Ein koreanischer Forscher hat eine Toilettenanlage entwickelt, die Exkremente in Strom verwandelt. Und wer durch seinen Toilettengang zur Stromgewinnung beiträgt, wird mit einer digitalen Währung belohnt.
Von Michael Förtsch
Einer Statistik zufolge verbringt jeder Mensch rund 20 Minuten pro Tag auf der Toilette. Über das gesamte Leben gerechnet sind das rund drei Jahre. Während dieser Sitzungen lässt der Mensch wertvolle Energie zurück – und spült sie einfach ungenutzt weg. Dabei ließen sich Exkremente und Urin sinnvoll nutzen. Das ist jedenfalls die Erkenntnis, die der koreanische Forscher Cho Jae-Weon vom Ulsan National Institute of Science and Technology für sich gewonnen hat. Und zwar schon 2015. Über die vergangenen Jahre entwickelte er daher eine Toilette, die die menschlichen Ausscheidungen in Strom und Geld verwandeln soll.
Die BeeVi getauften Toilette wird genauso genutzt wie eine normale Sanitäranlage. Nach dem Spülen werden die Ausscheidungen jedoch nicht über ein Abflussrohr in eine Kanalisation abgeführt. Sie werden stattdessen von einer Vakuumpumpe in einen Tank gezogen. In dem sind Mikroorganismen angesiedelt, die Exkremente und Urin zersetzen und dabei Methan erzeugen. Dieses Gas wird in einen Druckbehälter abgepumpt und genutzt, um beispielsweise Gasöfen und Heißwasserboiler zu betreiben. Ebenso kann es zum Betrieb einer Festoxidbrennstoffzelle genutzt werden. Genau das passiert schon in einem Gebäude des Uni-Campus, das C ho Jae-Weon mit drei Toiletten und einer Energiegewinnungsanlage ausgestattet hat.
Laut dem Forscher können aus den täglichen Ausscheidungen einer Person rund 0,5 Kilowattstunden elektrischer Strom gewonnen werden. Das sei genug, um ein modernes Elektroauto 1,2 Kilometer weit fahren zu lassen. Oder einen durchschnittlichen Laptop 25 Stunden zu betreiben. Der Rest, der von den Mikroorganismen nicht verwertet wird, kann zu einem Düngemittel weiterverarbeitet werden. „Wenn wir über den Tellerrand schauen, haben Fäkalien einen großen Wert“, sagt der Forscher. „Ich habe diesen Wert in den ökologischen Kreislauf integriert.“ Und da die Exkremente einen echten Wert haben, sollen die Lieferantenauch entlohnt werden.
Geld für das Geschäft
Wer auf eine Toilette von Cho Jae-Weon geht, kann das mit einer App via QR-Code vermerken und bekommt daraufhin einmal pro Tag eine virtuelle Währung gutgeschrieben. Und zwar zehn Ggool – auf Deutsch: Honig –, oder auch Feces Standard Money, wie der eigentliche Name der Einheit lautet. Diese digitale Währung funktioniert wie ein Gutscheinsystem und kann auf dem Campus des Ulsan National Institute of Science and Technology und bei einigen Unternehmen der Universitätsstadt von Studierenden und Lehrkräften eingelöst werden.
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Jetzt Mitglied werden!Mit Ggool lässt sich beispielsweise der Kaffee und das Essen in der Kantine bezahlen. Auch Bücher, Stifte, Schreibblöcke und anderes können damit erstanden werden. Rund 1.000 Menschen sollen die Währung bisher nutzen. Geht es nach Cho Jae-Weon könnte das System in Zukunft durchaus landes- oder sogar weltweit funktionieren. Normale Kraftwerke ersetzen könnten die Fäkal-Verwertungsanlagen nicht. Aber sie könnten eine zusätzliche Energiequelle darstellen und es großen Einrichtungen und Wohnblöcken erlauben, ihren Strombedarf zumindest in Teilen selbst zu decken.
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