Ein norwegisches Start-up will mit einem neuen Konzept den Wind zukünftig noch effektiver nutzen, um elektrischen Strom zu erzeugen. Es will riesige Käfige mit zahlreichen kleinen Windrädern bauen – statt großer Windmühlen.
Von Michael Förtsch
Bei der Energiewende nimmt die Windenergie eine der wichtigsten Rollen ein. Bereits 2019 wurden 15 Prozent des Stromverbrauchs in Europa mit Windrädern gedeckt. Viele davon sind sogenannte Offshore-Anlagen, die in breiten Reihen im Vorfeld der Küsten aufgebaut sind. Im Gegensatz zu Windrädern auf dem Land liefern sie fast durchgängig Strom. Allerdings ist ihr Aufbau auch teuer, aufwendig und die Wartung zeit- und kostspielig. Ein norwegisches Start-up namens Wind Catching Systems hat nun eine mögliche Lösung vorgestellt: ein Windkraft-System, das anders funktioniert.
Mit dem sogenannten Windcatcher haben die Ingenieure des Unternehmens eine Windkraftanlage entwickelt, die aus einem 324 Meter hohen und ebenso breiten Käfig besteht, in den 117 kleinere Windräder eingefasst werden. Jedes davon funktioniert als unabhängiges Mini-Kraftwerk mit eigenem Generator. Die überstrichene Fläche eines Windcatcher wäre doppelt so groß wie die des derzeit größten Windrads – das eine Leistung von 15 Megawatt hat. Ein Windcatcher soll dadurch im Jahresdurchschnitt genug Strom für 80.000 Haushalte liefern – und das auf einem Fünftel der Grundfläche, die konventionelle Windräder mit einem vergleichbaren Potential einnehmen würden. Dazu sollen die Windcatcher deutlich belastbarer sein.
Ab starken Winden zwischen 39 bis 49 Kilometern pro Stunde müssen klassische Großwindräder aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden – und können keinen Strom mehr liefern. Denn dabei kann es zu Schwingungen kommen, die den Turm beschädigen. Eine zu hohe Drehgeschwindigkeit kann zudem die Flügel verformen oder die Mechanik überlasten. Die kleinen Räder sollen hingegen weiterarbeiten können. Kommt es dennoch zu einem Schaden, würde nicht gleich die gesamte Anlage außer Gefecht gesetzt. Die restlichen Windräder im Gerüst könnten weiterarbeiten.
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Jetzt Mitglied werden!Ganz ähnlich wie kleinere Bohrinseln sind die Windcatcher auf einer Schwimmplattform aufgesetzt, die mit gespannten Seilen auf dem Meeresboden verankert wird. Dadurch wären für ihren Aufbau und die Offshore-Montage keine speziellen Kräne oder Lastenhelikopter notwendig. Dazu sollen die Anlagen deutlich weniger wartungsintensiv ausfallen und auf eine Lebenszeit von 50 Jahren kommen.
Das Start-up, das zum Energieunternehmen North Energy und dem Mischkonzern Ferd gehört, will noch in diesem Jahr mehrere technischen Testläufe und eine Verifizierung für eine Betriebserlaubnis abschließen. Dadurch könnten bereits im kommenden Jahr in Kooperation mit dem Öl-Konzern Aibel, dem norwegischen Institute for Energy Technology und dem staatlichen Förderunternehmen Innovation Norway ersten Anlagen aufgebaut und für einen Testbetrieb ans Netz geholt werden.
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