Diese Science-Fiction-Romane bringen euch in den Sommer 2021

Der Frühling ist da! Aber das Coronavirus auch – immer noch. Daher heißt es auch 2021: Partys, Biergärten und Feiern sind keine gute Idee. Warum die Zeit also nicht einfach mit einem guten Buch verbringen. Wir hätten da einige Empfehlungen.

Von Michael Förtsch

Es lässt sich derzeit kaum sagen, wann die Corona-Krise endlich ihr Ende finden wird. Aber bis dahin ist Social Distancing weiterhin eine der besten Methoden, um einer Infektion aus dem Weg zu gehen und die Pandemie einzudämmen. Wie gut ist es daher, dass sich ein gutes Buch in der Hand auch ohne große Menschenmengen genießen lässt. Und das auch noch im sonnigen Frühlings- und Sommerwetter. In den vergangenen Monaten sind zahlreiche gute Science-Fiction-Romane erschienen, die idealen Lesestoff darstellen. Sie kommen sowohl von bekannten Namen als auch vielversprechenden Debütschriftstellern und -schriftstellerinnen.

Die Kreativköpfe blicken in ihren Werken auf die Implikationen neuer Technologien, den Umgang mit Krisen und Katastrophen oder erdenken faszinierende Was-wäre-wenn-Szenarien. Darunter ist Kim Stanley Robinson, der in The Ministry for the Future eine Behörde gründen lässt, die die Zukunft der Menschheit sichern soll. In Claire Holroydes The Effort droht die Erde von einem Asteroiden vernichtet zu werden. Agustina Bazterrica entwirft in Wie die Schweine ein Horror-Szenario, in dem die gesamte Menschheit einem industrialisierten Kannibalismus verfällt. Und Christian Mähr spielt in Carbon durch, wie eine österreichische Kleinstadt mit einer Invasion von urzeitlichen Megapflanzen zurechtkommen würde – oder eher: nicht zurechtkommen würde.


The Loosening Skin

The Loosening Skin

Alle sieben Jahre ist es so weit und ein Mensch streift seine alte Haut ab. Wortwörtlich. Wie es eben Schlangen tun. Aber wie die alte Haut, wird damit auch das vorherige Leben überflüssig. Beziehungen, Freund- und Liebschaften und damit verbundenen Gefühle gehen verloren. Nicht jeder mag das akzeptieren. Wie etwa Rose Allington, die als Bodyguard für reiche Prominente arbeitet. Durch eine seltene genetische Disposition schält sie sich öfter als andere, was ihr Leben zunehmend anstrengend und verwirrend macht. Daher ist Rose bereit, das Risiko einzugehen, eine Droge ihr angebotene Droge zu nehmen, die das Shedding verhindern soll.

Als Bezahlung muss die Personenschützerin einem ehemaligen Liebhaber namens Max Black helfen, dem eine seiner alten Hauthüllen gestohlen wurde – und das womöglich von jemandem, dem er vertraut. Die Welt, die Aliya Whiteley in The Loosening Skin erschafft, klingt bizarr, und ist es auch. Aber es ist eine Welt, die kohärent, stimmig und mit nachvollziehbaren Logiken und Metaphern aufgeladen ist, die sie nicht nur zu einer mitreißenden Science-Fiction-Erzählung, sondern auch zu einer tiefgründigen Meditation über Beziehungen, Liebe, Verlust und Bewältigung machen.

Piranesi

Piranesi

Piranesi lebt im sogenannten Haus, wobei … er lebt nicht wirklich dort, sondern hat es sich zur Aufgabe gemacht, es zu erkunden. Denn das Haus ist ein sonderbarer Ort. Es besteht aus endlosen Räumen, die sich ineinander verschachteln und ein unfassbares Labyrinth aus Treppen und Korridoren bilden. Ein- oder Ausgänge gibt es nicht. Im Untergeschoss zieht sich ein riesiger Ozean dahin, die oberen Stockwerke sind von Wolken erfüllt. Auf seinen Touren versucht Piranesi dem Haus nach und nach seine Geheimnisse abzutrotzen, er studiert Statuen und Symbole, stößt auf die Überreste anderer Forscher und einen anderen Forscher , der ihm sporadisch Besuche abstattet.

