In Kenia soll das Internet in wenigen Monaten aus dem Himmel kommen. Denn in dem ostafrikanischen Land testet die Google-Firma Loon derzeit ihre Internet-Ballons. Danach soll der Dienst zusammen mit einem lokalen Anbieter für die Bevölkerung gestartet werden.
Von Michael Förtsch
Vor rund 10 Jahren hat das Google-Forschungslabor X begonnen, an Ballons zu arbeiten, die große Gebiete mit Internet aus der Luft versorgen können. Bereits 2013 wurden dann die ersten Testläufe mit Stratosphärenballons in Neuseeland und wenig später auch in Brasilien und Puerto Rico durchgeführt. Dabei erprobten die Entwickler verschiedenste Möglichkeiten und Technologien, um die Kommunikation unter den Ballons aber auch mit den Empfängern am Boden sicherzustellen. Seit 2018 ist das Projekt in eine eigene Firma ausgegründet, nämlich Loon. Die könnte ihren Dienst nun bald an ersten echten Kunden testen. Und zwar in Kenia, wo viele kleine Orte und Gemeinden noch nicht ans Internet angebunden sind.
Dafür wurden mehrere ursprünglich in Puerto Rico und Nevada, USA, gestartete Ballons auf einen Flug in Richtung Kenia geschickt. Die Ballons treiben dafür in den Atmosphärenwinden. Sie finden über eine stetig mit aktuellen Wetterdaten versorgte KI-Software nahezu selbstständig ihren Weg. Das System lässt den mittels Solarzellen mit Strom versorgten Ballon durch die Luftschichten steigen und sinken, um ihn langsam aber sicher zum Ziel zu navigieren. Flugbeobachter überwachen die Reise, achten auf Gefahren und stimmen die Langstreckenflüge mit Flugverkehrskontrollstellen ab, um nicht Verkehrs- oder Privatflugzeugen in die Quere zu kommen.
Die Ballonflüge können je nach Strömungslage bis zu mehreren hundert Tagen dauern. Seit zwei Wochen sollen über Kenia aber vorläufige Netzwerk- und Verbindungstests mit ersten Loon-Ballons durchgeführt werden. Weitere Ballons sollen sich momentan auf den Weg in das ostafrikanische Land befinden. Denn in wenigen Monaten sollen die Loon-Ballons in Kooperation mit Telkom Kenya über Teilen des Landes für eine zuverlässige Internetabdeckung mit LTE sorgen. Ein einzelner der in 20 bis 29 Kilometern Höhe schwebenden Ballons soll ein Gebiet mit einem Durchmesser von etwa 40 Kilometern abdecken können.
Auch in Peru soll es Ballon-Internet geben
Um die stete Abdeckung eines Gebietes garantieren zu können, sollen die rund zwölf Meter hohen und 15 Meter breiten Ballons „einem sorgfältig choreographierten Tanz“ folgen. Dadurch können sich die einzelnen Ballons gegenseitig unterstützen, wenn beispielsweise ein Ballon durch starke Winde abgetrieben werden und dadurch ein Funkloch entstehen könnte. Ebenso sollen die Ballons flexibel abgezogen werden können, wenn sie andernorts gebraucht werden. So wurden im Oktober 2017 mehrere Ballons über Puerto Rico zusammengezogen, nachdem durch Hurrikan Maria die Mobilfunk- und Festnetzinfrastruktur schwer beschädigt worden war.
Kenia ist das erste Land, in dem Loon in den kommerziellen Betrieb gehen soll – aber nicht das einzige. Ende des Jahres soll die Google-Firma auch damit beginnen, abgelegene Gemeinden im peruanischen Dschungel mit Internet und Mobilfunk zu versorgen. Dafür will das Unternehmen mit dem nationalen Kommunikationsanbieter Internet Para Todos zusammenarbeiten. Das Satellitenunternehmen Telesat will die Infrastruktur von Loon hingegen nutzen, um sein Netzwerk von Satelliten im niedrigen Erdorbit zu verwalten.
Teaser-Bild: Loon Inc.