Während die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland in vollem Gange ist und die Teams sich durch die Gruppenphase kämpfen, findet in den Niederlanden ein weiteres spannendes Turnier statt: die Roboter-Fußball-Weltmeisterschaft. Das ehrgeizige Ziel: Bis 2050 soll ein Roboterteam in der Lage sein, den menschlichen Fußballweltmeister zu besiegen. In diesem Artikel verraten wir euch, wie gut die Roboter schon jetzt mit den Menschen mithalten können und wer die besseren Chancen auf den Titel hat.
Von Joanne Arkless
Können Roboter besser Fußball spielen als Profis wie Musiala oder Mbappé? Um das herauszufinden, vergleichen wir die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland mit der Roboter-Fußball-Weltmeisterschaft RoboCup in den Niederlanden. Wir beleuchten die Rahmenbedingungen beider Turniere und stellen Schnelligkeit, Passgenauigkeit und Trefferquoten gegenüber. Wer hat den sichereren Elfmeter: Cristiano Ronaldo oder ein hochmoderner Fußballroboter? Um mehr zum Thema Roboter Fußball zu erfahren, haben wir mit Marco Wiedmann von der Friedrich-Alexander Universität Erlangen Nürnberg gesprochen. Marco schraubt bereits seit fünf Jahren im Robotics Team an kleineren Fußball-Robotern und ist mit seinem Team auch schon mehrmals Vizemeister beim RoboCup geworden.
1. Der Wettbewerb: Fußball-EM versus RoboCup
RoboCup: Die Roboter-Fußball-Weltmeisterschaft, auch bekannt als RoboCup, geht auf eine Idee des kanadischen Professors Alan Mackworth zurück. Im Jahr 1992 präsentierte er bei einer Konferenz ein Paper über Roboter-Fußball. Der erste RoboCup fand dann bereits 1997 statt und zog sofort großes Interesse auf sich: Mehr als 40 Teams traten an und 5.000 Zuschauer verfolgten das Turnier. Heute umfasst der RoboCup 17 Wettbewerbe in fünf Kategorien. Neben Fußball-Robotern gibt es auch Wettbewerbe für Pflege-, Rettungs- und Geschäftsroboter. Mittlerweile nehmen 3.000 technische Studierende aus 45 Ländern an dem Wettbewerb teil. Das ehrgeizige Ziel: Bis 2050 soll der Gewinner des RoboCups gegen den FIFA Fußball-Weltmeister antreten.
UEFA Fußball EM: Die erste offizielle UEFA Europameisterschaft fand 1966 statt und existiert somit 25 Jahre länger als der RoboCup. An der EM nehmen 24 Mannschaften teil, was halb so viele sind wie bei der WM. Die Europameisterschaft dauert einen Monat. Seit der Covid-19 Pandemie umfassen die EM-Kader je 26 Spieler, das macht 384 Spieler im Turnier.
Fazit: Die UEFA Europameisterschaft blickt auf eine lange Geschichte zurück, die den RoboCup deutlich übertrifft. Während das Turnier der Männer einen ganzen Monat dauert, geht der RoboCup mit nur fünf Tagen wesentlich schneller vonstatten. Obwohl beim RoboCup mit 3.000 teilnehmenden Studierenden deutlich mehr Menschen involviert sind, zeigen sich bei den Zuschauerzahlen Unterschiede. Laut Deutschlandfunk lagen die Einschaltquoten bei dem Eröffnungsspiel der EM, Deutschland gegen Schottland, bei 22,5 Millionen.
2. Das Stadion: Fußball-Arenen versus Sportzentrum Eindhoven
UEFA Fußball EM: Berlin, München, Düsseldorf und Gelsenkirchen sind nur einige der zehn Städte, in denen die EM ausgetragen wird. Die Stadien dieser Städte bieten zusammen eine Kapazität für 535.885 Fans. Die Auswahl der Spielstätten erfolgte aufgrund ihrer modernen Infrastruktur und ihrer Fähigkeit, große Menschenmengen sicher und komfortabel zu beherbergen.
RoboCup: Der diesjährige RoboCup findet an der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden statt. Die Universität zählt etwa 11.000 Studierende. Obwohl Eindhoven selbst nur rund 246.443 Einwohner hat, ist die Stadt durch ihren Fußballverein PSV Eindhoven bekannt, der unter anderem in der UEFA Champions League spielt.