Der von Zeichnungen des realen Architekten Giovanni Battista Piranesi inspirierte Roman von Susanna Clarke ist sicher keine Science Fiction im traditionellen Sinne, sondern hat eigentlich mehr mit phantastischen Erzählungen wie der Novelle Die Bibliothek von Babel von Jorge Luis Borges gemein. Der Tagebuch-artige Stil und die äußerst zurückhaltende Erzählweise, zahlreiche Metaphern und metaphysische Gedankengänge, Andeutungen und traumartigen Sequenzen machen das Lesen durchaus zu einer Herausforderung – aber auch zu einer ziemlich erfrischenden Erfahrung.

Kugelblitz

Kugelblitz

Es hat eine ganze Weile gedauert, aber mittlerweile ist auch der bereits 2004 auf Chinesisch erschiene Roman Kugelblitz vom Die-drei-Sonnen-Autor Liu Cixin in deutscher Übersetzung erhältlich. In dem versucht der junge Physiker Chen den Tod seiner Eltern aufzuklären, die einst, als er noch klein war, von einem Kugelblitz getötet wurden. Er ist von dem Phänomen besessen und versucht, es ihm Labor nachzustellen. Das weckt das Interesse des Militärforschers Lin Yuan, der Chen für eine geheime Forschungsanstalt der chinesischen Regierung rekurriert, wo neuartige Waffen entworfen werden.

Dem Duo gelingt es schließlich, Kugelblitze zu erschaffen – und ihren Einsatz bei der Verhinderung eines Terror-Anschlags zu erproben. Dabei geht allerdings so einiges schief und Chen verlässt die Forschungsanstalt. Doch wie er herausfindet, wurde seine Forschung von Yuan offenbar weitergeführt und könnte Millionen in Gefahr bringen. Kugelblitz ist deutlich weniger episch als die Die-drei-Sonnen-Trilogie, sondern ist ein intimerer, nahbarer und stillerer Science-Fiction-Roman, der fragt, welche Verantwortung Wissenschaftler für ihre Entdeckungen übernehmen und auf welche Art sie genutzt werden.

Ministry of Space

Ministry of Space

Was, wenn die Geschichte anders verlaufen wäre? Was, wenn nicht die Vereinigten Staaten nach dem zweiten Weltkrieg die deutschen Wissenschaftler und Prototypen von experimentellen Flugzeugen und Raketen eingesackt hätten, sondern Großbritannien? Der Comic-Autor Warren Ellis geht in seiner dreiteiligen Comic-Reihe Ministry of Space davon aus, dass das britische Empire statt den USA zur großen Weltraumnation geworden wäre. In der Comic-Welt wird bereits 1953 die erste Raumstation ihrer Majestät in Betrieb genommen, 1957 landen die ersten Briten auf den Mond und rund eine Dekade später auf dem Mars.

Die Geschichte springt zwischen den letzten Tagen des Kriegs und dem Jahr 2001 hin und her, in dem nun auch die USA den Weltraum erobern wollen – und dabei drohen, die dunklen Geheimnisse des britischen Raumfahrtministeriums aufzudecken. Denn finanziert wurden dessen Erfolge mit Gold-, Geldreserven und Kunstwerken, die die Nazi-Regierung von der jüdischen Bevölkerung gestohlen hatte. Ministry of Space ist eine faszinierende Alternativ-Welt-Geschichte, die ein kurioses, aber in seinem Kern nicht allzu abwegiges Szenario zeichnet – und dabei neben dem Spaß an der Fiktion die Realität und ihre Tragik nicht einfach beiseite wischt.

