliche Schieflagen und Reibungsflächen – und natürlich auch Fairness-Fragen – aufgemacht, die es nicht braucht. Zudem bin ich unsicher, wie sich ein solches System sowohl nachvollziehbar, überprüfbar und zugleich datenschutzkonform umsetzen ließe.

Und in sachen ÖPNV kann ich nur sagen- effizienzen sind in dem System nicht mehr vorhanden.

Das ist richtig. Jedoch liegt die mangelnde Effizienz nicht im ÖPNV als Struktur, sondern der Infrastruktur und dem Einsatz. Und da sind, ja sicher, kostenintensive aber zweckdienliche Überholungen, Modernisierungen und Prozessverbesserungen machbar.

Auf der Strasse schon- Demand Responsive Busse und schmalspur PKW´s mit minalem Flächenverbrauch und größtmöglich automatisiert um Stau zu vermeiden

Aber eben nicht immer und überall – und auch immer weniger. Viele Städte entschließen sich gerade, ihre Innenstädte zunehmend für Autos zu verschließen. Denn eine autofreie Stadt ist eine bessere Stadt. Und daher werden wir nicht drumherum kommen, abseits des Autos zu denken.

Aber durch die Einnahmen könnte mehr ÖPNV etc. finanziert werden. Finde das Verbot einzelner Autoklassen schwer praktikabel. Es gibt Kombis, die sind größer als manch ein SUV. Es gibt Motorräder, die sind lauter als ein Porsche. Außerdem werden die Definitionen der „erlaubten“ Klassen dann einfach anders ausgelegt. Bin daher auch eher für eine Bepreisung.

Davon abgesehen kann man natürlich Räume in der Stadt schaffen, in denen keine oder wenige Autos mehr fahren können, weil Fahrbahnen etc. wegfallen. Weiß aber nicht, ob die Stadt komplett autofrei sein muss. Weiß nicht, ob ich mit 85 noch jede Strecke mit dem Fahrrad oder der U-Bahn fahren will…

Die Sache ist: Dadurch bestärkst du genau das, was ja eigentlich gebrochen werden soll. Das Statussymbol „dickes Auto“, dass dann von einigen wenigen, noch stärker zur Schau gestellt werden kann. Und natürlich „könnten“ die Einnahmen für den ÖPNV verwendet werden – aber ich glaube, dass die Chance, dass das so passieren wird, eher gering ausfallen würden. Stattdessen würden sie wohl in scheiternde Maut-Projekte investiert werden.

Finde das Verbot einzelner Autoklassen schwer praktikabel.

Wenn wir in Deutschland was gut können, dann Dinge verbieten. Das kriegen wir schon hin. Bauform, Gewicht, Abgas- und CO2-Ausstoss. SUVs bekommt man damit gut von den Straßen. Und natürlich ließen sich noch Ausnahmeregelungen treffen, um Menschen, die wirklich eines beruflich benötigen auszunehmen. Das funktioniert.

Weiß aber nicht, ob die Stadt komplett autofrei sein muss.

Komplett geht nicht. Natürlich nicht. Aber Innenstädte lassen sich gut befreien.

Das ist erstmal ein nicht begründetes Bauchgefühl.

Das sehe ich ganz anders. Das Auto verliert gerade in weiten Teilen der Gesellschaft seine Rolle als Statussymbol. Wer dann - trotz hoher Abgaben etc. - immer noch mit dem SUV durch die Stadt fährt, wird von vielen wahrscheinlich eher geächtet als bewundert.

Die Tatsache das sich bestimmte Gruppen etwas Leisten können und es auch sollen- wollen wir diese Freiheit in unserer Gesellschaft abschaffen obwohl sie Teil unsere Marketwirtschaftlichen Gesetzen und auch den Motivationstherien entspricht–> Vergleiche Maslow´s Bedürfnis Pyramide

Eine Autofreie Stadt ist in einer Stadt die um das Auto herum gebaut wurde- schlicht nicht realisierbar- weil nicht wirtschaftlich überlebensfähig. Wie willst du den Gewerbetreibenden in den Innenstädten verkaufen dass Sie sich dann dorthin verlagern müssen wo es keine Auto- Einfahrtsverbote gibt?

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Ich will das Auto nicht als zentralen Verkehrsträger sondern wir benötigen diesen als Teil des ganzen. Wie gesagt zumindest wir mit der Stadt der kurzen Wege als Utopie leben müssen.
Im übrigen fahre ich im Winter/bei Regen neben ÖPNV auch ganz gerne mal mit dem Auto als mit dem Rad nebenbei bemerkt.

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Es geht ja nicht darum, eine Freiheit abzuschaffen, sondern eine Klasse von Fahrzeugen zu untersagen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährlicher als ein klassischer PKW und für die Umwelt schädlich ist. Ich glaube daher, obwohl ich die Maslowsche Bedürfnishierarchie für stichhaltig halte, diese Argumentation hier nicht greift – denn sie ließe sich ebenso auf Schusswaffen, illegale Drogen etc. pp. anwenden.

Eine Autofreie Stadt ist in einer Stadt die um das Auto herum gebaut wurde- schlicht nicht realisierbar- weil nicht wirtschaftlich überlebensfähig. Wie willst du den Gewerbetreibenden in den Innenstädten verkaufen dass Sie sich dann dorthin verlagern müssen wo es keine Auto- Einfahrtsverbote gibt?

Ich habe da auch gewisse Zweifel, aber bin dennoch zuversichtlich, dass eine solche Stadt (ich spreche hier, wie oben geschrieben, mehrheitlich von Innenstädten und nicht kompletten Stadtgebieten) funktionieren kann und wird. Denn autofreie Innenstädte werden eher wirtschaftlich belebt, wie Beispiele rund um die Welt schon zeigen. Vor allem kleine Geschäfte profitieren von einer zusätzlichen Laufkundschaft – wie etwa Cafés, kleine Modeläden etc.pp. Dass gewisse Gewerbetreibende abwandern werden/müssen … klar, geschenkt. Aber das sind dann auch mehrheitlich große Ketten, die eine derartige Situationsveränderung gut überstehen.

Ich will das Auto nicht als zentralen Verkehrsträger sondern wir benötigen diesen als Teil des ganzen. Wie gesagt zumindest wir mit der Stadt der kurzen Wege als Utopie leben müssen. Im übrigen fahre ich im Winter/bei Regen neben ÖPNV auch ganz gerne mal mit dem Auto als mit dem Rad nebenbei bemerkt.

Da bin ich vollkommen bei dir. So schnell werden wir das Auto nicht los – und sollten es auch nicht los werden. Ich selbst besitze einen kleinen Wagen, weil ich mich leider nicht auf den ÖPNV verlassen kann. Wenn es geht, fahre ich mit dem Rad aber, ja, im Winter ist das (noch) nicht machbar. Aber ich hoffe, dass das irgendwann funktioniert und ich kein Auto mehr nötig habe.

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