US-Forscher haben eine Methode entwickelt, um Holz so hart zu machen wie Stahl. Dadurch werden Alltagsmesser möglich, die später einfach auf den Kompost oder in die Bio-Tonne können. Aber auch belastbare Nägel und Schrauben lassen sich dadurch aus Holz fertigen.
Von Michael Förtsch
Ohne sie geht in der Küche nichts. Daher hat wohl jeder unzählige Messer zu Hause. Meist aus Stahl, manchmal aus Keramik. Jedoch ist die Förderung, Herstellung und Verarbeitung dieser Materialien aufwendig und verbraucht jede Menge Energie. Deswegen haben Forscher der University of Maryland nach einer Alternative gesucht, die ökologischer ist – und eine gefunden: Holz. Das ist eigentlich nicht gerade dafür bekannt, ein gutes Schneidwerkzeug abzugeben. Denn Holz fehlt es an den Eigenschaften, die für ein gutes Messer gebraucht werden. Vor allem Härte und Widerstandsfähigkeit. Das Team um den Wissenschaftler Teng Li hat nun aber eine Methode entwickelt, um Holz genau diese Attribute zu verleihen.
Wie Li und seine Mitarbeiter in einer Studie im Fachmagazin Matter ausführen, sei das nötige Verfahren zur Holzhärtung vergleichsweise simpel. Denn die in Holz vorhandene Zellulose sei eigentlich schon ein guter Stoff, um robuste Gegenstände zu fertigen. Das Problem seien weitere Stoffe, die „schwächer“ seien. Dazu gehörten Hemicellulose und Lignin, die dafür sorgen, dass Holz vergleichsweise weich bliebt. Beide Stoffe sind in den Wänden von Holzzellen eingelagert, aber können sicher herausgelöst werden.
Der nötige Prozess ließe sich laut den Forschern durchaus im industriellen Maßstab umsetzen. Denn der besteht lediglich daraus, das Holz in einem Bad aus Natriumhydroxid und Natriumsulfit zu kochen. Dadurch nimmt es eine schwammartige Konsistenz an. Anschließend wird das Holz in einer Kammer für mehrere Stunden einem Druck von 20 Megapascal ausgesetzt, wodurch die Hemicellulose und Lignin aus dem Holz gedrückt werden. Daraufhin wird das Holz mit demineralisiertem Wasser ausgespült und bei 100 Grad Celsius getrocknet – und kann anschließend weiterverarbeitet werden.
Um den Faktor 23 härter
Getestet haben die Forscher ihren Prozess mit Lindenholz. Aber auch andere Hölzer sollen problemlos damit behandelbar sein. Ein Messer, dass die US-Forscher mit diesem Verfahren hergestellt haben, sei um den Faktor 23 härter geworden und nach einem Schliff sogar drei Mal schärfer als ein Stahlmesser. Und es sei fast genauso haltbar wie das Metallpendant, meinen die Wissenschaftler. „In unserer Küche haben wir viele Holzteile, die wir sehr lange benutzen, wie zum Beispiel ein Schneidebrett, Stäbchen oder ein Nudelholz“, sagte Li. „Auch diese Messer können viele Male verwendet werden.“
Der einzige Haken, räumen die Forscher ein, sei, dass ein Holzmesser hin und wieder mit Naturöl eingerieben werden müsse, um die Oberfläche zu schützen, es wasserabweisend zu machen und die Zellstruktur zu erhalten. Ist das Messer irgendwann nicht mehr zu gebrauchen, kann es einfach auf den Kompost oder in die Bio-Tonne geworfen werden. Das Verfahren tauge aber nicht nur um Messer zu fertigen, sondern könne auch auf ganz andere Werkzeuge angewendet werden. Unter anderem hat das Team auch Nägel gefertigt, die genauso belastbar und haltbar wie ihre Metallgegenstücke sein sollen.
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Jetzt Mitglied werden!„Unser derzeitiger Gebrauch von Holz schöpft das volle Potenzial kaum aus“, sagt Li. Denn die Verarbeitungsmethode sei nicht nur energieeffizient, sondern könnte auch helfen, mehr CO2 zu binden. Wachsende Bäume nehmen CO2 auf und speichern es. Sterben die Bäume jedoch irgendwann ab, wird das CO2 wieder freigesetzt. Werden Bäume jedoch gefällt und weiter verarbeitet, bleibt das CO2 gebunden. Aus diesem Grund entwickelt sich bereits seit Jahren eine Bewegung, die einen stärkeren Einsatz von Holz beim Gebäudebau fordert – auch beim Bau von Wolkenkratzern. Auch hier könnte das Härtungsverfahren von Teng Li und seinen Kollegen zukünftig zum Einsatz kommen.
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Teaser-Bild: Bo Chen