Immer mehr Menschen steigen auf ein elektrisches Fahrrad um. Doch auch die E-Bikes müssen irgendwann entsorgt werden. Der E-Bike-Fabrikant Coboc will daher auf Kreislaufwirtschaft setzen. Ein E-Bike soll so gut wie möglich wiederverwendbar gemacht werden. Inklusive des Akkus, der sonst teuer und aufwendig entsorgt werden müsste.
Von Michael Förtsch
Der Boom hält weiterhin an. Seit dem Beginn der Corona-Pandemie entdeckten viele Menschen das Fahrrad neu. Sei es, weil sie sich in öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus und Bahn aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht mehr so wohl fühlen und das Fahrrad eine gesunde wie auch sichere Alternative darstellt. Oder weil sie plötzlich nicht mehr ins Büro mussten und sich viele Besorgungen bequem und zeitsparend mit dem Rad erledigen ließen. Dabei gilt der Verkaufstrend aber nicht nur für das traditionelle Fahrrad, sondern auch für das E-Bike. Aber wie E-Autos bringen auch E-Bikes ein Problem mit sich: Was geschieht mit ihnen, wenn sie ihr Lebensende erreicht haben? Der E-Bike-Bauer Coboc hat das Problem erkannt – und arbeitet an einigen Antworten.
Was der aus Heidelberg stammende E-Bike-Hersteller unter dem Namen Circular Concept entwickelt hat, wirkt auf den ersten Blick nicht gerade revolutionär. Es ist ein vergleichsweise spartanisches E-Bike, das erstmals auf der IAA in München gezeigt wurde: ein silberner Rahmen mit einem dicken Unterrohr, das den Akku enthält, ein Mittelmotor, der einen Riemenantrieb nutzt, dazu dicke Reifen. Doch geht es nach den Heidelbergern ist dieses E-Bike ein Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz. Denn das Rad soll sich im Sinne der Kreislaufwirtschaft auf vielfältige Weise wieder- und weiterverwerten oder einfach weiternutzen lassen. „Mit Blick auf den Klimawandel ist klar, dass Produkte in Zukunft wieder langlebiger und auch in der Produktion nachhaltiger werden müssen“, sagt Coboc-Gründer David Horsch gegenüber 1E9. „Leider sind unsere Gesellschaft und Wirtschaft sehr in der Bequemlichkeit des Kaufens und Ersetzens eingetaucht. Wohin uns das gebracht hat, sehen wir alle.“
Leider sind unsere Gesellschaft und Wirtschaft sehr in der Bequemlichkeit des Kaufens und Ersetzens eingetaucht. Wohin uns das gebracht hat, sehen wir alle.
David Horsch
Aus diesem Grund habe das Team der Firma geforscht, wie und auf welche Weise, ein möglichst nachhaltiges, aber auch kommerziell stimmiges Elektrofahrrad gebaut sein müsste. Viele Punkte seien dabei vollkommen logisch, sagt Horsch. Beginnend etwa mit dem unlackierten Rahmen, der später nur geschliffen, gebürstet und auf seine Stabilität geprüft werden muss, um erneut genutzt werden zu können. Dazu der Riemenantrieb, der länger hält und weniger aufwendig zu warten ist als ein klassischer Kettenantrieb. „Wir sind der Überzeugung, dass Rohstoffe das Gold von morgen sein werden“, so Horsch. „Wenn wir alle Produkte bereits jetzt auf möglichst lange Nutzung auslegen, dann werden wir damit in Zukunft auch wirtschaftlich Erfolg haben.“
Auch der Akku hat ein zweites Leben verdient
Aber nicht nur das Fahrrad als solches soll möglichst mehr als nur ein Leben haben, sondern auch der Akku. Bei häufiger Nutzung, wie den Entlade- und Ladezyklen, die ein E-Bike-Akku durchmacht, nimmt nach und nach die Kapazität einer Batterie ab. Das bedeutet eine kürzere Reichweite und bei vielen E-Bike-Radlern, dass sie den Akku früher oder später tauschen lassen – meist, wenn er auf 70 bis 80 Prozent der ursprünglichen Kapazität gefallen ist. Allerdings ist so ein Akku dann keineswegs nutzlos. Coboc will die alten E-Bike-Akkus daher in eine große Powerbank umwandeln, die beispielsweise genutzt werden kann, um das E-Bike zu laden oder als Stromquelle beim Camping taugen kann.
Laut David Horsch sei die Weiterverwertung der E-Bike-Akkus nicht nur eine vergleichsweise logische, sondern auch eine erstaunlich einfache Angelegenheit. „Im Grunde ist eine Powerbank keine Rocket Science. Seitens der Elektronik gibt es zwischen Powerbank und E-Bike erstaunlich viele Gemeinsamkeiten: zum Beispiel das Batteriemanagement oder die Versorgung mit verschiedenen Spannungen“, sagt der Gründer. Eine Herausforderung sei es lediglich, die E-Bike-Batterien von vornherein so zu konzipieren, dass sie „möglichst gut für ihr zweites Leben vorbereitet“ sind. Da gehe es um Komponenten, die etwa eine möglichst gleichmäßige Beanspruchung der einzelnen Zellen über die Nutzungszeit hinweg erlauben.
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Natürlich ist das Circular Concept nicht nur aus reinem Klimabewusstsein geboren. Auch aus wirtschaftlicher Sicht sei es vernünftig und reizvoll, meint David Horsch. Die Herstellung eines Rahmens sei eine äußerst energieintensive und damit teure Angelegenheit. Und die Weiternutzung des Akkus könnte für Coboc als Unternehmen ein aussichtsreiches Geschäft werden. „Wenn wir unsere Power Unit zu marktgängigen Preisen verkaufen würden, dann hätten wir eine Rohertragsmarge um die 80 Prozent“, sagt der Gründer. „Das ist tatsächlich kaum zu glauben. Aber eine Powerbank besteht nun mal fast nur aus Batterien. Und die bekommen wir umsonst aus unsere E-Bikes.“
Das ist tatsächlich kaum zu glauben. Aber eine Powerbank besteht nun mal fast nur aus Batterien. Und die bekommen wir umsonst aus unsere E-Bikes.
David Horsch
Tatsächlich gibt es bei Coboc schon weitere Ideen, was sich mit den Batterien anfangen ließe. „Etwa Solarladestationen für E-Bikes, egal ob im Vorgarten oder auf dem Alpenpass“ nennt David Horsch als Beispiel. Geht es nach dem Unternehmer, könne eine große, aber günstige Powerbank auch die Welt der Arbeit verändern. Denn für immer mehr Menschen sei es egal, wo sie arbeiten, so lange sie Internet und Strom haben. Und zumindest für letzteres könnte eben auch ein wiederverwerteter E-Bike-Akku sorgen. Auch aus diesem Grund soll das Circular Concept anders als manche Konzepte, die die Autoindustrie vorstellt, nicht nur ein Konzept bleiben. Es soll ein „Startschuss sein, diese Aufgabe in Angriff zu nehmen“ und die ersten E-Bikes, die auf die Kreislaufwirtschaft zugeschnitten sind, sollen womöglich schon im kommenden Jahr erscheinen.
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Teaser-Bild: Coboc