Im Netflix-Film „Don’t Look Up” rast ein riesiger Komet auf die Erde zu und droht, alles Leben auszulöschen. Wie realistisch ist so eine Bedrohung? Und wären wir darauf wirklich so schlecht vorbereitet wie im Film? Die Weltraumforscherin Monica Grady, Expertin für Meteoriten, gibt Antworten.
Ein Gastbeitrag von Monica Grady
Besser nicht hinschauen! Wir bekommen in den letzten Wochen auffallend viele Berichten über eine angeblich bevorstehende Katastrophe. Zur Abwechslung geht es dabei aber nicht um Pandemien oder den Klimawandel. Nein, diese globale Apokalypse wird durch den Einschlag eines riesigen Asteroiden ausgelöst. Oder eines Kometen. Oder durch beides. Angesichts der Ereignisse im jüngsten Netflix-Film Don’t Look Up , in dem die Erde von einem „Planetenkiller“-Asteroiden bedroht wird, fühlt sich das gleich noch unheimlicher an.
Aber wie besorgt sollten wir wirklich sein – und was würde passieren, wenn uns ein solcher Körper aus dem Weltall tatsächlich treffen würde?
Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass Killer-Asteroiden in der Regel in den Sommermonaten einschlagen, wenn die Nachrichten dünn gesät sind. Vielleicht sind wir der düsteren Nachrichten über die Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus und der damit verbundenen Probleme so überdrüssig, dass ein Killer-Asteroid (oder Komet) diesmal auch im Winter eine erfrischende mediale Abwechslung darstellt.
Fünf Asteroiden! Allein im Januar!
Einige britische Zeitungen, zum Beispiel, haben sich an Nostradamus gewandt, den Astrologen aus dem 16. Jahrhundert. Ende 2021 brachten einige von ihnen Artikel über das Jahr 2022, für das Nostradamus das Ende der Welt durch einen gigantischen Einschlag eines Körpers aus dem Weltall vorhersagte. Dieser griffige Aufhänger dürfte wohl dazu geführt haben, dass auch Listen von den Objekten veröffentlicht wurden, die der Erde im Jahr 2022 nahe kommen könnten (oder, was eher zu erwarten ist, nicht nahe kommen werden).
Meine Lieblingsliste stammt von der Zeitung Sun . Darin werden fünf Asteroiden beschrieben, die allein im Januar auf die Erde zufliegen sollten.
Die beängstigende Schlagzeile und das dazugehörige Bild einer scheinbar gefährdeten Erde werden allerdings durch die Sätze etwas entkräftet, die nach dem Bild folgen. Darin stellt die Zeitung fest, dass „alle in diesem Jahr vorhergesagten Asteroiden in einem beträchtlichen Abstand an der Erde vorbeifliegen werden und es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie unseren Planeten treffen werden“. Schon die ersten beiden Asteroiden auf der Liste (2021 YQ und 2021 YX) flogen am 5. Januar in einer Entfernung von 2,1 bzw. 3,9 Millionen Kilometer an der Erde vorbei. Und, nein, auch ich habe nichts von ihnen mitbekommen – obwohl ich Asteroiden erforsche.
Auch die nächsten drei zogen in einer Entfernung zwischen eineinhalb und acht Millionen Kilometer an uns vorbei, wobei die Größe der Asteroiden von der eines Autos bis zur Größe der Freiheitsstatue reichte. Selbst der Asteroid, der der Erde am nächsten kommt, war immer noch viermal so weit entfernt sein wie der Mond. Es war also nicht gerade ein Nahkampf.
Ist „Don’t Look Up” realistisch?
Don’t Look Up ist eine Allegorie, die die weltweit katastrophalen Auswirkungen eines „Planetenkillers“ an die Stelle der weltweit katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels setzt. Es ist eine Geschichte über Korruption, Käuflichkeit und politische und unternehmerische Eigeninteressen, die über die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschheit gestellt werden. Es ist auch eine sehr lustige Geschichte.