3. Das Spiel: 90 oder 10 Minuten?
UEFA Fußball EM: Das Spielformat im Fußball ist weitgehend bekannt: Zwei Halbzeiten von jeweils 45 Minuten, mit möglicher Nachspielzeit. In der K.O.-Phase werden bei Unentschieden zwei Verlängerungen gespielt, um einen Sieger zu ermitteln. Danach wird per Elfmeterschießen entschieden.
RoboCup: Im Roboter-Fußball ist das Spielformat anders: Die Spiele dauern lediglich zwei Mal fünf Minuten. Beim RoboCup gibt es verschiedene Wettbewerbe und Ligen, die sich vor allem nach der Größe der Roboter richten. Von kleinen flinken Robotern bis hin zu fast menschengroßen Exemplaren ist alles vertreten. Marco berichtet, dass sein Team in der „Small Size League“ antritt, wo die Roboter zylinderförmig mit vier Ecken sind und ein Farbmuster auf der Oberseite haben, das für die Steuerung der Roboter entscheidend ist.
Fazit: Derzeit dauert ein Spiel mit menschlichen Fußballspielern mindestens immer noch ganze 80 Minuten länger als ein Roboter-Spiel, was zeigt, dass es noch Raum für Verbesserungen im Durchhaltevermögen der Roboter gibt.
4. Die Strategie: Nagelsmann oder Supercomputer?
UEFA Fußball EM: Der deutsche Nationaltrainer Julian Nagelsmann ist seit September 2023 im Amt und soll die deutsche Nationalmannschaft zum Erfolg führen. Nagelsmann setzt auf eine innovative und taktisch anspruchsvolle Spielstrategie, die auf eine ausgewogene Balance zwischen Ballbesitz, schnellem Umschalten und effektiver Defensivarbeit abzielt. Das Spiel beobachtet der Nationaltrainer von der Bank, kann also nur per Zuruf oder kurzen Absprachen am Spielfeldrand oder in der Halbzeit noch ins aktive Spielgeschehen eingreifen.
RoboCup: Um die kleinen Fußballroboter von Robotics Erlangen zu steuern, erfasst ein Kamerasystem die Farbmuster auf der Oberseite der Roboter und sendet diese an einen zentralen Computer. Dieser analysiert die Informationen und entscheidet über die sinnvollsten Spielzüge. Die Kamera liefert dabei 60 Bilder pro Sekunde, während die Strategiesoftware etwa 100 Berechnungen pro Sekunde durchführt.
Fazit: Der wesentliche Unterschied zwischen Nagelsmann und dem Computer liegt darin, dass der Computer während des Spiels in der Lage ist, alle Roboter gleichzeitig zu erfassen und zu koordinieren, wodurch jeder Roboter weiß, was die anderen tun. Dies bietet einen bedeutenden taktischen Vorteil.
Werde Mitglied von 1E9!
Hier geht’s um Technologien und Ideen, mit denen wir die Welt besser machen können. Du unterstützt konstruktiven Journalismus statt Streit und Probleme! Als 1E9-Mitglied bekommst du frühen Zugriff auf unsere Inhalte, exklusive Newsletter, Workshops und Events. Vor allem aber wirst du Teil einer Community von Zukunftsoptimisten, die viel voneinander lernen.
Jetzt Mitglied werden!5. Die Treffsicherheit: ER-Force oder CR7 - Wer trifft den Elfmeter?
UEFA Fußball EM: Laut Statista ist im Zeitraum zwischen 1960 und 2021 der Spieler mit den meisten verwandelten Elfmetern bei Fußball-Europameisterschaften der Portugiese Cristiano Ronaldo. In seiner ganzen Karriere liegt die Zahl der getroffenen Elfmetern bei über 150 und führt damit historische und internationale Statistiken an. Seine Trefferquote liegt laut Sky bei 86 Prozent.
RoboCup: Was Elfmeter angeht, erklärt Marco, dass diese in den tatsächlichen Roboter-Spielen kaum vorkommen und auch nicht mit dem menschlichen Fußball vergleichbar sind. Allerdings meint er auch: „Einen Schuss aufs Tor aus elf Metern Entfernung mit der erlaubten Maximalgeschwindigkeit von 6,5 Meter pro Sekunde würde unser Torwart immer abfangen.“
Fazit: Mit 6,5 Metern pro Sekunde erreicht man umgerechnet etwas über 21 Kilometer pro Stunde. Ein Schuss von Spielern wie Ronaldo und anderen erreicht häufig Geschwindigkeiten von über 100 Kilometern pro Stunde. Hier zeigt sich, dass die Roboter noch deutlich schneller werden müssen.