Der letzte Tag der Schöpfung

Die Letzten Tage der Schöpfung

Nach dem Wettlauf zum Mond entbrennt während des Kalten Krieges der Wettlauf zum Mars. Zumindest ist es das, was die Welt glauben soll. Denn die Unmengen an Geld fließen bei der NASA nicht in Raumfahrzeuge, sondern in eine Zeitmaschine. Und die funktioniert – und wird für einen perfiden Plan genutzt. Fünf Millionen Jahre in der Vergangenheit wollen die USA eine Basis im Mittelmeer aufbauen, mit der sie das Öl des Nahen Ostens in die Gegenwart transportieren, bevor es in der Moderne entdeckt wird. Aber die Amerikaner bleiben nicht allein. Bald schon tauchen sowjetische Zeitreisende auf – und letztlich immer mehr Chrononauten aus allen möglichen Zeitlinien

Es kommt, wie es kommen muss. Ein Krieg entbrennt in der Vergangenheit, dessen Welleneffekte die Zeit und Welt langsam, aber sicher zerstören. In der Gegenwart verschwinden Landbrücken, Krater entstehen aus dem Nichts und obskure Relikte tauchen auf – wie Überreste von Militärbasen und Weltraumbahnhöfen. Der Roman des 2015 verstorbenen Wolfgang Jeschke ist ein imposantes, aber kurzweiliges Science-Fiction-Epos, das ein wagemutiges Gedankenexperiment aufmacht, das durch den Club-of-Rome-Report Die Grenzen des Wachstums inspiriert war. Obwohl bereits 1981 erschienen, wirkt der Geheimtipp auch heute noch sehr aktuell.

The Effort

The Effort

Als UD3 nahe dem Jupiter entdeckt wird, ist es eigentlich schon zu spät. Der NASA-Mitarbeiter Benjamin Schwartz berechnet, dass der mehrere Kilometer durchmessende Asteroid die Erde in einem Jahr treffen und alles Leben vernichten wird. Aller Hoffnungslosigkeit zum Trotz wird ein Team aus internationalen Experten zusammengestellt, die einen Weg finden sollen, die Erde zu retten. The Effort von Claire Holroyde blickt dabei nicht nur auf die potentiellen Retter der Welt um Benjamin Schwartz, sondern auch auf die Gesellschaft und wie sie mit der Nachricht umgeht, dass das Ende droht.

Durch die Augen eines Pressefotografen wird etwa gezeigt, wie die Welt im Chaos versinkt, Lieferketten zusammenbrechen, Geld seinen Wert verliert, Nahrung knapp wird und Regierungen daran scheitern, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Auch wenn The Effort nach Hollywood-Blockbustern wie Deep Impact oder Armageddon klingt, ist es das also nicht, sondern eine erfrischend glaubwürdige und sehr düstere Aufbereitung eines bekannten Weltuntergangsszenarios. Dabei spart Claire Holroyde auch nicht an wissenschaftlichen Fakten und Thesen, die die Geschichte unterfüttern.

The Ministry for the Future

The Ministry for the Future

Es hat echt lange gedauert, aber endlich haben sie es getan: Im Jahr 2025 wird von den Vereinten Nationen das Ministry of the Future in Zürich gegründet. Sein Ziel: Die Bewohnbarkeit der Erde für kommende Generationen sichern. Aus Sicht von Mary Murphy, der Leiterin des Ministeriums, wird der verzweifelte Kampf geschildert, die Mission gegen den Willen von Unternehmen und Regierungen durchzusetzen und der Tatsache ins Auge zu blicken, dass nicht mehr alles zu retten ist.

Nicht weit in der Zukunft rollt etwa eine Hitzewelle über Indien hinweg, die nicht Tausende oder Zehntausende, sondern Millionen Menschen dahinrafft. Daraufhin kommt es zum Verzweiflungsakt: Mit Climate Engineering soll die Erde abgekühlt werden. Gleichzeitig versuchen Öko-Terroristen mit Bombenanschlägen, den internationalen Flugverkehr lahmzulegen. Kim Stanley Robinson schildert all das in der von ihm bekannten Art: mit Wortgewalt, politischen Kommentaren und detailverliebten wissenschaftlichen Analysen. Er stellt Fragen nach Gerechtigkeit und Verantwortung – und lässt The Ministry for the Future mit einer für ihn erstaunlich optimistischen Note ausklingen.

