Der Transrapid ist einst tragisch gescheitert. Dennoch entwickelte ein deutsches Bauunternehmen seine Technik zu einer Nahverkehrslösung weiter. Die Stadt München ließ nun prüfen, ob und wie sich das sogenannte Transportsystem Bögl einsetzen lässt. Auch in Hamburg und Berlin gibt es Interesse.
Von Michael Förtsch
Von 1993 bis 2007 war Edmund Stoiber Ministerpräsident von Bayern. In dieser Zeit trieb er insbesondere ein Projekt mit viel Optimismus und Elan voran. Er wollte, dass zwischen dem Münchner Hauptbahnhof und dem Flughafen Franz Josef Strauß statt einer S-Bahn der seinerzeit als Zukunft der Mobilität gefeierte Magnetschwebezug Transrapid fährt. Berühmt und berüchtigt ist seine verstolperte Rede, in der er versprach, dass Reisende „mit zehn Minuten, ohne, dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen“ aus der Innenstadt bis zum Flughafengelände fahren können. Doch das ambitionierte Projekt scheiterte – ebenso wie der Transrapid an sich. Verantwortlich dafür war auch ein tragischer Unfall auf der Teststrecke im Emsland. Nun jedoch könnte der Transrapid eine zweite Chance in München bekommen. Wenn auch in kompakterer Form und unter neuem Namen.
Der Baukonzern Max Bögl begann vor knapp zwölf Jahren in aller Stille damit, auf Basis des Transrapid-Konzeptes eine Art Light-Variante der Magnetschwebebahn zu entwickeln. Statt auf Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 500 Kilometer pro Stunde soll die Transportsystem Bögl – oder TSB – getaufte und deutlich schlanker gebaute Bahn auf rund 150 Kilometer pro Stunde kommen, deutlich weniger Energie verbrauchen, ohne Fahrer auskommen und als Gesamtpaket „aus einem Guss“ gefertigt werden können. Denn das Bauunternehmen liefere alles: von der Planung über den Bau der Strecke und der Technik bis hin zur Bahn selbst. Vor einem Jahr gab das Bundesverkehrsministerium eine Machbarkeitsstudie für eine solche Bahn auf dem Gelände des Münchner Flughafens in Auftrag. Aber auch im Landkreis München selbst gibt es Interesse an der Böglbahn . Bereits mehrere mögliche Trassen wurden austariert.
Insgesamt 14 Strecken untersuchte ein schweizerisches Ingenieurbüro im Auftrag der Landeshauptstadt, der Münchner Verkehrsgesellschaft und des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds. Vier davon wären umsetzbar und finanziell sinnvoll, befanden die Verkehrsexperten. Dazu gehört eine oberirdische Verlängerung der U-Bahnlinie 5 bis in die Gemeinde Taufkirchen und zum neuen Ludwig-Bölkow-Campus der TU München. Auch eine Verbreiterung des bestehenden S-Bahnnetzes sei mit dem Schwebezug denkbar, um die Stadt direkter an Vororte wie Pliening, Parsdorf oder Haar anzubinden. Ebenfalls von Vorteil könnte die Böglbahn als Erweiterung zu den U-Bahnlinien U2 und U3 nach Dachau und als Erweiterung der U6 im Norden der Stadt sein.
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Jetzt Mitglied werden!Manche der Streckenverläufe stehen in direkter Konkurrenz zu geplanten Ausbauten von U-Bahnlinien. Jedoch würden die Kosten für das Magnetschwebesystem den Prognosen zufolge Hunderte Millionen Euro günstiger ausfallen, berichtet die Süddeutsche Zeitung . In einer weiteren, nun geforderten Studie soll nun geklärt werden, ob und welche Strecken für die Einwohner attraktiv wären, und ob es nicht vielleicht doch sinnvoller wäre, bestehende Tram- und U-Bahnlinien auszubauen.
Interesse an der Böglbahn gibt es aber nicht nur in München. Die Berliner CDU brachte die Bahn 2020 als möglichen Zubringer der Hauptstadt zum neuen Flughafengelände ins Gespräch. Gemeinsam mit der Firma Xinzhu wurde von Bögl zudem bereits im vergangenen Jahr im chinesischen Chengdu eine 3,5 Kilometer lange Demonstrationstrecke errichtet, mit der das System seither erprobt wird. Auch in Hamburg soll eine Demonstrationsstrecke gebaut werden, die am ITS-Weltkongress 2021 im Oktober enthüllt werden soll. Jedoch nicht zum Personen-, sondern zum Gütertransport. Die Technik der Bahn ließe sich nämlich auch für automatisierte Transportschlitten nutzen, die Container auf Häfen umherfahren könnten. Cargo Maglev wurde dieses System vorerst getauft.
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Teaser-Bild: Firmengruppe Max Bögl