Ohne zu viel zu verraten, dreht sich die Handlung um zwei Astronomen (eine Doktorandin und ihr Professor), die einen Kometen entdecken, der in sechs Monaten mit der Erde kollidieren wird. Sie versuchen, die Präsidentin der Vereinigten Staaten (herrlich gespielt von Meryl Streep) davon zu unterrichten, aber sie ist mehr mit den Zwischenwahlen beschäftigt.
Der Film macht sich lustig über die rechtsgerichtete US-Politik, den Einfluss von Parteispenden auf die Politik (und die Politiker), über die zunehmende Fähigkeit mit moderner Technologie Informationen über Gesundheit, Gewohnheiten und Lebensstil zu sammeln, und über die Nutzung dieser Informationen durch Technologiegiganten.
Über die Wissenschaft macht sich der Film allerdings nicht lustig: Die Entdeckung des Kometen ist (einigermaßen) realistisch dargestellt. Und das ist auch gut so, denn Amy Mainzer, leitende Forscherin des NASA-Asteroidenverfolgungsprogramms NEOWISE, war wissenschaftliche Beraterin bei der Produktion. Im Film melden die Astronomen ihre Ergebnisse an das Planetary Defense Coordination Office, das, wie im Film, eine reale Organisation der NASA ist.
Ist der Film also realistisch? Die Erde wurde in der Vergangenheit tatsächlich von großen Asteroiden getroffen – deshalb gibt es heute auch keine riesigen Dinosaurier auf dem Planeten. Außerdem wird die Erde jeden Tag mit Tonnen von Staub und Meteoriten bombardiert. Und es ist jetzt schon sicher, dass es in der Zukunft einen „Planetenkiller“ geben wird (auch wenn er höchstens einmal in 50 Millionen Jahren auftritt). Aber: Das wird von den internationalen Regierungen viel ernster genommen, als es im Film gezeigt wird.
Vorbereitungen auf einen „Planetenkiller“
Es gibt ein bewährtes Protokoll für die Meldung neuer Asteroiden und Kometen, und so wissen wir auch immer von den nächsten fünf Asteroiden, die an der Erde vorbeiziehen.
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Jetzt Mitglied werden!Es existieren auch Pläne, um mögliche Schäden durch einen Asteroiden auf Kollisionskurs mit der Erde abzumildern. Dabei geht es in der Regel darum, den Kurs des Asteroiden abzulenken, da der Versuch, ihn in letzter Minute abzuschießen, nicht machbar ist – es würde zu viel Energie kosten. Der Start der DART-Mission der NASA im November 2021, einer Mission zur Erprobung von Technologien, wird dazu beitragen, die Frage zu klären, wie man Asteroiden, die die Erde bedrohen, am besten ablenken kann.
Der Punkt, an dem Don’t Look Up einen Nerv trifft, ist jedoch die mangelnde Vorbereitung auf den Ernstfall, wenn dieser schließlich eintritt und die Pläne zur Schadensbegrenzung versagt haben. Hier komme ich auf die Allegorie des Klimawandels zurück. Es gibt keinen Plan B. Im Film ist der Slogan Don’t Look Up eine Leugnung, dass ein herannahender Komet den Planeten zerstören wird – er wird als Fake News dargestellt.
Ich fand den Film großartig. Er ist Unterhaltung. Aber er ist keine Fake News. Wir sind eine globale Gemeinschaft und wir müssen gemeinsam handeln.
Monica Grady ist Professorin für Planetary and Space Sciences an der Open University. Sie gehört zu den renommiertesten britischen Weltraumforscherinnen und -forschern – und ist insbesondere für ihre Arbeiten zu Meteoriten bekannt.
Dieser Artikel erschien zunächst unter einer Creative Commons Lizenz auf Englisch bei The Conversation. Die Übersetzung stammt von 1E9.
Titelbild: Getty Images
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