Wie die Schweine

Wie Die Schweine

Ein Virus hat alle Nutztiere der Welt befallen. Für den Menschen sind sie nicht mehr essbar. Milliarden von Kühen, Schweinen und Hühnern werden getötet und vernichtet. Die Lust auf Fleisch brodelt jedoch weiterhin. Die einzige Lösung: die Legalisierung und Industrialisierung von Kannibalismus. Menschen werden gezüchtet, um zu Fleisch auf einem Teller zu werden. Verschuldete Menschen geben sich aus Not als Spezialfleisch her, um ihre Familie versorgt zu wissen. Sie werden mit Wachstumshormonen vollgepumpt und ihre Stimmbänder entfernt, um sie verstummen zu lassen, wenn das Messer angesetzt wird.

Geschildert wird die surreale Albtraumwelt aus Sicht des argentinischen Schlachtersohns Marcos Tejo, der in seinen Job hineingeboren wurde, dem es aber dennoch zunehmend schwerer fällt, zwischen Mensch und Spezialfleisch zu unterscheiden. Insbesondere, nachdem er von einem Züchter ein Weibchen geschenkt bekommt. Der Roman von Agustina Bazterrica ist stringent, klar und ohne viel Pathos verfasst, aber trotzdem drastisch und in Teilen geradezu erschreckend und ekelerregend. Das macht Wie die Schweine nicht gerade zu einem Lesevergnügen, aber zu einer einzigartigen Leseerfahrung, die wohl keiner so schnell vergisst.

The Oppenheimer Alternative

The Oppenheimer

Der Physiker Robert Oppenheimer und der Rest des Manhattan Projekt arbeiten in den 1940ern in der Wüste an der Entwicklung der Atombombe. Aber nicht nur. Zumindest in The Oppenheimer Alternative forscht das Team auch an der Möglichkeit, eine Bombe basierend auf der Kernfusion der Sonne zu bauen. Dabei macht Oppenheimer eine schreckliche Entdeckung: Die Photosphäre der Sonne droht sich aufzublähen und damit das halbe Sonnensystem einschließlich der Erde zu vernichten. Unsere Atmosphäre würde bereits gegen 2030 verbrennen und die Ozeane anfangen, zu verdampfen, prophezeit er.

Aus dem Manhattan Projekt wird abrupt ein Projekt zur Rettung der Erde, an dem nun auch Albert Einstein, Wernher von Braun, Leo Szilard, Richard Feynman und andere helle Köpfe dieser Epoche beteiligt sind. Der Roman von Robert J. Sawyer ist ein unterhaltsames Was-wäre-wenn-Szenario, das mit seiner spannenden, wenn auch natürlich abwegigen Grundidee einfängt. Dabei nimmt sich der Roman selbst und seine Geschichte nicht allzu ernst, lässt die Wissenschaft gerne mal beiseite und bietet dadurch einen kurzweiligen Lesespaß, der wohl sehr gut als TV-Serie funktionieren würde.

The Lesson

The Lesson

Vor mehreren Jahren waren sie gekommen. Seitdem schwebt ein riesiges Raumschiff nahe Water Island bei den Jungferninseln. Die Ynaa sind außerirdische Besucher auf einer Erkundungsmission, deren Einzelheiten sie aber für sich behalten. Sie nutzen die Körper von Menschen, bewegen sich in der Bevölkerung, essen, trinken und haben sogar Sex mit den Einheimischen. Die Stimmung ist trotzdem angespannt. Denn fühlen sich die Ynaa bedroht, töten sie – ohne Warnung und Zögern. Zuletzt starb ein kleiner Junge durch die Hand eines Ynaa, dessen Eltern nun Gerechtigkeit einfordern.

Im Gegenzug für ihre Duldung überlassen die Ynaa den Menschen fortgeschrittene Technologien. Doch die Außerirdische Mera glaubt nicht, dass das weiterhin genügt und will nun eine kulturelle Brücke zwischen den beiden Spezies schlagen. Der Science-Fiction-Roman von Cadwell Turnbull porträtiert einen aufgeriebenen Konflikt, der seine Parallelen zur Kolonialzeit Mittelamerikas nicht verschweigt. Aber The Lesson ist auch eine Bestandsaufnahme der Komplexität der menschlichen Natur und eine Suche nach Verständigungs- und Problemlösungsstrategien, um gesellschaftliche und kulturelle Differenzen zu überwinden.