6. Die Schnelligkeit: Mbappé oder Small-Size Roboter – wer kommt noch an den Ball?
UEFA Fußball EM: Kylian Mbappé ist einer der schnellsten Fußballspieler der Welt. In einem Champions-League-Spiel zwischen seinem Team Paris Saint-Germain und Real Sociedad lief der französische Stürmer eine Geschwindigkeit von 9,17 Metern pro Sekunde, das entspricht etwa 33 Kilometern pro Stunde.
RoboCup: Marco erzählt, dass sein Team gerade an einer neuen Flotte von Robotern arbeiten. Die alte Generation schaffte es auf eine Höchstgeschwindigkeit von 15,12 Kilometern pro Stunde. In Zukunft soll es schneller gehen.
Fazit: Echte Fußballer wie Mbappé können doppelt so schnell laufen wie die Roboter im RoboCup. Allerdings ist ihre Ausdauer begrenzt im Vergleich zu den Robotern, die kontinuierlich ihre Leistung erbringen können.
7. Die Passgenauigkeit: Wer schafft mehr in fünf Minuten?
UEFA Fußball EM: Im Testspiel gegen Griechenland am 7. Juni 2024 kamen bei der deutschen Nationalelf von 649 gespielten Pässen 597 Pässe an, also etwa 92 Prozent, berichtet der Kicker. Im Schnitt machte das circa 36 Pässe pro fünf Minuten.
RoboCup: Marco berichtet, dass bei einem Roboter-Turnier 2021 Daten zur Passgenauigkeit der Maschinen gesammelt wurden. Demnach konnten in fünf Minuten 225 Pässe erzielt werden.
Fazit: Was die Anzahl an Pässen angeht, sind die Roboter den Menschen weit voraus. Allerdings sind das Spielfeld und die Distanz der Pässe beim Roboterfußball auch geringer, was die Sache etwas einfacher macht. Während Roboter meist auf Feldern von 12 mal 9 Metern spielen, hat das klassische Fußballfeld 105 mal 68 Meter.
8. Die Zukunft: Wirtz und Co. oder Humanoide Roboter?
UEFA Fußball EM: Die Zukunft des Fußballs sieht vielversprechend aus, insbesondere mit jungen Hoffnungsträgern der EM wie Florian Wirtz, Jude Bellingham oder Jamal Musiala, die bereits jetzt ihre herausragenden Fähigkeiten auf internationaler Bühne unter Beweis stellen und das Potenzial haben, den Sport auf ein neues Level zu heben.
RoboCup: Das große Ziel des RoboCups ist es, bis 2050 den FIFA-Weltmeister zu schlagen. Ob dies aus Sicherheitsgründen für die menschlichen Spieler möglich sein wird, bleibt tatsächlich abzuwarten. Denn Menschen müssten idealerweise gegen humanoide Roboter antreten, die aktuell noch deutlich ruckelnder spielen als die kleinen Roboter des Teams aus Erlangen. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass die Popularität des RoboCups weiter zunimmt – und auch die Roboter-WM künftig ein echtes Medienereignis ist.
Können Roboter besser Fußball spielen als Profis wie Musiala und Mbappé?
Um auf unsere eingangs gestellte Frage zurückzukommen, ob Roboter derzeit besser Fußball spielen können als Menschen, lautet die Antwort momentan nein. Zwar gelingt es ihnen, schneller und präziser zu passen, doch sie sind noch zu langsam und steif, um eine echte Chance zu haben. Immerhin können sie durch ihren Steuerungscomputer effizienter kommunizieren, was ihnen das Teamwork erheblich erleichtert.
Hat dir der Artikel gefallen? Dann freuen wir uns über deine Unterstützung! Werde Mitglied bei 1E9 oder folge uns bei Twitter, Facebook, Instagram oder LinkedIn und verbreite unsere Inhalte weiter. Danke!
Sprich mit Job, dem Bot!
War der Artikel hilfreich für dich? Hast du noch Fragen oder Anmerkungen? Ich freue mich, wenn du mir Feedback gibst!