The Passengers

The Passangers

Es könnte durchaus passieren. Menschen steigen in verschiedenen Teilen der USA in selbstfahrende Autos und finden sich plötzlich in der Gewalt eines Hackers wieder, der die Kontrolle übernommen hat. Aber nicht nur das: Er lässt die acht Wagen auf einen Kollisionskurs gehen und streamt all das live ins Internet, wo die ganze Welt zusehen kann. Gleichzeitig werden Zuschauer ausgewählt, zu entscheiden, wer als erstes sterben soll – und wer womöglich überlebt. Sollte die Polizei oder sonst jemand versuchen, einen der Wagen zu stoppen, droht der Hacker mit einer „Strafe“.

Die automatisierte Geiselnahme ist natürlich nicht willkürlich. Die Opfer sind präzise gewählt. Genau das könnte dem Hacker selbst zum Verhängnis werden. The Passengers ist ein moderner und atemloser Thriller, dessen rund 500 Seiten flott weg gelesen sind. Aber das hält den Autor John Marrs nicht davon ab, durchaus kritisch und scharfsinnig über die sozialen Dynamiken von Social Networks, Mob-Mentalität und Voyeurismus im Internet und dem allzu schnell aufgebauten Vertrauen in neue Technologien nachzudenken.

Die letzte Astronautin

Die Letzte Astronautin

Eigentlich hat sich die Astronautin Sally Jansen schon zur Ruhe gesetzt. Sie war einst ein Star der Raumfahrt, bis eine Mars-Mission unter ihrer Führung ziemlich schieflief. Aber nun wird sie von der NASA zurückgeholt. Denn ein Objekt, das 2I getauft wurde, nähert sich der Erde und bleibt plötzlich im Orbit der Erde stehen. Sie soll ein Team anführen, das das Objekt abfängt und untersucht. Als sich die Gruppe für den Start bereit macht, wird jedoch bekannt, dass das Privatunternehmen KSpace der NASA zuvorkam. Es ist schon vor Ort im All.

Als Jansen und ihr Team 2l erreichen, zeigt sich, dass es sich um eine riesige Maschine handelt. Unweit davon treibt das Raumschiff von KSpace, dessen Besatzung jedoch nirgends zu sehen ist. Die einzige Option: Kontakt mit dem aufnehmen, was das Objekt steuert. David Wellington hat mit Die letzte Astronautin einen Science-Fiction-Horror-Thriller verfasst, der unweigerlich an Alien, Rendezvous mit 31/439 oder auch Event Horizon denken lässt. Die Handlung, die Charaktere und die mit Interviewauszügen und Anmerkungen einer Untersuchungskommission gesprenkelte Erzählung sind originell und schaffen es, filmreife Momente zu kreieren. Tatsächlich würde Die letzte Astronautin fantastisch auf der Leinwand funktionieren.

We Shall Sing a Song Into the Deep

We Shall Sing

Die Apokalypse hat sich ereignet, die Erde ist zerstört und die Menschheit in nomadische Gruppen zersplittert. Bei einer davon handelt es sich um eine Gruppe Mönche, die in einem alten Atom-U-Boot um die Erde zieht, auf der Suche nach Babylon, das sie mit Atomraketen in Schutt und Asche legen will. Jedoch mag das Boot nicht mehr so, wie die Mönche wollen. Sie entschließen sich daher, eine Ingenieurin von der Oberfläche zu entführen, die es reparieren soll. Diese freundet sich mit Remy an, der einzigen Frau im Orden, die sich brennend für Geschichten aus der Welt oberhalb des Meeresspiegels interessiert.

Gemeinsam schmieden sie einen Plan, um den Angriff auf Babylon zu sabotieren. Der bleibt natürlich nicht lange unentdeckt. Andrew Kelly Stewarts We Shall Sing a Song Into the Deep ist eine ungewöhnliche Geschichte in einer eigensinnigen Welt, die auf lyrische Weise dargebracht wird und dadurch eine wunderliche Atmosphäre entwickelt. Dabei verliert sich Andrew Kelly Stewart zuweilen in der Handlung, lässt den roten Faden fallen, um Gedankenspielen und Metaphern nachzujagen. Das alles erinnert an den Klassiker Lobgesang auf Leibowitz und macht den Debütroman zu einer zuweilen auch etwas kräftezehrenden Leseaufgabe, die sicher nicht jedem zusagt.

The Last Day

The Last Day

Und plötzlich steht die Erde still. Nicht nur sinnbildlich, sondern sprichwörtlich. Im Jahr 2059 hat die große Kugel, auf der wir leben, aufgehört sich zu drehen. Die eine Seite befindet sich dadurch dauerhaft in Dunkelheit, die andere stetig im Sonnenlicht. Beide sind unbewohnbar geworden. Lediglich am Terminator, dem schmalen Streifen zwischen der Warm- und Coldside ist noch ein angenehmes Leben möglich. Großbritannien liegt mittendrin und hat sich binnen kürzester Zeit in eine militante Diktatur verwandelt.

Ellen Hopper dient als Offizierin auf einer Ölbohrplattform, wird aber auf das Festland beordert, um von ihrem einstigen Mentor Abschied zu nehmen. Der deutet ein Geheimnis an, das nicht nur die britische Regierung zu Fall bringen könnte. The Last Day ist ein rasanter Mystery-Thriller, der vor allem von seiner reizvollen Science-Fiction-Dystopie lebt. Atemlos wird die Heldin hindurch gescheucht, um die Puzzleteile einer Verschwörung aufzusammeln. Dabei lässt Andrew Hunter Murray jedoch gerne mal die Logik und Wissenschaft links liegen, was den Lesespaß aber nicht wirklich trübt.

Zerbrochene Sterne

Zerbrochene Sterne

Nein, Zerbrochene Sterne ist kein Roman, sondern eine Sammlung von 17 zeitgenössischen Science-Fiction-Kurzgeschichten, knappen Novellen und Essays von Autoren und Autorinnen aus China, die sich unterschiedlichsten Themen und Unter-Genres widmen. Qiufan Chen spekuliert in Eine kurze Geschichte zukünftiger Krankheiten etwa darüber, wie Hacker in Zukunft über Computer-Gehirn-Schnittstellen digitale Pandemien auslösen könnten. In Mondnacht von Liu Cixin erhält ein Mann des Nachts immer wieder Anrufe von sich selbst, um sich vor einer Katastrophe zu warnen.

In Das Restaurant am Ende des Universums: Laba Porridge erzählt Anna Wu von einem Restaurant, in dem jeder Gast umsonst essen kann, wenn er denn eine interessante Geschichte zu erzählen hat. Und Ah Chen hat die beste Geschichte von allen. Nicht alle dieser Erzählungen mögen jeden Geschmack treffen. Manche sind clever, scharfsinnig, manche einfach nur abgefahren und schräg. Aber damit zeichnet Zerbro chene Sterne ein recht treffendes Bild der Vielfalt der Science-Fiction-Literatur in China, die langsam den Westen erreicht. Die Übersetzungen sind mehrheitlich gelungen, wenn auch im Ton nicht immer ideal und passend zum Thema der jeweiligen Story.

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The Intuitionist

The Intuitionist

Es herrscht ein Kalter Krieg im Department of Elevator Inspectors, einer obskuren Behörde zur Prüfung und Abnahme von Fahrstühlen. Auf der einen Seite stehen die Empiricists, die sich auf Mechanik und Mathematik berufen. Auf der anderen Seite sind die Intuitionists, die auf Instinkt und Glauben vertrauen, wenn es um die Reduktionsfähigkeit eines Aufzugs geht. Lila Mae Watson ist die erste schwarze Frau, die als Fahrstuhlprüferin berufen wird – und das scheinbar mit einem Hintergedanken. Denn prompt havarierte ein Fahrstuhl, der ihrer Aufsicht unterstellt ist.

Watson ist sich sicher, jemand instrumentalisiert sie – und forscht nach. Sie stößt dabei auf eine Legende, laut der in der Behörde die Pläne für einen „perfekten Fahrstuhl“ versteckt sind, der niemals verunfallen kann. Denn dieser könnte die Behörde und seine zahlreichen Beamten überflüssig machen. Colson Whitehead hat für The Intuitionist eine verquere Parallelwelt erschaffen, die sich schwer verorten lässt und von zahlreiche absurden Charakteren bevölkert ist. Es ist ein irrwitziger wie auch witziger Roman, der packt und mitzieht – und sich vielfältig als bissige Satire, Sozial- und Gesellschaftskritik interpretieren und verstehen lässt.

Carbon

Carbon

Der Weltuntergang beginnt in der Provinz. Zumindest im Roman von Christian Mähr. In dem schießen irgendwo in einem verschlafenen Dörfchen im Vorarlberg merkwürdige Pflanzen aus dem Boden. Es sind Schachtelhalme, die rasend schnell die Höhe von Telefonmasten erreichen. Der Privatdetektiv Oskar Klein besucht gerade einen Klienten, als der eine der merkwürdigen Pflanzen absägen will, sich aber dann abrupt den Kopf abtrennt. Dabei bleibt es nicht. Bald schon surren Rieseninsekten umher und immer mehr Menschen verhalten sich merkwürdig, geradezu primitiv und irrational.

Die Provinzpolizei und auch Klein sind von der Situation vollkommen überfordert, spekulieren über Gen-Mutationen und radioaktive Strahlung. Die Wahrheit ist viel merkwürdiger. Währenddessen bricht in dem Provinznest vollkommenes Chaos aus, das Christian Mähr lapidar, amüsiert und angereichert mit österreichischem Lokalkolorit beschreibt. Dabei ist Carbon aber dennoch eine überraschend intelligente und vielschichtige Science-Fiction-Geschichte. Aber zugleich ist’s auch ein herrlich launiger Alpenkrimi, der sich selbst und beide Genres gekonnt auf die Schippe nimmt.

Cold Storage

Cold Storrage

Robert Diaz hatte nicht damit gerechnet, nochmal ran zu müssen. Aber nun ist die Bedrohung zurück. Vor 30 Jahren hatte er den Ausbruch eines Schleimpilzes untersucht und bekämpft, der eine kleine Gemeinde befallen hat. Der Pilz drang ins Gehirn der Wirte ein und begann sie zu kontrollieren. Nur eine Probe war nach der geheimen Mission sichergestellt und in einer unterirdischen Lagereinrichtung in Kansas aufbewahrt worden. Dort wurde sie vergessen, begann zu mutieren und … entkam nun, um die gesamte Menschheit in Gefahr zu bringen.

Würde man es nicht wissen, könnte über die Seiten hinweg glatt glauben, Cold Storage sei das neueste Werk vom 2008 verstorbenen Michael Crichton. Das ist auch nicht sonderlich überraschend. Denn hinter dem Katastrophenroman steht mit David Koepp der Autor, der den Crichton-Roman Jurassic Park für die Leinwand adaptiert hat. Entsprechend geschwind entfaltet sich die Geschichte und reisen die Protagonisten umher, um die Katastrophe aufzuhalten, die der Erde droht. Das ist nicht immer wissenschaftlich akkurat, manchmal sehr blutig und morbide, aber auf jeden Fall echt unterhaltsam und cineastisch erzählt.


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Danke für viele gute Tipps. Meine Leseliste ist länger geworden …

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Genau das wollte ich hören ; ) Freut mich.

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Wow…eine umfang- und abwechslungsreiche Liste. Vielen Dank @Michael.
Da klingt einiges interessant und auch ziemlich abgefahren und so einiges wandert auf meine potentielle Leseliste.
Nur freie Zeit müsste man irgendwie kaufen können (klingt nach einem guten Thema für eine SciFi-Story. So was Ähnliches gab‘s schon…Richtung Lebenszeit, die künstlich begrenzt ist und mit den nötigen „Mitteln“ aufgeladen werden kann, legal und natürlich auch illegal).

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Sehr gerne! Und ja, das mit der Zeit ist ein Problem. Chronische Schlaflosigkeit hilft ; )

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